Protocol of the Session on May 9, 2001

(Zuruf von Antje Blumenthal CDU)

Bisher war es immer dieselbe Opposition.

(Antje Blumenthal CDU: Danke!)

Wer sich ein bißchen in der Welt umschaut, weiß, daß dies alles andere als ein lokales Thema ist. Es ist ein grundlegendes Problem, das wir in allen Industriegesellschaften haben, daß im Bereich der qualifizierten Arbeitsplätze Menschen fehlen. Neben der nicht ganz einfachen Zuwanderungs- und Einwanderungsdebatte, die wir gegenwärtig führen, gibt es aus meiner Sicht ein zentrales Element der Vorsorge: Dieses zentrale Element der Vorsorge ist, daß wir uns – anders als bisher – nicht so sehr an dem gerade vorhandenen wirtschaftlichen Erfolg oder Nichterfolg orientieren. Jeder von uns kann sich doch noch erinnern, wie vor fünf Jahren die deutschen Unternehmen davor gewarnt haben, ein Ingenieurstudium zu beginnen. Es hieß, wer heute Ingenieur studiert, muß damit rechnen, daß er morgen Taxi fährt.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ist auch so gewesen!)

Und das ist das, was junge Leute dann auch wirklich prägt. Deswegen ist es auch falsch, wenn wir an den Börsen und Kapitalmärkten mal eine Entwicklung nach unten haben, daß wir dann überzogene Überschriften in den Medien lesen, wie „Aufs falsche Pferd gesetzt“ oder „Jetzt geht es wieder abwärts“ oder „Es war nur eine Luftblase“. Das ist falsch. Wir müssen uns angewöhnen, über Höhen und Tiefen hinweg die jungen Menschen auf die Zukunftsbranchen hin zu orientieren, sei es die zivile Luftfahrt, sei es der

IT-Bereich, seien es andere Bereiche. Das ist unabhängig davon, in welchem Konjunkturzyklus man sich gerade befindet. Wenn wir das miteinander leisten, dann werden sich auch mehr junge Menschen und insbesondere, Frau Brockmöller, auch mehr junge Mädchen, die vielleicht eine noch größere Schwelle zu überwinden haben, um sich solchen Berufen zuzuwenden, für eine solche Lebensentscheidung aussprechen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Erdem.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch, Sie haben das Thema ausländische Studenten angesprochen und die Möglichkeit, in Deutschland Praktika zu machen und einen Arbeitsplatz anzunehmen. Ich denke, das ist ein richtiges Thema. Auch der Kanzler hat auf der CeBIT dieses Thema angesprochen. Da gibt es schon eine Entwicklung. Die rotgrüne Regierung auf Berliner Ebene blieb nicht da stehen, was die CDU im Jahr 1991 verbockt hat, nämlich, daß diese Studenten, die hier ihre Ausbildung bekommen, nicht die Möglichkeit haben, ihr Praktikum zu machen und Arbeit zu bekommen. Deswegen hat die rotgrüne Regierung auf Berliner Ebene im Rahmen der Süssmuth-Vorschläge einen Gesetzentwurf entwickelt, eine Reform, die ich auf Bundesebene mit Herrn Cem Özdemir ein wenig mitbegleitet habe, daß auch ausländische Studenten die Möglichkeit bekommen sollen, nicht nur ein Praktikum, sondern gleichzeitig ein Optionsrecht zu erhalten, ob sie in Deutschland bleiben oder in ihre Heimat zurückkehren wollen. Ich denke, daß da auf der rotgrünen Regierungsebene in Berlin einiges bewegt wird. Ich hoffe, daß diese Bewegung weiter vorangetrieben wird, und wir in Hamburg begleiten auch diese Bewegung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Die Bürgerschaft soll Kenntnis nehmen, und das hat sie getan.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 54 und 55 auf, die Drucksachen 16/5941 und 16/5942. Das sind die Anträge der CDU-Fraktion zum finanziellen Leistungsanreiz im öffentlichen Dienst und Mobilität im hamburgischen öffentlichen Dienst.

[Antrag der Fraktion der CDU: Finanzielle Leistungsanreize im öffentlichen Dienst – Drucksache 16/5941 –]

[Antrag der Fraktion der CDU: Mobilität im hamburgischen öffentlichen Dienst – Drucksache 16/5942 –]

Beide Drucksachen möchte die GAL-Fraktion an den Innenausschuß überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Herr Vahldieck, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Jeder Stammtisch, der auf sich hält, ist sich beim fünften Bier sicher, die Beamten sind faul und der öffentliche Dienst ist ineffizient.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Schon beim zwei- ten! – Zuruf von Uwe Grund SPD)

(Senator Dr. Thomas Mirow)

Doch, doch, das ist so. Vielleicht nicht in Ihrer Anwesenheit, Herr Grund, weil man weiß, daß Sie auch öffentlich Bedienstete professionell vertreten müssen, aber mir gegenüber hat man da weniger Skrupel. Ein berühmter Politiker – der Name ist mir jetzt entfallen – hat mal einen ganzen Berufsstand als faule Säcke apostrophiert.

(Ole von Beust CDU: Faule Säcke hat Herr Schrö- der gesagt! – Wolfgang Beuß CDU: Das war Herr Schröder!)

Die öffentliche Meinung ist da relativ schnell bei der Hand, und der eine oder andere von uns wird sicher auch die Erfahrung gemacht haben, daß diese Charakterisierung zum Teil durchaus zutrifft. Es gibt derartige Beamte und öffentlich Bedienstete, die man als wenig effizient bezeichnen kann, aber es gibt zum Glück auch öffentlich Bedienstete, die diesem Klischee überhaupt nicht entsprechen.

(Uwe Grund SPD: Das ist die Mehrheit sogar!)

Das sind sogar mehr. In der Tat, Herr Grund, schön, daß Sie das sagen. Insofern wird jeder von uns, die wir hier im Raum sind, Erfahrungen mit dem öffentlichen Dienst gemacht haben, und zwar mit solchen und mit solchen öffentlich Bediensteten, also mit Faulen und mit solchen, die wirklich sehr viel leisten, sehr engagiert sind und einen guten Job machen.

Unter Fachleuten ist völlig unbestritten, daß es notwendig ist, Leistungsträger zu motivieren. Das bedeutet, ihnen Anerkennung zukommen zu lassen, und das darf und soll sich gerne auch finanziell auswirken.

Das ist ein modernes Personalmanagement, das in der Wirtschaft gang und gäbe ist. Glücklicherweise besteht seit 1997 nach dem Bundesbeamtenrecht die Möglichkeit, dieses auch im öffentlichen Dienst durchzuführen.

Man kann für öffentlich Bedienstete – wenn sie Leistungsträger sind – Prämien auszahlen, auf ein Jahr begrenzte Leistungszulagen gewähren und auch dafür sorgen, daß sie in der jeweiligen Dienstaltersstufe schneller aufsteigen. Das ist für maximal 10 Prozent des betroffenen Personenkreises möglich.

Gegenfinanziert wird dies durch den Umbau der Grundgehaltstabelle, was schon seit einigen Jahren praktiziert wird. Insofern ist beim Bund und bei den Ländern inzwischen auch ein finanzieller Ertrag eingetreten, der für die Gewährung von Leistungsanreizen eingesetzt werden soll; in Hamburg ist dies noch nicht geschehen. Der Senat hat erklärt, er wolle derartige Leistungsanreize bis zum Jahr 2000 einführen. Allerdings ist davon derzeit noch nichts in Sicht.

Der Bund hat finanzielle Leistungsanreize eingeführt. Auch viele Länder wie Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein handeln so. Sie gewähren den öffentlich Bediensteten Zulagen und finanzielle Leistungsanreize, die sich als Leistungsträger qualifiziert haben. In Hamburg ist es derzeit noch nicht der Fall.

Es ist unbestritten, daß dieses Vorgehen auch eine Vielzahl von Problemen mit sich bringt. Die Probleme stecken wie immer im Detail. Man muß eine Leistungsbewertung vornehmen, die im Einzelfall für Vorgesetzte schwierig ist. Denn wenn man dem einen eine Leistungsprämie zukommen lassen will, kann man dies im Umkehrschluß dem anderen nicht gewähren. Hier befinden sich die Vorgesetzten in einer großen Verantwortung.

Gleichwohl ist es die Aufgabe der Politik, diese Probleme zu lösen. Andere Länder haben das schon getan. Wir sind der Auffassung, daß in Hamburg dies schnellstens geschehen muß. Ich bin froh, daß dieses Thema aufgrund der Initiative der GAL an den Innenausschuß überwiesen wird, denn dort können wir das alles erörtern. Wir würden dann gern vom Senat erfahren, warum derartiges in Hamburg noch nicht umgesetzt wurde.

Zum Thema Mobilität, das wir auch in einem Antrag angesprochen haben. Wir stellen fest, daß es immer schwieriger wird, die Durchlässigkeit für Bedienstete von einer Behörde in die andere zu gewährleisten. Bei Lehrern ist das sicherlich ein nicht so großes Problem, denn sie werden in der Regel als solche arbeiten. Aber innerhalb der allgemeinen Verwaltung ist es schon sinnvoll, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einer Fachbehörde in die andere und vom Bezirksamt in die Fachbehörde wechseln können und umgekehrt. Das ist sinnvoll, geschieht in den letzten Jahren aber kaum noch.

Durch die Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst ist jede Behörde peinlich darauf bedacht, möglichst keine Bewerberinnen und Bewerber von außen aufnehmen zu müssen, weil jede einzelne Behörde im Rahmen der Haushaltskonsolidierung damit befaßt ist, ihre eigenen Probleme zu lösen. Trotzdem ist das auf Dauer keine Lösung. Die Immobilität im hamburgischen öffentlichen Dienst ist inzwischen so weit fortgeschritten, daß man von Erstarrung reden kann.

Deshalb wollen wir auch dieses Thema im Innenausschuß erörtern. Ich freue mich auf die Diskussion und hoffe, daß in diesem Jahr endlich etwas geschieht und wir zum einen finanzielle Anreize für Leistungsträger bekommen und zum anderen etwas für die Mobilität des öffentlichen Dienstes tun. Denn das sind moderne Personalmanagementinstrumente, die wir dringend brauchen. Ansonsten hinken wir der Wirtschaft hinterher, und das kann sich der öffentliche Dienst in Hamburg am wenigsten erlauben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Sabine Steffen GAL)

Das Wort hat Herr Zuckerer.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Ich weiß nicht mehr, wann ich zum ersten Mal eine Debatte über leistungsbezogene Bezahlung im öffentlichen Dienst mitgemacht habe.

(Ole von Beust CDU: Vorm Krieg!)

Das war vor meiner Zeit im öffentlichen Dienst. Demnach muß es fast 20 Jahre zurückliegen.

(Heino Vahldieck CDU: Aber rechtlich geht es erst seit 1997!)

Von daher zeigt allein die Dauer der öffentlichen Debatte, daß wir uns auf einem bemerkenswerten, vielleicht komplexen Terrain bewegen.

Um Ihnen die Komplexität dieses Terrains deutlich zu machen, erlauben Sie mir einige historische Reminiszenzen. Sie reichen mehrere hundert Jahre zurück.

Wie wir alle wissen, wird gemeinhin in jeder Großorganisation und auch in jedem Unternehmen nach Funktionen bezahlt, die als Leitungsverantwortung und Aufgabenbeschreibung verstanden werden. Im öffentlichen Dienst wird aber eigenartigerweise nach Funktion und Dienstalter be

(Heino Vahldieck CDU)

zahlt. Woher kommt diese bemerkenswerte Bezahlung nach dem Dienstalter?

Meine Damen und Herren! Sie können raten. Sie reicht zurück bis in die Zeiten des Absolutismus. Es ist – wenn wir nur Deutschland betrachten – ein Vermächtnis des deutschen Adels im preußischen Heer.

(Wolfgang Beuß CDU: Der olle Fritz!)

Bekanntermaßen wurde das preußische Heer von seinem Adel geführt. Offiziere waren Adlige, und der Adel war nach seiner eigenen Betrachtung die Elite des Volkes. In sich war er aber bemerkenswerterweise egalitär, nämlich gleich.