Protocol of the Session on July 11, 2001

„Es ist doch besser, soliden Sozialmietern“

da sind sie wieder –

„die Wohnungen extrem günstig zu verkaufen.“

Bei dieser Gelegenheit will ich einen kurzen Schlenker zum ÖPNV machen. Wer Urlaub in Skandinavien, auf Bornholm oder auch in England macht, wird sehen, wie effektiv ein privater öffentlicher Nahverkehr ist; die Erfahrung gönne ich Ihnen.

(Dr. Michael Freytag CDU: Bornholm ist mit Ham- burg gut zu vergleichen!)

Aus diesen Äußerungen der CDU können Mieterinnen und Mieter, aber auch die Beschäftigten der öffentlichen Unternehmen erkennen, auf welch gefährlichen Schlingerkurs man sich mit der CDU bei der Frage, wer die Verantwortung in dieser Stadt trägt, einläßt. Wir nehmen diese Verantwortung ernst, mit uns gibt es keinen Privatisierungsirrweg.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Waldhelm.

(Ole von Beust CDU: Sag mal was zu Bornholm!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Duden, zum Stichwort Bornholm: Bornholm gehört zu Dänemark, und Dänemark gehört nicht zu Skandinavien.

Eine andere Vorbemerkung: Sie können Ver.di Bescheid sagen, daß Sie den Auftrag erfüllt und Ihre Hausaufgaben

gemacht haben. Das Wichtige, was uns Ver.di in den letzten Tagen gesagt hat, haben Sie auch rübergebracht, das ist also zur Kenntnis genommen worden.

(Barbara Ahrons CDU: Ver.di ist die neue Partei!)

Eine weitere Vorbemerkung: Sie haben die Haltung der CDU zum Verkauf von Wohnungen angesprochen; dazu möchte ich zwei Bemerkungen machen.

Erstens: Wir haben den Verkauf der Wohnungen unter der Voraussetzung gefordert, daß sie den Mietern angeboten werden, daß die Mieter bereit sind, die Wohnungen zu kaufen; dann wird verkauft und sonst nicht.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens: Schauen wir einmal 100 Kilometer nördlich nach Kiel. Vor zwei Monaten haben Frau Simonis und Herr Möller, beide SPD, 25 000 landeseigene Wohnungen an einen privaten Hamburger Investor verkauft.

(Barbara Duden SPD: Das war ein großer Fehler!)

Werfen Sie uns doch bitte nicht das vor, was Sie nicht wollen, sondern schauen Sie einmal, was Ihre Genossen woanders machen.

(Beifall bei der CDU)

Aber zu den öffentlichen Unternehmen gehören nicht nur GWG und SAGA. Das „Hamburger Abendblatt“ hat vor zwei Monaten über mehrere Tage einen Bericht über die Problematik der öffentlichen Unternehmen unter der Überschrift „Konzern Hamburg außer Kontrolle?“ gemacht. Das Fragezeichen lassen wir im Moment einmal so stehen, nachher wollen wir es streichen. Dieser Konzern Hamburg umfaßt 400 Beteiligungen. Hamburg hat in diesem Konzern ein Eigenkapital von 22 Milliarden DM; das ist mehr als unser jährlicher Haushalt. Dieser Konzern Hamburg hat eine Investitionssumme von 2 Milliarden DM pro Jahr und 50 000 Beschäftigte.

Meine Damen und Herren! Jeder Konzern der privaten Wirtschaft würde sich bei diesen Zahlen zunächst einmal überlegen, wie er sich entflechten kann, damit er sich besser kontrollieren und besser auf dem Markt positionieren kann, und was er davon wirtschaftlich vernünftig, meinetwegen auch sozialverträglich, veräußern kann. Das heißt, wenn dieser Konzern entflochten werden soll, muß überprüft werden, welche Aufgaben wahrgenommen und welche Aufgaben nicht wahrgenommen werden müssen. Wir wollen nicht alles privatisieren. Was staatlich gemacht werden soll, soll der Staat auch weitermachen, und was Private besser machen können, machen künftig die Privaten; das ist doch vollkommen klar.

(Beifall bei der CDU)

Messe, Nordwest Lotto und Toto, Stadtreinigung, Falkenried, HHLA, HADAG, Stadtentwässerung sind alles Bereiche, wo wir zu dem Entschluß gekommen sind, daß hier eine Privatisierung vonnöten ist.

Warum Sie da nicht heran wollen – das ist jetzt ein Kernpunkt –, hat Frau Nümann-Seidewinkel im „Hamburger Abendblatt“ vor einiger Zeit einmal ganz deutlich gesagt. Sie hat zum Stichwort Falkenried gesagt – ich zitiere –:

„Falkenried entstand als Unternehmen, das städtische Busse repariert. Daß die Hamburger Hochbahn ihre Busse gern selbst repariert und die Margen nicht Privatunternehmen zukommen lässt, kann man ja verstehen.“

Ich verstehe das nicht, das ist falsch.

(Beifall bei der CDU)

Solange in den Köpfen der Senatorinnen und Senatoren solche Denkweisen vorhanden sind, den Privaten nichts zukommen lassen zu dürfen, bekommen wir den Konzern Hamburg nicht unter Kontrolle, und deswegen ist das Fragezeichen im „Abendblatt“-Bericht auch nicht angebracht.

(Günter Frank SPD: Wer hat das denn gesagt?)

Wir brauchen in diesem Bereich eine neue Politik. So geht das nicht mehr weiter, und wir hoffen, daß diese neue Politik Ende des Jahres anfangen kann zu greifen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Hamburg hat eine ganze Menge meist ziemlich bis sehr effizienter öffentlicher Unternehmen, und das ist gut so, vor allem für die Hamburgerinnen und Hamburger.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Michael Freytag CDU: Das kann besser werden!)

Ich verstehe es als Aufgabe der GAL, eigentlich als Aufgabe aller Parlamentarier, zu sagen, Maßstab ist, ob die Aufgabe für die Bürgerinnen und Bürger effizient und preisgünstig erfüllt wird.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die Orientierung am Verbraucher ist der CDU nicht so eigen, uns aber sehr wohl.

Ich möchte vier Punkte nennen. Die öffentlichen Unternehmen sind Instrumente zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, und sie bringen dem Bürger eine sehr dienstleistungsorientierte Verwaltung. Sie sind im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung verstärkt eingesetzt worden, und das hat die Dienstleistungsorientierung für den Bürger verbessert. Diesen wichtigen Aspekt lassen Sie bei Ihrer Argumentation grundsätzlich beiseite. Ich will zwei Beispiele nennen, die bei der CDU ausdrücklich zum Verkauf anstehen, das sind die Hamburger Stadtreinigung und die Stadtentwässerung.

Zuerst zur Stadtreinigung: Die Hamburger Stadtreinigung hatte in den letzten Jahren kleine moderate Gebührenerhöhungen und in 2001 eine Gebührensenkung. Das kann man differenziert bei den Sielgebühren sehen, aber genauso beim Hausmüll. Es war auch Koalitionsziel, die Gebührenentwicklung für die Bürger unter den Steigerungsraten des Preisindex zu halten. Das ist gelungen, und das ist keine Selbstverständlichkeit; darauf komme ich später noch zurück.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zweitens möchte ich aber auf einen Satz von Ihnen eingehen, Herr Waldhelm. Sie haben eine Überschrift in einer Hamburger Zeitung zitiert mit Fragezeichen und meinten, daß am Schluß Ihrer Rede das Fragezeichen weg sei; da sind Sie aber jeglichen Nachweis schuldig geblieben. Wenn Sie sagen, die öffentlichen Unternehmen seien außer Kontrolle, dann möchte ich das gerne von Ihnen belegt haben. Daß Sie das kritisch anmerken wollen und wir das auch tun, ist in Ordnung, aber Sie bleiben ständig den Nachweis schuldig, wo denn die Kontrolle fehlt, und ma

(Barbara Duden SPD)

chen zum Beispiel im Unterausschuß öffentliche Unternehmen oder hier im Parlament den Beteiligungsbericht im Grunde gar nicht zum Thema.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Im Vergleich mit den anderen Stadtstaaten ist das – das mögen Sie vielleicht nicht richtig zur Kenntnis nehmen –, was wir an Controlling und an Steuerung der öffentlichen Unternehmen in Hamburg haben und was wir an sehr umfangreichem Material über die öffentlichen Unternehmen bekommen, vorbildlich. Wir haben vielleicht Defizite in der parlamentarischen Behandlung dieser Berichte, da bin ich mit Ihnen einer Meinung, aber wir können dem Senat keinen Vorwurf machen, daß wir die uns zur Verfügung gestellten Informationen nicht hinreichend diskutieren; das finde ich ein schwaches Argument.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Jürgen Mehlfeldt CDU: Kann der Rechnungshof das nicht prüfen?)

Ja, Herr Mehlfeldt, der Rechnungshof hat in der Regel bei den öffentlichen Unternehmen die Prüferlaubnis. Auch das stellen wir immer gemeinsam fest und hatten es auch als Thema im Unterausschuß.

Ich möchte aber noch auf einen Punkt eingehen, der nicht zuletzt genannt werden darf. Unsere öffentlichen Unternehmen sind auch wichtige Instrumente zum Erreichen ökologischer Ziele. Die Stadtentwässerung enthält ausdrücklich Ziele des Elbe- und Alsterentlastungskonzepts, und bei der Stadtreinigung ist die umweltschonende Entsorgung von Abfällen im Zielbild verankert. Verbraucherorientierte Politik heißt auch, daß die Bürger eine Daseinsvorsorge erhalten, die ökologisch orientiert und ökologisch fortschrittlich ist und sich nicht nur im Preis niederschlägt.