Protocol of the Session on November 15, 2000

Das Wort hat Herr Dr. Schulz.

(Dr.Rolf Lange SPD:Wie ist es mit den Wohnungen in den Walddörfern?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Für alle, die halbwegs politisch vernünftig denken, ist die Analyse klar: Wir verlieren nicht nur finanziell, sondern auch menschlich erhebliche Ressourcen. Das hat Herr Kruse deutlich gemacht. Ich war schon des Lobes voll für den Senat und auch für die Rede von Herrn Dobritz, da zumindest jetzt diese Erkenntnis teilweise Raum greift und gesagt wird, wir müssen etwas dagegen tun. Das wäre eine historische Kehrtwende. Seit 30 Jahren, in denen der Senat das Gegenteil gemacht hat, würde hier entgegengesteuert werden.

(Petra Brinkmann SPD: Da haben Sie was falsch verstanden!)

Dies ist auch dringend erforderlich. Nur, dabei darf es nicht auf Reden beschränkt bleiben, sondern man muß handeln.

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde: Richtig!)

Das, was die GAL gesagt hat, ist bar jeder Sachkenntnis. Die Menschen, die Steuern zahlen, wohnen in SchleswigHolstein. Der Märchentanz der GAL ist, wenn sie meint, alles sei toll, nur keiner soll das zahlen. Das ist dummes Zeug.

Frau Duden hat – wie so oft – die launige Rede der Baubehörde gehalten, rhetorisch aufgemotzt mit dem Credo: Baut Mietwohnungen und alles ist prima. So geht es nicht. Da ist das, was der Senator und Herr Dobritz gesagt haben, vernünftig und richtig.

Das 13. Jahrhundert in Siena ist nicht allein dadurch gekennzeichnet, daß Familien in die Stadt zurückziehen, weil der Senat und der Rat von Siena das wollen, sondern ein Merkmal der damaligen Situation ist die Tatsache, daß die Stadt Siena sichere Mauern hat.Dieses Bedürfnis finden Sie im Mittelalter gerade in den oberitalienischen Kriegen, denn die Leute wollen in eine sichere Stadt. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ehe Sie irgendwelche mittelalterlichen Geschichten erzählen, die nichts mit der Sache zu tun haben, sollten Sie sich überlegen, ob die Leute nicht auch durch die Politik der mangelnden Inneren Sicherheit zum Wegzug veranlaßt werden.

Ein weiterer Punkt der GAL war die Frage, ob es richtig ist, was Herr Kruse gesagt hat, daß der soziale Wohnungsbau auch der SPD-Klientel förderlich ist. Da muß man fairerweise sagen, daß es sich um zwei Elemente handelt: Erstens geht es um den Wohnungsbedarf der sechziger Jahre und zweitens um das zufällige Ergebnis, daß in diesen Wohnungen der SPD-Anteil überproportional hoch ist. Als man in den siebziger Jahren Zeit und Geld hatte und vielleicht auch den Verstand hätte haben können umzusteuern, da hat die SPD nein gesagt.

(Zurufe von der SPD)

Sie brauchen sich nicht aufzuregen.

(Uwe Grund SPD: Warum schreien Sie denn so?)

Es war der SPD-Senat, der gesagt hat, kein Eigentum mehr, nur noch Erbbaurecht.1974 kam die F.D.P., und Bausenator Bialas forderte, wir wollen auch Eigentum bauen. Das hat den Senat zum Teil umgedreht. Als die F.D.P. draußen war, sprach man wieder nur von Mietwohnungen, weil die Baubehörde das so will.

(Dr. Rolf Lange SPD: Das ist Quatsch! Kennen Sie das Eigenheimprogramm des Senats?)

Das kenne ich. Es wurde 1974 von der F.D.P. eingeleitet und weitergeführt.

Aber, Herr Lange, das Eigenheimprogramm war die eine Schiene. Die andere Schiene war in den achtziger und neunziger Jahren nach wie vor das massive Drängen des Senats, sozialen Wohnungsbau geballt und – nach Aussage von Herrn Maier – zu allem ökologischen Überfluß vor allen Dingen in den äußeren Stadtgebieten entstehen zu lassen. Gucken Sie sich den Plan Immenhorstweg an. Mitten auf der Wiese war sozialer Wohnungsbau geplant.

(Petra Brinkmann SPD: Da steht aber kein Haus!)

Das war der Kernpunkt der SPD-Politik. Das haben wir nur deshalb heute nicht, weil es einer der wenigen Punkte war, bei dem die GAL gesagt hat, das bitte schön nicht, alles andere schlucken wir ja. Aber es liegt noch im Senat, der Bebauungsplan ist evoziert. Mal sehen, wie es weitergehen soll.

Jetzt zu den Walddörfern: Es ist intellektuell unfair und falsch, zu sagen, wir als Senat wollen Eigenheime bauen. Und die CDU, Herr von Beust, sagt, aber bei den Wohldorfer Landarbeiterhäusern nicht.

(Barbara Duden SPD: Das hat er nicht nur da ge- sagt!)

Sie können doch nicht eine falsche Politik machen, die beispielsweise im Bereich der Walddörfer dazu führt, daß man mitten in die Landschaft massiv Wohnungen setzt. Ein Beispiel ist die Twietenkoppel in Bergstedt, die im sozialen Wohnungsbau nicht besonders zentral liegt. Weiterhin haben Sie am Buchenkamp einige hundert Sozialwohnungen gebaut.

(Dr.Rolf Lange SPD: An der U-Bahn.Da reißen sich die Leute drum!)

Buchenkamp liegt direkt an der U-Bahn und ist für den von Senator Maier zu Recht angeführten verdichteten Wohnungsbau geeignet. Aber im Rahmen des vom Senat beschriebenen Bedarfs wäre dieses Gebiet ideal für Eigentumsmaßnahmen gewesen. Genau hier wären wir für Verdichtung gewesen, aber für Eigentum. Was meinen Sie, wieviel Leute dann nicht nach Großhansdorf gegangen wären, wenn sie dort eine Eigentumswohnung gehabt hätten?

(Beifall bei der CDU)

Sie haben nicht mehr die Möglichkeit zu weiteren Ausführungen, Herr Dr. Schulz. Ihre Redezeit ist schon abgelaufen.

(Sonja Deuter GAL)

Herr Hesse wird es fortführen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Dobritz.

(Karl-Heinz Ehlers SPD: Ich ahne Fürchterliches!)

Frau Präsidentin, ich möchte noch auf einen Gedankengang zurückkommen. Auch in einer solchen Debatte, Herr Dr. Schulz, muß in der Sache ein bißchen transportiert werden, damit aufgeklärt wird.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen natürlich ganz genau, daß wir Anfang der neunziger Jahre ein anderes wohnungsbaupolitisches Problem hatten. Wir mußten nämlich bei den vielen Zuzügen dafür sorgen, daß in dieser Stadt preiswerter Wohnraum in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht.

(Beifall bei der SPD)

Nachdem wir in diesem Bereich keinen Wohnraummangel mehr haben, geht es jetzt darum, auch Interessen und Wünschen in dem Umfang, wie es staatlicherseits und politisch möglich ist, nachzukommen und zu gucken, ob wir das mit Hilfe von Fachpolitik schaffen.

Ich habe gesagt, in 1998 hatten wir einen negativen Saldo von 9300 Wohnungen. Wir haben heute schon einen von 7500, und dies ist kein Zufall. Es gibt natürlich seit Jahren Maßnahmen im Rahmen von Bebauungsplänen, Konversionsflächen – Frau Duden hat eine genannt, die GrafGoltz-Kaserne –, 500 Wohneinheiten, zwei Drittel der Wohneinheiten in Eigentumsmaßnahmen.

(Ole von Beust CDU: Einvernehmlich!)

Ich nenne als weiteres Stichwort Falkenried;Billstedt ist genannt worden. Es gibt auch in diesen Stadtteilen die Bereitschaft, Eigentumswohnungen im Rahmen der bestehenden B-Pläne anzubieten. Wir haben in Bergedorf am Boberger Dorfanger eine Eigentumsmaßnahme verdichtet, nicht nur flach mit Einfamilienhausbebauung, sondern eine sehr interessante Bebauung mit völlig neuen Bautypen und Wohnformen. Wir werden in Zukunft mit der HafenCity einen entscheidenden Beitrag gegen Abwanderung und für hochqualifizierten Wohnungsbau leisten können. Allein in der HafenCity werden nach meiner Kenntnislage rund 1000 bis 1500 Genossenschaftswohnungen realisiert. Das sind Beispiele, die zeigen, wie und ob wir in diesem Bereich etwas leisten und unser Ziel erreichen.

Herr Senator Maier, ich bleibe dabei, bis zum Jahre 2012 sind es zwölf Jahre. Wir müßten es packen, bis dahin den negativen Umlandsaldo auf 3000 bis 3500 Wohnungen zu reduzieren – vielleicht ja zusammen.

Es geht darum, günstige Standorte anzubieten. Diese haben allerdings den Nachteil, daß sie natürlich mit Interessen kollidieren. Da komme ich auf Sie zurück. Nehmen wir zum Beispiel den Bereich Klein Borstel. Das ist natürlich eine dörfliche Struktur im Umfeld vom Friedhof bis zum Alsterlauf. Trotzdem ist es ein Areal, das einer Nachverdichtung zugänglich ist.Da muß man mit den Bürgern sprechen und darum werben. Es ist absoluter Mist, wenn Sie in diesem Parlament reden, und draußen, wo Sie handeln, mit den Bürgern gegen diese Stadt und ihre Politik opponieren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir haben dort aufgrund von Gesprächen mit Kleingärtnern die ursprünglichen Vorgaben von 440 Wohnungen abgespeckt und liegen heute bei knapp unter 300. Aber immer, wenn solche Diskussionen geführt werden, dauert es zwei Monate, dann kommt zuerst Ihr Freund Herr Fischer, der läuft da auf und ist empört und „ist mit den Bürgern“. Dann wird ein bißchen geguckt, und zweieinhalb Monate später kommt Herr von Beust. So läuft das auch in anderen Bereichen.

(Ole von Beust CDU: Die Menschen freuen sich!)

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sind Opposition. Aber auf diesem Gebiet regieren Sie mit, nämlich in der Frage, wie man den Bürgern vermittelt, daß das, was passiert, im Interesse der Gesamtstadt gut ist. Ich fordere Sie auf, zwischen Handeln und Reden wieder zueinander zu kommen. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Hesse.