[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 1./2. März 2000 (Drucksache 16/3853) – Hamburger Initiative für Arbeit und Ausbildung – – Drucksache 16/4401 –]
Was ist, meine Damen und Herren, die beste Nachricht des Jahres? – Deutschland richtet die Fußballweltmeisterschaft 2006 aus, meinen einige. Das finde ich gut und auch ganz nett. Persönlich reicht mir das nicht für ein solches Zertifikat aus. Für mich ist die beste Nachricht dieses Jahres, daß innerhalb von 24 Monaten die Arbeitslosigkeit um 18 Prozent, um 16 000 Arbeitslose, reduziert worden ist.
Die zweitbeste Nachricht ist, daß die Jugendarbeitslosigkeit sogar um 25 Prozent, um 2300 jugendliche Arbeitslose, reduziert wurde, daß sich die Zahl der bei dem Arbeitsamt gemeldeten freien Stellen verdoppelt hat und wir in einem Existenzgründerboom in Hamburg leben. Damit nimmt Hamburg bei der Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland eine herausragende Spitzenfunktion ein. Ich sage, meine Damen und Herren: Go on, Hamburg.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Wir werden uns nicht auf Lorbeeren ausruhen dürfen. Ich sage hier mit aller Energie: Jeder Arbeitslose in dieser Stadt ist ein Arbeitsloser zuviel, und solange dies so ist, werden wir an dem Thema weiter zu arbeiten haben.
Erstens: Jetzt muß die Chance für Benachteiligte auf dem Arbeitsmarkt genutzt werden, insbesondere für Langzeitarbeitslose und benachteiligte junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Ich weise mit aller Energie die Kritik der CDU am Jugendsofortprogramm zurück.
Seit Beginn dieser Maßnahme, also beginnend 1999 bis heute, haben wir mehr als 5000 jugendliche Teilnehmer in diesen Maßnahmen. 2200 in Trainingsmaßnahmen, zusätzlich wurden 450 überbetriebliche Ausbildungsplätze geschaffen, 320 junge Menschen sind in Qualifizierungsmaßnahmen gekommen, 500 junge Menschen sind über LKZ – Lohnkostenzuschußmaßnahmen – in reguläre Arbeit gekommen. 300 Qualifizierungsmaßnahmen, die mit ABM verbunden sind, wurden eingerichtet.Fast 1000 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze wurden in dieser Zeit akquiriert, und seit Anfang 2000 sind über 1300 junge Menschen in QUAS, also in einem Praktikum in den Betrieben, untergekommen. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der CDU: Ist das etwa nichts?
Das ist nicht nur frech, sondern das ist unwahr. Wir hätten es, meine Damen und Herren von der CDU, viel leichter gehabt, hätten wir, wie manche andere Länder, eine Menge Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen produziert. Dann wären diese jungen Menschen alle aus der Statistik verschwunden, weil ABM-Teilnehmer nicht als arbeitslos gezählt werden. Genau das haben wir nicht gemacht. Wir haben uns darum gekümmert, daß geprüft wird, was man mit den jungen Menschen tun kann, und wir wollen alle Maßnahmen danach ausrichten, daß sie in reguläre Ausbildung oder Arbeit kommen.
Ihre Presseerklärung zu diesem Thema, meine Damen und Herren von der CDU, hat mich an ein Zitat von Goethe erinnert.
„Ich sitze am kleinsten Örtchen meines Hauses und habe Ihren Brief vor mir, gleich habe ich ihn hinter mir.“
Zweitens: Wir fordern eine vielleicht letzte Kraftanstrengung zur bedarfsgerechten Erhöhung der Ausbildungsplätze in dieser Stadt. Ein Plus von 10 Prozent, denke ich, und dann ist es geschafft. Es ist ein ehrgeiziges Ziel, aber ehrgeizige Ziele schaden Hamburg nicht.
Inzwischen sind 632 Auszubildende in den neuen IT-Berufen in Hamburg tätig.Das ist ein Vielfaches dessen, was wir vor zwei, drei Jahren in diesem Bereich erlebt haben.Wenn man weiß, daß wir 32 000 Auszubildende in der Stadt haben, sind das immerhin doch nur 2 Prozent. Es gibt also Handlungsbedarf.
Drittens: Wir wollen die Stadt noch fitter machen für die Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft. Es geht um ganz wichtige Dienstleistungsfunktionen der Zukunft, und dafür wurden im Rahmen dieser Initiative hervorragende Maßnahmen eingeleitet. Sie alle konnten es lesen. Hamburg entwickelt sich zur digitalen Stadt.
Senatorin Sager hat beim letzten Treffen am vergangenen Freitag der Initiative für Arbeit und Ausbildung berichtet, daß die Boston Consulting Group 19 Regionen der Welt hinsichtlich ihrer Zukunftschancen auf diesen wichtigen Informations- und Telekommunikations- und Medienmärkten untersucht hat. Hamburg ist unter den Besten und gilt – so das Zitat – als vielversprechender Aufsteiger.
Meine Damen und Herren, ich will einen vierten Punkt anfügen. Hamburg wird seine Existenzgründerinnen und Existenzgründer nicht nur weiter vorbildlich ermutigen, sondern mit Rat und Tat, das heißt mit Informationen, Finanzierungsunterstützung und mit Coachingmaßnahmen, unterstützen.
Zusammengefaßt gilt mein Dank dem Bürgermeister, dem Initiator der Initiative, aber auch allen anderen, die daran mitgewirkt haben. Trotz mancher Interessengegensätze – und die gibt es natürlich auch weiterhin – ziehen Wirtschaft, Gewerkschaft, Arbeitsverwaltung und Senat im Kampf gegen Arbeitslosigkeit an einem Strang. In aller Bescheidenheit will ich hinzufügen, das klappt hier sogar besser als in Berlin. – Schönen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Herr Grund, es ist zweifellos extrem erfreulich, daß die Arbeitslosigkeit in Hamburg deutlich abgesunken ist und die 70 000-Marke in greifbare Nähe rückt. Besonders erfreulich ist der starke Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit auf mittlerweile rund 7000 Personen.
Über diese positive Entwicklung sollten wir uns über alle Parteigrenzen hinweg freuen, und ich tue dies auch ausdrücklich.
Doch ich bezweifle, daß diese Entwicklung entscheidend durch die Hamburger Senatspolitik geprägt wurde.
(Erster Bürgermeister Ortwin Runde: Wat? – Dr. Holger Christier SPD: Das wirft Ihre Rede um zwei Minuten zurück!)
Die Initiative für Arbeit und Ausbildung mit Gesprächsrunden beim Ersten Bürgermeister, mit zahlreichen Arbeitsgruppen, Projektgruppen und Task Force, mit einem zusätzlichen Dialog Arbeit und Soziales, der selbst wiederum eigene Arbeitsgruppen hat, scheint selbst eher einem Arbeitsbeschaffungsprogramm zu gleichen.
Es wird unwahrscheinlich viel geredet, ein Dialog jagt fast den anderen und hält die Leute eher von ihrer eigentlichen Arbeit ab. Sicherlich ist es gut, miteinander zu reden, und ich will das positive Klima zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen gar nicht so geringschätzen. Aber dem Senat muß auch bewußt sein, daß Worte noch lange keine Taten sind, und Taten an den richtigen Stellen vermisse ich sehr.
Die positiven Entwicklungen auf dem Arbeits- und inbesondere auf dem Lehrstellenmarkt sind in erster Linie Folge der erfolgreichen Bemühungen der Unternehmen und eines günstigen konjunkturellen Verlaufs. Die Maßnahmen des Senates haben hier kaum etwas bewirkt. Die eigenen Ausbildungsleistungen der Freien und Hansestadt Hamburg sind sogar deutlich zurückgegangen.
(Erhard Pumm SPD: Das ist ein Gemeinschafts- werk! – Uwe Grund SPD: Wenn es schlecht läuft, hat der Senat schuld, wenn es gut läuft, die Wirt- schaft!)
Auch das Sofortprogramm der Bundesregierung „Jugend in Arbeit und Ausbildung“ hat zwar sehr viel Geld gekostet, jedoch kaum etwas zur Trendumkehr beigetragen.
Positiv bewerte ich in diesem Sofortprogramm, daß sämtliche unversorgte Jugendliche eine Trainingsmaßnahme durchlaufen sollen, um ihre Eignung für anschließende Ausbildungsgänge festzustellen. Diese kurzen Trainingsmaßnahmen bringen zwangsläufig hohe Teilnehmerzahlen mit sich, die sich von der Landes- wie von der Bundesregierung gut verkaufen lassen, und dies wird natürlich auch stark begackert.
Aber was passiert mit den Jugendlichen danach? Dazu vermisse ich in Ihrer Senatsdrucksache konkrete Angaben.
Nach meinem Informationsstand sind die Trainingsmaßnahmen überwiegend von Trägern durchgeführt worden, die nicht in dem Verdacht stehen, besonders wirtschaftsnah zu arbeiten. Wenn meine Informationen zutreffen, haben ausgerechnet diese Träger festgestellt, daß der weitaus größte Teil dieser Jugendlichen auf keinen Fall ausbildungsfähig ist. Diese Feststellungen führen zum Kern, den die Senatsdrucksache jedoch mehr oder weniger elegant umschifft.
Was soll und kann mit diesen Jugendlichen geschehen? Ihre Probleme liegen in der schulischen Allgemeinbildung. Sollen sie nun durch noch mehr Schule noch größere Probleme erhalten?