(Beifall bei der SPD und Heiterkeit bei der CDU, der SPD und der GAL – Ole von Beust CDU: Daß wir uns so gut kennen, habe ich nicht gewußt!)
Ich kann ja verstehen, daß man Politikentscheidungen den Bürgern vielleicht nur in der Theorie frühzeitig mitteilt. Aber eigentlich sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausreichend Zeit haben, um sich auf Veränderungen in der Steuerpolitik einzustellen, weil sie unmittelbar betroffen sind. Nun kann man sagen, ob ein Bürger weiß, daß sich in zwei Monaten die Einkommensteuerregelung ändert, kann er vielleicht noch verkraften. Aber die CDU – und das ist schon erstaunlich – verkennt die blockierende Wirkung für die Wirtschaft. Wenn die Unternehmen nämlich jetzt wissen, um wieviel geringer die Gewinnbesteuerung ausfällt, dann kann man Investitionen des kommenden Geschäftsjahres vielleicht vorziehen. Es wird ja im Ernst um Änderungen für 2005 gestritten, aber Sie machen sich keine Vorstellungen davon und nehmen billigend in Kauf, daß wir – das sagen die Institute, die Sie hier so lustig zitieren – ein halbes Prozent Wirtschaftswachstum verlieren werden, und zwar zum kommenden Jahr.
Ich will gar nicht sagen, uns interessieren vornehmlich die Gewinne der Unternehmerseite, aber wir haben zu sehen, wie hoch die Arbeitslosenzahl ist. Und wenn dann über 100 000 Arbeitsplätze mehr oder weniger diskutiert wird, dann finde ich es erstaunlich, wie gering Sie diese Sache achten.
Ein starkes Stück ist es auch, daß Sie bei Ihren Argumentationen, wenn Sie von Gegenfinanzierung bei Steuerreformvorhaben sprechen, Zeiträume zitieren, in denen die SPD regiert hat. Sie gehen knapp bis 1990 heran und sagen, man könne die Unternehmen entlasten und habe Einnahmewachstum. In der Zeit, in der Herr Kohl regiert hat, war das in den letzten Jahren eine Zeitlang dramatisch anders. Und wenn Sie schon keine Gegenfinanzierungsvorschläge machen, dann müssen Sie auch einmal sehen, was Sie bei den Wachstumsaussichten mit Ihrer Blockadepolitik anrichten.
Ich habe bei den von der CDU erhobenen Forderungen, weil sie ja meint, sie habe etwas Besseres vorzuschlagen, wenn sie jetzt die Zustimmung verweigere, noch einmal geschaut, worum es denn da geht. Im Grunde sind es keine besonders konkreten Vorschläge, die Sie machen, sondern im Kern wollen Sie überall nur noch ein bißchen mehr. Wenn man das durchdefiniert, dann krallen sich Ihre Vorschläge eigentlich nur noch daran fest, Herrn Merz eine Niederlage zu ersparen.
Wenn ich im Kern schaue, was Sie vornehmlich wollen, ist es das Vehementeste, daß Sie sich dafür einsetzen, die Spitzenverdiener noch mehr zu entlasten. Und wenn wir das Märchen von der Gerechtigkeit – das haben Sie ja wieder angestrengt, Herr Freytag – hören, daß es um die Gerechtigkeit für den Mittelstand und um die Personenunternehmen gehe, dann sind die 3 bis 5 Prozent der Personenunternehmen, die jetzt ungerechter behandelt werden, wieder die Spitzenverdiener im Mittelstand.Und für die machen Sie sich stark,
und die Entlastung für die Existenzgründer und die breite Masse des Mittelstandes interessiert Sie überhaupt nicht.
Ich möchte noch etwas zu den Einnahmeausfällen in Hamburg sagen.Die Entlastungen von 700 Millionen DM, die wir jetzt in Kauf nehmen, sind schon kein Pappenstiel. Nach dem Kompromiß würden wir in unserem Spitzenentlastungsjahr, wo wir jetzt schon 1 Milliarde DM mehr an Mindereinnahmen kalkulieren, nach dem CSU-Vorschlag noch einmal zusätzlich einen hohen dreistelligen Millionenbetrag erwarten. Darüber verlieren Sie kein Wort, Sie meinen sonst, so etwas sei hausgemacht. Dies zeigt Ihre finanzpolitische Naivität, wenn es um Einnahmesteuerausfälle in Größenordnungen von 800 Millionen DM geht, zu sagen, das seien hausgemachte Probleme der Landespolitiker.Da sind Ihre Kollegen in den anderen Ländern ein bißchen kompetenter und nehmen das ernst.
Da ich nicht dreimal abgeklingelt werden möchte, möchte ich sagen, daß ich nicht bedauere, daß die CDU-Abgeordneten so wenig Einfluß haben, weil es sowieso nichts nützt, wenn sie Einfluß nehmen.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Antje Blumen- thal CDU: Das ist unverschämt, Sie müssen abklin- geln!)
Meine Damen und Herren! Hamburg wird nicht in den Ruin getrieben in dem Augenblick, wo diese Steuerreform nicht verabschiedet wird, sondern Hamburg kommt eher in den Ruin in dem Augenblick, wo diese Steuerreform verabschiedet wird. Das zeigen deutlich alle Zahlen, die eben schon genannt worden sind:700 Millionen DM für das nächste Jahr und weitere Einnahmeausfälle, die praktisch geplant werden.
Ich möchte Ihnen einmal sagen, was der Bürgermeister im Jahre 1998 dargestellt hat.Bei der damaligen Steuerreform hat er ausgeführt, wichtiger als der Streit um Attribute sei
ihm der Hinweis darauf, daß mit der Nettoentlastung von 15 Milliarden DM das Maximum dessen erreicht sei, was die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden bis zum Jahre 2002 an Einnahmeausfällen verkraften können.
Wir mußten diese 15 Milliarden DM schon verkraften, und jetzt wollen Sie noch einmal 50 Milliarden DM dazupacken. Der Herr Bürgermeister hat ausgeführt, jede Mark, die wegen der Nettoentlastung fehle, bedeute für die Bürger vor Ort verschlechterte Bildungsangebote, weniger Polizisten – na, ja –,
Kürzungen bei den Kindertagesstätten und so weiter und so weiter. Wer wie die Oppositionsparteien im Bundestag und in einigen Ländern immer noch eine höhere Nettoentlastung fordert, verkennt damit im übrigen, daß die Steuerpläne der letzten Bundesregierung nicht zuletzt auch an deren Unfinanzierbarkeit gescheitert sind.
Ich unterstütze den Bürgermeister in dieser Sache völlig.Er hat völlig recht in der Einschätzung, das gelte auch für die heutige Zeit.
Ich finde es unverantwortlich, wie hier Geschenke vor allen Dingen gerne an Unternehmen durch die Senkung des Spitzensteuersatzes von einer SPD-Regierung in CDUManier gemacht werden und nicht gesagt wird, wie das eigentlich gegenfinanziert werden soll. Ich möchte jeden SPD- und natürlich auch GAL-Abgeordneten
darauf hinweisen, daß Sie bei den nächsten Bürgerschaftswahlen bei den Sparmaßnahmen nicht wieder sagen können, es komme vom Himmel heruntergefallen, daß wir hier sparen müssen, daß wir diese Volkshochschule nicht aufrechterhalten können, daß wir bei den Kindergärten sparen müssen, diese Sache sei irgendwie passiert, denn Sie verabschieden das hier mit. Sie sagen mit dieser Verabschiedung, das ist okay, die Städte brauchen nicht mehr Geld.Das halte ich für verantwortungslos, und das ist der Ruin für diese Stadt.
(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und vereinzelt bei der CDU – Karl-Heinz Warnholz CDU: Bravo!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Daß die CDU sich von der finanzpolitischen Kompetenz verabschiedet hat, ist mit einer einfachen Zahl belegbar. Sie haben als Folge der Waigelschen Untaten 1,5 Billionen DM Schulden hinterlassen.
Die finanzpolitische Kompetenz ist im Eimer, und viele Bayern scheinen zu denken, wenn das schon so ist, dann lebt’s sich völlig ungeniert.Darunter fällt dann auch der Vorschlag von Herrn Huber, die UMTS-Milliarden einzusetzen, um das, was sich bei dem bayerischen und dem CDU-Steuer
vorschlag nicht rechnet, zu finanzieren. Dabei würde jeder Bayer sagen, das ist doch ein Schmarrn, der Junge muß doch unterscheiden zwischen einmaligen Einnahmen und dauerhaften Ausfällen; tut er nicht. Zu glauben, von den UMTS-Milliarden die Steuerreform finanzieren zu können, ist die Fortsetzung der unsoliden Finanzpolitik früherer Jahre.
Wenn aus diesem UMTS-Geschäft und der Versteigerung ein zwei- oder dreistelliger Milliarden-Betrag herauskommen sollte, dann gehören diese Gelder eingesetzt, um von den 1,5 Billionen DM Verschuldung auf Bundesebene herunterzukommen.
Das, was man für Zukunftsinvestitionen einsetzen kann, sind die Zinsersparnisse, die sich daraus errechnen. Herr Freytag, es ist naiv, wenn Sie feststellen, es gäbe größere Entlastung, wenn man statt 45 oder 50 Milliarden DM 70 bis 80 Milliarden DM einsetzt.
Daß Sie in Voodoo-Economics vertrauen und sagen, wenn man nur auf genügend viele Steuern verzichtet, belebe sich das Wachstum in alle Unendlichkeit,
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Dr. Michael Freytag CDU: 1986 bis 1990 war das so!)
Wir haben es gegenwärtig, Herr Hackbusch, mit einer positiven konjunkturellen Situation zu tun, getragen vor allem von der Exportwirtschaft. Das bedarf aber dringend einer binnenwirtschaftlichen Unterstützung. Die niedrigen Tarifabschlüsse dieses Jahres sind unter anderem im Vertrauen auf die Steuerreform erfolgt. Das muß auch die CDU begreifen.Nur durch diese Steuerreform, die Arbeitnehmer erheblich entlastet, waren so maßvolle Tarifabschlüsse möglich. Deswegen warten im wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Bereich alle dringlich auf diese Steuerreform, die unbedingt und ganz schnell kommen muß, und zwar jetzt am Freitag.