Protocol of the Session on April 25, 2001

wird. Wie stehen Sie zu diesem Problem? Sollte Sterbehilfe für unheilbar Kranke erlaubt sein, oder sollte dies nicht der Fall sein?“

Das ist eine ganz einseitige Frage, wo es gar keine Möglichkeit gibt, über Alternativen zu reden. Die Befürworter der aktiven Sterbehilfe argumentieren mit der Barmherzigkeit gegenüber den Leidenden, mit dem Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht des Individuums und mit der Würde des Menschen. Wir sagen nein zu einer solchen tödlichen Barmherzigkeit.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der GAL und bei Dietrich Ellger SPD)

Wir wünschen, daß Menschen in Würde und ohne Schmerzen, nicht allein und mit Zuwendung sterben können. Wir sind überzeugt, daß der Wunsch nach aktiver Sterbehilfe in dem Maße schwindet, wie sich eine gute Sterbebegleitung durchsetzt. Das haben wir schon bei der ausführlicheren Debatte im Februar kundgetan und auch breiter diskutieren können; nur ist davon noch viel zuwenig in der Öffentlichkeit die Rede. Ich weiß nicht, warum gerade in dieser Debatte die aktive Sterbehilfe Vorrang vor der Sterbebegleitung genießt.

(Beifall bei der CDU)

Es muß noch vieles getan werden, um eine gute Sterbebegleitung in die öffentliche Diskussion zu bringen, aber auch die Sterbebegleitung in ihrer Qualität muß noch wesentlich verbessert werden, das heißt zuerst in der Palliativmedizin. Ich verstehe nicht, daß das nicht zum Curriculum des Medizinstudiums gehört.

(Glocke)

Frau Rudolph, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ein Schlußsatz noch. – Es gehören noch viele andere Dinge dazu. Die Richtlinie der Bundesärztekammer ist eine hervorragende Grundlage für die Umsetzung, und auch die Patientenverfügungen sind in Zukunft mehr anzuerkennen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Koppke.

Meine Damen und Herren! Frau Rudolph, meiner Auffassung nach ist es entschieden zu früh, eine eindeutige Antwort auf die Frage zu geben, ob die holländische Regelung auch für Hamburg und die Bundesrepublik insgesamt übernommen werden könnte oder ob sie verteufelt werden soll. Denn in den Niederlanden hat ein jahrelanger gesellschaftlicher Diskussionsprozeß zu dieser Frage stattgefunden, während in unserem Land das Thema Sterbehilfe, das Sterben überhaupt, tabuisiert wird.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz.)

Der Vorstoß der Niederländer führt dazu, daß in der Bundesrepublik eine hochgradig moralisch aufgeladene Debatte geführt wird. Die Positionsäußerungen münden sowohl bei der CDU als auch bei der GAL, der SPD oder auch bei den Kirchen in eindeutige Ablehnungen. Das sind leider verfrühte Schnellschüsse.

Wir brauchen nach meiner Auffassung eine breite, ernsthafte und vor allem auch offene Diskussion zur aktiven Sterbehilfe. Die in der Bundesrepublik allseits geäußerten Meinungen sind vorgefertigt, festgezurrt und helfen dieser Debatte wenig.

Es kann nicht sein, daß die GAL durch ihre Titelanmeldung die Themen Sterbebegleitung und Sterbehilfe einfach nach dem Motto gegeneinander setzt: entweder Sterbebegleitung oder Sterbehilfe.

(Anja Hajduk GAL: Dann haben Sie aber nicht zu- gehört!)

Das ist für mich kein sachgemäßer Umgang mit dieser Problematik.

Natürlich ist auch nach unserer Auffassung eine verbesserte Sterbebegleitung in der Bundesrepublik – also auch in Hamburg – absolut notwendig. Aber dadurch ist die Frage nach der Möglichkeit aktiver Sterbehilfe nicht beantwortet. Natürlich darf eine Legalisierung der aktiven Sterbehilfe nicht dazu führen, Alternativen – zum Beispiel aus ökonomischen Erwägungen – ins Abseits zu stellen. In der Bundesrepublik ist der Ausbau von Hospizen oder auch die Stärkung der völlig unterentwickelten Schmerztherapie unverzichtbar.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Hier müssen die Bundesrepublik und Hamburg sofort mit verbesserten Maßnahmen beginnen, aber parallel dazu die Debatte um Sterbehilfe beginnen. Es darf natürlich nicht sein, daß Menschen aus Furcht vor einem Pflegeheim oder einer Intensivstation Sterbehilfe wünschen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das viel zitierte Argument des hippokratischen Eides eingehen, daß es Aufgabe eines Arztes sei, Leben zu erhalten. Wir befinden uns heute in einer Zeit, in der Technik längst über vieles hinausgewachsen ist, was menschenwürdig ist. Das sehen wir bei der Gentechnik, aber auch bei der Apparatemedizin.

Ist es tatsächlich mit dem Auftrag des Arztes oder Hippokrates vereinbar, Menschen, die für hirntot erklärt wurden, über ein, zwei Jahre künstlich durch Apparate am Leben zu erhalten? Sind lebensverlängernde Maßnahmen per se für einen Menschen besser, würdevoller?

Die Form der Legalisierung aktiver Sterbehilfe in den Niederlanden bedeutet hingegen doch auch nicht den Freifahrtschein für Ärzte, nach Gutdünken eigenmächtig zu töten. Die in den Niederlanden geregelte aktive Sterbehilfe ist nur dann legal, wenn der Patient oder die Patientin ohne Aussicht auf Heilung unerträglich leidet und bei vollem geistigen Bewußtsein mehrfach ausdrücklich den Wunsch äußert, sterben zu wollen.

Sicherlich: die Kriterien, wann aktive Sterbehilfe praktiziert werden darf und wann nicht, müssen stimmen. Das ist sicherlich auch der Knackpunkt. Aber über diese Kriterien müssen wir zunächst einmal diskutieren.

Ich bin jedenfalls der Auffassung, daß zum Selbstbestimmungsrecht – Frau Rudolph hat darauf hingewiesen – der Menschen auch gehört, darüber zu entscheiden, ob und wann sie sterben wollen. Die holländische Regelung ist insofern auch ethisch begründet.

Ein pauschales Verurteilen der Möglichkeit, von der Sterbehilfe Gebrauch machen zu können, ist fehl am Platz. Vielmehr haben wir in der Bundesrepublik einen Nachhol

(Eleonore Rudolph CDU)

bedarf, die betreffenden Fragen ernsthaft und offen zu diskutieren. Nicht zuletzt auch deswegen – darauf hat Frau Brinkmann hingewiesen –, weil die Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung Sterbehilfe befürwortet. Wir können uns nicht verschließen, diese Diskussion zu führen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und teilweise bei der SPD)

Das Wort bekommt Senatorin Roth.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist so, daß die Gesellschaft den Tod am liebsten verdrängt und das Sterben und die Form des Sterbens kaum zur Kenntnis nimmt.

Deshalb haben wir vor einem Jahr in dieser Stadt die Landesinitiative „In Würde sterben“ gestartet, um gemeinsam mit einem Beirat aus Kirchen und Interessenvertretern die gesellschaftliche Debatte zu diesem Thema voranzubringen. Sie soll ohne Vorbehalte, offen und vor dem Hintergrund der Geschichte geführt werden, die anders ist als in den Niederlanden und uns deshalb besonders verpflichtet.

In der Bundesrepublik haben wir keine vergleichbare Situation wie beispielsweise in den Niederlanden. Die Frage, wie wir mit dem Tod und der aktiven Sterbehilfe umgehen, verlangt von uns nicht nur sehr viel mehr Nachdenken, sondern mehr Klarheit und Regelungen für das, was insbesondere die Patienten selbst wollen. Darauf haben Frau Rudolph und Frau Freudenberg hingewiesen: Das Thema Patientenverfügung ist in der Zukunft sehr wichtig. Deshalb klären wir darüber gerade im Zusammenhang mit diesem Thema auch auf.

Vor dem Hintergrund unserer Geschichte ist das nicht ganz emotionslos zu diskutieren. Wir müssen hier besondere Verantwortung tragen. Deshalb stimme ich auch Frau Brinkmann zu, die Frau Däubler-Gmelin und das Bundesgerichtshofsurteil zitiert hat, daß wir in Deutschland schon Möglichkeiten haben, die zum Beispiel auch in der Schmerztherapie genutzt werden. Wir sind uns alle einig, daß diese ausgeweitet werden müssen; das ist gut und richtig. Die Palliativstationen sind ein Anfang; im Bereich der Krankenhäuser muß aber noch mehr getan werden.

Wenn man die Menschen fragt, wo sie sterben wollen, dann möchten sie es meist zu Hause im Kreis ihrer Familien. Aber die Wahrheit ist, daß die meisten Menschen entweder in Alten- oder Pflegeheimen oder in Krankenhäusern sterben. Deshalb wollen wir uns um die Sterbebegleitung kümmern.

Es ist unser vorrangiges Ziel, den Menschen beim Sterben zu begleiten. Jeder von uns geht mit dem Tod eines Angehörigen, eines Freundes oder eines Bekannten anders um und weiß, wie schwierig es ist, eine solche Situation persönlich zu verarbeiten.

Aber wir stellen uns der Aufgabe, gerade auch den Angehörigen in dieser Situation Unterstützung zu geben. Deshalb haben wir in Hamburg sehr früh die Hospize gegründet; ein drittes Hospiz kommt zum 1. Juli dazu, so daß wir hier sehr gut ausgestattet sind.

Darüber hinaus haben wir in Hamburg gemeinsam mit anderen Bundesländern im Bundesrat eine Anhörung zum Thema Hospizentwicklung initiiert und insbesondere auch die ambulante Hospizversorgung und Beratung der Angehörigen mit auf die Tagesordnung genommen.

Wir sind uns alle einig – übrigens auch in der Bundesratsanhörung; das stimmt mich bezüglich unserer Zukunftsvorstellungen positiv –, daß wir beim Thema ambulante Hospizentwicklung insbesondere in Verbindung mit der Finanzierung schnell vorankommen müssen.

Es zeichnen sich zum Beispiel Möglichkeiten im Rahmen der Krankenkassenfinanzierung ab, hier insbesondere die ehrenamtliche Sterbebegleitung zu unterstützen. Das ist eine Überlegung, die wir im Rahmen unserer Landesinitiative Hospiz voranbringen wollen. Ich habe den Eindruck, daß es uns auf diesem Gebiet auch gelingt.

Die Diskussion um das Kinderhospiz ist ein weiterer Eckpunkt, der zeigt, daß Hamburg bei diesem Thema sensibel ist und gesellschaftlich das nach vorne bringt, was wir gemeinsam wollen: Die Menschen sollen in Würde sterben können. Insofern ist für uns der Streit bei dieser Debatte, der scheinbar neu ist, nicht so wichtig, weil wir uns in diesem Haus schon seit einigen Jahren – insbesondere im letzten Jahr – darüber verständigt haben, daß die Landesinitiative Hospiz in dieser Stadt ein Zeichen für das würdige Sterben der Menschen und deren Angehörige setzen soll.

Wir sollten dieses gemeinsam voranbringen und dabei alle Möglichkeiten für die Patientinnen und Patienten nutzen, daß wir das, was wir uns vornehmen, auch in einer humanen Gesellschaft tun, indem wir den Angehörigen helfen, den Tod zu verarbeiten, aber auch denjenigen helfen, die davon betroffen sind, in Würde sterben zu können.

(Beifall bei der SPD, der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Zamory.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einen Aspekt etwas genauer beleuchten: Das Versagen der alltäglichen ambulanten und in Krankenhäusern praktizierten Medizin. Dieses Versagen, das Sterben in ihre Handlungsabläufe und ihre Arbeit zu integrieren, macht es erst möglich, in so verschiedene Richtungen zu diskutieren, wie wir es eben getan haben. Das heißt, auf der einen Seite diskutieren wir in die positive Richtung – Palliativmedizin und Hospiz – und auf der anderen Seite über die – das ist nach wie vor meine Meinung – abzulehnende Variante der Tötung auf Verlangen.

Aber auch die Hospize, so positiv sie sind und so sehr wir sie immer unterstützt haben, sind ein Spiegelbild des Versagens der Krankenhäuser.

Es reicht nicht aus, Frau Senatorin – ich glaube auch nicht, daß das Ihre Position ist –, den Sterbeprozeß in Spezialistenhände der Hospize zu geben, sondern es kommt darauf an, dafür zu sorgen, daß humanes Sterben auch in den Krankenhäusern Hamburgs möglich ist.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD und der CDU)

Wie widerspruchsvoll und auch schmerzvoll diese Diskussion ist, haben einige Abgeordnete erlebt, als sie vor eineinhalb Jahr zum Jahrestreffen der gemeinnützigen Krankenhäuser eingeladen waren, die genau dieses Thema diskutierten. Professor Braun vom Amalie-Sieveking-Krankenhaus und Professor Meier-Baumgartner vom Albertinen-Krankenhaus bemühen sich – das weiß ich, weil ich unter beiden als Assistenzarzt gearbeitet habe –, das Ster