Protocol of the Session on April 4, 2001

(Heide Simon GAL)

ser Hinsicht auf eine Änderung des Gleichstellungsgesetzes warten.

Frau Simon, wir haben fast durchgehend Erfolge zu verzeichnen? Ich frage mich, ob wir wirklich den gleichen Bericht gelesen haben. Eigentlich schade.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat die Zweite Bürgermeisterin Frau Sager.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Koop, ich bin sehr dankbar für gute und gutgemeinte, konstruktive Vorschläge. Aber erlauben Sie mir doch eine Bemerkung: Wenn es um die Erhöhung des Frauenanteils geht, kann die CDU mehr vom Senat lernen als der Senat von der CDU.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich habe den Eindruck, daß bei Ihnen bei der Jungensozialisation in den eigenen Reihen irgend etwas schiefläuft.

Der 3. Erfahrungsbericht über die Umsetzung des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern im hamburgischen öffentlichen Dienst legt sehr viel Wert darauf, nicht nur die quantitative Entwicklung zu beschreiben, sondern vor allem, die Maßnahmen der Behörden zur Frauenförderung und zum Gender-Mainstream darzustellen und hier auch die qualitative Entwicklung deutlich zu machen. Diese Entwicklung ist zwar noch nicht in jeder Hinsicht so, daß wir uns zur Ruhe setzen können, aber sie ist durchaus erfreulich. Es gibt erkennbare Fortschritte, vor allen Dingen in der quantitativen Entwicklung. Es gibt eine Erhöhung des Frauenanteils sowohl im gehobenen Dienst als auch im höheren Dienst, obwohl der Frauenanteil an der Beschäftigung insgesamt gesunken ist. Das betrifft vor allen Dingen die Ausgliederung sehr frauendominierter Bereiche, wie beispielsweise „pflegen & wohnen“. Es kann ja sein, daß die Abgeordneten den gleichen Bericht gelesen haben, aber sie haben sicher nicht den gleichen Bericht verstanden, wenn hier behauptet worden ist, diese Frauen seien entlassen worden. Nur weil diese Bereiche ausgegliedert worden sind, sind die Frauen sicher nicht entlassen worden, und sie sind auch nicht verschwunden.

Es ist keinesfalls selbstverständlich, daß der Frauenanteil im gehobenen Dienst in allen Besoldungsebenen deutlich und im höheren Dienst merkbar gestiegen ist angesichts der Konsolidierungsmaßnahmen und der Tatsache, daß mit dem Neuen Steuerungsmodell auch Hierarchien abgeflacht worden sind. Die Stellen in den höheren Ebenen sind keinesfalls mehr geworden. Trotzdem sind die Frauen im höheren Dienst nach wie vor unterrepräsentiert. Es ist aber trotzdem eine erfreuliche Entwicklung, die weiterhin unterstützt werden muß.

Wir können also feststellen, daß die Frauen, entgegen den Befürchtungen, sie würden bei der neuen Steuerung, bei der Verwaltungsmodernisierung, auf der Strecke bleiben, sogar überproportional davon profitiert haben.

Besonders erfreulich ist, daß der Frauenanteil bei den Nachwuchskräften deutlich ansteigt. Dieses ist kein Zufall, denn man hat die Dinge nicht ihrem Selbstlauf überlassen. Ein Blick auf die Maßnahmen der Behörden zeigt, die Gleichstellungspolitik ist sehr aktiv unterstützt worden. Da

bei sind die einzelnen Maßnahmen natürlich durchaus auf die spezifische Situation in den einzelnen Dienststellen abgestimmt worden. Das Senatsamt für die Gleichstellung hat vor allem daran gearbeitet, die konzeptionellen Wege der Frauenförderung weiterzuentwickeln und diese Konzepte mit den Personalentwicklungsmaßnahmen der anderen Behörden zu verbinden.

Frauenförderung wird in vielfältiger Weise mit Personalentwicklung verbunden durch Stellenausschreibung, Personalauswahl, Fortbildung, Teilzeitbeschäftigung, Förderung der Beurlaubten und Nachwuchsförderung. Frauenförderung hält aber auch zunehmend Einzug bei den modernen Instrumenten, wenn es zum Beispiel um die Führungskultur geht, bei der Führung und Zusammenarbeit, bei der Potentialerkennung und -entwicklung, bei Teamentwicklungsprozessen und bei den Vorgesetztenund Mitarbeitergesprächen. Das Senatsamt für die Gleichstellung hat ein besonderes Augenmerk auf die Verzahnung von Gleichstellungspolitik und Verwaltungsmodernisierung gelegt, zum Beispiel bei den Modellen für Telearbeit, beim sogenannten Gender-Working oder auch beim Qualitätsmanagement.

Frau Ernst hat bereits darauf hingewiesen – ich möchte es noch einmal unterstreichen –, von der Verbindung von Gender-Gesichtspunkten mit Qualitätsmanagement haben nicht nur die Frauen profitiert, sondern auch die Arbeitsergebnisse sind besser geworden. Wenn Frauen und Männer gleichberechtigt ihren anderen Blick auf die Lebenswelt und ihre andere Lebenserfahrung in den Arbeitsprozeß einbringen, wird das Arbeitsergebnis besser und führt zu mehr Kreativität im Arbeitsprozeß. Das ist positiv für die Bürgerinnen und Bürger, weil gerade der Blick der Mitarbeiterinnen auf das Produkt, auf die Produktoptimierung, dazu führt, daß der Service und die Dienstleistung des öffentlichen Dienstes stärker an die Bedürfnisse der Bürgerinnen anknüpfen.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz.)

Neben den typischen Instrumenten der Frauenförderung haben wir die Methode des Gender-Mainstreaming stärker in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt. Wir werden diesen Politikansatz in den nächsten Jahren ganz besonders durch Modellversuche, durch die Übertragung erprobter Verfahren auf andere Behörden, durch Fortbildungsangebote, Veranstaltungen, Workshops, handlungsorientierte Studien und die enge Kooperation mit den anderen Akteuren verfolgen. Gerade gemeinsame Projekte, wie mit der Umweltbehörde oder dem Bezirksamt Hamburg-Nord, haben sich dort besonders bewährt.

Als besonders erfolgreich und effektiv sehe ich die Implementierung von gleichstellungspolitischen Zielsetzungen in die Ziel- und Leistungsvereinbarung, in das neue Steuerungsinstrument des Kontraktmanagements. Erhöhte Sensibilität haben wir bei den Beurteilungskriterien für die Personalentscheidungen erreicht. Zwischen uns und dem Personalamt ist es inzwischen Konsens, daß das Kriterium Spannkraft wahrscheinlich nicht besonders geschlechterneutral und daß das Kriterium Teamfähigkeit für Führungsfunktionen wichtig ist.

Große Fortschritte sind bei der Entwicklung von Beurlaubtenbegleitungskonzepten erreicht worden. Die Begleitung während der Beurlaubungsphasen und beim Wiedereinstieg in den Beruf hat sich in vielen Dienststellen bewährt und muß weiter Schule machen.

(Julia Koppke REGENBOGEN – für eine neue Linke)

A C

B D

Ein besonderes Problem ist immer noch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, auch im öffentlichen Dienst. Positiv ist in diesem Zusammenhang die stärkere Flexibilisierung der Erziehungsurlaubszeiten für beide Geschlechter durch die Gesetzesinitiative der Bundesregierung. Insgesamt aber müssen wir feststellen – das ist hier bereits von mehreren Abgeordneten gesagt worden –, Teilzeitarbeit ist auch im öffentlichen Dienst immer noch weiblich.

Bemerkenswert ist – auch das haben wir im Gleichstellungsausschuß diskutiert –, daß einerseits einige Dienststellen noch zu wenig dazu beitragen, um Vätern und Müttern flexible Arbeitszeiten anzubieten. Andererseits gibt es aber auch Dienststellen und Behörden, die ihren Mitarbeitern bis an die Grenzen ihrer eigenen Organisationsfähigkeit bei Arbeitszeitwünschen entgegenkommen. Hier kann sich die private Wirtschaft vom öffentlichen Dienst durchaus eine Scheibe abschneiden.

Auch im öffentlichen Dienst wird es weiterhin ein Nebeneinander von Frauenförderung und Gender-Mainstreaming geben. Wir werden aber dieses Handlungsprinzip in den kommenden Jahren in allen Personal- und Organisationsentwicklungsprozessen in der Breite verankern. Das, Frau Koop, schließt durchaus auch gezielte Maßnahmen für Männer unter Gender-Mainstreaming-Gesichtspunkten ein.

Unser 3. Erfahrungsbericht macht deutlich, daß wir nur durch die nachhaltige Veränderung von Strukturen bei der Gleichstellung vorankommen. Die Resultate brauchen ein fortgesetztes Controlling; da stimme ich Frau Ernst zu. Wir freuen uns über die erreichten Fortschritte, und wir werden mit Blick auf die Zukunft mit Ihnen gemeinsam weiter am Ball bleiben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann stelle ich fest, daß die Drucksache 16/5711 zur Beratung an den Gleichstellungsausschuß überwiesen worden ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf: Drucksache 16/5608, Große Anfrage der CDU-Fraktion zur Förderung der Selbsthilfe im Gesundheitsbereich in Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion der CDU: Förderung der Selbsthilfe im Gesundheitsbereich in Hamburg – Drucksache 16/5608 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 16/5789 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der CDU: Förderung der Selbsthilfegruppen im Gesundheitswesen – Drucksache 16/5789 –]

Die GAL-Fraktion beantragt, die Große Anfrage 16/5608 an den Gesundheitsausschuß zu überweisen.

Das Wort wird gewünscht. Der Abgeordnete Wersich hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU hat das Thema Selbsthilfegruppen im Gesundheitswesen auf die politische Tagesordnung gesetzt, obwohl sie weiß, daß das kein massenmediales Thema ist. Aber wir wissen, daß es für viele Menschen in der Stadt, für Betroffene, Patienten und Angehörige wichtig ist.

Das professionelle Gesundheitssystem ist oft ratlos und überfordert, insbesondere im Umgang mit chronischen Erkrankungen und den Belastungen, die diese Erkrankungen für die Menschen im Alltagsleben bedeuten. Andererseits beklagen viele Patienten zu Recht, daß Zuwendung und eine ausreichende Information über Behandlung und Behandlungsalternativen im Zuge der ökonomischen Zwänge und Budgetregelungen im Gesundheitswesen viel zu kurz kommen.

Das hat zur Folge gehabt, daß sich in den letzten Jahren in Hamburg über 1500 Selbsthilfegruppen mit über 25 000 Hamburgern zusammengefunden haben, die sich über die Krankheitsbilder und Therapien sowie über Alternativen austauschen, Ängste abbauen, Krankheitsbewältigung und Alltagshilfe betreiben. Sie sind auch Ansprechpartner für diejenigen, die beruflich bei Erkrankungen helfen.

Es gibt neben diesem allgemeinen Grund aber auch einen politischen Grund, dieses Thema ins Parlament zu bringen. Das hat die Große Anfrage auch offenbart. Offenbar wird die Gesetzesneuregelung aus Berlin zur Förderung der Selbsthilfe aus dem Dezember 1999 in Hamburg völlig unzureichend umgesetzt. Der Senat hat offenbar kein eigenes Konzept für die Rolle, die Perspektiven und die Weiterentwicklung der Selbsthilfe. Man gibt KISS – das sind Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen – und dem Selbsthilfegruppentopf etwas Geld und hofft, damit ist alles gut. Das ist politisch gesehen natürlich mitnichten so. Ich möchte einige Beispiele erwähnen:

Wir haben in Hamburg keine aktive Kontrolle der Umsetzung dieser Bundesgesetze durch die Kassenaufsicht. Da sich die Behörde bisher herausgehalten hat, ist es in Hamburg nicht dazu gekommen, daß die vorgesehenen Gelder in die Selbsthilfe geflossen sind.

Wir haben im Bereich der illegalen Drogen nahezu ein komplettes Fehlen von Selbsthilfegruppen für die Süchtigen selber. Wir haben dort fast ausschließlich Eltern- und Angehörigen-Selbsthilfegruppen, aber nicht, wie im Bereich Alkohol, Selbstbetroffenen-Gruppen. Auch hier gibt es vom Senat keine Ansätze, wie man das ändern könnte. Schließlich werden die notwendigen Strukturveränderungen, wie weitere Anlaufstellen für KISS in Bergedorf und Harburg, lediglich angedacht und nichts Konkretes vorgeschlagen.

Deshalb haben wir, ergänzend zur Großen Anfrage, einen Antrag eingebracht, und es würde mich sehr wundern, wenn dieser Antrag von Ihnen nicht auch mit an den Ausschuß überwiesen wird. Vielleicht können Sie sich das noch einmal überlegen. Dieser Antrag sieht vor, daß wir nicht nur die Arbeit der Selbsthilfegruppen anerkennen, sondern auch konkrete Maßnahmen, daß wir die Höchstgrenze der möglichen Förderung entsprechend der Gruppengröße auf bis zu 5000 DM erhöhen, daß wir Weiterbildung und Beratung für ehrenamtliche Selbsthilfeaktivisten anbieten und daß wir in Harburg und Bergedorf Räumlichkeiten für die Selbsthilfe brauchen.

Ich kann mir vorstellen, daß wir hier in einem breiten parlamentarisch übergreifenden Zusammenarbeiten etwas für die Selbsthilfe in Hamburg tun können, und bitte deshalb um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Brinkmann.

(Zweite Bürgermeisterin Krista Sager)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei der CDU für ihre Große Anfrage bedanken, zeigt sie doch, wie lange und wie positiv die Selbsthilfegruppen im Gesundheitswesen in Hamburg verankert sind.

Nicht in den letzten Jahren, Herr Wersich, sondern seit 1970 haben wir Selbsthilfegruppen in Hamburg, und heute sind es immerhin 25 000 Bürgerinnen und Bürger, die in diesen Selbsthilfegruppen verankert sind.

Durch die Hilfe zur Selbsthilfe unterstützen die Selbsthilfegruppen die Versorgung und Rehabilitation chronisch kranker Menschen. Sie sind aus unserem Gesundheitssystem nicht mehr wegzudenken. Sie helfen den Menschen in unserer Stadt, die gesundheitliche und psychosoziale Probleme haben, sie stehen beratend und aufklärend an der Seite derjenigen, die Hilfe brauchen.

Zunächst war mir beim Lesen der Großen Anfrage nicht klar, warum die CDU diese Anfrage gestellt hat, denn ich konnte mir zu Beginn des Wahlkampfes nicht vorstellen, daß sie diese positive Darstellung für uns bringen würde. Aber zum Glück kam vor wenigen Tagen noch ihr Antrag dazu. Daraus wurde deutlich, daß es natürlich wieder einmal um Geld geht.

Wir werden diesen Antrag ablehnen. Ich will das Punkt für Punkt begründen, damit es ganz klar ist; ich will nichts auslassen.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Das wird auch Zeit!)