Ich warte noch auf ein paar Ratschläge. Wenn Sie immer auf Ratschläge reagieren würden, müßte ich Ihnen heute nichts erzählen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muß sagen, daß mir das Lächeln bei diesem Thema langsam vergangen ist. Ich hätte es mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können, daß es in dieser Stadt möglich ist, daß sich in einer Behörde, die seit Jahren in der Kritik steht, in der eine Senatorin wegen festgestellter Mißstände bereits den Hut nehmen mußte, schlichtweg gar nichts geändert hat.
Es bleibt so, wie es war. Anfragen von Abgeordneten werden immer noch nicht ernstgenommen, nein, sie werden wider besseren Wissens falsch beantwortet. Auch das hatten wir alles schon einmal in dieser Behörde. Da beantworten die Sachbearbeiter die Fragen wahrheitsgemäß, dann geht die Bearbeitung in die politische Ebene, und was wird dann? Aus einem klaren Ja, das mit Zahlen, Fakten und Daten unterlegt ist, wird ein deutliches Nein. Wo sind denn die eigentlichen Fälscher? Es ist uns leider im Parlamentarischen Untersuchungsausschuß in den zweieinhalb Jahren nicht gelungen, die Fälscher festzustellen, denn sie haben keine Spuren in Form ihrer Namenszeichen hinterlassen.
Heute ist es wieder das gleiche. Mit einer Reihe von Anfragen haben wir versucht, die Vorwürfe gegenüber der Geschäftsführung und dem Vorstand des Vereins zur Betreuung von Arbeitslosen und Selbsthilfegruppen aufzu
klären. Das Fazit: Es hat sich unter der Führung von Frau Roth nichts geändert. Frau Roth gibt sich nach außen vollmundig und kämpferisch. Nach innen ist sie sprachlos, hilflos oder, wohl besser, sie ist verstrickt mit den vorhandenen Machtstrukturen in ihrer Behörde.
Aufgrund unserer Anfragen können wir Ihnen nachweisen, Frau Roth, daß Sie vom 20. Juni 2000 bis zum 14. Juni 2001 gelogen haben.
(Uwe Grund SPD: Das ist nicht in Ordnung, Herr Präsident! – Petra Brinkmann SPD: Es muß geklin- gelt werden!)
Es kommt aber noch viel schlimmer, beziehungsweise es wird noch merkwürdiger. Es gibt Anfragen der CDU, bei denen plötzlich vom Senat auf nicht gestellte Anfragen geantwortet wird. Das heißt: Wir haben die Fragen nicht gestellt, aber Sie antworten.
Unsere Fragen wurden dann auf eine Anfrage des Abgeordneten Frank beantwortet, zu einem Zeitpunkt, meine Damen und Herren – vergleichen Sie es bitte ganz genau –, als Frau Roth mit ihren Wahrheiten dringend an die Öffentlichkeit mußte, denn wir hatten zwischenzeitlich nachgewiesen, welche Erkenntnisse in der Behörde als auch beim Arbeitsamt vorhanden waren; es gab Unterlagen. Frau Roth, die vollmundig behauptet hatte, es gebe keine Erkenntnisse, mußte nun mit den Daten an die Öffentlichkeit, die wir vorher schon bekanntgegeben haben.
Weiterhin müssen wir feststellen, daß die Anfrage von Herrn Frank dazu benutzt wurde, die Ungereimtheiten nachzuweisen beziehungsweise den Eindruck zu erwecken, als wolle man der Öffentlichkeit die Wahrheit sagen. Frau Roth, diese Aufklärung ist Ihnen leider nicht gelungen. Wir mußten hier wieder die herzlich zugewandte Zusammenarbeit des ehemaligen parlamentarischen Untersuchungsausschußvorsitzenden Frank mit der von ihm getragenen Senatorin feststellen. Filz bleibt eben Filz.
Man fragt sich auch hier, ob Frau Roth Einfluß auf die Beantwortung Kleiner Anfragen genommen hat. Oder zeigt sich Frau Roth hier genauso unbeteiligt wie Herr Runde bei der Beantwortung von Großen Anfragen zum Thema AJA im Jahre 1993 und wie sie es heute tut? Fast wie damals brauchte es genau zwei Jahre, bis dann die Wahrheit stückchenweise an das Licht kam.
Wer trägt eigentlich die Verantwortung für die Beantwortung von Anfragen? Wir haben versucht, das im Untersuchungsausschuß zu klären. Ich hatte immer geglaubt – in meiner Schlichtheit muß ich beinahe sagen –,
daß hierzu der Senat die Verantwortung trägt, muß aber feststellen, von Verantwortung bisher keine Spur.
Nun im einzelnen zu den Vorwürfen gegenüber dem Verein zur Betreuung von Arbeitslosen. Den Zuwendungsbescheid für das Wirtschaftsjahr 1998 erstellte die Behörde nach Ablauf des Jahres 1998, nämlich erst im Januar 1999. Nach den Erkenntnissen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Filz“ bedeutete ein erstellter Zuwendungsbescheid nach Ablauf des betreffenden Wirt
schaftsjahres, daß die Behörde die Verwendung der Steuergelder durch den jeweiligen Träger nachträglich ohne Prüfung und Kritik gebilligt hat, um keine Rückforderungen stellen zu müssen. Auch hier ist wieder an den Fall Michael Pape zu erinnern.
Nachdem bekannt wurde, daß die BAGS bereits im März 1998 Hinweise auf Unregelmäßigkeiten hatte, müssen wir nun feststellen, daß außer einem fragwürdigen Schriftwechsel zwischen Herrn Dr. Bartke aus der BAGS – auch aus dem PUA bekannt – und dem Geschäftsführer des Vereins, Herrn Diekwisch, nichts weiter unternommen wurde. In diese Zeit fallen – wahrscheinlich nur rein zufällig – eine Aufstockung der Mitarbeiter, Änderungsanträge zu den Zuwendungen durch den Verein und eine Erhöhung der Mittel. Ich wiederhole es: Es ist das Jahr 1998, von dem ich rede. Es ist das Jahr, in dem die Arbeitslosen und die ABMKräfte teilweise zu Wahlkampfzwecken der SPD mißbraucht wurden; und wenn man die BAGS kennt,
weiß man, daß selbstverständlich keiner aus der SPD-Betriebsgruppe BAGS etwas gegen den Verein unternehmen wird, wenn dort doch die gleichen Freunde sitzen.
Es kommt aber noch schlimmer. Das Arbeitsamt wird als Begründung zur Vermeidung der Aufklärung vorgeschoben, weil es teilweise die Antworten auf parlamentarische Anfragen verweigert. Die BAGS versteckt sich wie selbstverständlich dahinter. Der Zufall will es aber, daß Mitarbeiter der BAGS an betreffenden Veranstaltungen und Sitzungen des Arbeitsamtes sowie Vernehmungen von Zeugen teilgenommen haben. Frau Roth, warum haben Ihre Mitarbeiter die Anfragen nicht wahrheitsgemäß beantwortet? Warum haben Sie nicht Ihre Erkenntnisse, die in den dortigen Veranstaltungen zutage getreten sind, an uns weitergegeben? Sie haben gar nicht den Versuch einer Aufklärung gemacht. Sie sagen, Sie wollen abwarten, bis das Arbeitsamt entscheidet. Das kennen wir alles schon aus dem Fall Pape.
Was prüft das Arbeitsamt eigentlich? Es prüft die Unterlagen der Projekte und die Tätigkeitsnachweise der ABMKräfte. Die BAGS dagegen prüft aufgrund der institutionellen Förderung die Zuwendungen an den Verein.
Die Vorlage der Verwendungsnachweise für 1999 durfte der Verein mit Einverständnis der Behörde von Frau Roth bis zum 3. Januar 2001 hinauszögern, obwohl die BAGS seit 1999 von einer ehemaligen Mitarbeiterin des Vereins detaillierte Informationen erhalten hatte. Angeführt wird der krankheitsbedingte Ausfall des Geschäftsführers, dabei haben Sie, Frau Roth, ganz andere Möglichkeiten, den Verein zeitnah zu prüfen.
Die Prüfung des Verwendungsnachweises soll erst Ende dieses Jahres erfolgen. Ich sage Ihnen nur eins, meine Damen und Herren von der SPD und der GAL: Erinnern Sie sich an den Fall Pape. Zur Zeit sieht es so aus, als wenn alles daran gesetzt wird, den Verein kaputtzumachen und die Beschäftigten an einen neuen Träger zu übergeben. Das Fazit aus der AJa war, daß die Zuwendungen anschließend nicht mehr geprüft wurden mit der Begründung, daß zuviel Prüfungsaufwand entstünde. Diese Begründung zählt dieses Mal nicht. Sie haben alle Gelegenheit, dieses zeitnah zu prüfen, und dazu fordere ich Sie nachdrücklich auf.
Frau Roth, Sie haben bei Antritt Ihres Amtes vollmundig verkündet, Sie wollten aufräumen, wenn es etwas aufzuklären gebe. Sie hätten hier die Möglichkeit, die Zuwendungsempfänger zu kontrollieren, aber Sie sind dazu nicht willens, wenn diese von Gewerkschaftskollegen und Parteifreunden geleitet werden.
Damit ziehen Sie, Frau Roth, die intensive Arbeit des PUA über zweieinhalb Jahre nahezu ins Lächerliche.
Herr Dr. Christier, Sie haben auf einer Pressekonferenz im November vergangenen Jahres gesagt, daß der PUA wertvolle Erkenntnisse erbracht habe,
die positive und nachhaltige Einflüsse ausdrücklich auf die Verwaltung aller Behörden haben müßte. Ganz ähnlich war auch Herr Frank zu vernehmen. Nach all diesen Vorkommnissen wollen Sie nun Ihrer Senatorin das Vertrauen aussprechen.
Die SPD hat als eine Folge der mangelhaften Steuerung und Kontrolle durch die BAGS sogar den berechtigten Vertrauensverlust der Hamburgerinnen und Hamburger genannt. Und wo sind Ihre Folgen? Die GAL, die im November ebenfalls das Erschrecken über das Verwaltungshandeln in der BAGS geäußert hatte, wollte die Verwaltung in Ordnung bringen. Dazu zählt natürlich auch die BAGS. Hat sich Ihr Bewußtsein eigentlich geändert?
Frau Roth, Sie hatten mehr als drei Jahre Zeit, in der BAGS die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sich die Vorgänge, die der Parlamentarische Untersuchungsausschuß aufgegriffen hat, ändern. Zu den Einzelkomplexen des PUA, der Alida-Schmidt-Stiftung, der Altonaer Jugendarbeit und der Hamburger Arbeit, wurde in der Öffentlichkeit lang und ausgiebig über die Mißstände in der Behörde berichtet. Frau Roth, Sie hatten die Chance, sich zeitnah über die strukturellen Fehler zu informieren und persönlichem Fehlverhalten in Ihrer Behörde nachzugehen. Der Fall des Vereins zur Betreuung von Arbeitslosen und Selbsthilfegruppen deckt auf, daß Sie diese Chance nicht genutzt haben.
Manchmal, Frau Roth, wenn Sie meinen, einmal wieder in der Öffentlichkeit Ihre Dynamik beweisen zu müssen, geht das – man muß es fast sagen – natürlich schief. Hierzu nenne ich zwei Beispiele.
Erstens: Die Aktenbeschlagnahmung durch Ihre Behörde. Das war wirklich ganz toll. Die Staatsanwaltschaft hat Ihnen sehr deutlich gezeigt, was sie davon hält, sie hat nämlich die Akten bei Ihnen sofort weggeholt; kein Wunder, denn in Ihrer Behörde verschwinden Akten
und tauchen Aktenkartons unbestimmten Inhalts auf. Was ist also das Fazit? Nicht einmal die Staatsanwaltschaft hat Vertrauen in Ihre Arbeit und in die der BAGS.
Zweites Beispiel: Die vollmundige Presseerklärung Ihrer Behörde vom 12. Juni 2001. In einem NDR-Interview, das