Protocol of the Session on June 14, 2001

Im neuen Krankenhausplan für das Jahr 2005 ist vorgesehen, daß die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Rissen ausgebaut wird und damit die Versorgung des gesamten Bezirkes Altona übernommen werden kann. Das Albertinen-Krankenhaus wird eine psychiatrische Abteilung erhalten, wodurch auch die Bevölkerung von Eimsbüttel wohnortnah versorgt werden kann. Absehbar ist auch die Erweiterung der psychiatrischen Abteilung in Bergedorf, deren problematische räumliche Enge die Aufsichtskommission eindrücklich beschrieben hat.

Im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie werden wir durch den Aufbau eines dritten Standortes in Harburg endlich die seit langem angemahnten Verbesserungen erreichen, und es wird hoffentlich bald nicht mehr vorkommen, daß psychisch schwerstkranke Jugendliche in der Erwachsenen-Psychiatrie untergebracht werden müssen.

Gleichzeitig – und das ist uns sehr wichtig – wird mit dem Ausbau der klinischen Abteilungen in den Bezirken auch das tagesklinische Angebot erweitert. Wir kommen also dem Ziel der wohnortnahen Versorgung und damit dem Vorrang der ambulanten Behandlung vor der stationären

näher. Die GAL-Fraktion ist froh, daß wir diese Verbesserungen der psychiatrischen Versorgung trotz der angespannten Haushaltslage und trotz des besonderen Kostendrucks im gesamten Gesundheitsbereich erreichen konnten.

(Beifall bei Antje Möller und Anja Hajduk, beide GAL)

Die Aufsichtskommission befaßt sich in ihrem Tätigkeitsbericht auch mit der Frage der Verlegung psychisch kranker Hamburger und Hamburgerinnen in Einrichtungen außerhalb Hamburgs. Erstmals hat sie deshalb auch das Pflegeheim Luisenhof in Bimöhlen besucht. Dort werden in letzter Zeit häufig sogenannte besonders schwierige psychisch kranke Hamburger untergebracht, für die es in Hamburg keine entsprechenden Versorgungsangebote gibt.

Besonders schwierig ist es, Plätze für ehemalige Patienten aus dem Maßregelvollzug zu finden.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz.)

Nach Einschätzung der Kommission fehlen insbesondere auch für alte psychisch kranke Menschen Einrichtungen in Hamburg. Der Senat teilt uns nun in der Kommentierung des Kommissionsberichtes mit, daß die Verlegungen gerontopsychiatrisch Erkrankter nach außerhalb rückläufig seien. Zahlen liegen uns hier leider noch nicht vor. Ich hoffe, daß das bald belegt werden kann.

Die Bürgerschaft hat bereits 1998 einen Verlegungsstopp für psychisch kranke Hamburger in Einrichtungen außerhalb Hamburgs beschlossen und einen detaillierten Bericht über diese Verlegungen erbeten. Wir warten noch auf die Antwort des Senats.

Wir wissen, daß die Beendigung der Verlegung nach außerhalb und damit die Einlösung der Versorgungsverpflichtung durch die Freie und Hansestadt Hamburg ein sehr ehrgeiziges Vorhaben ist. Darum begrüßen wir es ausdrücklich, daß die BAGS zusammen mit einer kompetenten Steuerungsgruppe an der Umsetzung arbeitet. Auch wenn der angestrebte Verlegungsstopp noch nicht realisiert werden kann, so hätten wir doch gern noch einen Zwischenbericht in dieser Legislaturperiode.

Insgesamt bin ich zuversichtlich, daß die Aufsichtskommission in ihrem nächsten Tätigkeitsbericht positive Veränderungen berichten wird. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL)

Ich gebe das Wort der Abgeordneten Brinkmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bericht der Aufsichtskommission zeigt deutlich, daß es in den letzten Jahren Fortschritte bei der Versorgung psychisch kranker Menschen in Hamburg gegeben hat. Er zeigt aber ebenso deutlich, daß es in vielen Bereichen noch Schwierigkeiten gibt, die nicht nur sehr genau von der Aufsichtskommission, sondern auch von uns begleitet werden müssen, damit sich hier keine Verschlechterungen einschleichen können.

Ich möchte zunächst ein paar positive Punkte aufzeigen, die sich in 1998 und 1999 entwickelt haben. Dazu möchte ich vier Punkte nennen.

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL)

Erstens: Die Umsetzung der Sektorisierung ist weiter fortgeschritten und gerade im Krankenhausplan 2005 noch einmal aufgezeigt worden. So wird jetzt fast jeder Bezirk seine eigene Psychiatrie bekommen. Altona wird in Rissen eine eigene Psychiatrie bekommen, und für den Bezirk Eimsbüttel wird im Albertinen-Krankenhaus eine Psychiatrie errichtet. Damit wird diese Forderung, die wir hier einmal einvernehmlich beschlossen haben, allmählich umgesetzt.

Der zweite positive Punkt ist, daß das Grundprinzip, so viel ambulant wie möglich und so viel stationär wie nötig, nach wie vor gilt. Allerdings fehlt es bei der Umsetzung hier zum Teil noch an ambulanten Einrichtungen. Dort würden wir uns mehr Fortschritte wünschen.

Einen dritten Punkt, Frau Freudenberg, habe ich der Drucksache etwas anders entnommen als Sie. Da geht es um die Verlegung in Einrichtungen, die außerhalb Hamburgs liegen. Meiner Ansicht nach geht aus der Drucksache sehr deutlich hervor, daß die Patienten und Patientinnen nicht mehr gegen den eigenen Willen nach außerhalb verlegt werden, es sei denn, die fachliche Qualifikation liegt nicht vor. Das mag in einigen Bereichen noch so sein, aber es hat keine Verlegung gegen den Willen eines einzelnen Patienten gegeben. Es waren persönliche Wünsche, die nach Rickling geführt haben, oder auch fachliche. Andere Gründe werden aus meiner Sicht in der Drucksache nicht deutlich.

Der vierte und letzte Punkt, den ich sehr begrüße, sind die frauenspezifischen Projekte, die jetzt in Hamburg aufgenommen werden. Das ist zum einen das Rooming-in im Klinikum Nord, das Projekt für die Migrantinnen und Migranten sowie das Projekt für gewalterfahrene Frauen. Das sind Dinge, die hervorzuheben sind.

Es gibt auch kritische Punkte anzumerken, und ich möchte mit dem Klinikum Nord beginnen. Dazu sind schon viele Punkte genannt worden. Durch die Sektorisierung ist es im psychiatrischen Bereich zu einem starken Abbau der Betten gekommen,

(Dietrich Wersich CDU: Stimmt doch gar nicht!)

und das hat Schwierigkeiten hervorgerufen. Dennoch, denke ich, daß die Spezialisierung dort weiter vorgenommen werden kann; bei einer Bettenzahl von immerhin 600 im psychiatrischen Bereich ist das möglich. Kritisch wird von uns die Verweildauer beobachtet; das wurde schon gesagt, und das will ich nicht weiter ausführen.

Sehr aufmerksam haben wir den Teil mit der Klimaveränderung gelesen; auch das ist bereits ausgeführt worden. Auch hinsichtlich des Vertrauensverlustes sind wir bei der Berichterstattung und der Beantwortung der Fragen sehr aufmerksam geworden. Wir gehen davon aus, daß es in den nächsten Monaten durch die personellen Veränderungen im ärztlichen Direktorium einige Veränderungen geben wird. Wir werden es hinterfragen.

(Dietrich Wersich CDU: Herr Vetter war schuld, oder wie?)

Den Brief, den der Gesundheitsausschuß bekommen hat und den Sie angesprochen haben, haben wir etwas anders verstanden. Hinsichtlich der Fixierung gab es unserer Ansicht nach deutliche Aussagen, daß die Vorwürfe, die aus dem Gesundheitsausschuß kamen, von der Kommission nicht geteilt wurden. Allerdings haben auch wir die Überbelegung auf den Stationen zur Kenntnis genommen und akzeptieren das in dem Maße nicht. Wir werden vor Ort

nachfragen und uns dafür einsetzen, daß dort etwas passiert.

Der zweite kritische Punkt für uns ist die Situation im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich. Die hat sich zwar gegenüber dem Zeitraum von 1996 und 1997 verbessert, jedoch wird der ansteigende Bedarf an Plätzen zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen nach wie vor durch lange Wartezeiten und durch die Inanspruchnahme von Betten in der Erwachsenenpsychiatrie deutlich. Das darf nicht sein. Die Zielgröße, die im Krankenhausplan 2005 dafür avisiert wird, nämlich 104 vollstationäre Betten, angesiedelt am UKE, im Wilhelmstift, aber auch im Süden Hamburgs, und die 23 Betten im tagesklinischen Bereich, sowohl am UKE wie im Hamburger Süden, müssen schnellstmöglich umgesetzt werden. Wir würden es sehr begrüßen, wenn schon im nächsten Jahr erste Erfolge zu sehen sind.

Mit dem UKE und dem Wilhelmstift ist vereinbart, daß bis zum 1. Dezember dieses Jahres ein Konzept entwickelt wird, das eine akute psychiatrische Versorgung von Kindern und Jugendlichen gewährleistet, und damit auch die Anbindung im Hamburger Süden ermöglicht wird. Die zwölf Plätze für den Entzug in der Fachklinik Bokholt, die 1997 und 1998 entstanden sind, entlasten die Situation, und das begrüßen wir sehr.

Der dritte kritische Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die anhaltende Diskussion über starke Fixierungen im Krankenhaus Bergedorf. Da setzen wir auf die baulichen Veränderungen, die natürlich auch für das Personal und die Patienten Entlastungen bringen werden. Wir hoffen, daß dadurch die Fixierungen zurückgefahren werden können, und werden sehen, wie es im nächsten Bericht von der Aufsichtskommission, die das weiter kritisch begleitet, dargestellt wird.

Durch die Fusion vom AK Bergedorf und dem Krankenhaus Bethesda werden die vollstationären Betten der Psychiatrie bis zum Jahr 2005 von derzeit 56 auf 72 Betten ausgebaut, und es kommt eine teilstationäre Versorgung hinzu. Dadurch versprechen wir uns eine Entlastung in dem Bereich.

Des weiteren geht der Bericht auf die Pflegesituation in geschlossenen Pflegeheimen ein – das hat Frau Freudenberg bereits angesprochen. Wir wollen nicht verhehlen, daß wir die Situation gerade im Bereich von pflegen & wohnen sehr kritisch beobachten. Durch die Umwandlung in eine Anstalt des öffentlichen Rechts kam es bei pflegen & wohnen zu nachhaltigen Veränderungen. Dieser Rechtszustand räumt den Betreibern mehr Selbständigkeit in der Führung und dem Betrieb der Pflegeeinheiten ein, wodurch es zu erheblichen strukturellen Veränderungen gekommen ist. Diese Veränderungen bestehen darin, daß ein Großteil der Patienten jetzt von niedergelassenen Ärzten betreut wird. Daß die ärztliche Versorgung von betriebseigenen Ärzten – in Anführungsstrichen – abgebaut wird, ist lange von uns gefordert worden. Das ist jetzt vollzogen und wird aus diesem Bericht deutlich. Allerdings kommt es dadurch für das Pflegepersonal zu einem erhöhten Aufwand in der Arbeitsführung und Planung.

Die Einrichtung der geschlossenen Pflegeplätze reichen nach dem Bericht der Kommission für Hamburg aus. Die Stationen sind zwar gut ausgelastet, weisen aber keine nennenswerte Warteliste auf. Um die Versorgung in diesen Einrichtungen auch nachhaltig qualitativ zu verbessern, sind unterschiedliche Lösungsansätze erarbeitet worden,

(Petra Brinkmann SPD)

die weiterhin beobachtet werden müssen. Von der Aufsichtskommission wurde kritisch angemerkt, daß die Bewohner teilweise nicht mehr in den Genuß von besonderen Programmen kommen, die einen belebenden und beschäftigenden Charakter haben. Die Ausweitung der Versorgung befindet sich im ambulanten wie im stationären Bereich in einer schwierigen Situation.

Eine weitere Frage ergibt sich für mich noch aus der Anhörung, die wir vor zwei Tagen zum Krankenhausplan gehabt haben, inwieweit man nämlich die Aufsichtskommission verbessert auch in die Patientenberatung einbauen kann. Hierzu könnte ich mir vorstellen, daß es sehr sinnvoll ist, daß Patienten und Patientinnen, die in die Psychiatrie eingewiesen werden, schriftlich darüber informiert werden, daß es diese Aufsichtskommission gibt und daß sie, wenn sie Beschwerden haben, die Mitglieder der Aufsichtskommission anrufen und sich mit ihnen in Verbindung setzen können. Das ist vielen Patienten und Patientinnen vielleicht noch nicht klar, so daß man die Situation an dieser Stelle noch verbessern könnte.

Als letztes geht mein Dank an die Mitglieder der Aufsichtskommission, die über die Jahre hinweg eine sehr intensive ehrenamtliche Arbeit geleistet haben. Das ist dem Parlament bewußt, und wir danken der Aufsichtskommission für ihre Arbeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Wersich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir möchten der Aufsichtskommission für ihre Arbeit danken, denn sie kümmert sich um die Belange psychisch Erkrankter hier in Hamburg und nimmt damit eine sehr wichtige Arbeit wahr. Es ist ein einzigartiges Instrument, die Krankenversorgung öffentlich zu kontrollieren. Das haben wir leider in anderen Bereichen nicht so, aber insofern sind diese Berichte immer besonders aufschlußreich.

Der Bericht hat auch deutlich gemacht, wie engagiert die Mitarbeiter in der Psychiatrie in Hamburg sind und daß sie keine einfache Arbeit leisten. Auch dafür gilt unser Dank.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Es ist allerdings schlecht, daß die Vorlage dieses Berichtes derartig verzögert wird, denn die Ergebnisse von 1998 und 1999 erst heute zu bekommen bedeutet, daß man politisch eben nicht aktuell reagieren kann. Der Senat braucht mehr als ein Jahr, um seine eigene Stellungnahme zu formulieren; das ist zu lange.

Während dieser gesamten Zeit der letzten Jahre haben wir aber Alarmsignale aus der Psychiatrie bekommen. Wir hatten die Erklärung der Hamburger Psychiater, Patientenberichte, Zeitungsartikel, die insbesondere den massiven Betten- und Personalabbau im größten psychiatrischen Krankenhaus Ochsenzoll thematisiert haben. Patienten würden krank entlassen, es gebe Überbelegungen, und die notwendigen ambulanten Strukturen seien nicht aufnahmebereit. Diese Kritikpunkte sind im Gesundheitsausschuß immer wieder zur Sprache gebracht worden, und wir haben bei der Behörde nachgefragt, die uns immer sagte, daß sie von diesen Dingen so nichts wisse.

Jetzt lesen wir im Bericht der Aufsichtskommission, daß diese Berichte, die die Vorwürfe bestätigen, der Behörde

bereits vor einem Jahr zugegangen sind. Das heißt, die Behörde wußte Bescheid und hat uns im Gesundheitsausschuß entsprechend falsch informiert beziehungsweise nicht informiert. Deshalb lohnt sich der Blick in den Bericht der Kommission.

Da ist zunächst der Bettenabbau im Klinikum Ochsenzoll. Er beträgt laut Krankenhausplan 769 Betten. Entgegen diesem Plan ist die Bettenkapazität vom AKO sozusagen eigenmächtig um 20 Prozent auf 629 Betten reduziert worden. Die Aufsichtskommission hat dafür ausschließlich ökonomische Faktoren ausgemacht, und sie befürchtet einen Qualitätsverlust der klinisch-psychiatrischen Versorgung dort. Für die Aufsichtskommission – ich zitiere einmal –:

„... konnten Gründe, die eine drastische Bettenreduzierung ohne Einschränkung der Qualität der Versorgung psychisch Kranker ermöglichen, nicht überzeugend dargelegt werden.“