Protocol of the Session on March 1, 2000

(Wolfgang Baar SPD: Dann muß man sie kennen!)

um sie zu strukturieren. Die CDU-Fraktion hat leider nur einen begrenzten Datenzugriff und deshalb das genommen, was ihr zur Verfügung steht, nämlich die Globalrichtlinie für die Steuerung der sozialen Stadtteilentwicklung. Alle Gebiete, die darin enthalten sind, wären aus unserer Sicht geeignet, von der Fehlbelegungsabgabe befreit zu werden. Wir haben diese Gebiete zu Ihrer Information zusätzlich mit Nennungen ergänzt, die wir aus den Bezirken bekommen haben.

Ich möchte diesen Antrag durchaus nicht als perfekt bezeichnen, weil damit alle geeigneten Gebiete ausgenommen würden. Wir wären für die Nennung weiterer Gebiete dankbar. Den Kriterienkatalog, den Sie selbst mit formuliert haben und der die Darstellung durchaus nicht einfach macht, können wir als Grundlage nehmen. Darin heißt es:

„Die Auswahl neuer Gebiete erfolgt auf der Basis von qualitativen und quantitativen Kriterien zur sozialen, wirtschaftlichen, städtebaulichen und ökologischen Situation vor Ort sowie in Abwägung der Dringlichkeit unter gesamtstädtischen Gesichtspunkten.“

Diese Formulierungen werden durch die Beschreibung der sozialen und kulturellen Infrastruktur, die besonderen sozialen Probleme, die Begründung für die Einsetzung eines Stadtteilmanagements und so weiter noch detailliert erläutert. Es gibt viele Kriterien, die sich eignen, um ein Gebiet einzugrenzen, um es von der Fehlbelegungsabgabe zu befreien.

Unser Antrag – das habe ich schon deutlich gemacht – erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der Gebiete, aber er erhebt einen Anspruch auf die Dringlichkeit von Handlungsbedarf in dieser Stadt. Was bisher vom Senat getan wurde, waren Modellversuche, die einfach verlängert wurden. Aber bevor irgend etwas anderes getan wurde, wurde zunächst abgewartet, welche Ergebnisse diese Modellversuche zeigen. Herr Dr. Gustafsson, Sie wissen – genau wie es auch Herr Senator Wagner wissen müßte –, daß es vor 15 bis 20 Jahren eine Situation in dieser Stadt gab, in der wir uns viel Mühe mit den städtischen Wohnungsgesellschaften gegeben haben, durch teure Maßnahmen schwierige Quartiere zu stabilisieren. Bevor wir wieder in eine solche Situation kommen, sollten wir rechtzeitig einschreiten

(Klaus-Peter Hesse CDU)

und steuern. Das können wir heute machen, indem wir diesen Antrag so beschließen.

Heute morgen, habe ich – bevor ich zur Bürgerschaft gefahren bin – den NDR im Radio gehört.

(Barbara Duden SPD: So früh fahren Sie schon hierher?)

Ich war überrascht, denn ich habe dort – Herr Dr. Schmidt wird das vielleicht später noch ausführen – von einem Papier gehört, das gemeinsam von SPD und GAL entwickelt wurde. In diesem Papier steht, daß die Fehlbelegungsabgabe in gleichmäßigen Schritten in acht Jahren abgebaut werden soll. Herr Dr. Schmidt kennt das Papier anscheinend nicht; dann kann er uns vielleicht verraten, ob es das gibt oder nicht.

Ich habe Verständnis dafür, daß gerade die Kollegen von der SPD-Fraktion Probleme mit dem schrittweisen Abbau der Fehlbelegungsabgabe innerhalb von acht Jahren haben. Gerade Herr Dobritz und Herr Lange, der mit mir beim Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen war, wissen, wie prekär die Situation ist und daß jetzt und nicht schrittweise über acht Jahre gehandelt werden muß. Die Kosten, die dann für die Stadt entstehen würden, wären sehr viel höher.

Die CDU will weder acht Jahre warten noch sämtliche Auswertungen von Feldversuchen analysieren. Es gilt, jetzt zu handeln, ansonsten werden wir in vielen Stadtteilen eine Sozialstruktur erhalten, die mehr Geld verschlingen wird, als wir zur Zeit durch eine Fehlbelegungsabgabe einnehmen. Die Mieterinnen und Mieter unserer Stadt, aber auch die gesamte Wohnungswirtschaft – über den Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen, den GdW, den Mieterverein zu Hamburg bis hin zu Parteiangehörigen, auch SPD- und grünen Abgeordneten aus dem Süderelberaum, Herr Dr. Schmidt – haben sich mehrfach dafür ausgesprochen. Alle, die vor Ort kommunal tätig sind, danken es Ihnen. Insofern bitte ich Sie, im Ausschuß bei diesem Antrag – wir werden eine Vertagung nicht verhindern können – konstruktiv mitzuwirken, so daß hier möglichst schnell eine Änderung erreicht werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Duden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das hatte streckenweise das Hüpfburgenniveau Ihrer vergangenen Rede: Sie verlief rauf und runter. Das ist die erste Bemerkung.

Die zweite Bemerkung: Sie fahren vermutlich mit dem Pkw, aber vermutlich zu früh in die Bürgerschaft. Was machen Sie vor Sitzungsbeginn? Wie schlagen Sie die Zeit tot?

(Bernd Reinert CDU: Wie Sie Ihre Redezeit tot- schlagen, erfahren wir jetzt!)

Der Kommentar im NDR wurde heute morgen um 8 Uhr gesendet.

Die Fehlbelegungsabgabe ist weiß Gott kein Kind sozialdemokratischer Eltern. In der Vergangenheit war es neben der FDP vor allem auch die CDU, die von notwendigen Weichenstellungen für ein solides Finanzfundament der Stadt Hamburg gesprochen hat. Anfang der neunziger Jahre waren bei hundertprozentiger Einkommensüberschreitung Summen von bis zu 9 DM im Gespräch. Herr Mattner von

der CDU hat noch 1993 behauptet, daß eine Gefahr der sozialen Entmischung nicht zu befürchten sei, und sie könne auch in Diskussionen nicht unterstellt werden. Die CDU sagt generell, daß sie nicht gegen eine Fehlbelegungsabgabe sei, aber in bestimmten Gebieten mit entsprechender sozialer Problematik sollten Ausnahmen gemacht werden. Doch auch dazu hatte Herr Mattner 1992 anläßlich eines GAL-Antrags mit ähnlichen Forderungen folgende Meinung – das Zitat erfordert von der aufgeregten CDU-Fraktion etwas Geduld, aber hellhörig sollte sie schon werden –:

„Die Behauptung der Baubehörde, die heutige Abgabe sei auf die Stadtteile abgestimmt, ist allerdings der Gipfel sozialdemokratischer Wortverdrehung. Gemeint ist damit, daß weitere 49 000 Wohnungen ebenfalls nicht zur Verfügung stehen, weil sie nämlich in bestimmten Ausnahmegebieten – die SPD nennt das Großsiedlungen – liegen. Bei näherer Lektüre der vom Senat festgelegten Großsiedlungen finden sich nicht nur Steilshoop und Mümmelmannsberg, sondern sage und schreibe weitere 21 Wohngebiete, die dazu zählen sollen. Hier liegt die Vermutung nahe, daß aus wahltaktischen Überlegungen der SPD mit der Präzision eines Skalpells diejenigen Straßen herausgeschnitten werden, in denen die Sozialdemokratische Partei negative Auswirkungen für ihr Wahlergebnis fürchtet.“

Heute, im Jahre 2000, stellt sich für meine Fraktion die Frage: Wie sollen wir mit einer solchen Morgengabe von Ihnen umgehen?

(Beifall bei der SPD)

Der Schwenk in der CDU ist deutlich. Dazu bleibt zu bemerken, daß es keine vernünftigen Abgrenzungskriterien gibt, die gerichtsfest sind. Ausnahmen bedeuten aber auch immer den Verzicht auf Belegungsbindung. Daraus folgt, daß die Stadt auf ihr Recht verzichtet, geförderte Wohnungen weiter an einen Paragraph-5-Schein-Inhaber zu vergeben. Das ist nicht die Mieterpolitik von SPD und GAL. Den Verlust der Bindung billigend in Kauf zu nehmen, ist für die Mietenpolitik dieser Stadt bei der CDU ein großer Schwachpunkt.

Es folgt die allgemein bekannte Argumentationskette der CDU, daß SAGA und GWG leerstehende Wohnungen hätten. Das haben wir schon anläßlich der Haushaltsberatungen im Dezember 1999 geklärt. Die Leerstände bewegen sich auf einem völlig normalen Niveau und sind ein Indiz dafür, daß sich die Wohnungsbaupolitik der letzten Jahre ausgezahlt hat.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Martin Schmidt GAL)

Es wird die CDU-Fraktion nicht überraschen, daß wir in wesentlichen Punkten übereinstimmen,was vor allem die Entwicklung und Entmischung in den Stadtteilen mit großem Sozialwohnungsbestand betrifft. Ich glaube aber, wenn ich die Diktion von Herrn Hesse höre, daß vermutlich nicht alle Mitglieder seiner Fraktion so denken, wie er redet. Ihre gewählten Lösungsansätze sind zu kurz gegriffen. Es gibt in einigen Quartieren der Stadt Situationen, in denen man allein mit normaler Mieten- und Sozialpolitik nicht zurechtkommt.

Zu einigen Punkten des CDU-Antrages möchte ich noch bemerken, daß die von der CDU vorgenommene Gebietsauswahl methodisch angreifbar ist, weil sie nur pauschal die StEB-Gebiete genannt hat. Bei der Entscheidung über freizustellende Gebiete kommt es vor Ort vor allem auf die

(Klaus-Peter Hesse CDU)

bestehende Situation der Sozialwohnungsbestände an. Pauschale Gebietsfreistellungen haben unmittelbare Auswirkungen auf die Abgabepflichten der Bürger; deshalb müssen Abgrenzungen der Gebiete gut durchdacht sein. Sie müssen vor allen Dingen auch juristischen Prüfungen standhalten, um für jeden Bürger die Frage schlüssig zu beantworten: Warum zahle ich, aber derjenige auf der anderen Straßenseite zahlt nicht? Die Lösung dieses Problems wurde von Ihnen mit heißer Nadel genäht; hier laufen Sie Gefahr, eine Lösung anzubieten, die in der Praxis keinen Bestand hat. Das ist reine Effekthascherei.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hesse?

Nein, er kann sich ja noch einmal melden.

Hinzu kommt das Problem, daß Sie bei dem Programm in das Ruderboot des Stadtentwicklungssenators Maier steigen. Die alleinige Entscheidung, in welche Richtung gerudert wird, überlassen Sie aber ihm. Uns ist es recht, ob es Ihnen in der Konsequenz recht ist, sollten Sie sich überlegen. Eine solche strikte Koppelung an die StEB ist sehr problematisch, zumal in Ihrer Aufzeichnung der Erhaltensverordnung neben den bekannten Stadtteilentwicklungsgebieten auch einige Gebiete mit sozialer Erhaltensverordnung enthalten sind. Das ist systematisch unsauber.

Eine solche Koppelung ist nicht geeignet, zeitnah auf entsprechende demographische und ökonomische Veränderungen zu reagieren. Für die SPD-Fraktion steht fest, daß die Fehlbelegungsabgabe insgesamt abgeschafft werden muß.

(Beifall bei der SPD)

Ob dies für die ganze Stadt, in Schritten oder wie auch immer geschehen soll, darüber diskutieren wir, damit wir eine haushaltsverträgliche Lösung finden. Wir werden uns dazu im Plenum bald zurückmelden, um dieses Thema mit Ihnen gemeinsam zu besprechen.

Was machen wir nun mit Ihrem Antrag?

(Bernd Reinert CDU: Na, da sind wir ja gespannt!)

Wir haben alle Möglichkeiten diskutiert und uns dafür viel Zeit genommen. Die Fehlförderabgabe ist ein hochemotionales Thema, das nicht nur die Bauchgefühle von Mietern, sondern auch die der Abgeordneten berührt. Deshalb überweisen wir Ihren Antrag federführend an den Haushaltsausschuß sowie mitberatend an den Bau- und Verkehrsausschuß. – Danke.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Schmidt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Problem ist schon von Herrn Hesse und Frau Duden geschildert worden. Einerseits liegt hier ein Problem vor, das aus einem Erfolg resultiert. Die Entspannung auf dem Wohnungsmarkt hat die Schwäche der Fehlbelegungsabgabe deutlich gemacht. Die Schwäche besteht darin, daß sie von den Mietern als eine zusätzliche Bestrafung, als Zusatzmiete aufgefaßt wird. Deswegen werden diese Argumente immer wieder genannt, wenn es darum geht zu fragen: Warum bin ich eigentlich umgezo

gen? Das mag manchmal nur subjektiv sein, ist aber sicherlich häufig objektiv. Über das Problem muß geredet werden, obwohl die Fehlbelegungsabgabe sicher aus gutem Grund eingeführt worden ist: nämlich um sozial gerecht zu sein. Es gibt Situationen, in denen die Stadt Sozialwohnungen teuer subventioniert und diese dann von Menschen bewohnt werden, die eine zusätzliche Subvention des Staates eigentlich nicht verdienen. Das war der Ausgangspunkt. Man muß sich – wenn man darüber redet – immer überlegen, wie jetzt damit umgegangen werden soll.

Die Lösung dieses Problems kann nur gerecht sein, wenn sie für alle gilt. Darüber hat Frau Duden auch schon gesprochen. Wir halten die unaufhörlichen und erst recht die von der CDU vorgeschlagenen Ausnahmeregelungen für so weitgehend, daß man nicht mehr von Gerechtigkeit sprechen kann. Die von Ihnen genannten Gebiete sind zum Teil sehr klein. Wie soll gerecht entschieden werden,

(Manfred Mahr GAL: Das ist rot markiert!)

wenn auf der einen Straßenseite die Fehlbelegungsabgabe gilt und auf der anderen Seite nicht. Die Quartiere sind begrenzt, so daß nicht alle erfaßt werden.

(Bernd Reinert CDU: Haben Sie das Problem heute nicht mit den Ausnahmegebieten?)