Protocol of the Session on October 12, 2000

Aber nun konkret zu den einzelnen Punkten. In der Sekundarstufe I, Klassen 5 bis 10, werden an vielen Hamburger Gymnasien neue Formen des Lernens praktiziert, wie

Projektunterricht oder fächerübergreifender Unterricht. Auch die differenzierte Förderung in den Klassen 5 und 6, in denen eine von den Lernvoraussetzungen her unterschiedliche Schülerschaft zu finden ist, funktioniert hervorragend.

So hatte bereits Herr Professor Lehmann in seinem Abschlußbericht zur Untersuchung der Lernausgangslage in der Klassenstufe 7 festgestellt – ich zitiere das mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin –:

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das wird nicht geneh- migt!)

„... daß die differentielle Förderung von Schülerinnen und Schülern in allen Fächern am Gymnasium mit Abstand die wirksamste ist.“

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz.)

In den letzten Jahren kursierte in der Stadt manchmal die Auffassung, daß an den Gymnasien keine Binnendifferenzierung durchgeführt wird. Jetzt ist empirisch bewiesen, daß das Gegenteil der Fall ist. Hamburgs Gymnasien differenzieren vor allem auch in den Klassen 5 und 6, das ist wissenschaftlich zu belegen.

Obwohl diese differenzierte Förderung so gut funktioniert, ist es dennoch für viele Gymnasien ein Problem, daß etwa 45 Prozent der Grundschulkinder nach der Klasse 4 auf dieser Schulform angemeldet werden. Die SPD-Fraktion plädiert nachdrücklich dafür, das Elternwahlrecht nicht einzuschränken.

(Beifall bei der SPD)

Dennoch sollten die Kooperationsformen zwischen Grundschulen und Gymnasien verbessert werden, beispielsweise bei der Beratung von Eltern, deren Kinder keine gymnasiale Empfehlung erhalten haben. Meine persönliche Meinung dazu ist, daß Gymnasien einige Schüler vielleicht nicht aufnehmen sollten, aus deren bisheriger Schullaufbahn in der Grundschule hervorgeht, daß sie den Lernanforderungen nicht gewachsen sein werden.

(Beifall bei der SPD, bei Elke Thomas und Wolfgang Beuß, beide CDU, und bei Dr.Hans-Peter de Lorent GAL)

Nun komme ich zum nächsten Punkt, der Sekundarstufe II. Für Abgeordnete, die das nicht zuordnen können: Diese umfaßt die Klassen 11 bis 13.

Auch in der Sekundarstufe II werden neue Formen des Lernens wie Projekttage und -wochen oder Facharbeiten durchgeführt. Für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Begabtenförderung die elfte Klasse zu überspringen. Ich möchte an dieser Stelle wiederholen, was ich vor einigen Wochen hinsichtlich unseres Antrags zur Begabtenförderung gesagt habe: Die Schulen sollten mehr Mut aufbringen, Schülerinnen und Schüler individuelle Lernzeiten ausprobieren zu lassen. Manche schaffen das Abitur schon nach zwölf Jahren.

Sehr wichtig ist für die SPD-Fraktion, daß der Senat in der Großen Anfrage zugesagt hat, daß für Lehrkräfte der Studienstufe, die längerfristig ausfallen, mit hoher Priorität Vertretungsmaßnahmen organisiert und die entsprechenden Vertretungsmittel zugewiesen werden. Die Abiturvorbereitung wird also unter allen Umständen sichergestellt. Wer anderes behauptet, kann in die Große Anfrage hineinschauen und sich darauf berufen.

(Klaus-Peter Hesse CDU)

Auch die Vergleichbarkeit des Abiturs ist erhöht worden.Die zuständige Fachbehörde wird neue Richtlinien erarbeiten, welche an die veränderten Bedingungen der KMK, der Kultusministerkonferenz, angepaßt werden sollen. Die Schulaufsicht hospitiert verstärkt in den Abiturjahrgängen, um das Leistungsniveau zu überprüfen. In zwei Unterrichtsfächern werden die Abiturarbeiten zur Korrektur zwischen verschiedenen Schulen, auch zwischen Gymnasien und Gesamtschulen, ausgetauscht,

(Vizepräsidentin Sonja Deuter übernimmt den Vor- sitz.)

und die Prüfungsvorsitzenden werden auch getauscht.

Dieser Weg sollte konsequent weitergegangen und die Zahl der Fächer, bei denen schulübergreifend ausgetauscht wird, noch erweitert werden.

Besonders erfreulich sind die vielfältigen Formen der Berufsorientierung in der Oberstufe. Hervorheben möchte ich besonders das Netzwerk „Schule–Industrie“, in dem seit Februar dieses Jahres verschiedene Unternehmen und 21 Schulen, Gymnasien und Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe, zusammenarbeiten. Ein Kooperationsteam plant vor Beginn des Schuljahres die jeweiligen Kooperationsformen, zum Beispiel thematische Praktika, Bewerbungstraining und Planspiele. So gibt es eine spezifische Form der Kooperation zwischen dem Helene-Lange-Gymnasium, dem NDR, der Deutschen Afrika-Linie und dem Otto-Versand. Es wurde gemeinsam ein Konzept zur Lebens- und Berufsorientierung erarbeitet. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11 bearbeiten beispielsweise Arbeitsaufträge und präsentieren die Ergebnisse sowohl in der Schule als auch in den Firmen.

Gratulieren kann man den Gymnasien dazu, daß sie allen Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I und II den Zugang zum Internet ermöglichen und somit auch Chancengleichheit beim Lernen mit neuen Medien verwirklichen. Ich denke, das hat einen Applaus verdient.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Nicht so müde!

Von 67 Gymnasien haben 57 bis zum 30.Juni 2000 ein Medienkonzept zu ihrer Ausstattung für eine Mittelzuweisung im Rahmen der Computerausstattung gestellt. Eine bittere Pille ist es allerdings, daß es bisher nur zwölf InformatikLeistungskurse an insgesamt neun Gymnasien gibt. Daran nehmen 135 Jungen und nur sechs Mädchen teil.Hier sehe ich dringenden Handlungsbedarf. Einerseits könnte ich mir vorstellen, daß spezielle Computer-AGs nur für Mädchen eingerichtet werden sollten

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Elke Tho- mas und Karen Koop, beide CDU)

ich danke Ihnen, Frau Koop –, denn es ist offensichtlich, daß die informationstechnischen Interessen von Jungen und Mädchen verschieden sind.

Auch möchte ich daran erinnern, daß es höchste Zeit ist, das Informatikstudium für Lehramtsstudenten und Lehramtsstudentinnen zu öffnen.

(Beifall bei Michael Dose SPD, Dr. Hans-Peter de Lorent GAL und bei Elke Thomas und Karen Koop, beide CDU)

Heute hat Frau Senatorin Pape den Bericht zur Reform der Lehrerausbildung vorgestellt, den ich noch nicht kenne. Ich

gehe aber davon aus, daß in diesem Bericht eine verbindliche Festschreibung von verpflichtenden Veranstaltungen zur Medienkompetenz sichergestellt wird. Ich denke, daß es wichtig ist, daß Lehramtsstudenten und Lehramtsstudentinnen sowie Referendarinnen und Referendare einen Medienführerschein – so will ich es mal nennen – erwerben, und ich fordere: Kein zweites Staatsexamen ohne Medienführerschein.

(Beifall bei der SPD, bei Dr. Hans-Peter de Lorent GAL und bei Elke Thomas und Karen Koop, beide CDU)

Frau Senatorin, daß alle Referendare einen Laptop bekommen sollen, halte ich für eine tolle Sache,

(Karen Koop CDU: Die müssen damit auch umge- hen können!)

aber ich möchte noch einmal hinzufügen, auch der Medienführerschein gehört dazu. Der muß verbindlich festgeschrieben werden.

(Zuruf von Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Ich habe Sie eben nicht verstanden.

Herr de Lorent hat eben die Forderung gestellt – das kann er nachher noch einmal wiederholen –, auch alle Seminarleiter und -leiterinnen sollten einen Laptop bekommen. Wahrscheinlich braucht er einen.

Meine Damen und Herren, die Hamburger Gymnasien haben in den letzten Jahren – ich habe versucht, Ihnen das in aller Kürze nahezubringen – hervorragende Arbeit geleistet. Dafür gebührt ihnen Dank. Jetzt erwarte ich noch einmal Applaus.

(Beifall bei der SPD)

Sie sollten den bisher eingeschlagenen Weg weitergehen, das hat unsere Große Anfrage ergeben.

(Beifall bei der SPD, bei Elke Thomas und Karen Koop, beide CDU)

Das Wort erhält Herr Beuß.

(Dr.Hans-Peter de Lorent GAL: Jetzt kommt die kri- tische Variante!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Friede, Freude, Eierkuchen. Das ist die Quintessenz, die Sie aus Ihrer Großen Anfrage ziehen.Wenn man mit den Leuten vor Ort spricht, hört es sich doch ein bißchen anders an, Frau Brüning.Wenn Sie sagen, wir wollen einen Medienführerschein für alle, die spätestens das zweite Staatsexamen machen, finde ich es fast ein bißchen arrogant gegenüber allen anderen, die einen Hauptschulabschluß und eine mittlere Reife machen wollen.Da gehört der Medienführerschein mindestens genauso dazu.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Die brauchen einen Me- dienführerschein! Es geht doch um die Gymna- sien!)

Sie haben eben von den Gymnasien gesprochen, das finde ich ein bißchen kurz gesprungen.

Festgehalten werden sollte, daß die Lehrerversorgung in den Gymnasien immer noch mit die schlechteste im Vergleich mit allen anderen Schulformen ist.

(Dr. Barbara Brüning SPD)