Protocol of the Session on July 12, 2000

[Antrag der Fraktion der CDU: Aussetzung der Fehlbelegungsabgabe in Hamburg – Drucksache 16/4411 –]

Hierzu liegt Ihnen zusätzlich als Drucksache 16/4540 ein Antrag der Fraktionen SPD und GAL vor.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Abschaffung der Fehlförderungsabgabe – Drucksache 16/4540 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Hesse, Sie haben das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn dieser Rede erst einmal meiner Freude Ausdruck verleihen, daß es endlich soweit zu sein scheint, die Fehlbelegungsabgabe abzuschaffen. Das ist zumindest für mich als Woh

nungspolitiker die beste Nachricht, die wir heute erfahren haben. Das Schöne an der ganzen Geschichte ist, daß anscheinend alle Fraktionen und auch die Gruppe in unserem Haus begrüßen, daß die Fehlbelegungsabgabe in dieser Stadt bald nicht mehr erhoben wird.

Meine Damen und Herren, der Dank dafür gilt zuerst den Mieterinnen und Mietern vor Ort, denn sie haben es mit Druck geschafft, daß die Fehlbelegungsabgabe abgeschafft wird und daß die Quartiere stabil bleiben. Man kann sehen, wie die CDU gemeinsam mit den Initiativen vor Ort einen Druck erzeugt hat,

(Werner Dobritz SPD: Ihr habt immer die Ein- führung gefordert!)

der glücklicherweise jetzt auch zu politischem Handeln der SPD und der GAL geführt hat.

(Beifall bei der CDU)

Warum die CDU für diese positive Entwicklung verantwortlich ist und wie konfus der Senat und die Koalitionen reagierten, wird nicht nur dadurch deutlich, daß ich den Antrag der SPD und der GAL heute erst um 17 Uhr das erste Mal auf dem Tisch hatte. Nein, das Handeln der SPD, der GAL und des Senats in diesem Jahr macht deutlich, wie konfus mit diesem Thema umgegangen wurde.Ich möchte es kurz skizzieren, aber auf die Gründe, warum die Fehlbelegungsabgabe weg muß, nicht mehr eingehen, das scheint konsensual zu sein.

Am 18. Februar, meine Damen und Herren, habe ich als Antwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage vom Senat zu hören bekommen:

„Der Modellversuch Wilhelmsburg ist zur besseren Beurteilung der Freistellung bis zum 31. Dezember 2001 verlängert worden. Die Modellversuche werden nach Abschluß ausgewertet. Danach werden die Ergebnisse zu bewerten sein.“

Das war am 18. Februar dieses Jahres Stand beim Senat zum Thema Fehlbelegungsabgabe.Es gab kein Anzeichen von geplanten Veränderungen, daß mit der Fehlbelegungsabgabe in Hamburg etwas geschehen soll.

Am 22. Februar dieses Jahres haben wir dann als CDUFraktion in einer Pressekonferenz unsere Vorstellungen zur Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe deutlich gemacht;

(Dr. Martin Schmidt GAL: Und wie war die?)

damals noch in vielen Quartieren dieser Stadt. Am 29. Februar, ganz plötzlich, wenige Tage nachdem wir diesen Vorstoß gemacht hatten, gab es Reaktionen aus der Baubehörde, und zwar wurde bekannt, daß Herr Wagner einen Vorschlag ausgearbeitet hat, die Fehlbelegungsabgabe schrittweise in acht Jahren abzuschaffen. Das hat aus meiner Sicht aus verständlichen Gründen in der SPD-Fraktion keine Mehrheit gefunden und auch nicht zu Begeisterungsstürmen geführt und wurde deswegen in der Debatte am 29. Februar auch nicht als Alternativvorschlag vorgestellt.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Die Debatte war am 1. März!)

In der Debatte, Herr Dr. Schmidt, hat unter anderem auch Frau Duden zu dem Thema Fehlbelegungsabgabe gesagt:

„Ob die Fehlbelegungsabgabe für die ganze Stadt in Schritten oder wie auch immer geschehen soll, darüber diskutieren wir, damit wir eine haushaltsverträgliche Lösung finden.“

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde)

(Barbara Duden SPD: Das ist falsch zitiert, das wis- sen Sie!)

„Ob dies für die ganze Stadt“

Frau Duden –

„in Schritten oder wie auch immer geschehen soll, darüber diskutieren wir, damit wir eine haushaltsverträgliche Lösung finden.“

(Barbara Duden SPD: Wir schaffen die Fehlbele- gungsabgabe ab, das ist der zweite Satz!)

Wir können das gern im Protokoll nachlesen, aber im Moment kostet es nur meine Zeit.

Herr Schmidt verlangte in dieser Debatte unter anderem mehr Gerechtigkeit, die durch die Ausweitung der Gebiete so nicht gegeben wäre

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das haben Sie eingese- hen!)

sehen Sie, Herr Schmidt –, deswegen wollte man unseren Antrag auch im Ausschuß weiter beraten.

Die CDU wurde aber nicht müde, und wir haben vor Ort weiter gekämpft für die Abschaffung.

(Beifall bei der CDU und Oh-Rufe und Lachen bei der SPD und der GAL)

Es freut mich, wenn Sie das amüsiert, aber so viel Freude sollten Sie hier nicht zeigen, denn wir sind diejenigen, denen es zu verdanken ist, daß die Fehlbelegungsabgabe abgeschafft wird. Die CDU hat in unzähligen Gesprächen vor Ort mit Ole von Beust als Fraktionsvorsitzenden – der viele Gespräche mit Mieterinnen und Mietern geführt hat – einen Druck aufgebaut, der dazu geführt hat, daß auch in der Baubehörde plötzlich wieder darüber nachgedacht wurde, was in Sachen Fehlbelegungsabgabe zu tun sei.

Herr Dr. Schmidt verriet in der „Welt“ zwischendurch, daß mittlerweile wohl schon ein Zeitraum von sechs Jahren für die Abschaffung geprüft und als falsch angesehen wurde; er spekulierte damals schon, daß es vielleicht nur vier Jahre werden. Ich hoffe, Herr Schmidt, daß die Informationen der „Welt“ richtig waren.

Am 11.Juli, genau ein Tag vor der Bürgerschaftssitzung, bei der wieder einmal ein Antrag der CDU zur Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe diskutiert wurde,

(Dr.Martin Schmidt GAL:Zum ersten Mal! – Dr.Hol- ger Christier SPD: Zum ersten Mal!)

stellten die beiden Fraktionen, SPD und GAL, Herr Dr.Christier und Herr Dr. Schmidt, ganz plötzlich wieder einen Vorschlag der Baubehörde vor, der dieses Mal eine weitere Zeitverkürzung vorsah.

Meine Damen und Herren, das ist mit der heißen Nadel gestrickt. Was Sie gemacht haben, ist rein parteistrategisch. Sie haben gesehen, daß Ihnen die Felle wegschwimmen, und haben deshalb auf die Schnelle etwas präsentiert, was noch nicht einmal als positiv angesehen werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Sie wollen weismachen, daß der Zeitpunkt und Inhalt Ihres Antrags auf Ihrem Mist gewachsen sei.

Wo wären Sie in dieser Frage – ich bitte Sie, ganz ehrlich in sich zu gehen –, wenn es nicht die CDU-Initiative gegeben hätte? Wir würden immer noch auf die Auswertung der verlängerten Freistellung von Wilhelmsburg warten.

(Beifall bei der CDU)

Ihr Vorschlag einer stufenweisen Regelung über einen mehrjährigen Zeitraum löst nicht das akute Problem der sozialen Erosion. Er geht weiterhin auf Kosten der Mieter, die bereits heute über einen Auszug aus ihrer Wohnung nachdenken, und auch zur finanziellen Last der Stadt. Das baldige Ende, das Sie anvisiert haben, ist für diese Mieter nur ein schwacher Trost, und viele werden weiterhin ihre Koffer packen. Schaden ist bereits entstanden, Herr Dr. Christier und Herr Dr. Schmidt, und wird durch die von Ihnen angestrebte Verzögerung haushaltspolitisch auch noch größer, denn die soziale Entmischung in den Gebieten findet bereits statt. Die Menschen ziehen bereits weg, weil sie Fehlbelegungsabgabe bezahlen müssen, und sie werden weiterhin wegziehen. Da hilft es nur, schnell zu handeln und nicht hinauszuzögern.

Die Folgekosten für Strukturverbesserungsmaßnahmen – das wissen die, die in Ihrer Fraktion ein bißchen länger sitzen – sind ungleich höher als die entgangenen Einnahmen, die Sie vielleicht durch die Fehlbelegungsabgabe haben. Was kostet zum Beispiel eine Pförtnerloge? Eine ganze Menge Geld. Man muß sich überlegen, ob das als Strukturverbesserungsmaßnahme, die ich persönlich als positiv ansehe, tatsächlich noch weiterhin ausgeweitet werden soll, nur weil man sich sagt, auf der anderen Seite wollen wir aber weiterhin das Geld für die Fehlbelegungsabgabe kassieren.

Der Wegzug ins Hamburger Umland kostet den Steuerzahler pro Person 6000 DM jährlich, und 1997 sind bereits 25 617 Personen in das Umland gezogen,

(Werner Dobritz SPD: Doch nicht aus Sozialwoh- nungen!)

und ich prophezeie, es werden immer mehr.

Herr Dr. Christier, weniger Ausgaben für die Stadtteilentwicklung, wie Sie jetzt in der „taz“ gefordert haben