Protocol of the Session on December 13, 2000

Ein anderer Punkt, den Herr Mares angesprochen hat, ist eine Gemeinschaftsaufgabe der Metropolen. Die Tarifproblematik bei den staatlichen Bühnen kann nur im Zusammenwirken der großen Städte gelingen. Es ist positiv zu sehen, daß es Signale gibt, wonach sich zumindest Hamburg und Berlin verständigen könnten. Ich denke, daß das ein erster Weg wäre, wenn zwei solcher Städte in die richtige Richtung gehen und Veränderungen herbeiführen könnten.

(Beifall bei der SPD und bei Rolf Mares CDU)

Meine Damen und Herren, im Wettstreit der Metropolen wird Kultur immer stärker zu einem entscheidenden Pluspunkt für Hamburg. Klar, schnörkellos, kompetent und effektiv ermöglicht die Hamburger Kulturpolitik ein vielfältiges Angebot, setzt neue Akzente – erinnert sei nur an das Musikfest und das Jahresprogramm „Danmark til Hamborg“ – und investiert in die Zukunftsaufgabe Kultur. Visionen werden in Hamburg Wirklichkeit, auch weil Staat, Mäzene, Sponsoren, Bürgerinnen und Bürger in Vereinen und Initiativen erfolgreich zusammenarbeiten.

Das neue Betriebsgebäude der Staatsoper wird nicht nur die Arbeitsabläufe verbessern und zu finanzieller Entlastung führen, es wird auch in einem sensiblen Innenstadtbereich neue städtebauliche Akzente setzen. Ich freue mich sehr, daß Herr Meierjohann dieser Debatte beiwohnt; ich glaube, das können wir als ein Zeichen wechselseitigen Respekts verstehen.

(Rolf Mares CDU)

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Auch die neuen Proben- und Studiobühnen des Thalia Theaters schaffen strukturelle Verbesserungen und stärken überdies die kulturelle Attraktivität des Hamburger Westens. Auch das ist ein Beispiel, wie wir mit strukturellen Veränderungen positive Mittel und langfristige Wirkungen erreichen können.

Investiert wird in das Museum für Völkerkunde, in das Planetarium und in die Deichtorhallen. Nach dem Ausbau der Gedenkstätte Bullenhuser Damm wird nun die KZ-Gedenkstätte Neuengamme mit Hamburger und Bundesmitteln erweitert und neu gestaltet. Auch das ist immer wieder wichtig für diese Demokratie: Erinnern statt vergessen, aufklären statt verdrängen.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem erfolgreich umgesetzten Struktur- und Entwicklungskonzept und dem neuen Internetangebot der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, mit der Organisationsform, den künstlerischen und wirtschaftlichen Ergebnissen der staatlichen Bühnen, mit der kreativen Privattheaterszene, mit den nun als Stiftungen geführten Museen, mit dem breiten Spektrum der Stadtteilkultur und den Geschichtswerkstätten weist Hamburg über die Stadt hinaus viel beachtete Elemente lebendiger Urbanität auf, um die uns viele Städte beneiden.

Erfreulich ist das Veröffentlichungsprogramm des Denkmalschutzes, dessen Spannweite die letzten Eintragungen in die Denkmalliste, gerade nachzulesen im Amtlichen Anzeiger vom 8. Dezember 2000, belegen. Das Unileverhaus aus den Jahren 1961/1963 steht dort neben dem Ensemble der Evangelischen Kirche Blankenese von 1895/1897. Denkmalschutz ist in Hamburg ein wichtiges Element von Stadtentwicklung und Stadtteilentwicklung.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: So ist es!)

Erfreulich und bundesweit beispielhaft ist auch das wachsende kulturelle Engagement der Handelskammer, der bewährte Bürgersinn für Kunst und Kultur, wie er im Schümann-Flügel des Museums für Kunst und Gewerbe und in den beachtlichen Beiträgen von Hamburger Stiftungen zum kulturellen Leben der Stadt sinnfälligen Ausdruck findet.

Daß das HEW-Museum electrum noch eine reelle Chance der Fortführung erhalten hat, begrüßen wir.

(Beifall bei der SPD)

Die HEW sollten nicht nur die Personalkosten für einen Leiter und einen Teil der Betriebskosten beisteuern, sie sollten auch prüfen, ob nicht durch die Zusammenarbeit mit den interessierten Initiativen und dem Museum der Arbeit eine Stiftung electrum geschaffen werden kann.

(Beifall bei der SPD – Dr. Monika Schaal SPD: Sehr gut!)

Mit dem Antrag 16/5306 wollen GAL und SPD sicherstellen, daß bei der Planung der HafenCity kulturelle und künstlerische Belange einbezogen werden, daß Kunst als Chance begriffen wird, auch das Gebiet der künftigen HafenCity den Hamburgerinnen und Hamburgern sowie den Gästen unserer Stadt durch Zwischennutzungen näherzubringen und dauerhafte Aufmerksamkeit zu erhalten.

Es erscheint uns auch geboten, daß über die Perspektiven der lesbisch-schwulen Filmtage, die zunehmende Resonanz finden, und über die Künstlerförderung am Beispiel

der Atelierhäuser, der Ateliersituation überhaupt, wie auch des „Writers’-Room“ im Kulturausschuß debattiert wird; dem dienen die Anträge 16/5295 und 16/5307.

Der Kulturausschuß befaßt sich seit längerem intensiv mit den Privattheatern in unserer Stadt; Herr Mares hat darauf hingewiesen. Es besteht Einvernehmen darüber, daß neben die bewährte institutionelle Förderung künftig verstärkt die Projektförderung treten soll. In die derzeitigen Beratungen möchten wir auch den CDU-Antrag 16/5163 zur Unterstützung des jüdischen Theaters Schachar einbeziehen. Ich glaube, es ist sinnvoll, dies im Zusammenhang der Privattheaterförderung noch einmal genau zu prüfen.

(Beifall bei der SPD)

Dem CDU-Antrag 16/5169 können wir dagegen nicht zustimmen. Wir sind der Meinung – Herr Mares hat es am Schluß auch noch einmal betont –, daß das Musikfest eine Bereicherung für Hamburg ist, daß zudem erhebliche Mittel von Mäzenen und Sponsoren hinzukommen; erfreulicherweise auch in anderen Bereichen der Musikförderung.

Hamburg ist die Musikstadt Nummer eins in der Bundesrepublik mit insgesamt 10 000 Beschäftigten und einer Zahl von Unternehmen, die seit 1996 um 25 Prozent gestiegen ist. Ich glaube, es ist ganz wichtig, sich vor Augen zu führen, daß hier etwas entstanden ist und wir auch hier auf Förderung und Unterstützung von privater Seite und Firmen zählen können. Wir stimmen dem GAL-Antrag 16/5315 zur Musikförderung im Jugendbereich ausdrücklich zu. Das ist eine wichtige Vermittlung, die wir brauchen. Wir brauchen die Förderung des Nachwuchses und der Hochkultur. Ich glaube, daß die Förderung des musikalischen Nachwuchses eine Gemeinschaftsaufgabe von Kultur-, Schul- und Wissenschaftsbehörde ist und daß die Vernetzung noch verbessert und verstärkt werden kann.

Dem Antrag der REGENBOGEN-Gruppe, 16/5245, zu einem uneingeschränkten Betrieb der Bücherhallen in den Ferienzeiten können wir nicht zustimmen. Wir sichern aber zu, daß wir im Kulturausschuß über die Situation der Bücherhallen wie über die Erfahrungen mit Gebührenordnung und Ferienschließung ausführlich sprechen werden, sobald die Zahlen für das Jahr 2000 vorliegen. Frau Blumenthal hat die Gebührenordnung einige Male angesprochen, und das können wir gern in die Beratungen einbeziehen.

Wir werden darauf achten, daß die Bücherhallen dort, wo es aufgrund der Bevölkerungsstruktur ganz besonders notwendig ist, als kulturelle Mittelpunkte und als Ort der Leseförderung funktionsfähig bleiben können.

Ich möchte zum Schluß zwei kleine Anregungen geben. Im März 2003 jährt sich der 200. Todestag von Friedrich Gottlieb Klopstock. Sie werden denken, ach Gott, ein längst vergessener Dichter, aber er ist ein Mann, der für die deutsch-dänischen Kulturbeziehungen eine ganz große Bedeutung gehabt hat und der auch wegen seiner politischen Oden zur Französischen Revolution französischer Ehrenbürger geworden ist. Er war einer der Aufklärer, der sich für die Einbeziehung der Frauen in die Aufklärungsgesellschaft eingesetzt hat. Vielleicht wäre dieser Gedenktag eine Chance, eine Ausstellung zu machen, nicht allein über Klopstock, sondern über Hamburg und die Literaten. Jetzt könnte man mit den Vorbereitungen beginnen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Zweitens werden wir sicherlich im Zuge der Beratungen zur HafenCity wieder auf den Domplatz zurückkommen,

(Dr. Franklin Kopitzsch SPD)

der ja eine Scharnierfunktion bildet. Wir sollten vielleicht den Gedanken weiter verfolgen, den Domplatz in öffentlich-privater Partnerschaft auch einer kulturellen Nutzung zuzuführen. Ich könnte ihn mir als idealen Platz für eine Zentrale der Bücherhallen und für das Film- und Fernsehmuseum vorstellen, für das es eine sehr rührige Initiative in der Stadt gibt. Sponsoren und Mäzene müßten doch in Hamburg dafür zu finden sein.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Bürgermeister Ortwin Runde hat es in seiner kulturpolitischen Grundsatzrede zur Eröffnung des Schümann-Flügels auf den Punkt gebracht: Kultur ist ein

„Wesenselement der Metropole“,

„besonderes Gütezeichen unseres Stadtstaates. Wir dürfen und sollten das ruhig öfter sagen!“

Und wenn man über den Tellerrand hinausblickt, vielleicht noch ein Hinweis auf das Mitglied des Schweizer Bundesrats und im nächsten Jahr Schweizer Bundespräsident, Moritz Leuenberger, der zum 70. Geburtstag des Schriftstellers Hugo Loetscher gesagt hat: Kultur ist

„die wichtigste Infrastruktur einer Gesellschaft,“

und zwar einer Gesellschaft –

„in der jede und jeder mitverantwortlich sein will.“

Josef Estermann, Stadtpräsident von Zürich, hat es in einer Rede ähnlich ausgedrückt, indem er feststellte, daß

„die gemeinsame Definition von Werten, die Herstellung von Öffentlichkeit, die permanente Neukonstitution von Gesellschaft“

ohne Kultur nicht möglich sei. Da nehme ich den Hinweis von Herrn Mares auf, daß die öffentlich-rechtlichen Anstalten hier eine besondere Chance und Herausforderung haben.

Estermann fährt fort:

„Wenn es eine politische Aufgabe ist, die Grundlagen für den Bestand und die Entwicklung einer Gesellschaft sicherzustellen, ist Kultur eine der elementaren öffentlichen Aufgaben.“

Es ist gewiß kein Zufall, daß diese beiden Schweizer Stimmen von Sozialdemokraten stammen. Wir werden uns weiter bemühen, in der fairen, offenen Zusammenarbeit des letzten Jahres dies auch in den verbleibenden Monaten im Parlament gemeinsam anzupacken. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der GAL und der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit Blick auf den Kulturhaushalt mit dem beginnen, was ihn auf den ersten Blick von dem des Vorjahres unterscheidet, und das sind zwei große Maßnahmen im Investitionsbereich. Das ist zum einen – wir konnten dies kürzlich in der Presse aufgrund des abgelaufenen Architekturwettbewerbs lesen – das Betriebsgebäude für die Staatsoper. Die Stadt wird dort in den nächsten Jahren 60 Millionen DM investieren. Das ist natürlich erheblich, nicht nur mit Blick auf die Entwicklung des Gustav-Mahler-Platzes, sondern natürlich auch für die Oper selbst.