Protocol of the Session on November 30, 2000

(Senatorin Dr. Ingrid Nümann-Seidewinkel)

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kene Angst, ik snack nich plattdüütsch, jetzt geiht dat op hoochdüütsch.

(Bernd Reinert CDU: Egentlich schood!)

Ich erlaube mir, in diesem Falle auch mal in eigener Sache zu sprechen – ich hoffe, das Hohe Haus sieht mir das nach –, wenn auch nicht direkt aus aktuellem Anlaß, denn ich habe eine schöne Wohnung, aber irgendwann möchte ich ja vielleicht auch mal der Nutznießer des von uns hier vorliegenden Antrags sein.

(Wolfhard Ploog CDU: Wann denn?)

Der Wunsch bei uns Älteren, noch einmal umzuziehen in eine Wohnform, die uns angemessen erscheint, die es uns leichter macht, zu wohnen, mit Fahrstuhl, keine Schwellen, vielleicht auch mit besseren Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe, mit angebotener Betreuung, besteht immer mehr. Diesem Wunsch wird auch von vielen Bauträgern nachgegangen. Das ist in der Vergangenheit so gewesen und ist auch in der Zukunft so. Es hat sich viel getan, und es tut sich auch weiterhin noch einiges.

Der Wunsch und die Möglichkeit, beim nochmaligen Umzug in eine, ich sage mal letzte Wohnung im innerstädtischen Bereich in der bisherigen vertrauten Region zu bleiben, ist gestiegen. Jeder möchte seine unmittelbare Region behalten und trotzdem vielleicht noch einmal umziehen. Der jetzigen Generation der Älteren geht es verhältnismäßig gut, aber sicher nicht allen. Wir haben nach wie vor eine versteckte Armut bei Älteren, aber wir haben einen großen Teil von Senioren, denen es finanziell gutgeht. Sie haben ihr Leben lang gearbeitet und bekommen eine gute Rente. Bei Ehepaaren haben oft beide gearbeitet. Sie bekommen beide zusammen eine Rente, und das ist gut so und das begrüßen wir. Sie sollen in ihrem Lebensabend ja auch Zufriedenheit und Sicherheit genießen.

Zu diesem Genießen des Alters kommt bei vielen der Wunsch auf, sich noch einmal mit der Wohnung zu verändern, für das Alter vorzusorgen, bequemer zu wohnen. Der Lebensraum in der bisherigen Wohnung ist vielleicht zu groß, vielleicht ist sie nicht seniorengerecht, oder es wird mit den Einkaufsmöglichkeiten schlechter. Dieses ist in der letzten Zeit in der Stadt vielfach zu sehen. Die Globalisierung in dem Bereich der Supermärkte nimmt immer mehr zu, alles ist motorisiert, die Anfahrwege sind per Auto zu machen, nur die fußläufigen Älteren können kaum noch einkaufen. Auch dieses ist manchmal ein Grund, eine andere Wohnung zu suchen.

Nun soll der Wunsch nach einer neuen Wohnung realisiert werden. Man überlegt, kann ich mir das leisten, nicht alle können ins Augustinum, in den Rosenhof oder in das Alsterforum ziehen. Soviel Geld hat man nicht. Es geht einem aber gut, und nun fängt man an und guckt, oft inspiriert durch Bauschilder in der Nachbarschaft: „Hier entsteht eine Wohnanlage für Senioren. Hier entsteht ein Wohnhof mit betreutem Wohnen, gefördert mit öffentlichen Mitteln der Hansestadt Hamburg.“ Also hin zum Bauherrn und sich bewerben. Dann zum Wohnungsamt und den Paragraph-5-Schein holen. Dann fängt das an, denkst du. Das Gegenteil ist aber der Fall. Es wird nichts mit dem Umzug, das Einkommen ist zu hoch, trotz großzügiger Rechnerei. Die Einkommensgrenze – ich darf sie hier noch einmal nennen – zum Erhalt des Paragraph-5-Scheins bei Ledigen liegt zur Zeit bei jährlich bei 28 300 DM. Dieses sind 2500 DM monatlich. Oder bei Verheirateten 41000 DM, das sind 3500 DM monatlich. Es hört sich nach viel an, und

trotzdem gibt es sehr viele Leute, die ein Einkommen oberhalb dieser Grenze haben.

In einem Gespräch mit einer renommierten Wohnungsgenossenschaft, die sich auf Wohnanlagen für Senioren spezialisiert hat, hat man mir gesagt, daß mindestens 30 Prozent der dort vorstelligen und wohnungsuchenden Senioren oberhalb dieser Einkommensgrenze liegen. Jetzt wird sicher von vielen der Einwand kommen, warum kümmert ihr euch nur um die Älteren? Diese Einkommensgrenze gilt doch auch für die Jüngeren und auch für die Mittleren. Da gebe ich Ihnen recht, aber hier geht es um die spezielle Art des Wohnens im Alter, und die Älteren sind bei der Wohnungsuche in der Stadt nicht mehr ganz so flexibel, weil sie auf ihr Wohnumfeld fixiert sind.

Tatsache ist auch, daß wir in Hamburg sehr viele Wohnanlagen haben, die mit öffentlichen Fördermitteln gebaut wurden und in denen Wohnungen inzwischen leerstehen, nicht, weil die Wohnungen in der Qualität nichts taugen, auch nicht, weil dort nicht Bewerber sind, die dort gerne einziehen würden, sondern weil die Bewerber ein zu hohes Einkommen haben. Die Wohnungen werden zur Zeit nicht vermietet, und dieses kann doch von uns nicht gewollt sein, es kann nicht unser politischer Auftrag sein, dieses so hinzunehmen.

Es gibt zum einen die Älteren, die umziehen wollen, die eine Wohnung mit Betreuung suchen, um sich abzusichern, und zum anderen die Investoren, die den Wohnraum stellen, die ihn langfristig finanzieren, die die Betreuung garantieren, aber dann über einen Leerstand auch in Schwierigkeiten kommen können. Hier müssen wir politisch etwas machen. Da ist es egal, ob die Kirchen, das DRK, eine Genossenschaft oder die AWO die Bauträger sind. Ich meine, hier müssen wir einschreiten, hier haben wir die Chance, jetzt einzuschreiten. Wir können diese Verantwortung auch nicht mit einem freundlichen Schulterklopfen und einem leichten Augenzwinkern bei den Wohnungsämtern abladen nach dem Motto: Stellt euch doch nicht so an, es geht doch um eine Wohnung für Oma und Opa. So können wir das Problem nicht lösen. Hier muß eine Regelung her, die der Sache gerecht wird.

Auf Bundesebene laufen Verhandlungen zur Überarbeitung des Wohnungsbaurechts, aber wir in Hamburg sollten uns speziell um diese Wohnform für das betreute Wohnen für die Älteren kümmern. Dieses sollten wir als unsere Aufgabe ansehen. Auch der Landesseniorenbeirat hat in den letzten Jahren wiederholt den Wunsch geäußert, daß es hier zu einer Änderung kommt. Ich meine, dem sollten wir uns nicht entgegenstellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Manfred Mahr GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hesse.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Baar, Ihren Ausführungen ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Alle Ihre Ausführungen waren richtig.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Deswegen wird die CDU-Fraktion diesem Antrag auch zustimmen.

Meine Damen und Herren! Sie wird diesem Antrag aber auch zustimmen, weil es natürlich eine alte CDU-Forderung war, insbesondere mehr Flexibilisierung in der Bele

gungspraxis zu bekommen. Ich kann Ihnen das auch ganz kurz darstellen, und zwar habe ich bei der Recherche zu diesem Antrag eine Schriftliche Kleine Anfrage vom 16. Oktober 1998 von den Kollegen Bernd Reinert und Bettina Pawlowski zu öffentlich geförderten Altenwohnungen gefunden, die eine Frage gestellt haben:

„Welche Möglichkeiten sieht der Senat, durch Freistellung eines Teils dieser Wohnungen von der Belegungsbindung eventuellen Leerständen entgegenzuwirken?“

Und der Senat hat geantwortet:

„Die Bezirksämter haben die Möglichkeit, im Einzelfall zur Vermeidung von Leerstand Freistellungen auszusprechen, damit die Wohnungen von Wohnungsuchenden unterhalb der gesetzten Altersgrenze beziehungsweise erforderlichenfalls ohne Wohnungsberechtigungsbescheinigung angemietet werden können.“

Das ist zwar nicht genau das, Herr Baar, was Sie gefordert haben, aber es geht in die gleiche Richtung. Insofern ist es nur konsequent, daß wir natürlich dann auch hier sagen, dem können wir so zustimmen.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Nach einer Anfrage muß politisches Handeln folgen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU geht aber noch einen Schritt weiter, als es vielleicht heute hier durch diesen Antrag geschieht. Herr Baar hat deutlich gemacht, warum es gerade für Senioren wichtig ist, dort Änderungen herbeizuführen. Wir sind der Auffassung und sehen uns da auch im Einklang mit der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Wohnungsunternehmen, daß die Verbesserung beziehungsweise Wiederherstellung ausgewogener Bewohnerstrukturen in bestimmten Wohngebieten nur erreicht werden kann, wenn freiwerdende Wohnungen auch an Haushalte vermietet werden können, die die Voraussetzungen zum Bezug einer Sozialwohnung nicht erfüllen. Wir sind auch weiterhin der Auffassung, daß Besserverdienende zur sozialen Stabilisierung in derartigen Wohnanlagen beitragen können. Auch das ist nach unserer Auffassung ein Punkt, der in die Hamburger Bau- und Wohnungspolitik mehr Einzug halten sollte.

(Dr. Rolf Lange SPD: Richtig!)

Meine Damen und Herren! Die SAGA und die GWG tun ja schon einiges. Sie haben einen Belegungsvertrag, in dem durchaus auch durch Bindungstausche eine Mischung in den einzelnen Haushalten vorgenommen werden kann, um auch Strukturen zu verbessern. Auch hier sagen wir, das, was die SAGA und die GWG bereits schon machen, würden wir uns von mehreren Wohnungsunternehmen wünschen, daß sich diese dem mehr anschließen und daß dieses auch von der Baubehörde unterstützt wird.

Die Bauminister- und Bausenatorenkonferenz, die im Mai 2000 hier in Hamburg getagt hat, hat in dieser Richtung, wie Herr Baar es dargestellt hat, auch schon argumentiert. Man hat gesagt, die Einkommensgrenzen sollen nicht mehr so eng gefaßt werden für den Bezug einer Sozialwohnung. Da warten wir erst einmal ab, was da vielleicht noch aus Berlin kommt, aber, ich denke, auch da hat die Bauminister- und Bausenatorenkonferenz gesehen, daß es eine Änderung geben muß, um den Anforderungen an die Zukunft gerecht zu werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden in den nächsten Jahrzehnten sehr, sehr viele auslaufende Bindungen hier in Hamburg haben. Dieses wird man nicht

mehr kompensieren können durch Bautätigkeit im öffentlich geförderten Wohnungsbau. Das schafft eine Stadt einfach nicht. Und da möchte ich Sie noch einmal eindringlich darauf hinweisen, daß wir uns genauso, wie wir es jetzt vielleicht bei den Senioren machen, in Zukunft wirklich mehr dem Subjekt, sprich den Mietern, zuwenden und weniger an das Objekt, an das Haus, denken, daß wir uns angucken, wie die Bedürfnisse des einzelnen sind und wie wir ihn in dem Haushalt, in dem er wohnt, fördern können, und nicht einfach sagen, wir fördern jetzt ein Objekt und dort kommen dann nur Personen mit bestimmten Einkommensgrenzen hinein. Das wäre auf jeden Fall der richtige Schritt, um die Probleme der Zukunft zu lösen.

Hier, Herr Baar, haben Sie und die SPD-Fraktion erst einmal den richtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Deswegen unterstützen wir es. Ich persönlich möchte auch eine Bitte in Richtung SPD-Fraktion und GAL-Fraktion aussprechen. Sie haben es sicherlich mitbekommen, daß es von der SAGA eine Altenwohnanlage in SülldorfIserbrook gibt, für die ich mich zur Zeit sehr, sehr stark mache. Auch dort herrschen katastrophale Zustände, in denen die Mieterinnen und Mieter wohnen müssen.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zur Sache zu sprechen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Ja, darauf komme ich jetzt direkt wieder zurück, Herr Präsident.

Ja, das müssen Sie auch.

Wenn Sie sich für diese Seniorenanlage ebenso stark machen wie in diesem Antrag für das Seniorenwohnen...

(Glocke)

Herr Abgeordneter, nunmehr rufe ich Sie zur Sache.

... dann haben Sie uns auch weiterhin für Ihre Seniorenpolitik an der Seite.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Franken.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Hamburg stehen zur Zeit eine Menge Sozialwohnungen in Altenwohnanlagen leer. Das liegt an der geringen Nachfrage von Paragraph-5-ScheinInhabern, die allein berechtigt sind, diese Wohnungen zu beziehen.

Auf der anderen Seite gibt es eine große Zahl von wohnungsuchenden älteren Menschen, deren Einkommen knapp über der Einkommensgrenze des Paragraph-5Scheins liegt. Eine strenge Handhabung der Vergabe des Paragraph-5-Scheins führt im Augenblick nicht nur zur Abweisung Wohnungsuchender, sondern auch zu Leerstand und finanziellen Verlusten bei den Trägern. Ich denke, schlagen wir hier zwei Fliegen mit einer Klappe und stimmen wir dem SPD-Antrag zu.

(Klaus-Peter Hesse CDU)