Protocol of the Session on September 5, 2001

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Roland Sal- chow CDU: Das kann ich jetzt verstehen!)

Das Wort erhält Herr Marx.

Ich wollte so gern Herrn Salchow den Vortritt lassen, aber es war mir nicht vergönnt.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist bemerkenswert, was die CDU heute abend zum zweiten Mal im Wissenschaftsbereich veranstaltet. Vor einigen Wochen, noch vor der Sommerpause, hat Herr Salchow gesagt, man könne das UKE-Gesetz nicht annehmen, weil unklar sei, welche finanziellen Folgen aus den Vorgängen in der Herzchirurgie zu erwarten seien.

Dann haben wir im Wissenschaftsausschuß mehrfach getagt. Die CDU war auch – ganz ungewohnt – zahlreich vertreten, und wir haben festgestellt, es gibt nach jetzigem Wissen kein nennenswertes Risiko für das UKE.

(Dr. Roland Salchow CDU: Wer hat das denn fest- gestellt, Herr Marx?)

Anstatt nun zu tun, was zu erwarten wäre, nämlich dem UKE-Gesetz jetzt zuzustimmen, beharrt die CDU auf ihrer Totalopposition, und es gibt nach wie vor keine Zustimmung. Das ist sehr bedauerlich. Ich hätte mir gewünscht, daß Sie über Ihren Schatten springen.

(Antje Blumenthal CDU: Sie müssen auch mal über Ihren Schatten springen!)

Aber nein, Sie denken, es ist Wahlkampf, und müssen bei Ihrer Daueropposition bleiben. Schade.

Dann möchte ich etwas zu dem sagen, was Frau Koppke gesagt hat. Sie haben den gestrigen Artikel in der „taz“ angesprochen. Ich mache Sie darauf aufmerksam, das UKE ist kein Berliner Schwimmbad. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich auf eine Übertragung durch Rechtsgeschäft, aber hier geht es um einen Übergang durch Gesetz, das wir hoffentlich gleich beschließen werden. Noch haben Sie die Möglichkeit, Ihre Meinung zu ändern und dem Gesetz gleich zuzustimmen.

Zum Schluß möchte ich noch etwas zur Frage mehr oder weniger Staat im Kuratorium des UKE sagen. Die CDU scheint mit gespaltener Zunge zu argumentieren. Sie sollten sich einigen, was Sie wollen. Wollen Sie mehr Kontrolle? So haben Sie das im Ausschuß immer gesagt und auch in der Bürgerschaftssitzung vor den Sommerferien angedeutet. Oder wollen Sie das, was Ihr Bürgermeisterkandidat – er wird es ja auch bleiben – gesagt hat, nämlich mehr Ärzte ins Kuratorium? Sie sollten sich erst einmal intern einigen und dann eine entsprechende Forderung einbringen und entsprechende Anträge zu diesem Gesetz stellen. Es ist sehr beschämend für Sie, daß Sie sowohl im Ausschuß als auch im Parlament nie wirkliche Anträge dazu eingebracht haben. Im Ausschuß gab es nur ein AchtPunkte-Papier der CDU, das insbesondere beinhaltete, man sei gegen das Gesetz. Es gab aber nie konkrete konstruktive Vorschläge, wie das UKE verselbständigt werden sollte. Das UKE braucht aber eine Zukunft in rechtlicher Verselbständigung. Daher bitte ich Sie, dem Gesetz zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

Das Wort erhält Herr Professor Dr. Salchow.

Frau Präsidentin! Zunächst einmal zu dem Vorwurf von Herrn de Lorent, wir hätten keine konkreten Alternativen genannt. Wir hatten kurz vor der Debatte zum UKE-Gesetz über das Hamburger Hochschulgesetz gesprochen. Da hatten wir ein konkretes Paket von 15 Änderungen eingefügt. Sie haben, bis auf eine leichte, alle in Bausch und Bogen abgelehnt. Für eine Oppositionspartei ist es witzlos, bei diesem Block von Rot und Grün, der alles wegschiebt, was nicht von ihm ist, etwas Konkretes dagegenzusetzen. Das ist die Situation.

(Beifall bei der CDU)

Für Sie ist nur gut, was von Ihnen kommt; das wird hoffentlich in vier Wochen zu Ende sein. Wir haben aus dem Grunde gar keine Lust gehabt, Änderungen anzubringen. Sie lehnen alles ab, was nicht von Ihnen stammt. Diesen Grad an Primitivität haben Sie hier entwickelt.

(Beifall bei der CDU und Unruhe bei der SPD und der GAL)

Sie finden nur das gut, was von Ihnen selbst kommt, und darum lohnt es sich bei Ihnen gar nicht.

Zur Altlastenfinanzierung. Ich habe einen konkreten Vorschlag gemacht, Frau Fischer-Menzel. Ich habe an die Lösung erinnert, die man bei der Bundesbahn einvernehmlich zwischen den großen Parteien im Bundestag gefunden hat. Dort wurden die Altschulden abgetrennt. Man will doch ein verselbständigtes UKE schaffen. Dann muß man auch sehen, wie man die Anfangsbedingungen juristisch und finanziell gestaltet. Ich habe einen konkreten Vorschlag gemacht, genauso wie bei der Bundesbahn die Altschulden vom Staat zu übernehmen, aber dafür auch die Rückstellungen herauszunehmen. Diese Lösung hätte es dem UKE ermöglicht, einer unklaren Menge von Schadenersatzforderungen aus dem OP-Skandal vorzubeugen. Es ist nicht klar, Herr Marx, daß im Wissenschaftsausschuß geklärt wurde, wer das bezahlt. Es wurde immer nur gesagt, das zahlen die Haftpflichtversicherungen. Aber bis zum heutigen Tage ist nicht klar, welche. Dem Vater des kleinen Lars wird seit zwei Jahren überhaupt nicht mehr geantwortet. Da können Sie doch nicht behaupten, das sei klar.

Zum Kuratorium. Frau Senatorin, wir haben jetzt nicht mehr die Zeit, lange darüber zu diskutieren. Aber im Gesetz besteht ein klares Ungleichgewicht zwischen dem, mit welchen Leuten Sie das Kuratorium besetzen, und den Aufgaben des Kuratoriums. Sie haben allein bei Ziffer 3 16 Unterpunkte, bei denen Sie jedesmal die Zustimmung des Kuratoriums voraussetzen. Da das Kuratorium senatsgelenkt ist, haben Sie hier den direkten Lenkungsdurchgriff des Staates. Wenn Sie eine Verselbständigung wollen und gleichzeitig den Staat unter anderem Titel – den direkten Durchgriff auf alle 16 Entscheidungstypen bis hin zur medizinischen Entscheidung „sonstiger für die Krankenversorgung im UKE bedeutsamer struktureller Maßnahmen“ –, was ist denn da noch eigentlich Verselbständigung? Ihr Kuratorium ist nicht ausgewogen.

Zum wissenschaftlichen Personalrat eine Anmerkung: Frau Fischer-Menzel, mich hat Ihre Heftigkeit erstaunt. Mir wurde immer gesagt, Sie seien auch der Meinung gewesen, daß der wissenschaftliche Personalrat ein eigenständiger bleiben müsse. Hier reiten Sie wie der Teufel dagegen, daß ich für einen eigenen wissenschaftlichen Personalrat bin. Ich habe beispielsweise auch gehört, daß

Senatorin Sager sich im Senat für zwei Personalräte ausgesprochen hat. Hier werde ich angemistet, weil ich für zwei Personalräte bin. Der Bürgermeister hat im Senat darübergestochen und hat den Vorschlag der Senatorin weggedrückt. Wenn man sich in den eigenen Reihen uneinig ist, kann man doch jetzt nicht sagen, ich sei hier der Schuft.

(Barbara Duden SPD: Nein, das wollen Sie nicht sein!)

Der wissenschaftliche Personalrat ist für mich keine ständische Frage, sondern eine Schlußfolgerung daraus, daß im medizinischen Bereich die Abhängigkeit der mittleren Ärzte von den Oberärzten sehr stark ist. Das muß verringert werden. Hier ist Mitbestimmung etwas Vernünftiges, und darum bin ich nach wie vor dafür, einen eigenen wissenschaftlichen Personalrat zu haben.

(Beifall bei der CDU und bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Dr. Martin Schmidt GAL: Sie blei- ben der Schuft!)

Es hat mich sehr irritiert, was Frau Sager am Schluß sagte, weil es wenig durch die Fakten gedeckt ist. Mein Mißtrauen ist natürlich auch begründet durch die Erfahrungen in dem OP-Skandal. Transparenz und Offenheit waren eben nicht die Markenzeichen dieser Behörde, die von einer grünen Senatorin geführt wird. Die Öffentlichkeit und das Parlament sind nicht darüber informiert worden. Der Wissenschaftsausschuß, der das UKE-Gesetz beraten hat, ist nicht darüber informiert worden. Das haben die Grünen früher „Nichttransparenz“ und „Nichtoffenheit“ genannt. Jetzt erfahre ich, daß sie mit einem Abgeordneten – das war natürlich Ihr grüner Kollege – gesprochen haben.

(Wolfgang Beuß CDU: Pfui!)

SPD und CDU sind über die Ausmaße dieses Skandals nicht informiert worden. Das ist die grüne Transparenzpolitik von heute.

(Beifall bei der CDU)

Nicht in Ordnung, Frau Senatorin, ist auch Ihr Hinweis, Sie setzten keine Kommission zur Wahrheitsfindung ein, weil das der Aufgabenbereich der Staatsanwaltschaft sei. Dann kümmerten Sie sich aber sieben, acht oder neun Monate nicht darum, was die Staatsanwaltschaft herausbekommen hat. Sie sagten, die müsse autonom arbeiten oder Kooperationen gingen nicht zwischen verschiedenen Zweigen des Staates. Sie hätten aber der Staatsanwaltschaft mitteilen können, Sie hätten darauf verzichtet nachzuprüfen, was die Wahrheit ist. Wenn ich dann die Staatsanwaltschaft frage – unschuldig, wie es meine Art ist –,

(Lachen bei der SPD und der GAL)

ob die Behörde gefragt habe, wie es denn vorangehe, ist die Antwort Nein. Damit hat also Frau Koppke recht. Sie waren an der Aufarbeitung dieses Skandals desinteressiert. Das ist die Sachlage.

(Beifall bei der CDU und bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Wenn ich schließlich höre, Frau Sager, warum diese Kommission so spät eingesetzt wurde, nimmt mir das den Atem. Sie sagen, weil ein Mitglied aus der Ethik-Kommission nicht gefunden worden ist. Frau Sager, ich habe Ihnen den Vorwurf gemacht, daß Sie die Kommission nicht im letzten November eingesetzt haben. Die Tatsache, daß Sie Ihre Kommission nicht vollständig besetzt bekommen haben, weil eine Person aus der Ethik-Kommission fehlte,

entschuldigt gerade mal vier Wochen. Ich rede von zehn Monaten. Sie haben diese Kommission erst eingesetzt, als die Öffentlichkeit auf Sie einschlug und Ihnen vorwarf, diese Behörde tue nichts. Als es dann in den Zeitungen stand und wir darüber debattiert haben, haben Sie die Kommission eingesetzt. Wenn Sie jetzt lächerlicherweise die letzten vier Wochen als Entschuldigung mit hineinziehen, weil Ihnen ein Ethik-Mensch abhanden gekommen ist, neun Monate aber nichts getan haben, dann zeigt das Ihre ganze Unernsthaftigkeit zu diesem Thema. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Doch der Schuft!)

Das Wort erhält Frau Fischer-Menzel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Salchow, Sie können über die Oppositionsaufgabe lamentieren, aber es ist Aufgabe der Opposition, sich damit auseinanderzusetzen, was die Regierung vorlegt,

(Wolfgang Beuß CDU: Gut, daß Sie das alles so genau wissen!)

daß sie Gesetzentwürfe macht und daß sie sich zu jedem einzelnen Gesetz mit Paragraphen auseinandersetzt. Das kann eine Regierung auch erwarten. Wenn Sie sagen, dazu haben wir aber gar keine Lust, dann frage ich Sie, was Sie in der Regierung wollen. Bleiben Sie in der Opposition.

(Beifall bei der SPD und der GAL und Zurufe von der SPD: Bravo!)

Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, als es um die Frage einer Änderung des Gesetzes und das Strategiepapier Ole von Beusts ging. Sie haben immer nur „ich“ gesagt; „ich habe vorgeschlagen“, „ich würde machen“. Sagen Sie jetzt, daß Ihr Spitzenkandidat und Ihre Partei nach der Wahl die Altlasten finanzieren werden. Sagen Sie aber gleichzeitig, woher Sie das Geld nehmen. Sagen Sie den SAGA- und GWG-Mietern, daß sie verkauft werden, um die Altlasten des UKE zu finanzieren.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Unmutsäuße- rungen bei der CDU)

Herr Dr. Salchow, Sie sollten hier schon „Butter bei die Fische“ geben und sagen, wo Sie etwas ändern wollen und welche konkreten Zahlen Sie nach der Wahl dem UKE, den Bürgern und auch den Personalräten anbieten wollen.

Sie werfen uns Desinteresse an der Aufklärung des Skandals vor.

Herr Salchow, wir haben Woche für Woche im Ausschuß zusammengesessen und aufzuklären versucht, was im UKE geschehen ist. Ich weiß nicht, ob Sie in der BWF oder im UKE gewesen sind, um sich dort die Akten anzusehen. Ich habe beides gemacht.

(Antje Blumenthal CDU: Sie haben auch genug Zeit!)

Ich habe aber meine Aufgabe als Parlamentarierin wahrgenommen, Frau Blumenthal.