Wie kam es eigentlich zu diesem Gesetz? Im März 1994 – also vor vielen Jahren – hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß die Länder verpflichtet werden, förderungsfähigen Bauaufwand zu finanzieren. Dieses mußte gesetzlich fixiert werden. Es dauerte immerhin bis zum Juli 2000 – nämlich bis fast auf den Tag vor einem Jahr –, bis hier ein entsprechendes Hamburger Gesetz vorgelegt wurde. Im Januar 2001 haben wir im Schulausschuß dazu eine Sachverständigenanhörung durchgeführt.
Das Ergebnis war eine vernichtende Kritik der Sachverständigen an diesem Gesetz. Im März 2001 gab es dazu eine Senatsbefragung. Danach ruhte still der See, weil sich die Koalition nicht einigen konnte. Im April und Mai 2001 wurde dieser Punkt jeweils wieder von der Tagesordnung gestrichen.
Parallel dazu geschah in dieser Stadt etwas, womit die wenigsten – und schon gar nicht die Koalition – gerechnet hatten. Es mobilisierten sich nämlich die Eltern dieser Stadt von Schulen unterschiedlichster Trägerschaften, katholischen, evangelischen und Steiner-Schulen. Sie rückten plötzlich zusammen und standen gegen dieses Gesetz auf. Der Höhepunkt war eine beeindruckende Demonstration am 21. Juni 2001 auf dem Gänsemarkt.
Im Anschluß an diese Demonstration erfolgte dann ein Treffen mit Elternvertretern und den Koalitionären. Dort wurde ihnen sozusagen ein Kompromiß vorgeschlagen, den ich hier heute einmal als faulen Kompromiß darstellen möchte.
Zum 3. Juli 2001 haben wir dann eine öffentliche Anhörung dieses Gesetzes beantragt, weil deutlich wurde, daß die Eltern ihr Interesse an diesem Gesetz auch in der Bürgerschaft vor dem zuständigen Ausschuß artikulieren wollten. Diese Anhörung war eine schallende Ohrfeige für das Gesetz.
Wesentliche Kritikpunkte an diesem Gesetz sind, daß die Gleichrangigkeit zwischen staatlichen und freien Schulen nicht gewährleistet wird. Schon jetzt bekommen die privaten Schulen nur 46 Prozent dessen, was eine staatliche Schule bekommt. Es wird eine bestehende Ungerechtigkeit zwischen den staatlichen und den Privatschulen festgeschrieben, beziehungsweise sie werden in Zukunft noch schlechter gestellt. Sie verlieren den Beamtenzuschlag, obwohl er im Ursprung einmal Voraussetzung dafür war, daß kirchliche Schulen überhaupt entsprechende Einrichtungen anbieten durften. Ferner kommt es zu einer Absenkung der schulgebundenen Sonderbedarfe.
Die Konsequenz aller Dinge, die ich eben aufgeführt habe, ist, daß unter anderem die hervorragend arbeitende evangelische Wichern-Schule sagt, daß sie dadurch pro Jahr eine halbe Million DM weniger haben wird als jetzt. Das, finde ich, ist ein Skandal, meine Damen und Herren.
So macht man keine Politik. Das schafft Ungerechtigkeit. Mit diesem Gesetz legen Sie jetzt erstmalig die Axt an das
plurale Schulsystem. Das ist kein Gesetz für Schulen in freier Trägerschaft, sondern ein Gesetz gegen diese Schulen.
Welche Möglichkeiten haben die Schulen in freier Trägerschaft denn nun? Sie haben nur die Möglichkeit, irgendwo innerhalb ihres eigenen Budgets zu arbeiten. Das heißt, sie können das Schulgeld erhöhen, was beispielsweise in den Wichern-Schulen in den letzten Jahren in erheblichem Maße geschehen ist. Man kann aber diese Schraube nicht beliebig hochdrehen. Ferner können sie mit Gehaltskürzungen für die Lehrer arbeiten, aber ich sagte bereits, daß viele Lehrer in Schulen freier Trägerschaft jetzt schon weniger verdienen als die Kollegen im staatlichen Bereich. Sie können Entlassungen aussprechen, weil sie die Lehrer einfach nicht mehr bezahlen können, und die letzte Alternative wäre, ganze Schulen zu schließen.
All das, was dort möglich wäre, bedeutet aber auf jeden Fall eine Aushöhlung der pädagogischen Profile dieser Schulen, die dann nicht mehr konkurrenzfähig zum staatlichen Angebotsystem sein können.
Das ist eine Ungerechtigkeit par excellence, die wir schon über Jahre hinsichtlich der Verläßlichen Halbtagsgrundschule hatten. Da mußten auch erst sehr viele Hebel in Bewegung gesetzt werden, bis eine entsprechende Finanzierung stattfand.
Eine Ungleichbehandlung liegt insbesondere in dem von Ihnen immer so hoch gepriesenen gesamten staatlichen Bereich der IT-Techniken, bei dem die Privatschulen versuchen müssen, aus eigenem Bestand etwas hinzukriegen, was Sie den staatlichen Schulen über Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Das ist, wie ich finde, eine große Ungerechtigkeit.
Ich komme noch einmal auf den Koalitionskompromiß zurück, der für Schulen in freier Trägerschaft 2 Millionen DM auf zwei Jahre verteilt für Sanierungen bedeutet. Das sind 25 000 DM pro Schule.
Wenn Sie für diese Summe ganz legal – nicht schwarz – Ihre eigene Wohnung renovieren lassen würden, wüßten Sie sehr schnell, wo Sie mit 25 000 DM enden; dabei ist vielleicht gerade mal ein Anstrich drin, aber mehr auch nicht.
Hinzu kommt, daß diese 2 Millionen DM nicht irgendwo herkommen, sondern aus dem staatlichen Bereich. Das heißt, Sie nehmen es den staatlichen Schulen weg, um es erst einmal – sozusagen als kleines Trostpflaster – dort zu parken.
Die Alternative in den Staatsschulen ist, daß die Kosten hochgetrieben werden, wenn es Schulschließungen im privaten Bereich gibt. Deswegen finde ich es so unverständlich, daß Sie versuchen wollen, den Privatschulen das Wasser abzugraben, mit der Folge, daß sie schließen müssen. Diese Schüler stehen dann vor der Tür staatlicher Schulen und kosten Sie viel mehr Geld als bisher.
Warum statten Sie diese Schulen nicht so vernünftig aus, daß sie als Alternative zum staatlichen System bestehen können? Oder haben Sie Angst vor ihnen?
Eines ist mir bei dieser gesamten Diskussion nicht klar, nämlich Ihre Rolle, Frau Pape. Sie haben zu der gesamten Gesetzessituation und auch zu den Diskussionen in den letzten Wochen mehr oder weniger geschwiegen und sich vornehm zurückgehalten. Sie hätten in Ihrer Funktion als Schulsenatorin doch eine Moderationsrolle übernehmen und zwischen den Trägern der freien gemeinnützigen Schulen, Ihrer Fraktion und der Behörde vermitteln müssen. Sie haben aber keine Gesprächsbereitschaft gezeigt und wollten das Gesetz offensichtlich nur durchziehen. Das nenne ich Arroganz der Macht, oder
alternativ sind Sie nicht fähig, solche Gespräche zu führen. Ich finde, Sie haben an dem Punkt eklatant versagt. Das Wenige, das Sie bisher vorgelegt haben, wie zum Beispiel das Privatschulgesetz, ist handwerklich einfach schlecht und rechtlich höchst fragwürdig. Die Sachverständigenanhörung hat das schon ergeben. Wenn Sie heute versuchen, das Gesetz mit der Brechstange durchzuknüppeln, wird es Ihnen vom Verfassungsgericht wieder gestrichen. Ich sage Ihnen heute, daß dieses Gesetz, da es eine Ungleichheit schafft, vor keinem Gericht der Welt eine Chance hat.
Das einzig Logische, was sich mir erschließt, ist, daß Sie bei den Privatschulen jetzt weitermachen, nachdem der Mehltau des Sparzwanges schon über dem staatlichen Schulsystem liegt. Dort vollenden Sie Ihre Sparpolitik. Sie riskieren, daß diese Schulen dadurch kaputtgespart werden. Ich frage mich ferner, warum Sie diesen Zeitdruck entwickeln. Warum wollen Sie dieses Gesetz gegen aufgebrachte Eltern auf Gedeih und Verderb durchpauken? Ich verstehe es nicht.
was völlig in Ordnung ist, indem im Briefkopf jetzt nicht mehr Senat, sondern SPD und GAL steht, zeigt mir nur, daß Sie offensichtlich – aus welchen Gründen auch immer – getrieben sind, dieses Gesetz noch vor den Wahlen durchzupeitschen. Nun ist es kein Senatsgesetz mehr – das scheint Frau Pape aber auch nicht zu interessieren –, sondern die Hauptsache ist, das Gesetz wird im Hauruckverfahren durchgezogen. Das wird mit uns nicht laufen. Deswegen werden wir einer sofortigen zweiten Lesung dieses Gesetzes nicht zustimmen.
Darüber hinaus möchte ich gern noch etwas zum Verständnis im Umgang mit parlamentarischen Gremien sagen. Ich finde, daß es ein schlechter politischer Stil war, wie wir – nachdem wir die öffentliche Anhörung beschlossen haben – im anschließenden Verfahren damit umgegangen sind. Ich glaube, es ist fast ein Novum in diesem Hause, daß unmittelbar nach einer öffentlichen Anhörung ein Gesetz durchgehauen wird, und zwar mit der Mehrheit dieser Koalition.
Ich fand ein derartiges Verfahren gegenüber den Anwesenden und auch gegenüber uns selbst mehr als beschämend. Es ist ein Zeichen für schlechten politischen Stil.
Fazit: Dieses Gesetz schafft Ungerechtigkeit. Es ist verfassungsmäßig fragwürdig und wird sicherlich von einem Gericht einkassiert werden. Es ist aber auch ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Eltern, Lehrer und Schüler. Durch dieses Gesetz wird möglicherweise der Anfang vom Ende der Privatschulen eingeleitet. Daher lautet unsere Forderung: Nehmen Sie dieses Gesetz zurück. Lassen Sie es uns gemeinsam überarbeiten, damit etwas Vernünftiges dabei herauskommt. Dazu brauchen wir die Vollkosten der staatlichen Schüler, damit berechnet werden kann, wie hoch der Anteil an Bezuschussung ist – der ungefähr bei 80 Prozent liegen soll –, der den privaten Schulen pro Schüler dann gewährt werden kann. Solange wir keine andere gesetzliche Regelung haben, müssen wir auch bei der Beibehaltung des Beamtenstatus bleiben.
Nun noch einige Worte zur GAL. Frau Goetsch, Sie tun mir bei dieser Frage ernsthaft ein bißchen leid; das ist selten. Aber in diesem Fall muß ich es einmal sagen.
Frau Goetsch, es ist wirklich trickreich, was Sie momentan machen. Sie lassen ein Gesetz beschließen, und im Anschluß daran reden Sie mit Betroffenen oder schreiben ihnen Briefe nach dem Motto: In den Koalitionsverhandlungen bessern wir alles nach; mit der neuen Regierung wird alles gut. Das ist unredlich. Sie hätten es jetzt machen müssen und nicht versprechen, daß nach den Wahlen alles gut wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Beuß, wenn der Begriff Arroganz der Macht zu einer billigen Floskel wird, ist es um die Opposition sehr schlecht bestellt; den muß man anders einsetzen, als Sie ihn hier der Senatorin gegenüber gebraucht haben. Das ist unsachlich, und ich weise es zurück. Im übrigen, Herr Beuß, hat bei diesem Thema jeder, der damit beschäftigt war, gemerkt, daß Sie Ihre Oppositionsrolle gar nicht wahrgenommen haben, und das macht Sie nicht sehr glaubwürdig in dieser Sache. Ich will das erläutern.