Protocol of the Session on February 28, 2001

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Beust, bei dieser Rede ist es Ihnen genauso ergangen wie in manchen Politikbereichen, da haben Sie den falschen Berater gehabt.

(Beifall bei der SPD)

Ich dachte, eigentlich seien wir uns einig, deshalb frage ich noch einmal: Sind wir uns einig, daß das Projekt A380 ein Projekt von herausragender Bedeutung für diese Stadt ist? Ja. Wahrscheinlich wird man es im Rückblick, teilweise kann man es auch heute schon beurteilen, als eine der ganz großen Weichenstellungen unserer Stadtentwicklung betrachten. Es steht im großen historischen Strom Freihafenprivileg, Industrialisierung, Zollanschluß, Speicherstadt, 90 Jahre Flughafen, Verlagsansiedlung und so weiter. Und vor dieser Bedeutung des Projekts, ich bitte um Entschuldigung, war Ihr Redebeitrag wirklich kleinkariert und nörgelig.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben von Wahrheit gesprochen. Zu dieser Wahrheit gehört auch, daß wir den heutigen Tag bei diesem Projekt überhaupt nicht hätten, wenn wir vor langer Zeit, vor über 20 Jahren, Ihren Ratschlägen gefolgt wären. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Zum zweiten Punkt: Transrapid. Auch hier gibt es mehrere Wahrheiten, aber eine betrifft Sie ganz besonders.

Sie wissen ganz genau, daß die Verantwortung dafür, daß der Transrapid nicht kommt, weder dieses Haus noch diese Stadt trägt. Die Verantwortung dafür tragen andere, die Angst vor den Betriebskosten hatten. Das gehört auch zur Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Ebenso gehört zur Wahrheit, daß es in den Jahren von 1982 bis 1998 eine Bundesregierung unter dem Kanzler Helmut Kohl gab, die es trotz vieler Verkehrsminister – zum Beispiel Herrn Zimmermann von der CSU – nicht fertigbrachte, dieses Projekt zu realisieren. Und Sie halten hier solche Reden; das ist ein starkes Stück.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Gerade bei diesem Projekt erteilen wir jeder Legendenbildung eine klare Absage. Es geht um das Projekt selbst,

(Ole von Beust CDU)

weil es für diese Stadt und für diese Region eine besondere Bedeutung hat. Von daher war die Erleichterung groß, weit verbreitet und auch verständlich, denn auch die beispiellose, kriminalfilmähnliche Dramaturgie hat dazu beigetragen. Wann hat man es je erlebt, daß eine ganze Stadt wie gebannt auf eine Entscheidung gewartet hat?

Natürlich mußten wir als verantwortliche Menschen dieses Thema auch in die andere Richtung zu Ende denken. Das konnte man aber nur mit erheblichen Widerständen tun, denn der Rückschlag, der Imageverlust und die möglichen Auswirkungen für die wirtschaftliche Entwicklung, für die Investoren am Standort Hamburg wären zu groß gewesen.

Durch den jetzigen Beschluß wird das Jahrhundertprojekt in Hamburg verwirklicht; das ist vor allen Dingen für die Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze eine gute Entwicklung. Diese Entwicklung eröffnet ausgezeichnete Perspektiven für die Stadt und für die gesamte Region.

Das Projekt wurde in der Vergangenheit intensiv von der Bürgerschaft begleitet, ist häufig auch kontrovers diskutiert worden und auch – woran ich erinnere – mit nicht gerade geringen finanziellen Mitteln ausgestattet worden. Dies allein hätte aber nicht gereicht, um es durchzusetzen, wenn es nicht die breite Unterstützung aus der Wirtschaft und der Gesellschaft gegeben hätte.

Ich möchte für meine Fraktion all denjenigen danken, die auf ihre Weise daran mitgewirkt haben, das Projekt A380 durchzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

In den letzten Tagen ist vieles gesagt worden, deshalb kann ich mich auf wenige Bemerkungen beschränken. An einem Punkt liegt mir aber besonders:

Unsere Stadt und unser Land zeichnen sich dadurch aus, daß sich auch Minderheiten lautstark zu Wort melden und vor Gericht ihre Ansichten vertreten können. Deshalb möchte ich als Mitglied der Legislative darauf hinweisen, daß dieses Projekt – wie selten eines – die demokratische Legitimation und breite Unterstützung der gewählten Abgeordneten von drei Landesparlamenten und vom Bundestag erfahren hat. Von daher stehen für mich die möglichen, deutlich ausgleichbaren Nachteile für wenige den handfesten, überwältigenden Vorteilen für die große Mehrheit unserer Stadt und der Metropolregion gegenüber.

Das Gemeinwohl ist gewiß immer eine Frage des Abwägungsprozesses. Es kann nie anders sein, weil es von vornherein keine hundertprozentige Klarheit gibt. Diese Abwägung bezieht sich selbstverständlich auch auf den Naturschutz. Es wird nicht bestritten, daß es hier einen gravierenden Eingriff in die Natur geben wird. Es ist bedauerlich – das sage ich ausdrücklich –, daß bei diesem Projekt von weltweiter Bedeutung eine solche Konfrontation von Ökologie und Ökonomie stattgefunden hat. Ich habe geglaubt, daß sie in der Gesellschaft inzwischen ein wenig zurückgedrängt und überwunden wurde, denn auch die Koalitionspartner haben sich darüber geeinigt, diesen Gegensatz in den Koalitionsvereinbarungen zu überwinden. Ich hoffe, daß die Ausgleichsmaßnahmen zügig verwirklicht werden können. Es steht jedenfalls fest, daß Hamburg auch nach dieser Entscheidung eine besonders schöne, grüne und lebenswerte Stadt sein wird.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Gerichtet an die Adresse der Gegner und Kläger möchte ich das aufgreifen, was der Bürgermeister sagte. Der Se

nat hat ihnen die Hand ausgestreckt. Das ist richtig. Das sage ich nicht, weil ich mir im Hinblick auf die juristische Entwicklung Sorgen um den weiteren Ablauf mache, sondern weil es um eine Interessenabwägung geht und es für viele die Chance geben muß, in die gesamthamburgische Solidarität für dieses Projekt zurückzukehren. Deshalb sollten gezielte Verunsicherungen und durchsichtige, parteipolitische Instrumentalisierungen beendet werden.

(Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja, dann fang doch an!)

Man kann, man muß miteinander reden. Selbstverständlich bleiben die Themen Lärm, Belange der Natur und der Obstanbau auf der Tagesordnung. Man sollte darüber auf der Grundlage des Beschlusses reden, aber keine Sackgassen verlängern.

Für die Politik, die Wirtschaft und die Gesellschaft kommt es darauf an, die Chancen so konsequent zu nutzen, wie sie der Bürgermeister bereits dargestellt hat. Die Stadt befindet sich tatsächlich in einer Aufschwungbewegung. Wir bekommen fast im Wochenrhythmus Goldmedaillen von Auswärtigen umgehängt, ob sie für den ÖPNV, die Wirtschaftskraft, die Internationalität der Bildung oder für die Lebensqualität sind.

(Lachen bei Ole von Beust CDU)

Ich glaube, daß dieser Aufschwung durch das Zentrum des zivilen Flugzeugbaus entscheidend verstärkt wird, und bin überzeugt, daß dadurch die Aufbruchstimmung in dieser Stadt einen entscheidenden Push nach vorne erhalten wird.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Hinzu kommen eine Reihe weiterer psychologischer Effekte, die zwar nicht quantifizierbar sind, aber auch nicht überschätzt werden sollten.

Weitere derartige Chancen – das haben, was ich auch glaube, viele gesagt, – wird es für die Stadt Hamburg, für Deutschland oder weltweit nur selten geben. Die Äußerungen aus dem Unternehmen selbst, aus der Stadt, von den Zulieferern, dem Bereich der Dienstleistungen, der Forschung, der Hochschulen und der Medien haben mich sehr ermutigt, daß die Signale überall angekommen sind und die Entschlossenheit spürbar ist, den Höhenflug der ganzen Region voranzutreiben.

Unsere Stadt hat in der Vergangenheit auf Wachstum gesetzt. Die Methode, die früher häufig dazu führte, die Stadtgrenzen zu erweitern, ist nicht mehr en vogue. Aber die Sogwirkung nach innen und die Strahlkraft nach außen haben einen entscheidenden Aufschwung erhalten, sie bedeuten eine Weichenstellung von historischer Bedeutung.

Die Bürgerschaft hat dieses Projekt in der Vergangenheit mehrheitlich positiv begleitet. Ich bin sicher, daß dies auch in Zukunft so sein wird. Für meine Fraktion kann ich jedenfalls eindeutig erklären: Wir setzen auf den A380 und damit auf ein großes Stück Zukunft Hamburgs. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der große Rundumschlag, den uns Herr von Beust

(Dr. Holger Christier SPD)

hat zukommen lassen, hatte nichts mit dem Thema zu tun, das die CDU zur Debatte angemeldet hatte.

(Ole von Beust CDU: Das dritte Mal, meine Liebe!)

Es ist schön – das ist auch schon aus dem Plenum selbst kommentiert worden –, daß auch Sie endlich die Region entdeckt haben. Vor Ort zu sein, um sich die Belange anzuhören, die Gegend anzusehen und mit den Menschen zu reden, ist das eine, gleichzeitig die Naturschützerinnen und -schützer als selbsternannte Apostel zu diffamieren, ist das andere. Aber das ist typisch für die CDU.

Das Oberverwaltungsgericht – darüber haben wir schon mehrfach geredet – hat eine Entscheidung getroffen; das war gut so. Bei aller Euphorie und Aufbruchstimmung, die nun durch die Wirtschaft, die Politik und natürlich auch durch die Medien wehen, müssen wir aufpassen, daß wir auch die nicht so glitzernde Seite der Realisierung des A380 debattieren und sie nicht nur am Rande streifen.

Es ist die Aufgabe der Politik – das hat zuvor der Bürgermeister gesagt –, die Interessen auszugleichen. Das ist gerade immer dann äußerst schwierig, wenn es um Großprojekte geht. Wir alle sind aufgefordert aufzupassen, damit dieser Interessenausgleich nicht hinten herunterfällt.

Mit der Vorbereitung der Zuschüttung des Mühlenberger Lochs konnte begonnen werden, aber durch die Gerichtsentscheidungen sind viele Fragen offen geblieben. Es ist auch klar erkennbar, daß sich weitere Probleme einstellen können, vor allem auch solche, die außerhalb der Senatsund Bürgerschaftsentscheidungskompetenzen liegen. Das haben wir während der gesamten Bewerbungszeit immer wieder erleben müssen, daß alles das, was wir für die Stadt entscheiden wollten und auch entschieden haben, immer durch Entscheidungen beeinflußt wurde, die von Unternehmen oder in anderen Ländern gefällt wurden, mit denen wir nichts zu tun hatten.

Die GAL hat es sich mit der Zustimmung zur Bewerbung und der Unterstützung des Planungsprozesses nicht leichtgemacht und diese mit bestimmten Kriterien verbunden. Die Interessenabwägung – darauf ist Herr Christier eingegangen – ist uns nicht leichtgefallen. Wir mußten inzwischen auch erkennen – das konnte man in der Begründung des Oberverwaltungsgerichts nachlesen –, daß auch der Versuch, die Europäische Kommission in die Zustimmung oder Ablehnung dieses Vorhabens mit einzubeziehen, im Grunde nicht hilfreich war, weil das Gericht diese Entscheidung rechtlich in Frage gestellt hat.

Also bleibt an dieser Stelle die Überprüfung der realen Möglichkeiten hamburgischer Politik, einerseits die positiven Auswirkungen zu genießen, andererseits die negativen Auswirkungen auf die Natur und die Menschen aber so weit wie möglich zu reduzieren und zu kompensieren. Der Preis ist hoch; deswegen an dieser Stelle dazu drei Aspekte.

Man darf die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, daß die Fertigung des A380 das größte europäische Süßwasserwatt erheblich beschädigt, wenn nicht sogar zerstört. Deshalb ist es um so wichtiger, die Realisierung der Ausgleichsmaßnahmen mit der gleichen Vehemenz zu betreiben, mit der das Zuschütten des Mühlenberger Lochs und die Realisierung des Projektes insgesamt verfolgt wurde und wird. Inwieweit die Entscheidung der Verwaltungsgerichte über die Maßnahmen auf Hahnöfersand und in der Haseldorfer Marsch dazu führt, daß die Ausgleichskonzeption verändert werden muß, müssen wir abwarten. Ein

langfristig ohne Ausgleichsmaßnahmen zugeschüttetes Mühlenberger Loch darf es nicht geben und muß unter allen Umständen vermieden werden.