Protocol of the Session on December 13, 2000

Hochschulpolitik ist zentral für die zukünftige Entwicklung dieser Stadt und so zentral für die Berufschancen der Absolventen, daß Hamburg die Sparzwänge in diesem Bereich endlich beenden muß. Rotgrün aber will weiterhin, auch im Jahre 2001, die Hochschulen ausbluten lassen. Wir beantragen daher in einzelner Abstimmung, den Hochschulen die zusätzlichen Einsparnötigungen zu erlassen. Das beinhaltet auch das Ende der unsäglichen Zweitstellenregelung. Wir werden an den Universitäten berichten, wie Grün und Rot heute darüber abstimmen. Diese Regelung kassierte jede zweite Stelle, die zufallsbedingt an den Hochschulen frei wurde. Das Arthrose- und Infarktaufkommen der Professoren entscheidet im rotgrünen Hamburg über Forschungsrichtungen. Das kann doch nicht wahr sein.

(Beifall bei der CDU)

Die Ausstattung der Universität ist deutlich schlechter als an vielen anderen Hochschulen in Norddeutschland. Im

Bereich Informatik haben die Professoren ungefähr 2,2 Mitarbeiter. Das ist unmöglich. Die Hochschulen müssen aber Teil des besonderen Ambientes sein, das mit dem Wort Standortqualität gemeint ist. Wenn wir Spitzenindustrie und Spitzenfirmen haben möchten in dieser Stadt, dann brauchen wir auch Spitzenhochschulen. Das ist aber mit dem vorgelegten Haushalt nicht machbar, weder materiell noch was die Dynamisierung der Studienverhältnisse betrifft. Für uns in der CDU aber gilt das Ziel, Hamburgs Hochschulen fit zu machen für die nötigen Aufgaben und den Wettbewerb. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Marx.

(Dr. Rolf Lange SPD: Das war der Maßstab!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Salchow hat, was die Kürze der Rede angeht, Maßstäbe angelegt, die ich, glaube ich, nicht ganz erfüllen kann. Aber ich werde die circa 24 Minuten, die die SPDFraktion noch hat, nicht komplett ausfüllen. Keine Sorge. Ich will jetzt nicht jede Hochschule einzeln loben, obwohl dazu sicherlich Grund genug besteht. Das ist gar keine Frage.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Festzuhalten ist, daß der Hochschulhaushalt für das Jahr 2001 um 1,6 Prozent steigt. Das ist doch eine deutliche Bewegung, wenn man bedenkt, daß sich der Gesamthaushalt um 0,3 Prozent verringert. Man sieht, daß Bildung eines der Gewinnerthemen der rotgrünen Koalition ist. Darum ist der Hochschulhaushalt, übrigens genauso wie der Schulhaushalt, nicht voll am Sparen beteiligt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Hamburgs Hochschulen sind bundesweit führend bei der Modernisierung und Verbesserung ihrer Angebote. Schon heute gibt es zahlreiche Bachelor- und Masterabschlüsse an Hamburgs Hochschulen, mehr übrigens als in dem tief schwarzgelben Hessen, das insgesamt immer noch ein bißchen größer ist als Hamburg. Aber als hochschulpolitischer Sprecher und Hochschulpolitiker kann man immer dazulernen, insbesondere, wenn man einmal in den Haushaltsplan guckt. Ich will Ihnen noch ein bißchen mitteilen, was ich dem Haushaltsplan entnommen habe.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Den haben wir gelesen, Herr Marx!)

Daß Sie ihn gelesen haben, glaube ich, aber hören Sie doch trotzdem einmal zu, Herr Professor Karpen, auch wenn es Ihnen schwerfällt. Ihre Studierenden hören sicherlich besser zu.

Ich berichte über das, was beim UKE unter Investitionen steht: Sanierung der Leichenaufbewahrung in der Anatomie. Nach der Approbationsordnung für Ärzte sowie der Bestallungsordnung für Zahnärzte muß das anatomische Institut Kurse für makroskopische Anatomie anbieten. Zu diesem Zweck verfügt das 1958 erbaute Institutsgebäude im sogenannten Leichenkeller über 36 Stein- und Betontröge, in denen Leichen mindestens ein halbes Jahr in einem Alkoholbad gelagert werden, sowie über einen Kursaal. Die Ausstattung sowie die baulichen Gegebenheiten der genannten Räume sind unzulänglich: Der Kursaal besitzt keine Klimaanlage und kein Abluftsystem. Das Arbeiten in den Ausdünstungen des Fixierungsmittels Alkohol

(Vizepräsident Berndt Röder)

mit einem geringen Zusatz von Formalin ist gesundheitlich problematisch und deshalb nur im Winter möglich. Der Leichenkeller besitzt ebenfalls keine Abluftanlage, so daß unter Belastung durch Alkoholdämpfe gearbeitet werden muß.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Welch ein Einstieg!)

Die Zahl der Tröge ist nicht ausreichend. Da für die Kurse circa 120 Leichen benötigt werden, müssen in Trögen bis zu vier Leichen gelagert werden. Die Entnahme der Leichen aus den Trögen erfolgt manuell und belastet das Personal körperlich erheblich. Durch die offene Verwendung von hochprozentigem Alkohol in den Trögen besteht Explosionsgefahr. Es besteht ein hoher Verbrauch von 8000 Litern Alkohol pro Jahr, der erhebliche Kosten verursacht.

(Julia Koppke REGENBOGEN – für eine neue Linke: Hat die SPD nicht mehr zu bieten?)

Hinzu kommen die Entsorgungskosten.

(Unruhe – Glocke)

Herr Marx, meine Damen und Herren! Ich wollte Ihnen etwas mehr Ruhe verschaffen. Herr Marx, Sie haben das Wort.

Wenn Sie einmal in die Produktinformationen geguckt hätten, hätten Sie feststellen können, wieviel Investitionsbedarf mancherorts noch vorhanden ist.

Eine weitere Erkenntnis ist mir gekommen, als die Dekanekonferenz die Hochschulpolitiker aller Parteien eingeladen hat, und ein alter Bericht über die Bürgerschaft, die der chinesische Spion in Hamburg einmal geschrieben hat, kam mir dann zugegen. Er wurde mir von Professor Friedrich zugänglich gemacht.

„Die Bürgerschaft. Es gibt in Hamburg eine Körperschaft, Bürgerschaft genannt. Ein schnurriges Gebilde. Sie sollte an erster Stelle stehen und befindet sich an letzter. Vielleicht infolge richtiger Selbsteinschätzung. Sie existiert nur zeitweilig, einem Wechselfieber vergleichbar, und gibt ein Lebenszeichen nur bei ausdrücklicher Erlaubnis von sich. Sie ist ein Organismus, dessen Glieder fast immer zerstreut sind.“

(Dr. Stefan Schulz CDU: Sie sind der beste Beweis!)

Der CDU-Antrag zum Thema Hochschulpolitik ist, glaube ich, ähnlich zerstreut, aber auch der Senat kommt zum Abschluß nicht ganz ungeschoren davon.

„Der Senat legt sich selbst das Prädikat ,ehrwürdig‘ zu, was nicht als übermäßig bescheiden anzusehen ist. Als sehr weise bezeichnet man diejenigen unter ihnen, die Jus studiert haben, die übrigen als wohlweise. Die Titel kosten nichts und ebensowenig bedeuten sie auch. In Hamburg braucht man für alles eine gewisse Lehrzeit, der Schneider drei Jahre, um einen Anzug regelrecht zu verpfuschen, und der Zahnarzt, um einen gesunden Zahn mit Erfolg zu ziehen. Lediglich der Herr Senator“

oder heutzutage auch die Frau Senatorin –

„hat so etwas nicht nötig.“

(Dr. Martin Schmidt GAL: Haben Sie eigentlich et- was zu sagen?)

„Sobald solch ein Mann die Tracht anlegt, kommt dem armen auch schon der Verstand.“

Daher hoffen wir, daß nun auch entsprechend alle Gesetze kommen – das Hochschulgesetz und das UKE-Gesetz –, auf die wir seit einiger Zeit warten. Ich denke, gerade mit dem neuen Hochschulgesetz können Hamburgs Hochschulen weiterhin die Reformen schnell vorantreiben. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt Herr Dr. de Lorent.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich war beinahe ein bißchen ratlos gewesen, wie hier die Debatte über Hochschul- und Wissenschaftspolitik eingeleitet worden ist. Es ist das Thema, das nächstes Jahr den Wahlkampf bestimmen soll.

(Antje Möller GAL: Genau! – Petra Brinkmann SPD: Bei Ihnen!)

Den Eindruck kann man nach dem bisherigen Verlauf nicht haben.

Meine Damen und Herren! Es ist die letzte Haushaltsberatung dieser Legislaturperiode. Man kann vielleicht schon ein bißchen Resümee ziehen, auch über die letzten drei Jahre. Der Kollege Salchow hat sich vorgestern ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt mit seinem Ritt durch willkürlich aneinandergereihte Presseausschnitte. Heute als Fachpolitiker hat er nichts zu sagen. Er hätte noch vier Minuten Zeit gehabt. Die CDU will Bildung zum Megathema machen bei diesen bescheidenen Aussagen, die hier heute gekommen sind und die auch noch als Menschenfreundlichkeit gegenüber den Abgeordneten getarnt sind, um uns hier nicht so lange zu belästigen.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Das war kurz genug!)

Meine Damen und Herren! In Wahrheit verhalten Sie sich hier wie ein Gewerkschaftsvorsitzender, der mehr, mehr, mehr, mehr sagt, aber der inhaltlich nichts zu sagen hat,

(Beifall und Heiterkeit bei der GAL und der SPD – Dr. Roland Salchow CDU: Jetzt wird es hart!)

natürlich wie ein ganz schlechter Gewerkschaftsvorsitzender, denn ein guter Gewerkschaftsvorsitzender verbindet die Forderung nach mehr Stellen und Ressourcen mit inhaltlich konzeptionellen Vorstellungen.

(Beifall und Heiterkeit bei der GAL und der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Meine Damen und Herren! In seinem Ritt durch die Zitate hat der Kollege Salchow gestern gesagt, von den Grünen sei in den Regierungen überhaupt nichts mehr nachgeblieben, nichts zu spüren. Meine Damen und Herren von der CDU, von den Popularitätswerten eines Joschka Fischer können Sie nur träumen. Wenn Sie einmal ernsthaft und sachlich die hochschulpolitische Debatte in diesem Land verfolgen, dann werden Sie festgestellt haben,

(Bernd Reinert CDU: – daß der Name Fischer darin nicht auftaucht!)

welche Anerkennung die Hamburger Wissenschaftssenatorin dort hat, denn wesentliche hochschulpolitische Akzente in der bundesdeutschen Diskussion sind unter anderem auch von Krista Sager gesetzt worden. Nehmen wir nur einmal das Beispiel der Ziel- und Leistungsvereinba

(Wolfgang Marx SPD)