Protocol of the Session on December 11, 2000

Die SPD hat aber irgendwie Glück, denn all diese Dinge erreichen nur sehr selten die ersten Seiten der Medien. Für mich ist es eine spannende Frage, ob die demokratische Substanz in dieser Stadt ausreicht, einen Wandel zu ermöglichen, ein Sweep out der verbundenen Hände.

(Uwe Grund SPD: Was für ein Teil?)

In einer Gemengelage, die überall in Institutionen, Behörden, Ämtern, in den Diensten bis in die Hochschulen und Medien hinein ihre Freunde hat. Man duzt sich, und man ist sich geneigt.Ich weiß nicht, ob die demokratische Substanz stark genug ist in dieser Stadt.

Die Hartnäckigkeit, mit der die SPD und der Bürgermeister das Mäandrieren von Filz in dieser Stadt betreiben, ist verblüffend. Filz ist nicht laut, schreibt die „taz“, Filz dämpft, und das stimmt. Hat denn jemand erwartet, in den Akten der Behörden fänden sich Vermerke von der Art:Wir haben Personal nach SPD-Zugehörigkeit ausgewählt. Hat das jemand erwartet? Hat jemand erwartet, Sie würden Presseerklärungen herausgegeben haben zur Beförderung der Damen und Herren X und Y mit 50 Prozent mehr Gehalt und damit auch mit 50 Prozent mehr Jahresbeitrag an die SPD-Parteiorganisation? Das hat doch keiner erwartet.

(Uwe Grund SPD: Sie haben doch danach ge- sucht!)

Die SPD hat wohlweislich jemandem aus den eigenen Reihen den Ausschußvorsitz gegeben.Das war geschmacklos im Stil.

(Beifall bei der CDU)

Und Sie haben den Auftrag erteilt, nichts zu finden. Daran hat sich die SPD auch gehalten. Die SPD hatte kein Interesse an offener Erkenntnis.Ihre demokratischen Reserven sind erschöpft, wenn es um Sie selbst geht.So ist die Situation.

(Beifall bei der CDU – Rolf Kruse CDU: Sehr wahr!)

Die Steuerreform, Herr Bürgermeister Runde, haben Sie für gut gehalten.

(Dr. Holger Christier SPD: Erzählen Sie doch dazu mal was!)

Ich habe von Herrn Gysi ein Zitat. Der Bürgermeister ist nicht mehr im Raum, jedenfalls sehe ich ihn nicht.

(Zuruf: Doch!)

Doch, er ist mit der geschätzten Frau Fischer-Menzel am Reden. Das ist ja alles sehr nett.

(Beifall bei der CDU)

Ich hoffe, Sie haben einen guten Kurzurlaub in Amerika gehabt, Frau Fischer-Menzel.

Da fragt Herr Gysi völlig zu Recht, weshalb denn nun die neue SPD/Grüne-Bundesregierung die Verkaufserlöse im Rahmen von Fusionen mit all ihren schwierigen Folgen von der Steuer freistellt. Was ist eigentlich das Soziale daran? Wenn ein Bäcker aus Alters- oder Gesundheitsgründen seine Bäckerei verkauft, dann mußte er unter Kohl die halbe Steuer zahlen. Die SPD wollte, daß die volle Steuer von den Mittelständlern gezahlt wird. Das wurde nachher etwas korrigiert. Wenn aber die Deutsche Bank verkauft worden wäre, hätte das unter Kohl voll versteuert werden müssen, die SPD aber regelt, daß das von der Steuer freigestellt wird.Was ist eigentlich das Soziale an dieser Steuerreform?

(Barbara Ahrons CDU: Nix!)

Herr Runde, Sie waren doch Vorsitzender des Vermittlungsausschusses. Was ist das Soziale an Ihrer Steuerreform? Ich möchte das wissen.

(Beifall bei der CDU)

Auch die Senkung der Körperschaftsteuer betrifft in erster Linie Banken, Versicherungen und Konzerne und nicht Personengesellschaften und nicht den kleinen Mann. Das ist anders als das, was Sie hier gesagt haben.

(Beifall bei der CDU)

Es ist in diesen Tagen ein komisches Spiel zur Ökosteuer und Entfernungspauschale. Der Kanzler hatte es wegen der Proteste gegen hohe Transportkosten zur Chefsache gemacht und zugesagt, diese aus sozialen Gründen auszugleichen.Das Ergebnis ist nun aber nicht die Aussetzung oder Senkung der Ökosteuer. Nein, das Ergebnis ist, die Ökosteuer wird beibehalten und sogar in drei Wochen noch einmal deutlich erhöht, wie wir alle wissen.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Wir sind bei der Haus- haltsdebatte von Hamburg!)

Ja, aber das betrifft doch direkt den Haushalt. Der Herr Scheurell ist schon 200 Jahre in der Bürgerschaft und kennt noch nicht einmal den Zusammenhang Haushalt und Bürgerschaft.

(Beifall bei der CDU)

Wir diskutieren seit Jahren darüber, die Probleme Hamburgs als Stadtstaat in dieser Bundesrepublik in den Griff zu bekommen. Es wird die Zersiedelung befürchtet, denn es ziehen die Leute aus Hamburg raus und zahlen ihre Steuern draußen. Nun begünstigt eine solche Entfernungspauschale diejenigen, die draußen wohnen. Das hat doch Herr Dr. Maier gesagt, denn er ist ja ein vernünftiger Mann. Er hat das GAU genannt, den größten anzunehmenden Unsinn, und Sie fragen, was das mit Hamburg zu tun hat. Da frage ich mich, wo ist der Unsinn hier in diesem Haus.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt aber auch, wenn Sie der Entfernungspauschale zustimmen, dann kann ich Ihnen auch nicht helfen.Das einzig Richtige daran ist, daß die verschiedenen Transportverkehrsträger gleichgestellt werden. Das finde ich – mit den Grünen zusammen – richtig.

(Anja Hajduk GAL: Aber das macht uns trotzdem nicht glücklich!)

(Dr. Roland Salchow CDU)

Aber daß Sie die Zersiedelung finanzieren, daß Sie dafür sorgen, daß die, die die Steuern nach draußen tragen, es besser haben, das kann doch nicht im Sinne eines Hamburger Bürgermeisters sein.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Dann muß man ferner bedenken, daß Sie doch die Ökosteuer ausgleichen wollten. Die Ökosteuer ist eine Steuer, die in die Kassen des Bundes geht. Da hat der Bund den Vorteil von der Ökosteuer. Er kassiert das, und die Entfernungspauschale, die jetzt dagegengerechnet werden soll, wie geht denn das? Die Entfernungspauschale geht so, daß Sie etwas von der Steuer absetzen können, und damit hat Hamburg weniger Steueraufkommen. Das heißt, das ganze Verfahren ist eine Verlagerung von Steuern von Hamburg nach Berlin. Dem kann doch ein Bürgermeister nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Es sollte doch ein sozialer Ausgleich sein, Herr Runde und Herr Wagner.Sie sind doch beide Verkehrsmenschen.Nehmen wir mal die Autofahrer. Was ist denn dann eigentlich anders bei den Leuten, die weniger als elf Kilometer entfernt von ihrem Arbeitsplatz wohnen? Die konnten doch bisher auch schon 70 Pfennig absetzen.

(Bernd Reinert CDU: Richtig!)

Da ändert sich doch überhaupt nichts.Ich dachte – das war doch das, was Herr Schröder gesagt hat –, Sie wollten einen sozialen Ausgleich für die erhöhte Ökosteuer und die erhöhten Benzinpreise machen, aber nix ist da. Null Pfennig. Das ist einfach Augenwischerei, was Sie bei den Leuten machen, die weniger als elf Kilometer von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnen. Da ist gar nichts.

(Beifall bei der CDU)

Und was ist das Sensationelle bei den Leuten, die weiter als elf Kilometer wohnen? Da sollen es 80 statt 70 Pfennig sein. Bisher waren es 70 Pfennig. Was ist da die Revolution? Das geht nach Entfernung, nicht nach den gefahrenen Kilometern. Das heißt, Sie können also in Zukunft 5 Pfennig mehr pro Kilometer von der Steuer absetzen.Das ist eine große Lächerlichkeit: Die wahren Zusatzkosten durch Ökosteuer und hohe Benzinpreise werden durch die Entfernungspauschale überhaupt nicht ausgeglichen. Darum ist das alles ein großer Humbug.

(Beifall bei der CDU)

Die letzten Momente möchte ich mich gerne noch den Grünen widmen.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Ja, endlich!)

Als ich noch klein war, gab es sonntags im Radio den Suchdienst.Das war mittags um 1 Uhr.Den würde ich heute einschalten, gäbe es ihn noch, um zu sagen: Wo, sag mir, wo die Grünen sind? Ich würde es gerne wissen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der GAL: Hier!)

Ihr seid ja nicht die Grünen, ihr seid ja nur nette Menschen. Euch kann ich ja zuwinken.

Wo sind die Grünen eigentlich in der Energiedebatte? Da haben die in Berlin beschlossen, daß es irgendwann mit den Kernkraftwerken zu Ende geht. Aber es ändert sich für Hamburg konkret überhaupt nichts; in Stade vielleicht im übernächsten Jahr. Aber, wenn Stade abgeschaltet wird, dann nur deshalb, damit andere, modernere Kraftwerke mit Atomstrom dasselbe nur etwas preisgünstiger machen.

Das ist also der große Fortschritt, den Sie hier hingelegt haben.Was ist mit den Grünen in der Energiepolitik? – Nichts.

Was ist mit Abschiebungen und Ausländern? Monatelang haben Sie bei der Frage Abschiebungen dicke Backen gemacht. Sie haben einen „Quantensprung“ gefordert. Sie hatten einen drohenden Unterton an Herrn Wrocklage, und was ist das Ergebnis? – Das Ergebnis ist, daß nunmehr nicht mehr so früh morgens abgeholt wird, sondern eineinhalb Stunden später. Das ist das Ergebnis Ihres Quantensprungs in der Abschiebepolitik. Sag mir, wo die Grünen sind.

(Beifall bei der CDU)

Dann hat es den autofreien Freitag geben sollen. Gab es aber nicht. Es gab wohl einen Freitag, aber keinen autofreien.Die Leute haben das nämlich nicht mitgemacht.Was passierte? Das Tollste war der Ritt des Umweltsenators auf einem Elefanten in Hagenbeck. Dabei hat Herr Porschke – jedenfalls laut „Morgenpost“ – vom Elefanten, von oben herunter – was eigentlich nicht die Art der Grünen ist, von oben herunter – aus gesagt, dieser Tag macht deutlich, welche Möglichkeiten der Fortbewegung es noch gibt.