(Michael Dose SPD: Wie ist es in anderen Bundes- ländern? – Dr. Barbara Brüning SPD: Steht das in der Anfrage?)
Das steht eben alles nicht in Ihrer Anfrage. Deswegen sage ich auch, daß Ihre Anfrage und Ihr Debattenbeitrag eine reine Lobhudelei sind, denn die Kernprobleme der Gymnasien werden in vielen Dingen leider überhaupt nicht berücksichtigt.
Stichwort Überalterung der Kollegen an den Gymnasien: Das ist ein untragbarer Zustand. Sie haben erwähnt, daß inzwischen 45 Prozent der Eltern für ihre Kinder nach der vierten Klasse das Gymnasium anwählen.Das tun sie nicht nur, weil sie alle meinen, sie hätten so kluge Kinder, nein, weil hier in der Stadt über Jahre eine verfehlte Bildungspolitik stattgefunden hat und die mittleren Schulabschlüsse nicht gestärkt worden sind.
Gucken Sie sich einmal die teilweise blamablen Antworten an. Sie haben vielleicht den Fehler gemacht, Ihre Anfrage in den Sommerferien zu stellen. Wenn ich die Antwort des Senats hierzu lese: „Dazu können wir zur Zeit keine Stellung nehmen, weil alle in Urlaub sind“, frage ich mich, was macht eigentlich die Schulaufsicht in dieser Stadt. Oder sind auch alle aus der Hamburger Straße im Urlaub, wenn sie solche Antworten nicht geben können.
Das Problem der 45 Prozent, die inzwischen die Gymnasien anwählen, kann man nicht auf den Nenner bringen, wir hätten mehr Heterogenität an den Schulen und es sei kein Problem der Gymnasien, sondern des Hamburger Schulwesens. Die Eltern halten am Ende der vierten Klasse immer weniger von den Gesamtschulen, und der gesamte Bildungsmittelbau ist inzwischen so unattraktiv, daß jeder meint, das Gymnasium sei für sein Kind der Weisheit letzter Schluß. Sie haben in den letzten Jahren die Realschulen systematisch vernachlässigt, und das hat zu dieser Heterogenität an den Gymnasien geführt. Hier liegen die Defizite.
Zum Stichwort Friede, Freude, Eierkuchen. Es wurde so hübsch beantwortet: Die Kontakte zwischen Grundschule und der Beobachtungsstufe der Gymnasien Klasse 5 und 6 laufen prima; das steht in der Antwort auf die Große Anfrage.
(Michael Dose SPD:Das stimmt nicht! – Dr.Barbara Brüning SPD: Ich kenne andere Fälle! Langen- horn!)
Wir brauchen endlich Zeugnisse, mit denen man an den Gymnasien auch etwas anfangen kann.Wir brauchen eine Eichung des Grundschulniveaus, um im Grunde das anzustreben, was Sie eben vorgetragen haben, daß letztlich nicht jeder aus falsch verstandenem Ehrgeiz und fehlender Alternative aufs Gymnasium gehen muß.
Es ist für die aufnehmenden Gymnasien schwer, einzuschätzen, welche Kinder sie kriegen. Hier möchte ich noch
einmal ganz deutlich sagen: Auch die CDU bekennt sich eindeutig zum Elternwillen; daran wackelt niemand. Wir müssen aber darüber nachdenken, Frau Brüning, daß wir eine Querversetzung nach Klasse 6 der Beobachtungsstufe der Haupt- und Realschule möglicherweise brauchen, wenn man feststellt, daß die Schüler im Gymnasium wirklich hoffnungslos überfordert sind.
Was ist das für eine Lösung, am Ende der Beobachtungsstufe, wenn ein Schüler den Stoff nicht geschafft hat, die Alternative zu stellen: Entweder er wiederholt die sechste Klasse noch einmal, oder er wird in die R7 versetzt. Eins von beiden kann nur möglich sein und nicht so eine Eierei.
Die Festschreibung der Regelung der Kooperation zwischen den Grundschulen und den Gymnasien muß noch viel stärker ins Auge gefaßt werden. Sie besteht auf dem Papier, kommt aber in der Praxis sehr selten vor. Es mag vielleicht ein oder zwei Schulen geben, bei denen es funktioniert.
Ferner haben Sie als Schlagwort die Binnendifferenzierung angeführt. Das ist etwas, das schon in den Gesamtschulen nicht funktioniert hat und hier keine Antwort auf die große Heterogenität in den Gymnasien ist. Wir brauchen eine Förderung zwischen schwachen und starken Schülern, und dafür brauchen wir mehr Teilungsstunden und Lehrerstunden in den Gymnasien, damit wir diesen Anforderungen gerecht werden können.
Herr Beuß, wollen Sie in Frage stellen – oder habe ich Sie etwa falsch verstanden –, was Herr Professor Lehmann in der LAU-Untersuchung 7, die Sie auch kennen, gesagt hat, daß die differentielle Förderung an den Gymnasien stattfindet?
Wollen Sie in Frage stellen, daß an den Gymnasien eine gut funktionierende Binnendifferenzierung, die Herr Professor Lehmann in der LAU-Untersuchung 7 nachgewiesen hat, funktioniert? Sie haben es eben getan; ich frage noch einmal nach.
Um es noch einmal deutlich zu machen.Binnendifferenzierung ist keine Antwort auf die wachsende und zunehmende Heterogenität, weil diese es nicht gewährleisten kann, sondern wir brauchen mehr Teilungsstunden, das ist die richtige Antwort.
Zum Engagement der Lehrer möchte ich hier noch einmal genau wie Frau Brüning betonen: Die Gymnasien sind so gut und so leistungsfähig, weil ihre Lehrer so gut und lei
Zum zweiten großen Komplex, der Oberstufe: Eine Frequenzsenkung in den Kursen ist dringend erforderlich, weil gerade größere Schulen große Probleme damit haben, ihre Kurse vollzukriegen.Es gibt keine konkreten Nachfragen zu diesem Thema hinsichtlich der Oberstufen der Gesamtschulen.Diese halte ich für sehr wichtig, weil man diese beiden Schulformen miteinander vergleichen muß.
Ferner halte ich den Ausbau der Kooperation von Oberstufen auf regionaler Ebene da, wo es bisher nicht so funktioniert, für einen ganz wichtigen Aspekt. Hier hätte ich mir auch gewünscht, daß Sie unter fester Anbindung an einen Schulstandort ein bißchen mehr Flexibilität gezeigt hätten.
Des weiteren wurden die Schnuppertage der Universität angeführt. Da klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Diese Schnuppertage sind in vielen Fällen sehr schlecht organisiert, finden teilweise nicht statt, und die Schüler sind sauer, wenn sie an die Universität kommen und sehen, daß es die Angebote gar nicht gibt.Sehr gut sollen die Angebote des AStA funktionieren; das dürfte Frau Koppke freuen. Auch in dieser Beziehung lautet die Bilanz zu Ihrer Anfrage: Augenwischerei.
An dieser Stelle möchte ich den Blick noch einmal auf das Überalterungschaos an den Gymnasien lenken, das Sie in Ihrer Großen Anfrage ausgeblendet haben. Der Altersdurchschnitt liegt inzwischen jenseits des fünfzigsten Lebensjahres. Diese älteren Kollegen sitzen in den Leitungsfunktionen, und gute Studenten und Referendare sind inzwischen in die Wirtschaft abgewandert, weil sie im höheren Lehramt keine Perspektive fanden beziehungsweise finden. Hinsichtlich der Gymnasien rauscht daher eine Pensionswelle ohnegleichen auf uns zu und wird – die Senatorin hat es kürzlich schon im Ausschuß angedeutet – noch zu erheblichen Engpässen führen.
Hier hätte ich mir gewünscht, daß Sie diese drängenden Probleme aufgreifen und nicht nur Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung verbreiten.Statt dessen führen Sie Scheingefechte in den Bereichen Medien und IT. Das ist nicht nur ein Phänomen oder eine Tatsache an Gymnasien, das funktioniert an Realschulen, an Hauptschulen, selbst an Sonderschulen funktioniert das inzwischen erheblich besser. Man hat den Eindruck, daß Ihnen in der Großen Anfrage am Ende die Fragen ausgegangen sind.
Ich komme zu dem Fazit: Die Gymnasien in Hamburg arbeiten – dank der Lehrer – hervorragend. Wir haben ein Problem im Schulwesen, was das Schulangebot angeht, aber ganz bestimmt nicht bei den Gymnasien. Ich fordere die Senatorin auf, endlich den mittleren Bildungsabschluß zu stärken. Nur eine starke Realschule als Partner der Gymnasien wird mittelfristig dazu führen, daß wir unsere Kinder in dieser Stadt vernünftig und kompetent ausbilden können. – Ich danke Ihnen.
(Beifall bei Elisabeth Schilling SPD – Wolfgang Beuß CDU: Wollen Sie sie jetzt zurückziehen, oder was?)
vielleicht auch nicht jede Große Anfrage und die entsprechenden Antworten. Immer wenn über Schulformen geredet wird, droht ein Hauch von Klassenkampf durch diese Arena zu wehen, und man ist genötigt, Bekenntnisse abzugeben. Davon wird ja auch Gebrauch gemacht.
Natürlich ist in Hamburg das Gymnasium eine etablierte, anerkannte und nachgefragte Schulform, wo sehr gute Arbeit geleistet wird.Ich würde nie so weit gehen, das zu pauschalisieren, sondern eher sagen, daß das für alle Schulformen zutrifft. Es gibt aber ebenfalls Beispiele für einen Optimierungsbedarf. Da sollten wir ein bißchen differenzierter sein und keine Pauschalaussagen machen.
An vielen Gymnasien wird gute Arbeit geleistet. Sie haben sich auf die veränderte Schülerschaft eingestellt und Elemente anderer Schulformen aufgenommen und weiterentwickelt.Ich halte es für selbstverständlich, daß wir uns dafür aussprechen, den Standard der Ausstattung sowie die Lehrangebote in allen Schulformen weiterzuentwickeln;die Medienerziehung ist da nur ein Beispiel.
Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, daß die größere Heterogenität der Schülerschaft an Gymnasien dazu beitragen sollte, die Ausstattung der Gymnasien zu verbessern. Die Heterogenität an Gesamtschulen war berechtigterweise immer ein wesentlicher Grund dafür, sie aufgrund des großen und breiten Auftrags, den sie haben, gut auszustatten.Wenn mittlerweile einige Gesamtschulen 60 Prozent der Schülerschaft des Stadtteils übernehmen, ist es notwendig, hier eine bessere Ausstattung zu haben.