Nachdenken muß man sicherlich auch über längere Ausbildungszeiten, womit im Behindertenbereich sehr gute Erfahrungen gemacht worden sind. Das ist noch eine Variante, die die Chance bietet, Jugendlichen zu einem Abschluß und zu einer Ausbildung zu verhelfen, denn wir haben auch reichlich Abbrecher in diesem Bereich.Wir begrüßen noch einmal diese Initiative, die im einzelnen schon beschrieben wurde, sowie ihre Fortschreibung und dürfen in den Bemühungen nicht nachlassen.
Gestatten Sie mir, an dieser Stelle auch einiges etwas kritisch und ungeduldig zu betrachten. Der Ausbau der Programme ist wichtig, man muß aber auch genau hinsehen, wo, wie und was passiert. Wenn wir uns die Zahlen noch einmal genau betrachten, haben tatsächlich 2500 Jugendliche das Trainingscenter durchlaufen. Die Zahl zeigt auch, daß die unter Dreiundzwanzigjährigen das Trainingscenter durchlaufen müssen; das hat wohl das Arbeitsamt angewiesen. Dadurch ist der ABM-Anteil der Jungerwachsenen stetig gesunken. Das ist ein Thema, das immer wieder zu hinterfragen ist, genauso wie die Förderketten.Wir sind der Meinung, daß diese Förderketten für einen bestimmten Teil der Jugendlichen flexibel gehandhabt werden müssen. Dazu werden wir sicher weiter in der Diskussion bleiben.
Gleichzeitig wissen wir, daß für zu viele dieser Jugendlichen die Anschlußperspektive noch nicht immer gegeben ist. Sie sind in großer Zahl noch in Berufsvorbereitungsmaßnahmen und Berufsfachschulen, die teilqualifizierend sind. Es sind ungefähr noch 10 000 Jugendliche, die auch auf den Ausbildungsmarkt drängen. Deswegen müssen diese Berufe für schwächere Jugendliche geschaffen werden.An dieser Perspektive muß noch heftig gearbeitet werden.
Daher möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß wir strukturell woanders ansetzen müssen.Das heißt, wir brau
chen eine konsequente Ausrichtung in der Berufsvorbereitung auf die betriebliche Wirklichkeit. Der Ansatz muß daher schon in der Sekundarstufe I beginnen. Das heißt, daß ab der achten Klasse möglichst nicht nur zwei Betriebspraktika stattfinden, sondern daß für schwächere Schüler Modelle forciert werden, wie beispielsweise „Stadt als Schule“, das im Sommer startet. Das bedeutet, daß ab Klasse 8 Jugendliche schon einen Tag in der Woche im Betrieb arbeiten, um sie frühzeitig an den Ernstfall zu gewöhnen. Wir haben dazu gute Erfahrungen aus Berlin, wo solche Projekte im präventiven Sinne frühzeitiger einsetzen.
Abschließend möchte ich noch deutlich machen – weil die Rede immer von Transparenz und Durchlässigkeit ist –, daß das gesamte Hilfesystem ein Riesendickicht ist. Darin den Durchblick zu behalten, ist manchmal nicht einfach. Daher ist es zu begrüßen, wenn die Website „Info-Pool“ – wie ich gelesen habe – eingerichtet wird, damit die Jugendlichen und Jungerwachsenen wirklich die paßgenaue Unterstützung haben und bestehende Strukturen genutzt werden. Die Botschaft lautet daher heute: Wir müssen noch verstärkt und früher in alte Strukturen hinein und die Berufsvorbereitung so entwickeln, daß Jugendliche frühzeitig fit werden, damit sie längerfristig ihre Chance auf Ausbildung bekommen. – Danke.
(Barbara Duden SPD: Heute im Rederausch! – Dr. Martin Schmidt GAL: Das verändert die Statistik aber!)
Meine Damen und Herren von der CDU, ich gucke natürlich in den bürgerschaftlichen Debatten und bei den Themen, die für Hamburg von zentralem Interesse und von Bedeutung sind, genau zu, wer daran teilnimmt.
Herr Mehlfeldt, zunächst möchte ich mich bei Ihnen recht herzlich dafür bedanken, daß Sie in einem emotionalen Ausbruch der Freude gesagt haben, es gebe Entwicklungen, die extrem erfreulich wären.
Das hat mich dann natürlich gespannt auf mehr von Ihnen gemacht. Ich kann sagen, bei dem „extrem erfreulich“ können wir einstimmen, wenn man sich einmal vergegenwärtigt, daß wir vor zweieinhalb Jahren in der Sorge waren, daß die Arbeitslosenzahlen in Hamburg die Grenze von 100 000 überschreiten könnte. Heute sind wir aktuell bei 72 600 Arbeitslosen und haben die Hoffnung, die Zielsetzung, die wir uns in der Initiative „Arbeit und Ausbildung“ für dieses Jahr gesetzt haben, unter 70 000 zu kommen, realisiert zu sehen. Wer sich den Unterschied zwischen 100 000 und 70 000 einmal klar macht, weiß, was hier in Hamburg in den letzten zweieinhalb Jahren geschehen ist.
Wenn man sieht, daß im Bereich der Sozialhilfe die Zahl der Empfänger von 138 000 auf 124 000 zurückgegangen ist, werden die bestehenden Zusammenhänge deutlich und die Frage, wie man an bestimmte Probleme in dieser Gesellschaft herangehen muß.
Die Belebung des Hamburger Arbeitsmarktes hat in der Tat viele unterschiedliche Gründe. Dabei spielt die konjunkturelle Aufwärtsentwicklung in Hamburg eine erhebliche Rolle. Erheblich ist aber auch, daß wir von dem, was früher als Süd-Nord-Gefälle betrachtet wurde, nicht mehr reden können, sondern es hat sich strukturell etwas entwickelt und verändert. Wir haben in Hamburg in den letzten zwei Jahren Nägel mit Köpfen gemacht, und unsere Beschäftigungsschmiede heißt „Hamburger Initiative für Arbeit und Ausbildung“.
Das Erfreuliche ist, Herr Mehlfeldt, daß die verschiedenen beschäftigungspolitischen Akteure hier in Hamburg inzwischen an einem Strang ziehen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, um Situationen zu verändern und zu verbessern. Dieses An-einem-Strang-Ziehen geschieht trotz unterschiedlicher Ausgangspositionen und in vielen Fällen aus verschiedenen Interessenpositionen. Daher darf ich mich für ein konstruktives und manchmal kontroverses, am Ende aber immer pragmatisches Miteinander bedanken. Das zeichnet diese Initiative für Arbeit und Ausbildung aus. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Ich sehe mir gern am Monatsanfang – weil das am plastischsten ist – die „Süddeutsche Zeitung“ an, die auf einer Deutschland-Karte den Rückgang der Arbeitslosigkeit, bezogen auf die einzelnen Länder, darstellt. Wenn man sich die letzten eineinhalb Jahre ansieht, stellt man fest, daß es in Hamburg bei der Arbeitslosigkeit in diesem Monat im Vergleich zum Vorjahresmonat die größten Rückgänge gibt, von 10,1 auf 8,5 Prozent. Das ist sehr erfreulich. Es freut mich auch, daß Bremen an zweitbester Stelle liegt,
weil das für die Frage Nord-Süd von Bedeutung ist. Dennoch liegt Bremen bezüglich dieser Ziffern etwas zurück.
Besonders freut es mich, daß in den letzten zwei Jahren die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen noch einmal überproportional zurückgegangen ist, nämlich um fast 25 Prozent, um 2300 auf 7100. Das verändert dann auch die Situation in den Stadtteilen. Das bedeutet, daß 2300 Jugendliche wieder eine Lebens- und Zukunftsperspektive haben.
Erfreulich ist auch die Dynamik des hamburgischen Arbeitsmarktes.Wir haben zwischenzeitlich eine hohe Nachfrage nach Arbeitskräften, 12 000 offene Stellen im Juni und einen Aufwärtstrend bei den Beschäftigtenzahlen; manche führen das gern auf den demographischen Faktor zurück. Wir haben in Hamburg auch eine Zunahme der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Es gibt in unserer gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation Gruppen, die über viele Jahre keine Chance mehr gehabt haben, sie heute aber wieder haben.
Unternehmen, die früher ihre Belegschaften verjüngt und viele über Fünfzigjährige als zum „alten Eisen“ gehörig gezählt haben, fangen heute wieder an nachzudenken, ob nicht diese über Fünfzigjährigen doch in Arbeit genommen werden und wertvolle Arbeitskräfte sein könnten. Man merkt deutlich, daß es Veränderungen im Einstellungsgeschehen und in den Überlegungen der Personalabteilungen gibt.Die Ergebnisse zeigen also, daß wir mit der Bereitschaft zum gemeinsamen Handeln vorankommen.Nicht das Trennende, sondern die gemeinsame Absicht, Probleme zu lösen, steht im Vordergrund, und Kooperation ist
ein Erfolgsrezept. Das ist Pragmatismus und kein ideologischer Fundamentalismus. Wenn Sie, Herr Mehlfeldt, mit Ihrem Präsidenten auch einmal kommunizieren könnten, kriegen Sie vielleicht eine Portion davon ab. Das wäre sehr schön.
Wir haben eine breite Palette von Handlungsfeldern;hier ist das Thema Ausbildung genannt worden.Wir werden in den nächsten zehn Jahren im Bereich der Ausbildung von Jugendlichen noch vor riesigen Aufgaben stehen.
Es ist sehr erfreulich, daß es uns seit vier Jahren gelungen ist, den Trend des Abbaus von Ausbildungsplätzen im dualen System umzukehren, so daß wir jetzt tatsächlich erleben, daß mehr und mehr Ausbildungsplätze auf dem dualen Markt angeboten werden.
Wir erleben dort eine Situation, bei der inzwischen das erleuchtete Eigeninteresse der Betriebe dazu führt, mehr Ausbildungsplätze anzubieten. Sie merken, daß der begrenzende Faktor bei der Produktionsausweitung der Faktor qualifizierte Arbeitsplätze ist. Deswegen gibt es heute eine andere Bereitschaft in den Betrieben, in die Ausbildung hineinzugehen. Das Handwerk befindet sich gegenwärtig noch in einer leichten Durststrecke. Ich hoffe aber, daß es wieder an frühere gute Leistungen ankoppeln kann, wobei das Handwerk insgesamt auf einem höheren Niveau ausbildet, da gebe ich Ihnen völlig recht, Herr Mehlfeldt. Das Handwerk hat auch für andere Ausbildung geleistet.
Das Phänomen, mit dem wir es zu tun haben, ist tatsächlich das Problem eines gespaltenen Ausbildungsmarktes. Das war vor einigen Tagen ein ernsthaftes Thema in der Initiative für Arbeit und Ausbildung. Wir haben uns mit verschiedenen Ansätzen auseinandergesetzt, diesem gespaltenen Ausbildungsmarkt zu begegnen. Es gibt keine Königswege, und es liegt auch nicht daran, daß immer gesagt wird, es liege an der Schule oder die Auszubildenden seien zu doof, ansonsten sei alles in Ordnung.
Man muß eine Vielzahl unterschiedlicher Wege gehen. Ein Weg ist „QUAS Plus“, den die IG Metall mit den Metallarbeitgebern vereinbart hat; das ist so etwas wie eine Ausbildungsverlängerung für bestimmte Jugendliche und Jungerwachsene.
Etwas anderes ist die Entwicklung neuer Berufe für die sogenannten praktisch Begabten.Dort sind wir auf Feldern zu Ergebnissen gekommen,
bei denen es über Jahre wenig Bewegung gegeben hat. Das Erstaunliche ist, daß in dieser Initiative für Arbeit und Ausbildung ein jeder sich auch mal in die Pantinen des anderen stellt und sagt, da oder dort gebe es diese oder jene Ängste, denen begegnet werden müsse, und deswegen könne man den Tarifpartner auch nicht überfordern, sondern müsse versuchen, gemeinsam zu einer Problemlösung zu kommen. Das scheint mir der richtige Ansatz zu sein, um voranzukommen und Jugendlichen Chancen anzubieten, die sie sonst nicht haben. Unsere Jugendlichen befinden sich in der Konkurrenz mit den besten Jugendlichen aus den umliegenden Ländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Hier etwas Besonderes zu tun, scheint mir sinnvoll zu sein.
Es gibt eine Reihe konstruktiver Ansätze. Ich hoffe, daß wir vorankommen. Ein besonderes Augenmerk gilt auch den ausländischen Jugendlichen, die wieder eine spezielle Problemgruppe darstellen. Ohne die Integration von Migrantinnen und Migranten werden wir zukunftsorientiert eine Verschärfung der Situationen in vielen Stadtteilen haben. Deswegen begrüße ich es auch, daß dort bezirksweise an dieses Problem herangegangen wird.
Wir sollten uns auch solche Themen wie den Übergang in die Informations- und Wissensgesellschaft vornehmen;das gehört auch dazu.Dort wird deutlich, wie sehr die Probleme vernetzt sind, daß es Probleme sind, bei denen man die Potentiale der Hochschulen und deren Möglichkeiten sowie die Potentiale der Unternehmen nutzen oder im schulischen Bereich etwas bewirken muß.
Aufzugreifen ist auch der Aspekt Frauen und neue Techniken.Vom Senatsamt für die Gleichstellung hat es die „Digitelle“ gegeben. Sehr sinnvoll finde ich, daß Frauen dort von vornherein der Zugang auch in diese Berufe ermöglicht wird.Es gibt eine Vielzahl von Ansätzen und Vernetzungen, die dazu führen, daß wir in Hamburg keine Green-CardDiskussion in der Form haben wie andere. Wir haben die Taskforce für diesen Bereich bereits vor einigen Monaten eingesetzt, und die Ergebnisse können sich sehen lassen. Das hat nichts mit nur reden und so weiter zu tun, Herr Mehlfeldt, Vernetzung verschiedener Akteure ist heute die größte Produktivkraft.
Wie ich schon sagte, habe ich das Ziel 70 000 Minus X zu Beginn des Jahres formuliert. Das Ende der Etappe ist in Sicht, aber die Tour für die Hamburger Initiative für Arbeit und Ausbildung ist noch nicht gewonnen;es bleibt noch vieles zu tun. Auch in Zukunft geht es darum, pragmatisch praktikable Lösungen zu finden, die auch über Jahre hinweg tragfähig sind. In diesem Sinne sollten wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Die Initiative ist auf einem guten Weg. – Vielen Dank.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 53 auf, Antrag der CDU zur Aussetzung der Fehlbelegungsabgabe in Hamburg, Drucksache 16/4411.