Protocol of the Session on May 9, 2001

Meinetwegen Mama, Papa, quotierter Senat. Dann habe ich gesagt, wir brauchen eine Arbeitsphase, in der über ein halbes Jahr daran gearbeitet wird, was an diesen Wünschen realistisch ist und wie sie umgesetzt werden können, um dann am Ende in eine Beschlußphase der Konferenz zu kommen und zu sagen, so stellen wir uns das gemeinsam vor, und zwar etwas entlastet von der Wahl

kampfsituation. Und das wird sicher so sein wie immer, wenn ein politischer Prozeß durchgearbeitet wird, daß nicht alles, was zunächst spontan gewünscht wird, sich als machbar erweist.

(Jörn Frommann CDU: Darum geht es doch auch gar nicht!)

Das ist doch das Selbstverständlichste auf der Welt. Sich darüber überhaupt auszulassen, finde ich ein bißchen komisch.

(Glocke)

Herr Senator, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

(Senator Dr. Willfried Maier: Ja.)

Gilt das mit den Wünschen, die nicht alle erfüllt werden, auch für die Wünsche des Senats, daß die auch nicht alle automatisch erfüllt werden, wie zum Beispiel die Hafenquerspange?

Es gilt für die Wünsche des Senats genauso, daß nicht alle Wünsche erfüllt werden, sondern auch der Senat mit seinen Planungen in Auseinandersetzungen mit der Bevölkerung handelt. Natürlich sind auch in diesem Hause Senatsprojekte bekannt, aus denen nichts geworden ist. Vielleicht waren einige davon vernünftiger, andere waren unvernünftiger, aber was ist daran bemerkenswert?

(Uwe Grund SPD: Banal!)

Das heißt aber nicht, daß das für die Hafenquerspange gilt.

(Heiterkeit im Plenum)

Ich bin dafür, daß wir die Hafenquerspange bekommen.

Schließlich zu dem Punkt „Geld für die Moderation“. Liebe Leute, REGENBOGEN ist ja von der Gelddruck-Fraktion. Wir haben in keinen Stadtteil der Stadt regelmäßig einen solch hohen Betrag für Moderation und Beteiligungsprozesse gegeben wie nach Wilhelmsburg. Es gibt dort ein MiT-Büro, eine sozusagen regelmäßige Organisation des Stadtteilbeirats.

Es gibt jetzt diese Zukunftskonferenz. Auch die führt während der Zwischenzeit und auch während des zweiten Prozesses eine Moderation der Gruppenleitungen durch. Wenn man dort dann noch einmal wieder ein paar hunderttausend DM hingibt, um alle Arbeitsgruppen extern zu moderieren, dann faßt man sich irgendwann an den Kopf. Auch aus der Stadt kommt dann die Rückfrage: Was macht ihr denn eigentlich? Warum können die Menschen nicht einmal miteinander reden?

(Glocke)

Warum muß immer jemand dabei sein, der dabei Geld verdient?

Herr Senator, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

(Senator Dr. Willfried Maier: Ja.)

Die Moderation, die bisher beim Beirat stattgefunden hat, ist auch vom Senat als wichtig und richtig erachtet worden. Ist es nicht auch richtig und wich

(Senator Dr. Willfried Maier)

A C

B D

tig, für den jetzigen Prozeß der Zwischenphase eine neutrale Moderation zu ermöglichen?

Ja, aber eine neutrale Moderation zu finden, ist ziemlich schwierig. In der Situation, in der die Moderation stattfindet, wird sie von einigen, die daran nicht teilnehmen, nicht als neutral betrachtet. Wenn man auf diese Gesichtspunkte ständig eingeht, dann hat nachher jede Bürgerin und jeder Bürger in Wilhelmsburg einen eigenen Moderator.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Nein, nein, nein!)

Ich glaube, irgendwann muß man einmal mit der Interessenvertretung für Kommunikationsberufe Schluß machen und davon ausgehen, daß Menschen, solange es sie gibt, bisher immer in der Lage waren, Politik allein und ohne Moderator zu machen. Dazu sind wir hier in der Lage, und das sind auch die Wilhelmsburger. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Meine Damen und Herren! Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, möchte ich aus gegebenem Anlaß – auch unter Abziehung der Zeit für die zwei Zwischenfragen – noch einmal in angemessener Form darauf hinweisen, daß der Senat der Bürgerschaft zugesagt hat, erhebliche Überschreitungen von Redezeiten in der Aktuellen Stunde, wie sie für Abgeordnete zur Verfügung stehen, vorher anzukündigen. Ansonsten wird das verfassungsmäßige Recht der Senatsmitglieder natürlich in keiner Weise beschnitten.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei REGEN- BOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Herr Wersich.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am Anfang dieser Debatte muß doch die Erkenntnis stehen, daß die bisherige Politik für Wilhelmsburg gescheitert ist.

(Unmutsäußerungen bei der SPD und der GAL)

Es ist doch keine Binsenwahrheit, daß für dieses Scheitern der bisherigen Politik die SPD als jahrzehntelange Regierungspartei die Verantwortung trägt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Es gehört doch dazu, sich dessen bewußt zu werden. Wir würden doch heute nicht über die soziale Situation in Wilhelmsburg reden müssen, wenn Sie Ihre Hausaufgaben und Ihre Politik richtig gemacht hätten. Das können Sie doch nicht abstreiten!

(Beifall bei der CDU – Günter Frank SPD: So ein- fach ist das!)

Wir hatten vor zwei Wochen einen bemerkenswerten Vorgang: Wir sind als Fraktion von den Ärzten in Wilhelmsburg zur Kreisversammlung eingeladen worden. Sowohl Kinderärzte, Hausärzte als auch Psychotherapeuten sind ein sehr feiner Gradmesser für soziale Veränderungen im Stadtteil. Sie haben uns ihre Eindrücke sehr eindringlich geschildert, was wirklich los ist: Wie die Arbeit immer schwieriger wird, wie sich die Sozialstruktur verändert, was Sprachbarrieren bedeuten und so weiter. Die Folgen sind unter anderem eine Arztflucht und natürlich die Verschlechterung der gesundheitlichen Versorgung.

Eine gemeinsame Resolution, die die Ärzte uns vorgeschlagen hatten, kam aufgrund des Widerstands der dortigen SPD-Vertreter nicht zustande; das ist sehr zu bedauern.

(Ole von Beust CDU: Ja, so sind sie!)

Es ist auch klar, daß das Schicksal von Wilhelmsburg nicht durch gesundheitspolitische Maßnahmen besser wird, sondern umgekehrt. Die richtige Stadtteilpolitik verbessert am Ende auch die Gesundheitssituation. Eine solche Besserung scheitert, weil die wirklichen stadtpolitischen Erfordernisse nicht angegriffen werden. Das liegt daran, weil diese Maßnahmen offenbar nicht in Ihre rotgrüne Ideologie passen.

(Beifall bei Jörg Frommann CDU)

Sie wissen, daß die Ansiedlungen von Unternehmen und Arbeitsplätzen, der verpflichtende Deutschunterricht als Grundlage für Bildung und Lebenschancen, eine Zuzugssteuerung, eine Begrenzung des Ausländeranteils bis hin zur Pflege des Stadtbildes, das Entfernen von Schmierereien und Graffiti und die Verfolgung der Alltagskriminalität notwendig sind.

Erst wenn diese Dinge angegriffen werden, kann sich auch die soziale Situation im Stadtteil verbessern. Insofern bin ich davon überzeugt, daß Wilhelmsburg erst von einer völlig neuen Politik profitieren wird, wenn die eben genannten Ziele und Maßnahmen aufgegriffen werden. Es gehört dazu, daß man diese Probleme ehrlich benennt und beherzt angreift, denn sonst kann man auch mit noch so vielen Runden Tischen nichts ändern.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Zamory.

Herr Wersich, Sie haben richtig berichtet, daß Herr Petersen, Sie und ich von den KV-Ärzten in Wilhelmsburg eingeladen wurden, um Probleme zu besprechen.

Die Resolution, die uns dort vorgelegt wurde, hat sicher überwiegend richtige Kritiken und Beschreibungen erbracht, daß es nämlich notwendig ist, der Verelendung und auch der drohend schlechter zu werdenden medizinischen Versorgung entgegenzutreten. Eine Zielsetzung war, populistische Rechtsparteien soweit es geht aus Wilhelmsburg herauszuhalten beziehungsweise ihren Einfluß zu mindern.

Das Problem war, daß die Ärzte diese richtigen Forderungen auch unter anderem damit verknüpft haben, daß wir sie unterstützen sollen, einen besonderen Punktwert innerhalb der KV-Abrechnung zu erhalten. Der antirassistische Kampf sollte aber nicht mit Gehaltsforderungen verknüpft werden!

(Beifall bei der SPD und der GAL und Zuruf von der GAL: Bravo!)

Deswegen habe ich erklärt, daß die Grünen mit der generellen Linie des vorliegenden Papiers durchaus übereinstimmen, aber damit Probleme haben. Herr Petersen und ich haben dem deshalb so nicht zustimmen können. Das haben wir dort auch gesagt. Das betrifft nicht nur Wilhelmsburg.