Protocol of the Session on November 29, 2000

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich am Anfang zwei Worte der Anerkennung sagen, die sowohl an die betroffenen Unternehmen als auch an diejenigen gehen, die erst vor kurzem gegründet wurden und sich in der letzten Zeit an der Initiative beteiligt haben.

(Beifall bei Wolf-Dieter Scheurell SPD)

Ein weiterer Dank gilt den Medien – insbesondere den Hamburger Medien –, die nicht nachlassen, auf die Problematik des Nichtbeitritts hinzuweisen. Es ist sehr wichtig, daß dies weiter geschieht, denn Medien leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und Information der Öffentlichkeit.

Ich möchte darauf hinweisen, daß das angesprochene Stiftungsgesetz in Paragraph 3 Absatz 3 nur für Unternehmen des Bundes gilt und daß die Empfehlung des Deutschen Städtetags vom September den Städten verschiedene Möglichkeiten einer Beteiligung anbietet, ohne daß ein klares Votum – für oder gegen eine dieser Möglichkeiten – abgegeben wird.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz.)

Hamburg ist wegen seiner doppelten Funktion als Stadt und als Land in einer besonderen Situation. Gelegentlich kommt bei Städtetagsempfehlungen auch die Stadtstaatenproblematik zum Zuge.Es ist nicht unwichtig, darauf hinzuweisen, daß Berlin mit seinen öffentlichen Unternehmen wie Hamburg verfährt.

Die Beweggründe, die den Senat geleitet haben, sich so zu entscheiden, sind durchaus nachvollziehbar. Die Vorbildfunktion der öffentlichen Unternehmen für die Privatwirtschaft ist entscheidend gewesen. Ein weiteres Argument war die zügige Umsetzung des Stiftungszweckes, um die Entschädigungen für die Betroffenen so schnell wie möglich zu erreichen.

In Verbindung mit den Aktivitäten, die das Präsidium der Bürgerschaft und die Handelskammer entwickelt haben, ist diese Entscheidung richtig und nachvollziehbar.

Frau Koppke hat aus der Antwort des Senats auf ihre Anfrage – Drucksache 16/5021 – zitiert, daß der Senat damit die Erwartung verknüpfe, daß die öffentlichen Unternehmen mit diesem bundesweit vorbildlichen Engagement ein Beispiel für die Privatwirtschaft geben, der im Stiftungsgesetz übernommenen Verantwortung gerecht zu werden und eingegangene Verpflichtungen zu erfüllen. Der Erste Bürgermeister hat sich in diesem Sinne an die Hamburger Wirtschaftsorganisationen gewandt.Auch von dieser Stelle – langsam müßten wir es leid sein – muß man immer noch diejenigen auffordern, die beiseite stehen, den zu ihrem eigenen Nutzen überfälligen Beitritt zu vollziehen.

Ich möchte noch zwei Hinweise geben, denn die Drucksache 16/4945 ist hier mehrfach – auch in der Antwort des Senats auf die Anfrage von Frau Koppke – angesprochen worden.

Erstens: Wir können alle dankbar sein, daß das Besuchsprogramm zustande kommt und sich die Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Neuengamme noch einmal bewähren wird.Es ist wichtig, daß dies finanziell abgesichert geschehen kann.

Zweitens: Aus der Drucksache 16/4945 geht auch hervor, daß die wissenschaftliche Erarbeitung, die wir schon mehrfach thematisiert haben, weiterhin in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg erfolgt und daß auch daran gedacht wird, eine Auskunftsdatei aufgrund des erarbeiteten Materials einzurichten, die für die Betroffenen einen wichtigen Schritt bedeutet.

Der Hamburger Weg der möglichst aktiven und zügigen Unterstützung der Stiftungsinitiative bleibt nach wie vor richtig. Von daher unterstützen wir auch den Senat bei dieser hier zur Debatte stehenden Entscheidung.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Schira.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vor fast einem Jahr hat sich die Bürgerschaft zur historischen Verpflichtung unserer Stadt gegenüber den Zwangsarbeitern bekannt.

Nach einigen Diskussionen hat der Senat im September erklärt, daß die öffentlichen Unternehmen Hamburgs der Stiftungsinitiative beitreten und circa 10 Millionen DM einzahlen werden. Alle Fraktionen dieses Hauses haben dies begrüßt.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Die müssen auch mal anfangen!)

Erst Anfang dieses Monats ist die Gruppe REGENBOGEN darauf gekommen, dieses Verfahren zu kritisieren,

(Zuruf von Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

während Monate zuvor der angebliche Stillstand in Sachen Zahlungsbereitschaft der öffentlichen Unternehmen von ihr massiv kritisiert wurde.

Man bekommt den Eindruck, daß alles, was in Sachen Entschädigung für die ehemaligen Zwangsarbeiter unternommen wird, falsch ist; nur Sie haben die richtigen Antworten.

Lassen Sie mich einige Worte zu Ihrem Antrag sagen. Ich verstehe nicht, warum auf einmal die Beteiligung Hamburger öffentlicher Unternehmen an der Stiftungsinitiative von Ihnen in Frage stellt wird und warum Sie behaupten, daß die vom Senat angekündigten Zahlungen nicht dem Willen des Bundesgesetzes entsprechen. Weiterhin verstehe ich nicht, warum Sie den Eindruck erwecken, daß die Hamburger Zahlungen den Beschlüssen des Deutschen Städtetages entgegenstehen.

Die Länder und Kommunen sind nicht an der Aufbringung des Bundesanteils beteiligt. Der Deutsche Städtetag hat kein klares Votum für oder gegen eine bestimmte Beteiligungsform beschlossen. Zahlreiche öffentliche Unternehmen sind Mitglieder der Handelskammer Hamburg und der Aufforderung der Kammer zum Beitritt zur Stiftungsinitiative gefolgt. Das ist im besten Sinne hanseatisch und beispielgebend für Teile der Privatwirtschaft.

Durch diesen Schritt wird die Wirtschaft nicht aus der von ihr formulierten Selbstverpflichtung entlassen, im Gegenteil.Dem Präses der Handelskammer, der sich in dieser Angelegenheit sehr engagiert, wird durch den Beitritt der öffentlichen Unternehmen die Möglichkeit gegeben, so manchen zögernden Betrieb für die Initiative zu gewinnen, zumal die bisherige Unterstützung der deutschen Wirtschaft wahrlich kein Ruhmesblatt ist.

A C

B D

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ach!)

Das Leid der früheren Zwangsarbeiter in unserer Stadt können wir durch Geld nicht gutmachen, aber auf den Beginn der Auszahlungen wird dringend gewartet. Ich bin mir sicher, daß die Stiftungsinitiative trotz aller Probleme die Auszahlung vornehmen und die Wirtschaft sich an ihre Verpflichtung halten wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Heike Sudmann REGENBO- GEN – für eine neue Linke: Wann denn?)

Das Wort hat Herr Zamory.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mir geht es so wie den Vorrednern. Ich verstehe den Antrag der Gruppe REGENBOGEN nicht, weil diese in einer Pressemitteilung vom 20. September den Senatsbeschluß ausdrücklich begrüßt hat,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja, richtig!)

daß öffentliche Unternehmen mit 0,1 Prozent ihres Umsatzes wahrscheinlich eine Summe von 9 bis 10 Millionen DM einzahlen. Ich habe so ein bißchen den Eindruck...

(Glocke)

Herr Zamory, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Im Moment bitte keine Zwischenfrage.

Ich habe den Eindruck, daß die Frage der Stiftungsinitiative und des Versagens großer Teile der Wirtschaft, sich angemessen zu beteiligen, der Gruppe REGENBOGEN nützen soll, ihren letzten antikapitalistischen Kampf zu führen. Sehr glaubwürdig ist dies aber nicht. Der Heiligenschein, den Sie sich in dieser Debatte aufsetzen, ist langsam unerträglich.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD – Zu- ruf von REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Mit Stand vom 27. November sind 287 Hamburger Unternehmen der Stiftungsinitiative beigetreten; auf Bundesebene sind es per 28. November 4861 Unternehmen. Das ist immer noch zu wenig, um die Summe insgesamt aufzubringen.

Ich glaube nicht, daß Ihre Initiative dazu beiträgt, diesen Anteil zu erhöhen. Für uns ist es wichtig, daß neben der Verpflichtung, sich angemessen an dieser Stiftung zu beteiligen, das Besuchsprogramm für die ehemaligen Zwangsarbeiter umgesetzt wird. Wir möchten herausstellen, daß auch die Bürgerschaft mit 100 000 DM aus der Troncabgabe einen Beitrag dazu leistet.Das ist wichtig und hat Bestand.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD und der CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Sudmann.

Ich frage mich, ehrlich gesagt, warum es allem Anschein nach trotz der vielen Debatten immer noch Menschen gibt, die

nicht verstehen, daß es zwei Töpfe gibt. Herr Schira und Herr Zamory, es gibt zwei Töpfe.

Der Topf der Wirtschaft ist für diese Stiftung das größte Problem. Sie alle haben hier immer beklagt, daß es nicht angehen kann, daß die Wirtschaft in diesen Topf nicht einzahlt. Diese von Hamburg in den Wirtschaftstopf einfließenden 10 Millionen DM werden die Wirtschaft wiederum entlasten, obwohl niemand sagt, die Wirtschaft hätte keine Verpflichtung.

Das ist kein antikapitalistischer Kampf, Herr Zamory, sondern eine Verpflichtung der Wirtschaft. Ich kann nicht verstehen, daß Sie uns das Aufsetzen eines Heiligenscheins unterstellen. Das ist völlig absurd.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Zu Ihrer Information: Sämtliche der im Bundestag vertretenen Parteien – dazu zählen auch die hier anwesenden –, das Bundesfinanzministerium und sogar der Bundeskanzler haben sich dagegen ausgesprochen, daß Beitragszahlungen von öffentlichen Unternehmen in den Wirtschaftstopf eingezahlt werden. Sie finden das aber in Ordnung. Nach den hier lange geführten Debatten ist dies wirklich beschämend.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.