Herr Schulz, ich habe mich auch ein bißchen über die technische Kritik gewundert, die Sie geäußert haben. Wenn Sie sagen, dieses Programm gefällt uns prinzipiell, weil Leute dazu aufgefordert werden, ihre eigene Kraft im Hinblick auf ihre eigenen Interessen einzusetzen, aber bisher damit Probleme hatten, dann müßten Sie sich ein bißchen mehr in die Konsequenz des Programms hineindenken. Wenn der Rechnungshof gesagt hat, das ist zu teuer, dann ist er zu diesem Ergebnis gekommen, weil er zu den normalen Baukosten die Betreuungskosten gerechnet hat.
Sonst ist es nicht teurer als andere vergleichbare Sanierungen, die beispielsweise an vom Verfall bedrohten Bauten vorgenommen werden. Das Programm ist lediglich teurer durch die zusätzliche Betreuung.Die aber hätten wir ansonsten nicht im Programm der Stadtentwicklungsbehörde, sondern im Programm der BAGS – beispielsweise Betreuung durch Sozialarbeiter – mit möglicherweise viel unsichererem Ergebnis beim Anstoßen eines Sozialisationsprozesses. Darum ist es nicht gerecht, diesem Programm vorzuhalten, die Betreuungskosten seien ein besonderer Kostenaufwand.
Natürlich sind wir darüber froh, daß im Zusammenhang mit diesem Programm die subjektive Fähigkeit bei den betreuenden Gruppen entstanden ist, mit diesem Bauprojekt umzugehen. Mir ist daran gelegen, diese Fähigkeit von Menschen, wie sie zum Beispiel bei der Stattbau Hamburg vorhanden ist, weiterhin zu nutzen.
Nun haben Sie recht, wenn Sie sagen, daß es nicht dauerhaft heruntergekommene Altbauten oder Hausbesetzungen gibt. Wir stehen aber offenkundig vor dem Problem, daß Jugendliche – meistens sprechen die Zeitungen von Jungstruppen – beispielsweise in den Wohngebieten der fünfziger, sechziger, siebziger Jahren Verheerungen anrichten, weil sie sich langweilen oder auf irgend etwas zornig sind.
Hier haben wir die Aufgabe, etwas zu verändern. Bisher machen wir Streetball- oder Nacht-Basketball-Angebote. Eine Überlegung ist, ihnen vorzuschlagen, ihre Arbeitsfähigkeit und ihre Kraft darauf zu verwenden, die Bedingungen, unter denen sie leben, zu verbessern. Nur ist es normalerweise nicht sinnvoll, ihnen zu sagen, dann baut euch Wohnungen aus.Das ist dort nicht das Problem, denn dort müssen keine neuen Wohnungen geschaffen werden. Wohl aber fehlt es sehr häufig an sozialen Infrastruktureinrichtungen, die von Jugendlichen angenommen und gepflegt werden.
Wir haben uns überlegt, ob wir die Fähigkeiten, die wir bei den städtischen Gesellschaften gewonnen haben, in den großen Wohnsiedlungen einsetzen können, um bei den dort bestehenden Problemen zu neuen Lösungen zu kommen. Nun meinen Sie, mit 15 Prozent Selbsthilfe ist das nicht zu machen. Darum haben wir gesagt, wir werden die Selbsthilfe nicht erhöhen, sondern auf mindestens 5 bis 15 Prozent herunterfahren. Somit ist Selbsthilfe auch bei 5 Prozent möglich. Das ist bei dem Programm bezogen auf soziale Infrastruktur naheliegend, denn sonst wäre eine fünfzehnprozentige Selbsthilfe fast eine Vollbeschäftigung für diejenigen, die dazu fähig wären. Mindestens heißt natürlich, es kann auch mehr sein, aber das Wort mindestens ist wichtig, damit die Förderung der Selbsthilfe einsetzen kann. Das geschieht also auch, wenn der Selbsthilfesatz niedriger ist als bei heutigen ABB-Projekten im Wohnungsbau.
Jetzt könnten Sie fragen, was passiert, wenn die Leute zehn Jahre in der Wohnung leben und inzwischen nicht gerade zu Wohlstand gekommen sind, aber über ein normales Einkommen verfügen.Wir haben das jetzt in der Finanzierung umgestellt und behandeln die Wohnung wie ein normales WK-gefördertes Objekt. Es werden in der Addition der Förderstufen die Maßstäbe der Wohnungsbaukreditanstalt für die Normalförderung übernommen. Entsprechend werden die Steigerungen der Mieten wie für andere Sanierungsobjekte mit den Abschlägen vorgenommen, die man hat, wenn man Leistungen hineingesteckt hat. Das ist dann sozusagen ein Eigentumsanteil, der dauerhaft entgolten wird.
Aber es gibt keinen Übergang der Wohnungen in Eigentum der Nutzer, also keine unverdiente Profitmacherei. Die Wohnungen bleiben Mietobjekte städtischer Gesellschaften. Das gleiche gilt übrigens für Läden. Natürlich ist dann das Geschäft privat, aber das Gebäude befindet sich in öffentlicher Hand und wird vermietet.Auch hier ist es nicht so, daß derjenige, der den Laden zu günstigerer Miete nutzen kann, dauerhaft einen privaten Schnitt macht. Ich finde es ausgesprochen merkwürdig, wenn Sie das diesen Mietern vorwerfen. Bei anderen Wirtschaftsförderungsfällen haben Sie diese Bedenken nie.
Ich habe von Ihrer Fraktion zuvor noch nie das Verlangen gehört, daß jemand, der wirtschaftlich gefördert wird und nachher Gewinn macht, diesen möglicherweise zurückzahlen muß.Darum empfinde ich das, was Sie vorgetragen haben, nicht als Auseinandersetzung mit diesem Programm, sondern als ein Ressentiment gegen ärmere Leute, und das ist nicht angemessen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich immer, daß Sie sich so freuen, wenn ich ans Rednerpult trete.
Aus Zeitgründen möchte ich es kurz machen. Sie fragen, warum wir diese Debatte heute und nicht erst nach der Diskussion im Ausschuß führen? Sie wollen hier heute beschließen, damit die Öffentlichkeit das Ganze gar nicht mit
bekommt, wollen dann im stillen beraten und schieben hier vor, das Ganze eilt.Wir wollen, daß die Öffentlichkeit diese Dinge mitbekommt.
Das Verfahren strotzt vor Großzügigkeit und steht im großen Gegensatz zu der Pingeligkeit bei der sonstigen Berechnung von Einkommensgrenzen. Beispielsweise soll jetzt das Baukindergeld bei einer „normalen“ Familie bei der Kindertagesplatzgebühr mit angerechnet werden. Hier macht das überhaupt nichts, hier wird großzügig mit dem Geld umgegangen.
Herr Senator, Sie sprechen von einem Ressentiment gegen arme Leute. Was Sie sich hier leisten – das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen –, ist ein Förderprogramm für Besserverdienende. In der Drucksache steht, daß 50 Prozent – also die Hälfte der Bewohner dieser Objekte – Besserverdienende ohne Einkommensgrenzen sein können.
Frau Möller, Sie sprechen immer von der selbstbestimmten Lebensform. Wenn Sie dieses auch so wollen, Herr Senator, warum dann bitte nicht die gleichen Rechte für die selbstbestimmte Lebensform der nicht alternativen Familien im Eigenheim? Wenn Sie das begründen würden. Das normale Leben, das nicht alternative Leben, ist genauso selbstbestimmt.
Die Lösung liegt meistens in der Mitte.Warum arbeiten Sie das Ganze nicht um und stellen 50 Prozent dieser Mittel, die wir zur Verfügung haben, der selbstbestimmten Lebensform der Familien im Eigenheim zur Verfügung? Dann hätten Sie für die Stadt eine gute Tat auf den Weg gebracht. – Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich lasse über den Bericht des Haushaltsausschusses abstimmen und beginne mit dem ersten Spiegelstrich.
Wer möchte die Aufhebung der Teilsperre beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Dann ist dieses mit Mehrheit so beschlossen.
Wer will den in erster Lesung gefaßten Beschluß in zweiter Lesung fassen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Der Beschluß ist auch in zweiter Lesung mehrheitlich gefaßt und damit endgültig beschlossen.
Wer möchte die Drucksache 16/4403 zur nachträglichen Beratung an den Stadtentwicklungsausschuß überweisen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses einstimmig so beschlossen und überwiesen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 32 auf: Drucksache 16/4685: Senatsmitteilung zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und Berücksichtigung ihrer Interessen.
[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 1./2. Juli 1998 (Drucksache 16/1056) – Berücksichtigung der Interessen und Gewährleistung der Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte von Kindern und Jugendlichen in der Planung – – Drucksache 16/4685 –]
Diese Drucksache möchte die SPD an den Jugend- und Sportausschuß überweisen. Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Kahlbohm bekommt es.
Dieses Thema ist nicht ganz so schwierig und hoffentlich auch nicht so länglich, passend jedenfalls zum heutigen Weltkindertag.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beteiligung und Mitwirkung sowie Berücksichtigung der Interessen sind Forderungen, die heute überall erhoben werden. Das ist auch richtig so, denn Demokratie muß sich weiterentwickeln. Die Umsetzung ist jedoch häufig schwierig, denn wer soll wann, was, wie schnell und für wen entscheiden? So viele wollen mitreden und mitbestimmen, und wer trägt dann die Verantwortung?
Demokratie muß sich auch daran messen lassen, wie sie die schwächsten Gruppen der Gesellschaft in ihre Entscheidungsfindung einbezieht und beteiligt. Kinder und Jugendliche sind kaum organisiert.Für sie entscheiden, sprechen und handeln eigentlich immer andere: die Erwachsenen, Eltern, Erzieher.Was kann man tun, und was ist schon passiert?
Mit der Drucksache 14/4177 – das ist schon sieben Jahre her – und mit der heute aufgerufenen Drucksache 16/4685 zeigt sich, daß die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ein seit längerem diskutiertes Kernthema modernerer Jugendpolitik ist.
In der vorliegenden Senatsmitteilung wird ausgeführt, daß sowohl im gesetzlichen Bereich – also bei der Festschreibung und Normierung von Rechten – als auch im Bereich der direkten Beteiligung und Mitwirkung an Projekten – im Anhang der Drucksache sind immerhin 47 laufende und durchgeführte Projekte aufgeführt – schon vieles erreicht wurde. Insgesamt ist das eine beeindruckend positive Bilanz.
Bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen werden im wesentlichen Ziele verfolgt, um junge Menschen an der Entwicklung ihres Lebensraumes zu beteiligen und sie in demokratische Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen. Etwas ganz Praktisches soll ebenfalls erreicht werden. Fehlentscheidungen zum Nachteil der Jugendlichen sollen vermieden werden.
Eine wirkungsvolle und funktionierende Beteiligung ist jedoch nur möglich, wenn hierbei einige Grundsätze beachtet werden. Als Experten in der eigenen Sache muß den Kindern und Jugendlichen eine echte Mitbeteiligung und Mitbestimmung eingeräumt werden. Bloße Alibiveranstaltungen sind abzulehnen und werden als solche auch durchschaut. Alter und Entwicklungsstand der Kinder und Jugendlichen sind jeweils zu berücksichtigen. Das Projekt muß für die Jugendlichen überschaubar sein und ihren