Herr Porschke, wenn das mit der neuen Definition stimmt, ist die Frage, wie es um den berühmten Kompromiß steht, der dort gemacht worden ist. Da ist eins festzustellen: Rotgrün hat bezüglich der Abschaltung der Atomkraftwerke nichts erreicht. Die Atomkraftwerke laufen nach dem gegenwärtigen „Atom-Nonsens“ so lange weiter, wie sie betriebswirtschaftlich überhaupt weitergeführt werden können. Es wird nicht vorzeitig abgestellt.
Das führt zu der katastrophalen Situation, daß wir immer noch weiter Atommüll produzieren, der irgendwo unterzubringen ist. Bereits die vorherige Regierung wußte schon nicht, was sie mit dem machen soll, was noch zehntausend Jahre strahlt. Diesbezüglich ist nichts erreicht worden. Ich bin sicher, daß diese Demonstration vor einer Woche um einiges mehr erreicht hat als die grüne Beteiligung an der Regierung.
Wir sind sicher, daß die Atomkraftwerklaufzeiten geringer werden, daß sie nicht mehr so viel Atommüll produzieren
werden, wie sie es bisher geplant haben, und die „FAZ“ sagt mit uns gemeinsam, wir werden dort Erfolge erreichen. Ich finde, es ist ein toller Erfolg, den wir dort erreicht haben. Für die grüne Partei ist es äußerst peinlich, sich so verkauft zu haben. – Danke.
Genau das ist jetzt der Vorschlag. Die Wette gilt. Die grüne Beteiligung an der Bundesregierung, das Bündnis mit den Sozialdemokraten, die Konsensverhandlungen haben eine deutliche Reduzierung der beabsichtigten Laufzeiten erreicht. Wenn jetzt aufgrund dieser Demonstration eine weitere Reduzierung erreicht wird, haben Sie gewonnen, anderenfalls ich. Wann wird die Wette eingelöst?
Frau Abgeordnete, das Problem ist doch real. Über Jahrzehnte sind Milliarden D-Mark investiert und auch anderes Geld verdient worden. Diese Kraftwerke nun vom Netz zu kriegen, ist ein tatsächlich schwerer Weg. Es ist doch ein gemeinsames Schicksal, das wir erlitten haben. Wenn Sie jetzt den erreichten Weg gefährden wollen und glauben, man kriegt den Ausstieg schneller hin, müßten Sie dafür bitte mal einen Weg aufzeigen; dazu sind Sie aber leider nicht in der Lage. Das ist das Problem. Deswegen muß man das, was man erreichen kann, umsetzen, sonst wird es nichts.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte ein paar Anmerkungen zur Demonstration und zur Doppelzüngigkeit der Grünen machen.
Ja, das ist doch die Sache. Wer will mir denn sagen, daß es Leuten wie Hackbusch und anderen tatsächlich zentral darum geht, wie es mit der Kernenergie im Vergleich zur Kohleenergie ist.
Ich behaupte einmal, daß es schon seit 20 Jahren immer wieder als Kristallisationspunkt der Linken benutzt worden ist, die Kernenergie zu diskutieren. Sie haben daran ihr Unwohlsein mit einer kapitalisierten Welt festgemacht, denn irgendwie mußten sie ihre Befindlichkeit konkret an etwas sichtbar machen, und darum sind sie auf diesem Punkt eingestiegen und tun es seit 20 Jahren.
Es hat mich in den siebziger Jahren immer berührt, wenn bei Grohnde und Brokdorf die verschiedenen Kollegen mit einem K vorne dort hingingen, um zu demonstrieren. Es waren die K-Gruppen – darin kennen Sie sich zum Teil selbst gut aus – und auch diejenigen, die – ich sage mal – die K-Orientiertheit à la Moskau und DDR hatten, obwohl
dort, in der Sowjetunion, der DDR und auch in Polen die eigentlich kriminellen Kernreaktoren standen. Das heißt, die Demonstrationen von K-Leuten zu diesen Geschichten waren völlig unglaubwürdig, weil sie zum Teil für Regime waren, die die tatsächlich schlimmen Kernreaktoren hatten und nicht unsere.
Herr Schmidt, daraus folgte für mich, daß es diesen Personen gar nicht darum ging, die Kernenergie zu bekämpfen, sondern das System. Das folgt doch logisch daraus.
Die Leute hatten bei den Demonstrationen in den siebziger Jahren ihre Sozialisierung, sie hatten etwas, gegen das sie sein konnten, und sie hatten den gemeinsamen Schweiß für eine gemeinsame Sache. Das ist eine ähnliche Psychologie wie beim Reichsparteitag.
Wir haben die Debatte schon im Zusammenhang mit Joschka Fischer und seinem Verhältnis zur Staatsmacht geführt.
Die Demonstrationen, die die Kernenergie zum Anlaß hatten, waren in den siebziger Jahren – das sage ich als Anmerkung zur SPD – nicht die Zeiten, in denen eine angeblich verknöcherte CDU regierte, sondern in denen Willy Brandt und Helmut Schmidt als Mitglieder Ihrer Partei den Bundeskanzler gestellt haben. Das waren doch die Zeiten, in denen sich ein Teil von Ihnen – nicht alle – sozialisiert hat.
Nun sind diese Altväter in die Jahre gekommen und schicken teilweise – das haben wir gesehen – ihre Töchter zu Demonstrationen. Als ich im Bericht die Sechzehnjährige gesehen habe, wurde ich den Verdacht nicht los, daß das subtile Mittel politischer Verführung beim eigenen Kind eingesetzt worden ist. Das ist mein Eindruck.
Es ist abenteuerlich, wenn Rotgrün – das wurde hier mehrfach getan – das sogenannte Konsensgesetz als historisch bezeichnet. Gleichzeitig haben nämlich alle Grünen, die hier an der Debatte teilnahmen, gegen dieses Gesetz argumentiert. Das zeigt, wie doppelbödig und opportunistisch die Grünen in diesem Fall sind.
Ihre neue Parteivorsitzende geht mit einem Gesicht, das ohnehin nicht gerade mit Glückseligkeit ausgestattet ist, zu dieser Veranstaltung und sagte dort, wie betrübt sie über die Kernenergie sei.
Herr Porschke hat monatelang nicht gewußt, ob er für oder gegen das Gesetz sein soll. Wie man ein Gesetz als historische Leistung von Rotgrün definieren kann, aber gleichzeitig an den Demonstrationen teilnimmt, die nicht nur wegen der Castor-Transporte stattfanden, sondern – das haben die Flugblätter gezeigt – auch wegen der Energiepolitik der rotgrünen Regierung, verstehe ich nicht. Das deutet auf einen grenzenlosen Opportunismus und auf einen Spagat hin, bei dem Sie zusammenbrechen können. Das Wort Spagat kommt von spaccare: spalten; ich könnte mir vorstellen, daß dies eines Tages auch das Schicksal der Grünen sein wird. – Vielen Dank.
Bevor ich dem nächsten Redner, Herrn Jobs, das Wort gebe, möchte ich zu der Debatte zwei Dinge sagen:
was als Thema angemeldet ist. Ich bitte die Redner und auch Sie, Herr Salchow, in Zukunft darauf zu achten, daß Sie beim Thema bleiben.
Zweitens: Ich habe Ihnen gesagt, daß Ihre gebrauchte Ausdrucksweise nicht angemessen war. Ich möchte es noch etwas deutlicher sagen: Ich rufe Sie hiermit dafür zur Ordnung, Herr Professor Salchow.
Meine Damen und Herren, Herr Salchow! Salchow und der Reichsparteitag. War das ein dummer Ausrutscher, oder war es eine bewußte Hetzerei? Dazu möchte ich von Ihnen noch etwas hören. So geht es nicht,