Protocol of the Session on November 15, 2000

Es gibt die Möglichkeit, nachzusubventionieren, wenn ein Kind kommt. Das ist für Hamburg allemal billiger und hält diese Leute in Hamburg. Das ist nicht nur aus finanzpolitischer Sicht wichtig, wir brauchen diese Bevölkerungsgruppe auch zur Stabilisierung bestimmter Quartiere. Gehen Sie in den Bestand, und diskutieren Sie nicht zwölf Jahre. Es ist schlimm, wenn Sie nur von neuen Objekten sprechen. Natürlich kann das Eigenheimprogramm ideenvoller sein. Herr Dobritz, Sie wollen uns jetzt wieder stigmatisieren, indem Sie sagen, wir wollen in großem Umfange städtische Wohnungen verkaufen. Sie probieren es nicht einmal.

(Dr. Rolf Lange SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Wir haben den Vorschlag gemacht, in Zusammenarbeit mit den Mieterschutzverbänden etwas auszuarbeiten und dann Objekte im Bestand zu privatisieren. Da spricht Frau Duden von Mieterfeindlichkeit.

Herr Bürgermeister, es ist ja schön, daß Sie heute hier sind, so kann ich Sie auch direkt ansprechen.

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde: Ja, schön!)

Seien Sie auch Bürgermeister für die, die mit den Füßen abstimmen.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Das bringt ihn voran!)

Seien Sie auch Bürgermeister für die, die hierbleiben wollen, und ermutigen Sie Ihre Senatskollegen, schon in 2001 zu handeln. Ich finde es gut, daß endlich einmal ein Senator, nämlich Senator Maier, den Mut hat, die Ansichten der

CDU, der Opposition, durch ein Gutachten belegen zu lassen. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der CDU)

Nur, unter fiskalischen Gesichtspunkten muß ich das natürlich rügen. Wir bekommen sowieso unsere Abgeordnetenbezüge. Da hätten Sie gar nicht das viele Geld für das Gutachten auszugeben brauchen, sondern einfach unsere Ideen aufgreifen können. Das wäre billiger gewesen, und Sie hätten 4500 Abwanderer weniger in Hamburg gehabt.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Duden.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Tants, der Bürgermeister ist nicht nur der Bürgermeister derjenigen Leute, die dieser Stadt den Rücken kehren, sondern auch Ihr Bürgermeister.

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde: Und bleibt es! – Beifall bei der SPD)

(Dr. Roland Salchow CDU: Jetzt verschärfen Sie aber die Tonart!)

Sie haben gesagt, wir haben in der Vergangenheit lange darüber diskutiert und den unendlich großen Fehler gemacht, der CDU nichts zu glauben. Ich werde versuchen, deutlich zu machen, warum wir gut daran getan haben. Die Ignoranz in dieser Frage und der Begriff „Kampf um Familien“ hat wie ein roter Faden die gesamten Wortbeiträge durchzogen. Man muß noch einmal deutlich machen, die Ignoranz in dieser Frage liegt in der CDU. Ich versuche, deutlich zu machen, woran das liegt.

Sie haben gesagt, Hamburg kämpft nicht um seine Einwohner. Die Allianz der Fraktionen in der Bürgerschaft gibt es in dieser Frage nicht. Es gibt eine Allianz der Koalition, die versucht hat, in den vergangenen Jahren Mietwohnungen zu bauen, um Familien in dieser Stadt zu halten. Das habe ich bei der Rede der Familienlotsen vor ein oder zwei Sitzungen deutlich gemacht.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Ja, wir erinnern uns!)

Wir haben in dieser Frage große Erfolge erzielt. 40 Prozent aller Wohnungen bauen wir für Familien mit Kindern. Wir haben große Wohnungsbauprojekte gemacht, oft gegen den Widerstand der CDU in den Bezirken: 500 Wohneinheiten in der Graf-Goltz-Kaserne in Wandsbek, Rahlstedter Höhe, Neu Allermöhe, Groß Borstel und Kornweg. Sehr oft war es die CDU, der wir in langen Diskussionen Wohneinheiten geradezu aufdiskutieren mußten und der es immer viel zuviel war und nie zu wenig. Das ist der grundlegende Fehler, um den wir diskutieren. Wer um Wohnungsbaufragen in den Bezirken streitet, weil er glaubt, die Anwohner drumherum täten dann etwas Gutes und würden CDU wählen, verkennt in Wahrheit, daß er damit zuwenig Wohnraum für Familien in dieser Stadt schafft.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Nun will ich noch einmal deutlich machen, wie die CDU in der Vergangenheit dazu argumentiert hat: Der Bericht in der „Welt“ vom 18.April 2000, aus dem auch Senator Maier zitiert hat,

„Bauboom in den Walddörfern – Der Widerstand wächst“

(Henning Tants CDU)

ist geradezu ein Schatzkästlein. Gemeint ist nicht das „Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes“ von Hebel, sondern vermutlich mehr des CDU-Fraktionsvorsitzenden aus den Walddörfern.

(Dr. Holger Christier SPD: Des Wandsbeker Haus- besitzers! – Gegenruf von Ole von Beust CDU: Ich bin kein Hausbesitzer!)

Dort hat Herr von Beust gesagt, genug ist genug, man kann in den Walddörfern nicht mehr bauen.

Nun frage ich Sie, wie soll ein Flächenstaat damit umgehen, daß Leute natürlich gern ein Einfamilienhaus im Grünen haben wollen. Wo wollen wir es denn bauen, wenn nicht in den Walddörfern, wenn nicht in einigen Bereichen der Feldmark? Wobei man natürlich auch darüber diskutieren muß, ob es dieser Stadt in Wahrheit gut tut, einen Einfamilienhausbrei zu haben. Aber darüber brauchen wir uns gar nicht aufzuregen, das relativiert sich in Ihrer Fraktion. Ich will deutlich machen, wieso. Herr Tants macht eine Veranstaltung, in der er sagt, die CDU muß alles tun, Familien in dieser Stadt zu halten. Hat er sie dazu eingeladen? Was haben sie dazu gesagt? Wo soll man in Wahrheit Familien halten? Herr Tants ist Kreisvorsitzender in Hamburg-Mitte. Können Sie sich vorstellen, daß er in seinem Bereich Flächen zur Verfügung stellt? Ich nenne Herrn Tants eine Fläche, die er sehr wohl gleich wieder vergessen wird. Man kann zum Beispiel in der Straße Haferblöcken, die in seinem Bezirk liegt, sehr wohl Wohnungsbau auch für Familien machen.Da erwarte ich eine Initiative der CDU in diese Richtung. Erst dann werden Sie glaubwürdig.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Noch einen Punkt, weil ich nicht möchte, daß der in irgendwelchen Köpfen steckenbleibt.Wer fordert, daß man Familien in dieser Stadt hält, indem man ihnen sagt, sie müßten mindestens zwölf Jahre hier wohnen bleiben, wenn sie Gelder von der Wohnungsbaukreditanstalt bekommen, den frage ich, wohin sind Sie eigentlich bei den ganzen Diskussionen um Mobilität und Arbeitsplätze in dieser Stadt abgetaucht?

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Die Fraktionen haben in den vergangenen Jahren deutlich gemacht, daß wir um jede Familie kämpfen, die in dieser Stadt bleiben will, und nur um die geht es. Das haben wir getan. Die Politik der vergangenen Jahre spricht dafür. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Deuter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Begriff Familie verschleiert die Vielfalt, die sich hinter diesem Begriff verbirgt.Wenn wir von Familien sprechen, sprechen wir von individuellen Gruppen, die mit ihren Kindern oder in denen mehrere Generationen zusammenleben. Wenn es in diesem Hause darüber Einigkeit gibt, liebe CDU, dann haben wir aber dennoch einen unterschiedlichen Fokus, wenn es darum geht, über welche Familien wir debattieren.

Sie haben, wie in allen Debatten zu diesem Thema, wieder nur die besserverdienenden Familien im Blickwinkel. Wir wollen Wohnraum schaffen, der am Bedarf aller Familien orientiert ist. Das ist der Unterschied, und das möchte ich hier noch einmal deutlich gemacht haben.

Die politische Handlung eines Sozialstaats bezieht sich nicht nur auf Besserverdienende, sondern auf die Allgemeinheit. Das scheinen Sie immer noch nicht begriffen zu haben. Dabei gilt es die Individualität von allen Familien ständig im Blick zu haben und angemessene Formen zu finden, wie diese Familien zusammen leben können. Wir wollen keine Politik der Auslese und der Ausgrenzung. Auf der Basis unseres Koalitionsvertrags und der Forderungen der Familienverbände haben wir Konzepte erarbeitet und recherchiert, wie Familien heute wohnen wollen. Das wird sie dann davon abhalten, die Stadt zu verlassen, denn die Wünsche von Familien haben sich in den letzten 20 Jahren eindeutig verändert. Es gilt zu ermitteln, wo die Gemeinsamkeit dieser verschiedenen Wünsche der unterschiedlichen Familien liegt. Sie brauchen für ihre vielschichtigen Situationen Wohnraum, der individuell nutzbar ist. Das heißt:flexible Wände, nutzungsneutrale Räume, zentral angelegte Wohnküchen, unterschiedlich große Wohneinheiten, wechselseitig oder gemeinschaftlich nutzbare Schalträume, integrierte, barrierefreie Wohnungen, wohnraumerweiternde Ausgestaltung der Treppenhäuser und Innenhöfe. Sie brauchen eine familienorientierte Infrastruktur im Quartier, das heißt eine Mischung von Wohn- und Gewerbegebieten. Das umfaßt Kindergärten, Schule, Läden, Ärzte, Sportvereine. Das umfaßt dies einfach alles. Das müssen Sie dabei im Blick behalten.

Man kann nicht nur eine Klientel bedienen, ohne alle anderen Familien in Hamburg zu benachteiligen. Familien leben in guten und in weniger guten Verhältnissen. Politisches Handeln sollte dieser Ungleichheit entgegenwirken, statt diese zu verstärken. Deshalb liegt der Ansatz der GAL in Regelungen, die soziale Unterschiede und Benachteiligungen verringern. Frau Möller und Herr Dr. Maier haben die unterschiedlichen Aktivitäten aufgezählt.

Wir haben uns ausführlich damit befaßt. Insoweit muß ich Ihnen widersprechen, Herr Tants. Wir haben nicht nur herumdiskutiert, sondern wir haben es wirklich angepackt und die Leute, um die es geht, eingebunden.

(Henning Tants CDU:Haben Sie ihnen ein Haus ge- baut?)

Einer unser Ansätze ist, die Menschen in das einzubinden, was wir in der Stadt für sie verändern wollen.Wir haben all diese Fakten zusammengetragen und in unseren diversen Arbeitskreisen vorgestellt. Nun befinden wir uns in der Debatte, die einen Antrag auf den Weg bringen wird. Es wird darum gehen, dafür Sorge zu tragen, daß der zu schaffende Wohnraum den individuellen Bedarfen von Familien zeitgemäßer angepaßt wird, als dies in der Koalitionsvereinbarung und in all unseren Projekten, die wir schon auf den Weg gebracht haben, vorgesehen ist, inklusive der kürzlichen Veränderung, daß jetzt Eigentums- und Genossenschaftswohnungen sowie öffentlich geförderter Mietraum unter einem Dach stattfinden können. So stellt sich sozial gerechtes politisches Handeln dar, anstatt sich in Aktuellen Stunden, mit Blick auf den Wahlkampf, aufzuplustern.

Ein afrikanisches Sprichwort bringt es auf einen einfachen Nenner:

„Zur Erziehung eines Kindes braucht man ein ganzes Dorf.“

Vor dieser Lebensweisheit wird deutlich, wie sehr auf dem Weg unseres Leistungsdenkens Strukturen einer Gemeinschaft auf der Strecke geblieben sind. Wir müssen also für jede Familie als Kompensation für die über Jahrzehnte zer

(Barbara Duden SPD)

fallenen sozialen Bindungen Quartiere schaffen, die neue Gemeinschaften wachsen lassen. Darum geht es, und daran sollte sich das ganze Dorf Hamburg beteiligen. So werden Familien in Hamburg bleiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Dr. Schulz.