Protocol of the Session on April 19, 2000

Ich möchte zwei Punkte aus diesem Beschluß hervorheben.

Erstens:Die Dekane haben gefordert, der Universität keine weiteren Sparmaßnahmen aufzuerlegen.Das hat auch niemand vor. Vielmehr wird die Universität gegenüber einer normalen Fachbehörde vom Sparen vielfach verschont.Ich nenne nur die Zweitstellenregelung – jede zweite frei werdende Stelle darf durch die Hochschule wieder besetzt werden –, die Sparraten, die durch Immobilienverkäufe zwischenfinanziert werden können, und die Planungssicherheit, die auch Herr de Lorent in seiner Haushaltsrede zu Recht gelobt hat.

Zweitens: Die Erklärung spricht von steigender Studiennachfrage. Die vom Universitätspräsident selbst herausgegebenen Zahlen sprechen aber eine ganz andere Sprache: In den Sommersemestern 1996 und 1997 waren es 7986 beziehungsweise 7588, in den Sommersemestern 1999 und 2000 waren es 7092 beziehungsweise 6557 Studienbewerber. Das macht zusammen in drei Jahren 1431 weniger Bewerber. Selbst beim Fachbereich Psychologie, für den sich immer noch über 1000 Bewerberinnen und Bewerber um circa 80 Studienplätze bemühen, nimmt die Bewerberzahl ab.So viele zukünftige Psychologen kann auch selbst die CDU in Hamburg nicht haben wollen.

Der Dekan des Fachbereichs Mathematik kann bei der Erklärung der Dekane kaum mitgewirkt haben, sonst wäre von steigender Studiennachfrage keine Rede gewesen.

Wenn schon Ihr Fraktionsvorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Spezialist für das Unkonkrete ist, müssen Sie ihm dabei nicht nacheifern. Versuchen Sie künftig, ein Thema ordentlich zu recherchieren, bevor Sie es anmelden. Wenn Sie der Universität etwas Gutes tun wollen – dafür bin ich jederzeit zu haben –, dann unterstützen Sie doch Herrn Lüthje bei der Umsetzung des Verwaltungsneubaus in der Schlüterstraße.

(Beifall bei Andrea Franken GAL)

Ein letztes Wort zu den Finanzen. Die Investitionszuschüsse an die Universität sind in den Jahren von 1997 bis 2000 von 22,5 Millionen DM auf 29,6 Millionen DM gestiegen. Das ist eine Steigerung von 31,2 Prozent. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. de Lorent.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Harlinghausen hat kritisiert, daß die SPD das Thema Shell-Studie erst heute und nicht

schon zur letzten Bürgerschaftssitzung angemeldet hat, da diese schon am 30. März veröffentlicht wurde. Die Erklärung der Dekane ist schon am 24. März veröffentlicht worden.Was also die Aktualität betrifft, liegt sie schon eine Woche länger als die Shell-Studie zurück.

Nun kann man die Frage stellen, ob die Erklärung der Dekane die derzeitige Hochschulpolitik in Hamburg im April 2000 kritisiert. Universitätspräsident Lüthje hat dies verneint; die abgeschlossenen Ziel- und Leistungsvereinbarungen bis 2001 würden natürlich überhaupt nicht in Frage gestellt, sondern es gehe um die Ressourcen ab dem Haushalt 2002 der nächsten Legislaturperiode. Meine Damen und Herren von der CDU! Man sagt ja, wer zu spät kommt, den soll das Leben bestrafen, aber wer zu früh kommt – so kann man feststellen –, macht auch einen ziemlich belemmerten Eindruck.

(Beifall bei der GAL)

Eine andere Stellungnahme hätte mich beim Universitätspräsidenten auch gewundert, denn nicht nur ich allein bin es gewesen, der sich positiv und euphorisch über historische Fortschritte in der Hochschulpolitik geäußert hat, die Planungssicherheit für drei Jahre herausstreicht und das für beide Seiten wichtige Steuerungselement der Ziel- und Leistungsvereinbarungen nennt. Das sind Punkte, die von Herrn Lüthje immer wieder lobend erwähnt werden.

Es ist richtig, einige Fakten zu nennen, die der Universitätspräsident zwar kennt, aber die aus dem Nachlaß von Herrn Dr. Kampf an die CDU vielleicht nicht weitergegeben worden sind.

Erstens:Seit 1997 ist der Anteil des Wissenschaftsbereichs am Hamburger Gesamthaushalt gestiegen. Er liegt im Jahre 2000 bei 1,35 Milliarden DM. Herr Salchow, das ist doch eine Zahl für Naturwissenschaftler.

Zweitens: Die Hochschulen sind von der unterjährigen Sparverpflichtung ausgenommen. Wenn wir uns an die Haushaltsdebatten erinnern, ist dies absolut keine Selbstverständlichkeit.

Drittens: Erforderliche Einsparleistungen im Personalbereich der Hochschulen sind um ein Dreiviertel reduziert worden.

Viertens: Die erheblichen Hamburger Investitionsmittel für große Bauprojekte, die die Hochschulen bekommen, will ich aus Zeitgründen nicht erwähnen.

Aus allem ergibt sich unzweideutig, daß für die rotgrüne Koalition in Hamburg der Hochschulbereich mit seinen natürlich vorhandenen Mängeln und trotz der notwendigen Haushaltskonsolidierungen ein prioritärer Bereich ist.

Zur Universität. Die Wünsche der Dekane und auch der Universitätsleitung für die nächste Legislaturperiode sind für mich natürlich völlig verständlich, nachvollziehbar und auch berechtigt. Das hat Herr Marx für die SPD auch gesagt. Aber eines muß man dabei wissen, wenn es beispielsweise um die Frage geht, wer schuld daran ist. Herr Salchow, bedeuten diese Aussagen eine Kritik an der derzeitigen Hochschulsenatorin? Im Universitätsbereich gibt es Altlasten. In den Jahren 1996/97 gab es Personaleinsparungsverpflichtungen in einer Größenordnung von 10 Millionen DM, tatsächlich wurden aber nur 4,4 Millionen DM erbracht. Das habe ich übrigens damals als GEWVorsitzender durchaus begrüßt. Aber, meine Damen und Herren von der CDU, Sie wissen ja, wie das mit Altlasten ist: Irgendwann holen sie uns ein. So ist es auch in diesem

(Wolfgang Marx SPD)

Fall. Die nicht erbrachten Einsparungen wurden zum Beispiel – wie Herr Marx schon sagte – mit Grundstücksverkäufen zwischenfinanziert. Aber die Universität muß natürlich die immer noch frei werdenden Stellen abliefern, um die Verpflichtung aus 1996/97 einzulösen. Das ist – das kann ich nachvollziehen – sehr schmerzhaft.

Auf die nächste Legislaturperiode bezogen – obwohl wir in der heutigen Aktuellen Stunde nicht über das Jahr 2002, sondern über den derzeitigen Zustand reden sollten –, gehe ich persönlich davon aus, daß es keine weiteren Sparverpflichtungen für den Hochschulbereich und damit wieder Planungssicherheit geben wird. Dafür werde ich mich einsetzen, und ich bin sicher, daß die Hochschulen auch in Krista Sager dafür eine wichtige Fürsprecherin haben werden.

Meine Damen und Herren von der CDU! Eines ist klar: Sie melden dieses Thema an, weil Sie die nächsten Wahlen mit der Bildungspolitik gewinnen wollen. Sie haben aber wenig Positives und Fundiertes zu sagen. Sie weisen immer auf die Länder Baden-Württemberg und Bayern hin, in denen die strukturellen Verhältnisse anders sind. Schauen Sie doch einmal in die beiden Stadtstaaten, die von der CDU regiert werden. In Berlin und Bremen gibt es keine Alternativen; dort wird in dieser Frage nichts anderes gemacht als hier in Hamburg.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Auf diesem Gebiet haben Sie nichts anderes zu bieten, Sie sind nicht differenziert, Sie springen zu früh und bekommen nur Beifall von der Gruppe REGENBOGEN; damit können Sie sich wahrlich nicht rühmen.

(Glocke)

Letzter Satz. Mit Populismus in der Bildungspolitik wird die CDU die Wahlen nicht gewinnen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Koppke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das waren zwei entzückende Redebeiträge. Natürlich ist es richtig, daß die CDU das Thema angemeldet hat. Speziell die Universität wird seit Jahren kaputtgespart.Es geht um die dortigen Zustände und nicht um die unausgelastete, von der SPD gehätschelte TU Harburg. Ihre Rede, Herr Marx, war gegenüber den dortigen Zuständen ignorant, um nicht zu sagen blind. Auch Ihre Rede, Herr de Lorent, war zumindest Ihrer persönlichen Vergangenheit nicht angemessen; sie war peinlich.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Dr. Roland Salchow und Karen Koop, beide CDU)

Was macht der Senat in der gegenwärtigen Situation? Er gibt nichts anderes als wissenschaftspolitische Sprechblasen von sich.

Stichwort Profilbildung. Der Zwang der Universität, ganze Wissenschaftsgebiete zu streichen, wird vom Senat vorzugsweise mit dem unglaublich modern klingenden Wort Profilbildung umschrieben. Aber um bei dem Pressebeispiel des Fachbereichs Geschichtswissenschaft zu bleiben: Wenn sich dieser Fachbereich entscheiden mußte, entweder eine Professur zur Geschichte des 20. Jahrhun

derts oder die einzige Professur Deutschlands zur Geschichte des Nahen Ostens zu streichen, dann hat das nichts mit Profilbildung und auch nichts mit planvoller Schwerpunktsetzung zu tun. Hier werden nichts anderes als die Auswirkungen der rasenmäherartigen Sparpolitik und Zweitstellenregelung sichtbar.

Mein zweites Stichwort: Studienreform. Trotz der Einigkeit im ganzen Haus darüber, daß alle Studiengänge dringend reformiert werden müssen, fällt dem Senat nichts weiter als die Einführung gestufter Abschlüsse ein. Aber Initiativen zur Errichtung von fächerübergreifenden, transdisziplinären Studiengängen findet man vergeblich; sie finden nur bei gebührenpflichtigen Sonderprogrammen und Aufbaustudiengängen statt.

Die gegenwärtige Sparpolitik verhindert, eine tiefgreifende und zukunftsorientierte Studienreform im grundständigen Bereich auf den Weg zu bringen, und führt dadurch auch gleichzeitig zu einer massiven Ausweitung und Verlängerung der Studiendauer und eines Zusatz- und Aufbaustudienbereichs. Das sind Dinge, die nicht unbedingt wünschenswert sein sollten; das Ziel der Chancengleichheit wird damit auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen. Das ist seitens des Senats keine gute Position.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Als letztes Stichwort nenne ich die Bibliotheken. In der Erfolgsbilanz des Senats werden regelmäßig die Fonds aufgeführt. Hier ist es wirklich sinnvoll, daß für einige Bereiche zweckgebundene Mittel zur Verfügung gestellt werden. Aber gerade beim Beispiel Bibliotheken reicht es natürlich nicht, einen Fonds mit 1 Million DM pro Jahr zur Verfügung zu stellen, der aber nichts ändert, weil er nicht ausreichend ist.

Wenn man sich beispielsweise den Bericht des Senatsausschusses für das Bibliothekswesen der Universität vom 1. Dezember 1999 ansieht, so heißt es darin deutlich, daß die Lage der Bibliotheken schädliche und irreversible Konsequenzen für die Zukunft der Wissenschaft in Hamburg haben wird. Darauf folgt aber keine Reaktion, sondern nur ein Verweis auf den Fonds. Hier droht ein ganzes Fundament im Wissenschaftsbereich wegzubrechen.

Fazit: Um diesen Kollaps an der Hamburger Universität zu stoppen, ist es notwendig, mehr Mittel einzustellen. Das wichtigste ist es aber – ich bin sehr gespannt, was Frau Sager dazu gleich sagen wird –, dafür in den Hochschulen selbst keine Sündenböcke zu suchen.Die Autonomie dafür verantwortlich zu machen, was man selbst nicht auf die Reihe bekommt, ist politische Augenwischerei und nicht redlich.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Dr. Roland Salchow und Sybill Buitrón Lübcke, beide CDU)

Ich gebe das Wort Senatorin Sager.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist zweifellos eine Tatsache, daß in den Jahren 1995 bis 1997, also zur Zeit der Voscherau-Regierung, die Universität zum damaligen Sparprogramm überproportional herangezogen wurde. Das wirkt heute – das hat Herr de Lorent richtig gesagt – noch spürbar nach.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Es ist aber genauso eine unbestreitbare Tatsache, daß die Universität ganz wesentlich von der rotgrünen Koalition profitiert hat; das sieht die Universität selbst auch so. Sie wird nämlich inzwischen nicht nur unterproportional zu den Konsolidierungsverpflichtungen herangezogen, die die Stadt insgesamt hat, sondern hat auch zusätzliche Mittel bekommen.

Die Sparquote im Personalbereich ist auf ein Viertel der durchschnittlichen rechnerischen Summe reduziert worden und liegt ungefähr 75 Prozent unter der damaligen Sparquote der Voscherau-Regierung. Dabei muß man berücksichtigen, daß die Universität Mittel aus den Sonderfonds, aus Sonderregelungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und am meisten von den Tutoren-, den Bibliotheksmitteln und den Strukturmitteln bekommen hat. Sie hat aber auch besonders von den gestiegenen Investitions- und Gerätemitteln profitiert.

Eines will ich hier aber ehrlich sagen: Ich sehe durchaus, daß zum Beispiel die Sparprogramme gerade im Sachmittelbereich Probleme verursacht haben.Das ist unbestritten. Aber auch diese Tatsache ändert nichts daran, daß die Universität in den Jahren 1998 und 2001 günstig gestellt worden ist. Das wird von ihr auch so gesehen.