Holger Christier
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Präsident hat uns ermahnt, ruhig in die Debatte einzusteigen, und das will ich versuchen.
Zum Lächeln komme ich auch noch, das hebe ich mir für den Schluß meiner Rede auf, seien Sie gespannt. Mit der Drucksache 16/6208 soll Frau Sozialsenatorin Roth zum Rücktritt aufgefordert werden. Entgegen der Intention dieses Antrages stelle ich zunächst fest, daß Frau Senatorin Roth das volle Vertrauen ihrer Amtsführung seitens der SPD-Bürgerschaftsfraktion besitzt.
Der Antrag wird deshalb von uns abgelehnt.
Wie schon öfter in der Vergangenheit, kurz vor dem Ende von Legislaturperioden, handelt es sich um einen sehr durchsichtigen Versuch, dieses Plenum für einen zusätzlichen Wahlkampfgag zu gebrauchen.
Wir sollen zur Teilnahme an einer Seifenoper mit Tricks, Täuschungen und Fälschungen aufgefordert werden, und zu essen gibt es auch noch etwas. Sie erwarten nicht, daß wir uns daran beteiligen.
Dazu möchte ich vier Bemerkungen machen. Erstens: Die im Zusammenhang mit dem Verein zur Betreuung von Arbeitslosen und Arbeitslosenselbsthilfegruppen erhobenen Vorwürfe bedürfen selbstverständlich der umfassenden gründlichen und schnellen Aufklärung ohne Ansehen der Person. Ich hoffe, darin sind wir einig.
Nicht einig sind wir offensichtlich bei dem Punkt, daß diese Sache bei der Staatsanwaltschaft in richtigen Händen ist. Wir brauchen keine Sonderermittler oder ähnliche Institutionen, sondern dort wird das Nötige ermittelt werden, und das ist auch gut so.
Es ist erkennbar, daß Beteiligte und Betroffene an der Aufklärung aktiv mitwirken, und man wird zu gegebener Zeit die Ergebnisse bewerten.
Frau Blumenthal, ich bewundere nicht erst seit heute Ihre besondere Liebe zum Detail, insbesondere zum politisch Belanglosen, dafür haben Sie heute wieder ein wunderbares Beispiel geliefert.
Ihre Argumentation war eine Mischung aus Unverständlichkeit, aus unverantwortlichen Verdächtigungen
und aus unbewiesenen Behauptungen, und das kann in diesem Parlament so nicht stattfinden, wenn die Ermittlungen laufen.
Sie haben auf den PUA abgehoben. In Wahrheit ist die Sache umgekehrt. Sie wollen hier den sehr durchsichtigen Versuch machen, die Ergebnisse, die der PUA gerade nicht gebracht hat, noch einmal herbeizuquälen. Daraus kann nichts werden. Wir werden uns daran nicht beteiligen.
Der Verein hat – das will ich an dieser Stelle auch ganz klar feststellen – in den vergangenen 17 Jahren eine gute und wichtige Arbeit bei der Betreuung und Beratung von Arbeitslosen geleistet. Das darf auch angesichts möglicher Unregelmäßigkeiten bei der Geschäftsführung nicht vergessen werden.
Es kann deshalb nicht sein, daß unter der Entwicklung der letzten Wochen Nachteile für die Arbeitslosen entstehen. Ich hoffe, darin sind wir uns einig.
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir alle Bemühungen, die Aufgabe als solche gegebenenfalls unter anderen Voraussetzungen, in anderer Trägerschaft und auf neuer Grundlage aufrechtzuerhalten. Das scheint uns notwendig, und das soll gemacht werden. Ich habe nach der Entwicklung der letzten Tage auch Zuversicht, daß dies gelingen wird. Wir würden eine solche Entwicklung nachhaltig unterstützen.
Das sind die zunächst notwendigen Feststellungen. Daran gemessen wirkt nun Ihr Rücktrittsantrag irgendwie merkwürdig liegengeblieben und veraltet. Der ist völlig überflüssig, denn alles, was jetzt über diese Feststellungen hin
ausgeht, sind offenbar typische Knallfrösche für den Wahlkampf. Ich glaube, wir haben doch auch heute bei der Kundgebung des Senats, in der Aktuellen Stunde bei den ersten Debatten, gelernt, was die wirklichen Themen dieser Stadt sind. Statt dessen unterhalten wir uns wochenlang über eine angebliche Affäre, die in dieser Dimension offenbar nur durch die verwirrte Optik zu Wahlkampfzeiten überhaupt erklärt werden kann.
Nun habe ich festgestellt, daß Sie das, was Sie in Ihrem schriftlichen Hand-out vor drei Wochen alles als Rücktrittsbegründung genannt haben, selbst nicht aufrechterhalten haben, also brauche ich auch nicht darauf einzugehen. Letztlich haben Sie Ihre Forderung nach dem Rücktritt nur mit dem Vorwurf begründet – ich darf das aus der Pressekonferenz von Herrn von Beust zitieren –, hier sei
„getrickst und gelogen worden“.
Nur darauf will ich eingehen. Das wiederum nur gestützt – auch nach Ihren heutigen Ausführungen – auf eine einzige Aussage einer Zeugin, sie habe bei Einladungen von Politikern deren gastronomische Verpflegung organisiert. Sie haben daran die Einschätzung geknüpft, in der Regel führen gastronomische Tätigkeiten zu zusätzlichen Einnahmen.
Nun konzediere ich Ihnen als erstes, Sie haben eine bundesweit beachtete Kompetenz, was Einnahmen, Spenden und Legenden angeht. Da sind Sie unübertroffen.
Aber daß aus solch einem Satz irgendeines Sachprüfers, wo nicht einmal dem Arbeitsamt etwas aufgefallen ist, nun die Senatorin hätte erkennen können, daß es möglicherweise Unregelmäßigkeiten gibt, das ist wirklich absurd, meine Damen und Herren.
Als erstes fällt schon die Unlogik dieses Satzes auf – das nur am Rande –, denn wenn man irgendwo eingeladen wird – und wir alle werden ja gelegentlich eingeladen –, dann gibt es etwas zu essen. Ich bin noch nie mit dem Gefühl dort hingegangen, daß da Einnahmen entstehen, nein, da entstehen doch Ausgaben und nichts anderes.
Im übrigen sind Sie – und das ist das Entscheidende – für diese Behauptungen, es sei getrickst und gelogen worden – und das ist ein ernster Vorwurf –, jede Beweisführung schuldig geblieben. Das ist eine reine Verleumdung. Ihr Antrag ist vierzehn Tage in der Welt. Es hätte genug Möglichkeiten gegeben und alle möglichen Indiskretins, mutige Anonyme, alle hätten doch wahrscheinlich mit Informationen auf den Markt gedrängt, aber es ist nichts passiert. Auch heute haben Sie nichts vorgelegt. Deshalb sage ich Ihnen und fordere Sie auf – Herr von Beust, Sie werden ja auch gleich noch reden –: Wenn Sie noch einen Funken Anstand im Leib haben, dann entschuldigen Sie sich für diese Verleumdung der Senatorin. Das ist hier fällig.
Im übrigen will ich abschließend sagen, ohne es zu weit auszuführen, daß Frau Roth eine außerordentlich erfolgreiche Amtszeit zu bescheinigen ist.
Sie ist es gewesen, die nach dem Rücktritt von Frau Fischer-Menzel Transparenz und Chancengleichheit gerade bei der Vergabe durchgesetzt hat. Das ist eine große, schwierige politische Leistung, die sie gebracht hat, und die erkennen wir ausdrücklich an.
Es gab übrigens mal Debatten, wo Sie selbst das auch anerkannt haben.
Darüber hinaus erwähne ich nur stichwortartig: Sie hat mit ihrer Behörde einen großen Beitrag dazu geleistet, daß die Arbeitslosigkeit rückläufig ist, sie hat einen Beitrag zur aktiven Politik für Patienten, für Behinderte, für den Öffentlichen Gesundheitsdienst geleistet. Ihr ist es mit zu verdanken, daß die Zahl der Sozialhilfeempfänger um 20 Prozent zurückgegangen ist. Ihr sind die Vorhaben, wie das Klinikum Nord, die anerkannte Drogenpolitik Hamburgs, die Bemühungen um die Qualität der Pflege, alle diese Dinge sind in ihrer Amtszeit geschehen und belegen eine erfolgreiche Amtszeit.
Nun ist das alles in einem schwierigen Feld geschehen. Es ist niemals konfliktfrei gewesen. Die Arbeits- und Sozialbehörde steht, wie vielleicht nur die Innenbehörde, in besonderer Weise im Blickpunkt. Aber diese Politik hat gute Ergebnisse für die Menschen in dieser Stadt gebracht, und jede Maßnahme, auch wenn sie umstritten war, war allemal besser als Ihre völlig substanzlose und gesichtslose Sozialpolitik.
Mit Ihrem Rücktrittsantrag ist es wie mit manchem Ihrer Anträge, wenn die vierzehn Tage liegen, die Luft ist raus, irgendwie ist die Zeit darüber hinweggegangen. Der Antrag ist verleumderisch, er ist überflüssig. Ich würde Ihnen raten, diesen Antrag am besten gleich zurückzuziehen. So oder so, Frau Roth bleibt im Amt, und wie sagt man heutzutage: Das ist auch gut so. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst zu Herrn Hackbusch und seinem ersten Redebeitrag. Dabei geht es mir nur um eine Klarstellung. Das „So oder so“ hat sich nur auf den Punkt bezogen, den Antrag gefälligst zurückzuziehen, auf nichts anderes. Diese Form von Verdrehungen, Verdächtigungen und Dreckschleudereien weise ich zurück. So können wir hier nicht debattieren.
Es bleibt mir nur, ein gewisses Fazit zu ziehen, und ich kann feststellen, daß die CDU eine Melange zusammengebraut hat, die für die Stadt ungenießbar und vor allem für dieses Parlament schädlich ist.
Die Elemente dieses Gebräus sind erstens Ignoranz. Sie haben schlicht nicht zur Kenntnis genommen, was vor vierzehn Tagen hier sehr detailliert erklärt worden ist. Herr von Beust, Sie waren nicht da, Sie waren irgendwo in Harburg beim Vogelschießen und haben es nicht mitgekriegt. Dann ist es aber die Pflicht, sich hier zu informieren und nicht solche Behauptungen in die Welt zu setzen. Das ist der erste Punkt.
Wer, wie Sie, stets in Gefahr ist, nur aus Oberflächlichkeit zu bestehen, ist in besonderer Weise verpflichtet, sich um Details zu kümmern. Sie haben sich hier aber zu Lasten anderer schwer versündigt; und das geht nicht.
Zweiter Punkt: Lassen Sie um Gottes Willen die Krokodilstränen wegen dieser Mitarbeiter. Das glaubt Ihnen kein Mensch. Diese Menschen interessieren Sie einen Scheißdreck. Das ist für Sie nur politische Manövriermasse.
Der nächste Punkt. Ich habe mir das hier sehr genau angehört und auch eingangs gesagt, daß der entscheidende Punkt der Vorwurf der Lüge ist. Ich habe Sie aufgefordert, das hier zurechtzurücken. Es ist in der gesamten Debatte nichts passiert, was das irgendwie hätte bekräftigen können. Also verbreiten Sie Verdächtigungen, Gerüchte und Unterstellungen. So können wir hier nicht diskutieren. Das lassen wir nicht durchgehen.
Ihr gesamter zweiter Redebeitrag hat doch gezeigt, daß Sie sich von diesem Rücktrittsantrag wunder was versprochen haben. Und was ist übriggeblieben? Sie sind völlig in die Defensive geraten. Ihr heutiges Vorgehen mit den Beiträgen, die Sie hier abgeliefert haben, ist unmoralisch und ein Waterloo für die Wahrhaftigkeit in diesem Parlament.
Sie sind für dieses Parlament und für diese Stadt
nach diesem Vorgehen nur noch eine Zumutung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Richterinnen und Richter des Landgerichts haben aus ihrer Sicht Stellung zu den Auswirkungen der laufenden Konsolidierungsmaßnahmen genommen. Sie haben das mit Hinweisen auf mögliche Gefährdungen des Rechtsstaats verbunden. Es wäre nach meiner Überzeugung völlig unangemessen, sich damit nicht gründlich auseinanderzusetzen. Wir nehmen im Gegenteil diesen Vorstoß sehr ernst,
denn auch für uns ist ohne weiteres nachvollziehbar, daß in bestimmten Bereichen, zum Beispiel bei den Großverfahren, Zeitaufwand, Belastung und Druck ganz enorm sind. Und weil wir das bitterernst nehmen, haben wir nachgesteuert. Ganz konkret: Zwei große Strafkammern werden kurzfristig nachbesetzt. Das ist eine angemessene Reaktion, die von der SPD-Fraktion mitgetragen wird.
Ich darf daran erinnern, daß wir erst vor kurzem bei schwierigen Lagen bei den Sozialgerichten ebenfalls etwas draufgelegt haben. Auch das war eine wichtige Maßnahme, um zur Entspannung in diesem Bereich beizutragen.
Und ich sage zu, daß wir uns selbstverständlich auch im Hinblick auf den Haushalt 2002 genau angucken werden, wo berechtigte Bedarfe sind und wie die genauen Zahlen aussehen. Dann werden wir das im einzelnen politisch bewerten; das ist selbstverständlich unsere Aufgabe.
Vor diesem Hintergrund wundert mich allerdings der Zeitpunkt des Vorstoßes. Er ist in der Tat auffällig und hätte eigentlich vor die Haushaltsberatungen dieses Jahres gehört.
Die Frage ist also nicht, ob es eine höhere Belastung gibt, die Frage ist vielmehr, ob es zusätzliche Belastungen nur in diesem Bereich oder nicht auch in anderen Bereichen gegeben hat. Aber das ist eindeutig nicht der Fall, im Gegenteil. Der Justizbereich hat eine deutlich geringere Sparrate zu erfüllen, Herr von Beust. Wir haben den Justizbereich niemals nur fiskalisch beachtet, sondern gemäß seinem verfassungsmäßigen Auftrag, und das wird so bleiben.
Justiz war und ist für uns ein Prioritätenbereich. Das zeigt sich zum Beispiel am vorbildlichen Stand der Modernisierung, wo wir bundesweit führend sind. Wenn man sich da den gemütlichen Kurs und das Modernisierungstempo der CDU anguckt, dann säßen wir heute noch unter der großen Dorflinde und blätterten in den Zehn Geboten; das ist aber nicht unsere Politik.
Wir haben gute Plätze im Ländervergleich, was die Verfahrensdauer angeht, und wir werden alles tun, damit diese guten Plazierungen erhalten bleiben.
Auch Ihre Einzelfallbetrachtungen zur Haftentlassung haben sehr viele Ursachen. Für mich gibt es gar keinen Zweifel, daß die Leistungsfähigkeit der Justiz in den letzten Jahren eher gestiegen ist, und das ist das Ergebnis einer erfolgreichen Politik des Senats in diesem Punkt.
Von Zusammenbruch der Justiz kann also keine Rede sein, aber man muß sich sehr genau die wirklichen Zahlen angucken. Es gibt keinen Zusammenbruch der Justiz, aber was wir bei diesem Beispiel erleben, ist der Zusammenbruch der letzten haushaltspolitischen Schamgrenze der CDU. Wir lassen uns von denen, die jede beliebige Stellenforderung in dieser Stadt sofort unbesehen aufgreifen, nicht vorwerfen, einen Bereich kaputtzusparen; Ihnen steht diese Kritik nicht zu.
Was die CDU vorführt, ist schlicht chaotisch. Einerseits kommen aus Ihrem Bereich Forderungen nach einer Haushaltssperre, dann werden neue Stellen gefordert, und wieviel Rechtsstaatlichkeit, wieviel Rechtsfrieden, wieviel Rechtsgeschwindigkeit ein bankrottgewirtschaftetes Gemeinwesen am Ende garantiert, dafür werden Sie die politische Verantwortung in Berlin noch übernehmen müssen.
Ich fordere Sie zu einem anderen wichtigen Punkt auf: Treten Sie mit Ihrer Argumentation vor diejenigen, die in den letzten Jahren solidarisch die volle Konsolidierung mitgetragen haben,
vor die Sachbearbeiter in den Sozialabteilungen, vor die Mitarbeiter in den Jugendämtern, vor diejenigen, die die Elternbeiträge ausrechnen. Ihre Argumentation ist eine glatte Verhöhnung all dieser Mitarbeiter.
Dieser Vorgang zeigt erstens, daß Modernisierung und Qualität der Justiz ein wichtiger Ansatzpunkt unserer Politik bleibt. Wir werden die Justiz bei ihrer Aufgabe weiterhin nachhaltig unterstützen. Und er zeigt zweitens, was wir eigentlich schon wissen: Die Schwarzen können nicht mit Geld umgehen, und ich glaube, das wissen auch die Wählerinnen und Wähler.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, Sie haben neulich über Stil geredet. Zwei Dinge gehören unter stilistischen Gesichtspunkten an den Anfang.
Als erstes: Ich wünsche dem neuen Innensenator Olaf Scholz alles Gute nach seiner Wahl. Er übernimmt eines der schwersten Ämter in dieser Stadt. Er tut es
ohne Schonfrist, ohne Netz und doppelten Boden, gleich mitten hinein. Bewahren Sie sich Ihren Mut bei der Amtsführung.
Ich wünsche Ihnen und auch dem neuen Staatsrat in der Innenbehörde, Dirk Reimers, bei Ihrer Amtsführung viel Erfolg und auch das bißchen Quentchen Glück, das man in dieser Behörde ganz gewiß braucht.
Es ist in den letzten Tagen sehr viel die Rede von anonymen höheren Polizeiführern gewesen, die immer bestimmte Sachen erzählt haben. Heute hatte ich insoweit ein Erlebnis, daß ich von jemand angerufen worden bin, den man unter dieser Überschrift buchen kann. Der hatte einen Namen, also nicht anonym, ich sage aber trotzdem den Namen nicht. Der hat mir gesagt, was da jetzt rausgekommen ist, ist ja ein richtiges Dreamteam Scholz-Reimers. Dieses Dreamteam verdient unser Vertrauen und unsere Anerkennung.
Der zurückgetretene Senator Wrocklage war zuletzt – wir alle haben es ja mitbekommen – sehr starker Kritik ausgesetzt. Das notwendige Vertrauen und das Klima für eine erfolgreiche Amtsführung war nicht mehr vorhanden, um auch die Erfolge einer erfolgreichen Amtsführung zu vertreten. Er ist deshalb zurückgetreten.
Dennoch sage ich eines ganz deutlich. Viele wichtige Entwicklungen und Entscheidungen bleiben positiv mit seinem Namen verbunden. Ich nenne beispielhaft
die Bewältigung der Krise 1994. Das war damals eine schlimme Situation für die Polizei, die auch mit seiner Hilfe gelöst worden ist. Ich sage nur beispielhaft das neue Poli
zeipräsidium, eine große Anstrengung von uns allen. Wir haben dem alle zugestimmt. Ein großer Beitrag für die Innere Sicherheit in dieser Stadt.
Ich erinnere an die Polizeikommissariate, an die Sicherheitspartnerschaften und nur beispielhaft an die besonders moderne, beispielhafte, von auswärtigen Besuchern immer wieder beobachtete Technikausstattung.
Dieses sind Dinge, die über den Tag hinaus mit dem Namen von Hartmuth Wrocklage verbunden bleiben. Bei allen politischen Gegensätzen gebührt es der menschliche Anstand, daß wir ihm dafür unseren Dank ausdrücken.
Bei allen Problemen, die vorhanden sind und die auch nicht bestritten werden dürfen, verdient auch die Sicherheitslage in unserer Stadt insgesamt eine gerechte Bewertung. Wenn Sie mir nicht glauben, dann darf ich mir den Hinweis auf die schon vorhin erwähnten Studien des „Focus“ und von Bertelsmann erlauben. Darüber ist vorhin schon diskutiert worden, so daß ich diese nicht mehr so breit ausführen muß. Beide Studien haben Hamburg auf Platz eins gesetzt,
beide analysieren dabei als wesentlichen Faktor auch die Innere Sicherheit. Das beweist, daß sich die Sicherheitslage im Bundesvergleich durchaus sehen lassen kann.
Wenn wir schon dabei sind, ein Ranking zu veranstalten, möchte ich auf den Vergleich mit München eingehen. Sie haben bei der Beurteilung der Sicherheitslage in dieser Stadt ein hohes Maß an Überheblichkeit walten lassen.
Das zeigt sich bei den Leistungen Ihrer Partei im Bereich der Inneren Sicherheit.
Die höchste Steigerungsrate der Kriminalität – ich sage das ohne Polemik;
doch, das kriege ich hin; ich widerlege Ihre Aussagen – in diesem Ranking hatte Bremen mit einem CDU-Innensenator in einer Großen Koalition. Den stärksten Rückgang bei der Aufklärungsquote hatte Köln mit einem CDUOberbürgermeister. Die höchste Steigerung der Drogentoten hatte das CSU-regierte Bayern. Die größten Probleme mit der Rauschgiftkriminalität hatte Frankfurt mit einer CDU-Oberbürgermeisterin.
Und schließlich Berlin – das ist das Tollste – mit einem CDU-Bürgermeister und -Innensenator; dort geht es drunter und drüber.
Aber Sie halten hier solche Reden. Das ist eine Unverschämtheit!
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Sie haben es sich in den letzten Jahren sehr leicht gemacht. Sie haben jede Sparmaßnahme kritisiert und sie für falsch gehalten. Selbst Herr Dr. Freytag kommt mit einer Haushaltssperre und will noch den Bereich herausnehmen. Ich möchte jetzt nicht das Thema Konsolidierung ansprechen. Ihr Modell ist bekannt, es kann gegenwärtig in Berlin besichtigt werden: Landowsky, Bankgesellschaft, Stadtpleite. Wieviel Innere Sicherheit schafft das denn?
Wenn jemand in dieser Frage überhaupt keinen Anlaß zur Überheblichkeit hat, dann ist es die CDU.
Statt dessen bin ich dafür, bei der Sicherheitslage genau hinzusehen. Man wird feststellen, daß unsere Polizei insgesamt leistungsfähig ist.
Wenige Belege: Fast alle Morde und Gewalttaten sind aufgeklärt worden, aber Sie reden von einem Horrorszenario.
Einige andere Beispiele: Die Hells Angels wurden zerschlagen. Sie sagen, bei der organisierten Kriminalität würde nichts getan. Es wurden mehrere Razzien erfolgreich durchgeführt. Sie sagen, die Beamten seien dazu nicht motiviert. Zum Raubkonzept sagt die CDU, daß nichts passieren würde.
Wir werden jedenfalls – das sage ich in aller Deutlichkeit – die Polizei bei ihrer schweren Arbeit weiterhin unterstützen.
Ich glaube, Sie machen es sich zu leicht, denn in Wahrheit ist Ihr Drehbuch gewaltig durcheinander geraten. Dieser Personalwechsel hat Sie ganz schön aus dem Tritt gebracht; das ist in Ihrem Redebeitrag deutlich geworden.
Man muß genau hinsehen. Das ist auch die Grundlage der jetzt beschlossenen Maßnahmen. Es geht darum, die Lösungsansätze sachgerecht zu verstärken. Deshalb ist es gut, daß ein Sachpaket zur personellen Veränderung beschlossen wurde. Wir unterstützen dieses Sachpaket.
In diesem Paket ist das Raubkonzept enthalten, in das wir mit großem Engagement sehr viele Mittel auch für die Polizei investiert haben.
Sie haben Herrn Professor Pfeiffer erwähnt. Er hat mit unserer Fraktion darüber diskutiert. Aus dieser Diskussion sind Konsequenzen gezogen worden. Trotzdem stellen wir fest, daß die Ergebnisse noch nicht ausreichend sind. Deshalb ist es richtig, an dieser Stelle nachzuarbeiten. Das unterstützen wir.
Das gleiche gilt für die Szene der Intensivdealer. Dort wird eine große Zahl von Polizeikräften eingesetzt. Am Hauptbahnhof herrscht die höchste Polizeidichte Europas. Trotzdem muß man auch hier noch etwas tun, weil die Situation nicht so ist, wie sie sein sollte. Auch das werden wir tun.
Nach den Eindrücken der ersten Tage des verfassungsmäßigen Zwischenzustands ist klar zu erkennen, daß hier eine sehr tatkräftige und pragmatische Amtsführung in Aussicht steht. Ich bin überzeugt, daß Senator Olaf Scholz mit dem ihm eigenen Politikstil sehr viel Unterstützung in der Stadt finden wird. Er wird mit den Maßnahmen nach vorn agieren, die hier angekündigt worden sind.
Die CDU hat es sich in der Vergangenheit immer sehr leichtgemacht. Sie hatte ein klares Feindbild, das war ihr Politikersatz, und sie glaubte, damit durchzukommen. Diese Zeiten sind vorbei. Sie müssen sich gewaltig anstrengen, wenn Sie die Kompetenz zurückgewinnen wollen.
Ich glaube, daß der neue Senator auch von der Opposition im Hinblick auf die 100-Tage-Frist eine faire Chance erhalten sollte.
Ich erwarte mir jedenfalls ein deutliches Zeichen von dieser Veränderung. Ich bin sicher, daß sich das Klima in diesem Bereich wieder wesentlich verbessern und damit eine gute Grundlage für die Politik geschaffen wird. Das kann der Politik insgesamt nützen und besonders der Inneren Sicherheit guttun. Unsere Unterstützung hat der neue Senator! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senat begehrt mit seinem heutigen Dringlichen Antrag bei der Bürgerschaft die Zustimmung zum Verkauf des Grundstücks Schulterblatt südlich Nummer 73 an Herrn Kretschmer. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion wird diesem Antrag zustimmen.
Die lange Vorgeschichte der Flora ist der Drucksache zu entnehmen. Sie reicht bis in die achtziger Jahre zurück; ich erspare es mir, darauf einzugehen. Es ist eine Geschichte voller – auch problematischer – Wendungen, mancher gescheiterten Bemühungen und Anläufe von ruhigen und unruhigen Phasen. Nun nimmt die Geschichte der Flora, wie ich denke, eine neue, für manche, wie wir den Reaktionen entnommen haben, sicherlich überraschende Entwicklung. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß wir mit dieser Entwicklung natürlich gewisse Hoffnungen und Erwartungen verbinden. Ob sie sich erfüllen, wird sicher erst die Zukunft zeigen.
Ich möchte deutlich sagen, daß Krawalle, wie vom letzten Montag, ungeeignet sind, in dieser Gegend zu einer besseren Entwicklung zu kommen. Wir verurteilen ausdrücklich diese Form der Randale. Ich sage aber auch, daß wir uns nicht gleich von dem aus der Kurve tragen lassen, von dem wir erkannt haben, daß es der richtige Handlungsschritt ist.
Ich will zunächst eine kleine Kurve machen und auf die Grundsatzfrage eingehen, die irgendwo dahinter steht – wenn sie in Wahlkampfzeiten auch untergeht –, ob unter bestimmten Bedingungen sogenannte autonome Szenen oder Einrichtungen mit Selbstverwaltungsanspruch in einer Großstadt toleriert werden können. Ich persönlich glaube, daß Liberalität und bunte Erscheinungsvielfalt nicht nur in Hamburg, sondern auch in anderen Städten Deutschlands, aber auch Europas dies durchaus ermöglichen und daß Großstädte damit umgehen müssen. Ich wiederhole aber ausdrücklich: unter bestimmten Bedingungen.
Mit Bedauern habe ich zur Kenntnis genommen, daß es in dieser Einschätzung früher – heute nicht mehr – offenbar eine gewisse Akzeptanz über die Regierungsmehrheit hinaus gegeben hat. Herr von Beust, ich darf Sie zitieren; Sie haben in einer früheren liberalen Zwischenphase gesagt:
„Eine Metropole wie Hamburg muß mit einer autonomen Szene leben, aber“
haben Sie hinzugefügt, das will ich natürlich auch zitieren –
„für die Tolerierung von Straftaten und Rechtsbrüchen darf das kein Freibrief sein.“
Ich glaube, daß diese Einschätzung
richtig ist, bedaure aber, daß Sie bei diesem Kurs, der einen langen Atem erfordert und bei dem man sich auch auf Rückschläge einstellen muß – das haben wir an anderen Stellen auch erlebt –, sehr bald wieder der Mut verlassen
hat und Sie dann leider nach den unentschuldbaren Vorkommnissen vom Mai letzten Jahres auf ein nach meiner Auffassung sehr phantasieloses Räumungskonzept gesetzt haben. Ich glaube, daß das falsch ist. Dazu zitiere ich das „Hamburger Abendblatt“ vom 27. Februar:
„Räumung wäre keine gute Lösung, weil sie abgesehen von rechtlichen Risiken neue Brennpunkte schaffen würde.“
So kann man es in der Tat sehen.
Jedenfalls müssen alle vermeintlichen Biedermänner dann bitte auch ein zu Ende gedachtes Konzept für dauerhafte Brandbeseitigung vorlegen. Das kann ich nicht erkennen, bei Ihnen schon gar nicht.
Eine solche Grundsatzaussage darf mit zwei Dingen nicht verwechselt werden, nämlich etwa mit inhaltlicher Sympathie, mit manchem, was sich in der Flora-Szene tut, und erst recht nicht mit rechtsstaatlicher Beliebigkeit. Ein Stadtteilkulturzentrum zu betreiben kann nicht ernsthaft das Problem sein. Das meiste, was dort geschieht – niemand hat es bisher bestritten –, ist ganz zweifelsfrei Stadtteilkultur.
Was sich darüber hinaus an politischem Anspruch formuliert, dafür fehlt mir jede Sympathie. Ich halte es eher für ideologische Bestandsverwaltung aus den siebziger Jahren mit dem entscheidenden Schönheitsfehler, daß der Staat als Feindbild so gar nicht mehr existiert; der ist doch längst abhanden gekommen, nicht nur in Hamburg, sondern in der gesamten Bundesrepublik.
Deshalb muß man dieses Feindbild auch nicht mühsam, manchmal sehr krampfhaft, immer wieder pflegen, aber ich glaube, daß auch Politik hierzu keinen vorsätzlichen oder fahrlässigen Beitrag leisten darf.
Im Zusammenhang mit den Ereignissen von Montag ist es, wie ich glaube, aber gerade wichtig zu betonen, daß Rechtsbrüche und Gewalttaten in der großstädtischen Liberalität, für die ich hier plädiert habe, ausdrücklich nicht enthalten sind. Sie dürfen auch zukünftig keinesfalls geduldet werden. Ich erinnere daran: Die Durchsetzung von Bauauflagen, die Betretung des Hauses im Zusammenhang mit dem 1. Mai, der Umgang mit inakzeptablen Parolen und auch der Polizeieinsatz vom letzten Montag belegen, daß dies kein leeres Gerede ist, sondern daß auch an dieser Stelle der Rechtsstaat verwirklicht wird. Das halte ich für sehr wichtig.
Die Drogenprobleme, die es dort gibt – es wäre unsinnig, das zu bestreiten –, zum Angelpunkt einer Entscheidung zu machen, die das ganze Viertel betrifft, ist, wie ich glaube, nicht richtig. Ich gehe davon aus, daß es hier keine schiefe Ebene, keine Zone ungleichen Rechtes und keinen Rückzug des Staates aus seiner rechtsstaatlichen Verantwortung gibt.
Richtig ist aber auch, daß dieser Stadtteil kompliziert ist. Teile der „Schanze“ machen es sich, aber auch anderen nicht leicht. Es gibt gesellschaftliche Konflikte, die man dort sehr gut besichtigen kann; manche werden aber auch deutlich überzogen. Dennoch hat sich der Senat in den vergangenen Monaten bemüht und den Versuch unternommen, mit den Nutzern der Flora eine Vertragslösung zu
erreichen. Dieser Versuch ist ganz schlicht gescheitert. Die Mehrheit der „Floristen“ – oder wie auch immer, jedenfalls öffentlich so wahrgenommen – war und ist offenbar nicht bereit, über den eigenen Schatten zu springen, und pflegt statt dessen, was ich sehr bedaure, offenbar eher überkommene Denkweisen, Phobien, wie ich hoffe, nicht auf Dauer, und Verhaltensweisen, die nicht akzeptabel sind. Da ist es nur konsequent, wenn gesagt wird: Niemandem wird hinterhergelaufen.
Dann liegt es aber in der Logik dieses Entschlusses, daß sich die Stadt als Eigentümerin der ihr möglicherweise oder auch tatsächlich zugedachten Rolle als „Watschenfrau“ verweigert. Auch darum ist es ein kluger Schritt, diese Immobilie einem privaten Grundeigentümer zu vertretbaren und in der Stadt vermittelbaren Konditionen zu übereignen.
Nachdem nun die erste Verblüffung über die Verkaufsabsicht verflogen ist – da war ja von einem genialen Schachzug die Rede,
von brillant, aber mit Risiko –, hat es eine gewisse Diskussion über den Verkaufspreis gegeben. Nun war plötzlich vom Schnäppchenpreis die Rede. Ich glaube nicht, daß ein solcher Vorwurf einer näheren Betrachtung standhält. Es ist doch völlig klar, daß ein auch nur halbwegs wirtschaftlich denkender Mensch – wir gehören doch irgendwie alle dazu und können es nachvollziehen – angesichts dieser Immobilie in diesem Zustand, mit diesen Nutzern und diesem Nutzungskonzept auch nur bereit sein könnte, einen halben Euro auszugeben. Der Käufer, Herr Kretschmer, hat im „Abendblatt“-Interview George Bernard Shaw zitiert – deshalb darf ich das vielleicht auch tun, ohne ihm zu nahe zu treten – und sich als Verrückter bezeichnet.
Vielleicht brauchen wir diese Form bürgerlichen Engagements an manchen Stellen in der Stadt mit mäzenatenhaften Zügen von Menschen, die bereit sind und es sich auch leisten können – dazu gehört auch nicht jeder –, sich in dieser Weise zu engagieren. Sollte die Entwicklung aber zu irgendeinem Zeitpunkt – keiner kann ihn voraussehen – anders kommen, als ich sie eben beschrieben habe, und es kommt zu Nutzungsänderungen, Weiterverkauf, dann bedarf es der Zustimmung der Stadt; dann gibt es eine Nachleistungspflicht. Es ist also nichts mit Schnäppchen und Spekulation an dieser Stelle. Daraus leitet sich ein sehr wichtiger Punkt ab, von dem ich hoffe, daß er Akzeptanz findet. Es gibt keine Gerechtigkeitslücke und keinen Anlaß zu irgendwelchen Neiddiskussionen.
Ich hoffe, daß die Verkaufslösung eine befriedende Wirkung hat. Dagegen sprechen – zumal in Wahlkampfzeiten – martialische scharfmacherische Interessen verschiedener Seiten zum einen, mit Räumungsforderungen oder zum anderen mit Drohungen von denen, denen was auf die Füße fällt. Man kann ohne große Schwierigkeiten das Viertel auch in Brand stecken – das haben wir in der Vergangenheit erlebt –, um dann als erster nach der Feuerwehr zu rufen. Ihr Konfettiauftritt, Herr von Beust, hat dargelegt, wie dieser Mechanismus funktioniert. Da haftet dann aber bitte jeder für seine Wahlhelfer selbst.
Trotzdem glaube ich, daß die positiven Chancen überwiegen. Nach den Krawallen des 1. Mai im letzten Jahr hat die Handelskammer gefordert: Redet das Viertel nicht in
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Brand. Jenseits allem, was wir hier diskutieren, gibt es sehr viele positive Ansätze, einen starken Drang, dieses Viertel weiter zu entwickeln. Vielfältige Formen der Mit- und Zusammenarbeit sind vorhanden. Deshalb kann diese Lösung Akzeptanz im Stadtteil finden. Dieser Stadtteil verdient es ganz eindeutig, nicht nur unter der Optik der Innen- und Sicherheitspolitik – das muß auch sein, darüber sind wir uns einig – betrachtet zu werden, sondern hier gehört in erster Linie die Stadtentwicklungspolitik in ihr Recht eingesetzt und in ihren Aktivitäten gestützt.
Ich wiederhole: Hierzu kann der Verkauf ein Schritt sein. Ob außerhalb des Parlaments überall hinreichende Gelassenheit und Souveränität vorhanden ist, kann ich nicht beurteilen; man wird es sehen. Ich glaube aber, das Parlament sollte diesen Schritt jetzt tun. Ich erhoffe, daß es zu einer Entschärfung von Problemen und auch zu einer Reduzierung von Feindbildern kommt. Mit etwas längerem Atem, der sicherlich erforderlich ist, sollte das Thema endlich auf seine realen Dimensionen zurückgeführt werden; vor der Wahl wird das aber wohl kaum gelingen. Wenn dann am Ende ein Stück unnormale Normalität in dieser Großstadt herbeigeführt werden kann, hat es sich auf jeden Fall gerechnet. Wir sollten heute diesen Schritt des Verkaufs an Herrn Kretschmer tun. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am letzten Freitag haben sich hier im Rathaus der Bremer Bürgermeister, der Hamburger Bürgermeister und der niedersächsische Ministerpräsident für die grundsätzliche Notwendigkeit eines Tiefwasserhafens ausgesprochen und sich dabei auf den Standort Wilhelmshaven verständigt.
Nun gibt es sicherlich Entscheidungen, die weniger kompliziert sind. Deshalb in fünf Minuten nur einige wenige grundsätzliche Feststellungen.
Wenn sich die Entwicklung der Containerschiffe tatsächlich in eine Größenordnung bewegen sollte wie prognostiziert – wofür es gewisse Fragezeichen und auch durchaus unterschiedliche Gewißheiten gibt, wie wir gehört haben –, dann scheint ein Tiefwasserhafen unvermeidlich. Dann macht es auch keinen Sinn, eine solche Richtungsentscheidung auf die lange Bank zu schieben. Ein Bewußtsein zeichnet unsere Politik aus, gerade bezogen auf den Hafen. Tellerränder sind eben manchmal weiter weg als die Enden von Legislaturperioden. Das ist hier beispielhaft beachtet worden.
Aus Hamburger Sicht gibt es gute Gründe für Cuxhaven. Das ist gar keine Frage. Das betrifft Kostengesichtspunkte, das betrifft die geographische Lage. Aber, daß wir in einer Auswahlsituation gewesen wären nach dem Motto „wo hättet ihr es denn gerne?“, kann ich nicht erkennen. Schließlich hätte das Land Niedersachsen dieses Projekt auch alleine angehen können. In dieser Situation ist die Annahme, einem Nachbarland auf seinem Gebiet eine Entscheidung diktieren zu können, weltfremd. Auch wir würden nicht so vorgehen. In Wahrheit ist die Alternative vielleicht gar nicht im norddeutschen Raum, sondern durchaus zu sehen im Bereich Holland, Belgien. Wie dies sich auswirkt, kann sich allerdings jeder selber vorstellen.
Deshalb geht es jetzt für Hamburg darum, die umsichtige Wahrnehmung unserer Interessen mit einer strategischen Perspektive für die norddeutsche Kooperation zu verbinden. Beides ist wichtig, beides ist geschehen. Dabei hat der Bürgermeister unsere ausdrückliche Unterstützung.
Dies ist ein weiterer Meilenstein im Ausbau der norddeutschen Zusammenarbeit. Manches ist natürlich dabei gewöhnungsbedürftig. So ist beispielsweise der Gedanke der Kooperation zwischen Hamburg und Bremen vielleicht noch etwas neu, denn schließlich sind wir alle durch das traditionelle Konkurrenzdenken geprägt. Es liegt noch nicht lange zurück, daß jemand hier im Hause – ich glaube, Herr Ehlers war es – an den bösen Satz erinnert hat, der in etwa „... Sturm und Wind und Menschen, die aus Bremen sind“ lautete. Wenn wir das überwinden – das unterstelle ich Ihnen jetzt nicht als inhaltliche Aussage –, dann sind wir auch einen Schritt weiter.
Unsere Stadt hat in der Vergangenheit von dieser Zusammenarbeit profitiert, und ich bin sicher, das wird auch in Zukunft so sein.
Wichtig sind folgende Bedingungen und Optionen: Ich unterstreiche ausdrücklich den Hinweis auf die ergänzende Funktion des Tiefwasserhafens und die zentrale Bedeutung der überwiegend privaten Finanzierung, die natürlich am ehesten geeignet ist, in dieser Konstruktion problematische Situationen, Dumpingsituationen, Fehlinvestitionen oder Überkapazitäten zu verhindern.
Außerordentlich wichtig ist die Hamburger Beteiligung und damit auch die Hamburger Einwirkungs- und Einflußmöglichkeit.
Insgesamt ist dies eine Qualität von Kooperation im Bereich der Hafenwirtschaft, die es bisher nicht gegeben hat.
Zu den Optionen noch folgenden Hinweis: In bezug auf die weitere Elbvertiefung heißen die Maßstäbe: ökologisch vertretbar und ökonomisch erforderlich. Konkret ist dabei gegenwärtig in dem vor uns liegenden unmittelbar überschaubaren Zeitraum nichts. Das ist alles zu entscheiden, wenn sich die Situationen im Umschlag und in der Schiffsentwicklung klarer abzeichnen. Aber die Option auf eine weitere Elbvertiefung zu prüfen und zu gegebener Zeit, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, umzusetzen, ist unverzichtbar.
In bezug auf Moorburg folgende Anmerkung: Die strategische Langfristperspektive in dieser Richtung sollte nach
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unserer Auffassung erhalten bleiben. Sie jetzt aufzugeben, ist durch einen Ergänzungshafen Wilhelmshaven nicht gerechtfertigt. Insofern gibt es keine neue Situation, aber es gibt gegenwärtig auch nichts zu entscheiden. Die Klugheit der Koalitionsvereinbarung, die in diesem Punkt sehr klar ist, gilt weiter.
Da niemand – ich glaube, auch die CDU nicht – ein Interesse daran hat, in alte, überkommene Infrastrukturdebatten zurückzufallen, empfehle ich, dieses Projekt konstruktiv auf Sicht weiterzubegleiten und die Entscheidung zu treffen, wenn sie erforderlich ist. Die norddeutsche Zusammenarbeit hat eine neue Qualität gewonnen, und das ist gut für unsere Stadt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Beust, bei dieser Rede ist es Ihnen genauso ergangen wie in manchen Politikbereichen, da haben Sie den falschen Berater gehabt.
Ich dachte, eigentlich seien wir uns einig, deshalb frage ich noch einmal: Sind wir uns einig, daß das Projekt A380 ein Projekt von herausragender Bedeutung für diese Stadt ist? Ja. Wahrscheinlich wird man es im Rückblick, teilweise kann man es auch heute schon beurteilen, als eine der ganz großen Weichenstellungen unserer Stadtentwicklung betrachten. Es steht im großen historischen Strom Freihafenprivileg, Industrialisierung, Zollanschluß, Speicherstadt, 90 Jahre Flughafen, Verlagsansiedlung und so weiter. Und vor dieser Bedeutung des Projekts, ich bitte um Entschuldigung, war Ihr Redebeitrag wirklich kleinkariert und nörgelig.
Sie haben von Wahrheit gesprochen. Zu dieser Wahrheit gehört auch, daß wir den heutigen Tag bei diesem Projekt überhaupt nicht hätten, wenn wir vor langer Zeit, vor über 20 Jahren, Ihren Ratschlägen gefolgt wären. Auch das gehört zur Wahrheit.
Zum zweiten Punkt: Transrapid. Auch hier gibt es mehrere Wahrheiten, aber eine betrifft Sie ganz besonders.
Sie wissen ganz genau, daß die Verantwortung dafür, daß der Transrapid nicht kommt, weder dieses Haus noch diese Stadt trägt. Die Verantwortung dafür tragen andere, die Angst vor den Betriebskosten hatten. Das gehört auch zur Wahrheit.
Ebenso gehört zur Wahrheit, daß es in den Jahren von 1982 bis 1998 eine Bundesregierung unter dem Kanzler Helmut Kohl gab, die es trotz vieler Verkehrsminister – zum Beispiel Herrn Zimmermann von der CSU – nicht fertigbrachte, dieses Projekt zu realisieren. Und Sie halten hier solche Reden; das ist ein starkes Stück.
Gerade bei diesem Projekt erteilen wir jeder Legendenbildung eine klare Absage. Es geht um das Projekt selbst,
weil es für diese Stadt und für diese Region eine besondere Bedeutung hat. Von daher war die Erleichterung groß, weit verbreitet und auch verständlich, denn auch die beispiellose, kriminalfilmähnliche Dramaturgie hat dazu beigetragen. Wann hat man es je erlebt, daß eine ganze Stadt wie gebannt auf eine Entscheidung gewartet hat?
Natürlich mußten wir als verantwortliche Menschen dieses Thema auch in die andere Richtung zu Ende denken. Das konnte man aber nur mit erheblichen Widerständen tun, denn der Rückschlag, der Imageverlust und die möglichen Auswirkungen für die wirtschaftliche Entwicklung, für die Investoren am Standort Hamburg wären zu groß gewesen.
Durch den jetzigen Beschluß wird das Jahrhundertprojekt in Hamburg verwirklicht; das ist vor allen Dingen für die Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze eine gute Entwicklung. Diese Entwicklung eröffnet ausgezeichnete Perspektiven für die Stadt und für die gesamte Region.
Das Projekt wurde in der Vergangenheit intensiv von der Bürgerschaft begleitet, ist häufig auch kontrovers diskutiert worden und auch – woran ich erinnere – mit nicht gerade geringen finanziellen Mitteln ausgestattet worden. Dies allein hätte aber nicht gereicht, um es durchzusetzen, wenn es nicht die breite Unterstützung aus der Wirtschaft und der Gesellschaft gegeben hätte.
Ich möchte für meine Fraktion all denjenigen danken, die auf ihre Weise daran mitgewirkt haben, das Projekt A380 durchzusetzen.
In den letzten Tagen ist vieles gesagt worden, deshalb kann ich mich auf wenige Bemerkungen beschränken. An einem Punkt liegt mir aber besonders:
Unsere Stadt und unser Land zeichnen sich dadurch aus, daß sich auch Minderheiten lautstark zu Wort melden und vor Gericht ihre Ansichten vertreten können. Deshalb möchte ich als Mitglied der Legislative darauf hinweisen, daß dieses Projekt – wie selten eines – die demokratische Legitimation und breite Unterstützung der gewählten Abgeordneten von drei Landesparlamenten und vom Bundestag erfahren hat. Von daher stehen für mich die möglichen, deutlich ausgleichbaren Nachteile für wenige den handfesten, überwältigenden Vorteilen für die große Mehrheit unserer Stadt und der Metropolregion gegenüber.
Das Gemeinwohl ist gewiß immer eine Frage des Abwägungsprozesses. Es kann nie anders sein, weil es von vornherein keine hundertprozentige Klarheit gibt. Diese Abwägung bezieht sich selbstverständlich auch auf den Naturschutz. Es wird nicht bestritten, daß es hier einen gravierenden Eingriff in die Natur geben wird. Es ist bedauerlich – das sage ich ausdrücklich –, daß bei diesem Projekt von weltweiter Bedeutung eine solche Konfrontation von Ökologie und Ökonomie stattgefunden hat. Ich habe geglaubt, daß sie in der Gesellschaft inzwischen ein wenig zurückgedrängt und überwunden wurde, denn auch die Koalitionspartner haben sich darüber geeinigt, diesen Gegensatz in den Koalitionsvereinbarungen zu überwinden. Ich hoffe, daß die Ausgleichsmaßnahmen zügig verwirklicht werden können. Es steht jedenfalls fest, daß Hamburg auch nach dieser Entscheidung eine besonders schöne, grüne und lebenswerte Stadt sein wird.
Gerichtet an die Adresse der Gegner und Kläger möchte ich das aufgreifen, was der Bürgermeister sagte. Der Se
nat hat ihnen die Hand ausgestreckt. Das ist richtig. Das sage ich nicht, weil ich mir im Hinblick auf die juristische Entwicklung Sorgen um den weiteren Ablauf mache, sondern weil es um eine Interessenabwägung geht und es für viele die Chance geben muß, in die gesamthamburgische Solidarität für dieses Projekt zurückzukehren. Deshalb sollten gezielte Verunsicherungen und durchsichtige, parteipolitische Instrumentalisierungen beendet werden.
Man kann, man muß miteinander reden. Selbstverständlich bleiben die Themen Lärm, Belange der Natur und der Obstanbau auf der Tagesordnung. Man sollte darüber auf der Grundlage des Beschlusses reden, aber keine Sackgassen verlängern.
Für die Politik, die Wirtschaft und die Gesellschaft kommt es darauf an, die Chancen so konsequent zu nutzen, wie sie der Bürgermeister bereits dargestellt hat. Die Stadt befindet sich tatsächlich in einer Aufschwungbewegung. Wir bekommen fast im Wochenrhythmus Goldmedaillen von Auswärtigen umgehängt, ob sie für den ÖPNV, die Wirtschaftskraft, die Internationalität der Bildung oder für die Lebensqualität sind.
Ich glaube, daß dieser Aufschwung durch das Zentrum des zivilen Flugzeugbaus entscheidend verstärkt wird, und bin überzeugt, daß dadurch die Aufbruchstimmung in dieser Stadt einen entscheidenden Push nach vorne erhalten wird.
Hinzu kommen eine Reihe weiterer psychologischer Effekte, die zwar nicht quantifizierbar sind, aber auch nicht überschätzt werden sollten.
Weitere derartige Chancen – das haben, was ich auch glaube, viele gesagt, – wird es für die Stadt Hamburg, für Deutschland oder weltweit nur selten geben. Die Äußerungen aus dem Unternehmen selbst, aus der Stadt, von den Zulieferern, dem Bereich der Dienstleistungen, der Forschung, der Hochschulen und der Medien haben mich sehr ermutigt, daß die Signale überall angekommen sind und die Entschlossenheit spürbar ist, den Höhenflug der ganzen Region voranzutreiben.
Unsere Stadt hat in der Vergangenheit auf Wachstum gesetzt. Die Methode, die früher häufig dazu führte, die Stadtgrenzen zu erweitern, ist nicht mehr en vogue. Aber die Sogwirkung nach innen und die Strahlkraft nach außen haben einen entscheidenden Aufschwung erhalten, sie bedeuten eine Weichenstellung von historischer Bedeutung.
Die Bürgerschaft hat dieses Projekt in der Vergangenheit mehrheitlich positiv begleitet. Ich bin sicher, daß dies auch in Zukunft so sein wird. Für meine Fraktion kann ich jedenfalls eindeutig erklären: Wir setzen auf den A380 und damit auf ein großes Stück Zukunft Hamburgs. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Beust, mit Ihrer letzten Bemerkung haben Sie nun endgültig die Katze aus dem Sack gelassen. Ihnen geht es nicht darum, dieses Thema sachlich zu diskutieren und an Lösungen mitzuarbeiten,
sondern es zu einem Wahlkampfthema zu machen. Das ist Ihre einzige Motivation.
Ich setze an einem ganz entscheidenden Punkt an.
Der entscheidende sichtbare Erfolg ist der Rückgang der Drogentoten in Hamburg. Die Zahl der Drogentoten ist entgegen dem Trend in den anderen Bundesländer zurückgegangen, und das ist ein großer Erfolg.
Ich frage Sie, Herr von Beust, welche größere Hilfe kann man den Menschen angedeihen lassen, als ihnen das Leben zu retten?
Ich möchte jetzt keine Zwischenfragen beantworten.
Wenn von verschiedenen Rednern beklagt worden ist, daß hier unerträgliche Zustände herrschen, dann sage ich Ihnen ganz deutlich, daß in so einer schwierigen Materie der Umgang der CDU mit diesem Thema am unerträglichsten ist.
Die Erfolge unserer Drogenpolitik sind kein Zufall, sondern sie stützen sich darauf, daß wir es waren, die in der Vergangenheit immer mit den Konzepten an der Spitze standen, ob es die Gesundheitsräume sind, das MethadonProgramm oder die Heroinabgabe ist, die jetzt kommt. Sie sind es gewesen, die in der Vergangenheit einen unklaren Kurs gefahren haben. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in den nächsten Monaten auch hier völlig zweifelsfrei klarstellen, wie Ihr Kurs in der Drogenpolitik ist.
Wofür steht eigentlich die CDU? Oder ist nicht vielmehr der Eindruck berechtigt, daß das, wie viele andere Sachen auch, eines Ihrer vielen Beliebigkeitsthemen ist, bei denen man heute so und morgen so redet. Sie wissen ganz genau, daß es bei dem Thema Drogenpolitik nicht nur darum geht, Papier zu beschreiben, sondern wir brauchen für diese Politik in dieser Stadt auch Akzeptanz, da müssen viele Menschen mitgenommen und es muß diskutiert werden. Wir brauchen dafür einen möglichst großen Zusammenhalt, und daran lassen Sie es fehlen.
Das war der Punkt Hilfe. Nun kommt das Stichwort Härte. Sie fragen nach der Gewöhnung an die offenen Drogenszene. Dazu sage ich Ihnen ganz klar: Nein, wir gewöhnen uns nicht daran. Aber das kann Sie doch gar nicht überraschen. Haben Sie denn die Große und die Kleine Anfrage nicht gelesen?
Dafür machen wir doch den großen Einsatz, und dafür gibt es die operierenden Einheiten. Dazu gibt es die 100 Polizisten, die Sie in Ihrem Sicherheitspakt gefordert haben; sie sind längst da. Darüber darf ich Sie informieren.
Es sind die 100 BGS-Beamten, die wir für die Drogenbekämpfung einsetzen. Das ist ein großer Erfolg des Innensenators.
Unser Bestreben in 1996 und den folgenden Jahren ist es immer gewesen, die Handlungssicherheit für die Polizei herzustellen und entsprechend aktiv in dieser Frage zu reagieren. Darüber braucht man sich nicht groß zu erheben, sondern nur auf die Tatsachen hinzuweisen, wenn beispielsweise 157 Kilogramm Cannabis, 32 Kilogramm Heroin und so weiter gefunden wurden. Das ist ein ganz aktives Vorgehen der Polizei. Uns vorzuwerfen, wir würden diesen Bereich neben dem anderen Bereich, den Herr Schäfer bereits dargestellt hat, vernachlässigen, ist eine Unverschämtheit und Verkennung der Wirklichkeit.
Ich will noch eine Bemerkung zum Brechmittel machen, weil bei solchen Punkten immer Ablenkungsdebatten geführt werden. Wenn Sie abschrecken wollen, lassen Sie
A C
B D
sich etwas anderes einfallen. Brechmittel sind ein Beweissicherungsinstrument, und sie dienen nicht der Abschrekkung. Das Ganze ist in Frankfurt in den letzten zwei Jahren zwölfmal praktiziert worden. Trotzdem hat Frankfurt die größte neue Drogenszene in der gesamten Bundesrepublik, nämlich die Crackszene. Es schreckt nicht ab, sondern ist eine Scheindebatte, und so sollten wir sie auch führen und qualifizieren.
Es ist bei der CDU immer dasselbe, falsche Fakten und unsicherer falscher Umgang mit der Rechtslage. Sie sind uns unverändert die Aussage darüber schuldig, was in den nächsten Monaten Ihre Drogenpolitik sein wird. Stehen Sie auf der Seite derjenigen, die sich bemühen, in einem schwierigen Umfeld eine klare Politik zu machen und die Probleme schrittweise und punktuell zu lösen, oder wollen Sie dies zu einem Beliebigkeitsthema machen und neue Hektik und immer neue Wendungen hineinbringen? Wir brauchen keinen Sicherheitspakt oder derartige Dinge. Solchen unernsten taktischen Sondermüll packen Sie bitte zukünftig anderen Leuten vor die Tür. Wir brauchen einen klaren Kurs, der Durchhaltevermögen erfordert und auch die Bereitschaft, Rückschläge hinzunehmen, und daran arbeiten wir. Ich glaube, daß wir die Drogenpolitik vorantreiben.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Lenz, meine Damen und Herren! Der Senat beantragt heute bei der Bürgerschaft, ihre Zustimmung zu geben, daß Herrn Siegfried Lenz das Ehrenbürgerrecht der Freien und Hansestadt Hamburg verliehen wird. Ich darf jedenfalls für meine Fraktion sagen: Es bedurfte nicht vertiefter Betrachtung über die Freuden der Pflicht einer Regierungsfraktion, um spontan und mit voller Überzeugung ja zu sagen, als der Erste Bürgermeister begann, diese Idee im politischen Raum zu sondieren.
Wir ehren, ja, ich glaube sagen zu dürfen, wir verehren in Ihnen einen der wichtigsten und zugleich populärsten Schriftsteller der deutschen Nachkriegsliteratur. Ihr Denken und Ihr Schreiben ist entscheidend geprägt von der Erfahrung des Dritten Reiches, vom Krieg, vom Zusammenbruch und der unmittelbaren Zeit danach. Zur Motivation des Schriftstellers, sich in einer solchen Zeit zu äußern und damit ganz automatisch auch politisch zu wirken, haben Sie gesagt:
„Es war nach der Lektion der Geschichte der Möglichkeitsentwurf einer humanen Gesellschaft, der Traum von einem Gemeinwesen, in dem der Mensch nicht Heilsbringern und Sinnstiftern folgt, sondern der versöhnlichen Stimme der Vernunft. Diese Entwürfe zeigten sich
nicht in Gestalt formulierter Modelle; vielmehr traten sie zutage als ein immanentes Plädoyer für Gerechtigkeit, für Menschlichkeit, für die Anerkennung eigener Schuld.“
Soweit das Zitat.
Ich glaube, hier finden wir die Maßstäbe für Ihre Betrachtung unserer bundesrepublikanischen Wirklichkeit seit mehr als 50 Jahren, die für Sie häufig genug Anlaß gewesen sind und Anlaß sind zur Einmischung, zur Kritik und zum Engagement.
Hier finden wir aber auch das kleine, nichtsdestoweniger wichtige Wort „versöhnlich“. Denn das ist der Chronist deutscher Zustände eben auch.
„Ein Dichter des Mitleids, des Konzilianten, des Humors, des Ausgleichs“
wie Ihr Freund Reich-Ranicky sagt.
Sieg und Niederlage, Freundschaft und Verrat, Schmerz und Freude, Zeit der Schuldlosen und Zeit der Schuldigen. Immer gibt es zwei Seiten, die es aber zugleich unmöglich machen, unbeteiligt durch unsere Wirklichkeit zu gehen.
Niemand kann sich unschuldig oder unbetroffen fühlen. Auch heute – oder vielleicht gerade heute – gilt: Identität in Deutschland ohne die Betrachtung der Wirklichkeit oder die Erinnerung an die Geschichte ist nicht möglich. Die Deutschstunde endet nicht, sie darf nicht enden mit dem Klingelzeichen, und dann ist große Pause. Ich weiß es natürlich nicht, aber ich vermute, daß Sie manches an heutigen radikalen Alarmzeichen, aber auch vieles an Gegenwehr und auch an verstärktem öffentlichen Diskurs über die jüngere Vergangenheit hierfür als Bestätigung empfinden.
Sie haben auf die zentrale Erfahrung des Schriftstellers in der Nachkriegszeit hingewiesen, nämlich auf die folgenreiche Entdeckung:
„Die Sprache widersetzte sich. Sie gewährte nicht die Angemessenheit, um erfahrenes Grauen, um erlebtes Unglück darzustellen.“
Und das in Zeiten und im Zusammenhang mit der Frage, ob es eigentlich nach Auschwitz überhaupt noch möglich ist, Gedichte zu schreiben.
Daß Sie sich trotz dieser Schwierigkeiten auf den Weg gemacht haben, verdient unsere Bewunderung. Für Ihre Antwort auf diese Erfahrung in den Themen und in den Tönen sind wir Ihnen dankbar.
„Literatur und Politik in Deutschland, die Geschichte ihres Verhältnisses zeugt von Distanz und Mißachtung, von Argwohn und Vorbehalt“,
sagen Sie in Ihrem Essay über das Lächeln der Macht. Sie selbst haben sich dadurch nie besonders beeindrucken lassen, sondern sich immer wieder politisch geäußert und engagiert.
Ihre Sympathie für und mit Israel, Ihre Werbung für die Aussöhnung mit Polen – beispielhaft symbolisiert durch die Teilnahme an der Reise mit Willy Brandt, worauf der Bürgermeister auch schon hingewiesen hat – sind Beispiele für diese Einmischung. Wobei Sie sich, glaube ich – ich weiß es nicht, aber ich vermute es –, über die realen Möglichkeiten von Literatur eine sehr eigene Meinung gebildet haben. Denn Sie sagen:
A C
B D
„Literatur verändert nicht die Realität, aber unser Verhältnis zur Welt, die Art, wie wir sie sehen, die Urteile, die wir über sie fällen, die Erlebnisbereitschaft, die wir für sie aufbringen.“