Protocol of the Session on November 30, 2000

Ich denke, daß die Forderung nach Transparenz an dieser Stelle Sinn macht. Auch die Behördenmitarbeiterin hat an diesem Tag deutlich gemacht, daß die Situation zur Zeit nicht besonders zufriedenstellend ist und daß noch Wege gefunden werden müssen, wie man damit umgeht, daß es in einigen Bereichen noch keine Globalrichtlinien gibt. Derartige Aussagen hat es auf der Veranstaltung gegeben, und daran muß man denken.

Da es aus der Fachöffentlichkeit ein Interesse gibt, besser informiert zu werden, kam bei dieser Veranstaltung auch die Idee auf, daß der Arbeitskreis „Sozialhilfe“ seitens der BAGS und der Wohlfahrtsverbände wiederbelebt werden sollte. Ich finde, daß das ein richtiger Ansatz ist, und wir werden darauf achten, wie die Behörde diese Idee in Zukunft umsetzen wird. Wenn solch eine Anregung gemacht worden ist, denke ich, daß in diesem Bereich auch etwas geschehen wird.

Wichtiger als alle diese Steuerungsmaßnahmen und das Nachvollziehen der Entscheidungsgrundlagen der So

zialämter durch die Beratungsstellen finde ich aber auch, daß immer wieder gewährleistet werden muß, daß es eine umfassende Beratung der Sozialhilfeempfänger gibt und daß sie durch diese Beratung auf jeden Fall eine Chance auf dem Ersten Arbeitsmarkt erhalten.

Ich schließe mich der Ansicht von Herrn Scheurell an, daß die Sozialamtsmitarbeiter diese umfassende Beratung bis jetzt immer gewährleistet haben, und sehe es nicht so kritisch wie die REGENBOGEN-Gruppe. Die Gruppe weiß ganz genau, daß es der GAL ein großes Anliegen ist, mehr Transparenz zu schaffen, und daß die Menschen, die dort eine Beratung erhalten, über ihre Rechte und die einmaligen Leistungen, die sie erhalten können, informiert werden.

Vor zwei Jahren hat es auf Initiative der GAL hier einen Antrag gegeben, die Verbreitung von Informationsmaterial für Sozialhilfeempfänger vom Senat unterstützen zu lassen. Die BAGS hat seitdem einen Verein in seiner Arbeit unterstützt, der eine Papierfassung eines sogenannten Sozialhilfeleitfadens erstellen will, und mit diesem Verein gemeinsam die Daten für diesen Sozialhilfeleitfaden aufbereitet. Die BAGS wird im Jahr 2001 eigene Sozialhilfeinformationen ins Internet stellen. Damit sind wir auf dem richtigen Weg in Richtung Bürgerfreundlichkeit.

Abschließend möchte ich noch sagen, daß es uns besonders gefreut hat – da bei der GAL oberste Priorität die Zufriedenstellung der Hilfeempfänger ist –, daß das Senatsamt für Bezirksangelegenheiten erstmalig eine Kundenbefragung in einem Teil der Sozialämter durchführt. Die GAL hat den Fragenkatalog mit ausgearbeitet und dabei besonderen Wert darauf gelegt, daß die Frage nach der Zufriedenheit über das Ausmaß der Beratung mit aufgenommen wurde. Ich denke, die Beratung wird in diesem Jahr abgeschlossen sein, und wir werden Erkenntnisse darüber haben, wie zufrieden die Sozialhilfeempfänger mit ihrem Sozialamt sind und ob wir gegebenenfalls in der Sozialhilfepraxis nachbessern müssen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Frau Sudmann.

Was ich allen drei Beiträgen vor und nach mir entnommen habe, ist, daß Sie sagen, daß die Beratung in den Sozialämtern gut ist. Dabei haben sich alle drei Redner darauf bezogen, daß die Beratung als Hauptziel die Vermittlung in Arbeit hat. Darüber will ich jetzt gar nicht streiten.

Aber ich will Ihnen mal einen Fakt nennen, und Herr Grund kann das bestätigen: Auf der Veranstaltung, die wir hatten, auf der Mitarbeiterinnen des Sozialamtes waren, haben alle ausnahmslos gesagt, daß die Menschen, die vermittelbar sind in Arbeit, auch in Arbeit gebracht wurden, und daß die Leute, die jetzt Sozialhilfe bekommen, zur Zeit nicht vermittelbar sind, und zwar entweder, weil sie zu alt, das heißt über 65 Jahre alt sind oder weil sie drogen- oder alkoholkrank sind oder weil sie kleine Kinder haben und alleinerziehend sind. Das heißt, die Fachleute sagen Ihnen, da ist nichts mehr, was sie noch großartig vermitteln können.

Ich rede jetzt über die Leute, die Sozialhilfe bekommen. Ich rede auch nicht über die Leute, die gar nicht erst – in Anführungsstrichen – in den Genuß von Sozialhilfe kommen, weil ihnen dies von vornherein abgelehnt wird, weil sie

(Andrea Franken GAL)

A C

B D

einen Anspruch haben, der unter 630 DM liegt, was ich auch ein Unding finde. Aber die, die Sozialhilfe bekommen, das sind zum Beispiel die Rentnerinnen – in diesem Fall mit kleinem „i“ geschrieben –, die alten Damen, die über 65, 70, 80 Jahre alt sind und denen nie gesagt wurde, welche Ansprüche sie haben. Da habe ich genug Fälle erlebt. Das waren die Fälle, Herr Scheurell, die ich aufgezählt habe, die sechs, sieben, acht Jahre Sozialhilfe bekamen und denen nie gesagt wurde, ihr könnt eine Weihnachtsbeihilfe bekommen, ihr könnt Klamottengeld bekommen.

Ich habe Ihnen aus der Praxis erzählt. Die Praxis ist eben nicht so, daß alle Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen wunderbar beraten. Die Praxis ist so, daß sie auch im Sozialamt – leider muß ich sagen – Menschen haben, die vielleicht für diese Arbeit nicht so gut geeignet sind, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht beraten und nicht komplett informieren.

Aber, wenn Ihr Argument stimmen würde, wenn alle gut beraten und informieren, dann gibt es gar keinen Grund, diese Tabellen, die wir fordern, auszuhändigen, weil die Leute ja eh alles wissen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Noch einmal zum Rechtsgrundsatz. Sie haben gesagt, was wollt ihr eigentlich? Natürlich wird in jedem Bescheid die Rechtsgrundlage dargelegt. In jedem Bescheid, zum Beispiel bei einmaligen Leistungen, steht, daß nach Paragraph 22 BSHG bewilligt wurde. Da steht aber nicht, warum zum Beispiel 50 DM für irgend etwas gegeben wird und nicht 60 DM, und das variiert. Auch da braucht man eine Transparenz. Es kann nicht sein, daß ich in Altona mehr Geld bekomme als in Harburg oder beim Bezirksamt Hamburg-Mitte.

Frau Franken, ich finde es sehr interessant, daß Sie uns im Prinzip vorwerfen, wir würden blind das übernehmen, was Beratungsstellen machen, beziehungsweise daß wir überhaupt das übernehmen, was Beratungsstellen fordern. Diese Beratungsstellen – da bin ich mir ziemlich sicher – haben wesentlich mehr Kontakte mit Sozialhilfeempfängerinnen als wir alle zusammen. Das heißt, die wissen auch, über was sie reden, und es gibt natürlich wesentlich mehr Gespräche als diese eine Veranstaltung, die Sie besucht haben. Ich glaube, es ist wirklich lächerlich zu sagen, die Beratungsstellen bekommen doch alle den Sozialhilfereport. Den bekommen wir auch. Im Sozialhilfereport wird nicht dargestellt, wie sich die einmaligen Leistungen berechnen, wie zum Beispiel für die Einschulung was bezahlt wird. Das fehlt alles.

Zum Sozialhilfe-Leitfaden. Vor zwei Jahren – Sie haben es selbst gesagt – ist dieser beantragt worden. Er ist jetzt kurz vor der Drucklegung. Es hat soviel Kampf gekostet, dieses bißchen Geld dafür herauszugeben, und noch immer ist nicht klar, wie eigentlich der Verkauf, also die Weitergabe an die Sozialhilfeempfänger, finanziert werden soll.

(Anja Hajduk GAL: Sie haben ja gar keine Ahnung, was in dem Sozialhilfe-Leitfaden steht!)

Ich glaube, Frau Hajduk, daß ich das wesentlich besser verstehe als Sie. Darüber können wir einmal fachsimpeln. In diesem Punkt bin ich mir absolut sicher. Aber egal, das lassen wir am Rande stehen. Aber diese Papierform ist extrem wichtig.

Herr Scheurell, zum Internet. Natürlich können viele Leute noch zu Fuß laufen, aber wenn sie in der Bücherhalle stehen und vor dem Computer sitzen, da möchte ich einmal

wissen, wer hier alles überhaupt mit dem Internet umgehen kann, und Sie erwarten das von den Leuten, daß sie sich im Internet abfragen, was sie bekommen. Das können auch die alten Rentner nicht. Deswegen wollen wir auch den Drucker anwerfen, Herr Scheurell, und wollen, daß die Dinge auch schriftlich vorgelegt werden. Jetzt höre ich erst einmal auf. Den Rest wird Herr Hackbusch noch einmal sagen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Grund, Sie haben das Wort.

Frau Sudmann, Erregung lohnt gar nicht, wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie gehört, daß ein Sozialhilfe-Leitfaden gegenwärtig erarbeitet wird und daß es weitere Informationen geben wird.

Ich will einen Satz zu Ihrer Erwiderung sagen. Die einmaligen Hilfen in Hamburg im Bereich der Sozialhilfe sind überdurchschnittlich hoch im Bundesgebiet und auch überdurchschnittlich hoch bei den Großstädten. Es gibt erkennbar keinen Bedarf dafür – wenigstens nach diesen Grundlagen –, daß es notwendig wäre, die einmaligen Hilfen in Hamburg deutlich zu erhöhen, jedenfalls, wenn man diese statistischen Daten zugrunde legt.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Die Lebenshaltungskosten sind ja hier auch höher!)

Ja, pro Hilfeempfänger wird doch gerechnet. Gegen nichts anderes. Pro Hilfeempfänger, darum geht es doch, und das wissen Sie auch. Hier den Eindruck zu erwecken, als ob den Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, verwehrt werden, ist einfach Unsinn.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Zwei Sachen ganz einfach und klar.

Erstens: Die Beratungsstellen haben uns an verschiedenen Stellen deutlich gemacht, daß sich etwas verändert hat, daß die Sozialhilfeempfänger, die zu ihnen gekommen sind, mittlerweile verunsicherter sind, welchen Anspruch sie noch haben, als in anderen Zeiten und daß auch die Beratungsstellen selber nicht mehr sicher sind, welche Möglichkeiten und Rechte eigentlich die einzelnen noch haben. Dem entgegenzutreten, indem wir sagen, wir machen das öffentlich, jeder darf erfahren, welche Rechte vorhanden sind, welche Überlegungen die Behörde gegenwärtig dazu hat, und jeder in dieser Stadt – und vor allen Dingen auch die Beratungsinitiativen – bekommt das als Grundlage. Das ist das einfache Mittel, das wir hier suchen. Dementsprechend ist es doch eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit, der man zustimmen sollte.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Die Schwierigkeiten, die ich bekomme, sind an solchen Stellen, wenn Herr Grund sagt, es gibt so viele einmalige Maßnahmen, die im Vergleich zu den anderen Bundesländern in Hamburg genehmigt werden, daß es hier gar keinen Grund dafür gibt, darüber zu meckern. Die Höhe der Summe sagt darüber gar nichts aus. Es gibt immer spezifische Situationen in Stadtstaaten. Das sagt nichts darüber

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

aus, ob die Hilfe auch bei den richtigen Leuten angekommen ist.

Zweitens: Eine wichtige Aufgabe ist, die Schwächsten der Gesellschaft, um die es hier auch geht, zu unterstützen, um ihnen mit der Sozialhilfe ein lebenswertes Leben zu ermöglichen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Uwe Grund SPD: Wer bestreitet das denn?)

Das ist mir das Wichtige und nicht, daß hier die Stammtischparolen durchkommen nach dem Motto: Die können doch auch mal arbeiten, die können doch mal ins Internet, die können doch in die Bücherhalle und so weiter. Das gefällt mir dabei nicht.

Sie werden mit der Verunsicherung dieser Menschen nicht diejenigen treffen, die Sie nach außen immer darstellen, nämlich diejenigen, die stark genug sind, ihre Interessen durchzusetzen, sondern Sie treffen die Schwächsten, diejenigen, die Angst davor haben, in die Sozialhilfe zu gehen. Wir und Frau Roth wissen, daß es davon noch sehr viele gibt. Die treffen Sie, die werden nicht mehr hingehen, weil sie Angst haben, dort hinzugehen, und das ist Ihre perfide Art, auf die Großen und Dickköpfigen hinzuweisen und die Schwächsten zu treffen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Herr Scheurell.

Herr Hackbusch, in einem haben Sie sich selbst widersprochen, Frau Sudmann und Sie. Frau Sudmann hat gesagt, diese älteren Menschen können mit dem Internet in der Bücherhalle nicht umgehen. Sie haben auch gesagt, diese Menschen kommen zu den Beratungsstellen. Die werden immer zu diesen Beratungsstellen kommen, und deswegen sage ich, ist es richtig, daß man den Beratungsstellen in den Fällen auch zumuten kann, daß sie diesen Gang nutzen, um Ihre Klientel entsprechend zu beraten. Das ist der Punkt.

Ich gehe mit Ihnen eins, daß diese Menschen, die Anspruch haben – und häufig ist es auch versteckte Altersarmut –, nicht in die Bücherhalle gehen werden. Die werden auch woanders nicht hingehen. Aber ich habe den Anspruch, daß die Träger, die beraten, ihre Beine in die Hand nehmen und sich die Informationen holen, die dort eingestellt werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wer den Antrag aus der Drucksache 16/4977 an den Sozialausschuß überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Überweisungswunsch mehrheitlich abgelehnt.