Protocol of the Session on February 27, 2025

Zahlreiche Maßnahmen zur Gewaltprävention wurden bereits auf den Weg gebracht:

Verbindliche Schutzkonzepte. Jede Schule erarbeitet individuelle Maßnahmen gegen Gewalt, gegen sexuellen Missbrauch, gegen Mobbing.

Die Arbeit in multiprofessionellen Teams. Sozialpädagogische, psychologische und Präventionskompetenz unterstützt Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler.

Rechts- und schulpsychologische Unterstützung. Lehrkräfte erhalten klare Anleitungen, wie sie bei Gewalttaten vorgehen können. Programme wie „Schulmediation“ und „Prävention im Team“ fördern Konfliktlösungskompetenzen und den respektvollen Umgang in der Schulgemeinschaft.

Schutz für Lehrkräfte. Hessen hat als erstes Bundesland einen Handlungsleitfaden für Gewalterfahrung von Lehrkräften eingeführt.

Nicht zuletzt sind unsere Schulen als zentrale Akteure bei der Vermittlung von Medienkompetenz und der Prävention von Cybermobbing aktiv.

Wir sprechen Entwicklungen nicht nur an, wir setzen uns damit auseinander, und wir handeln als Hessen-Koalition mit ganz konkreten Maßnahmen. Wir gehen an der Stelle weiter. Die zum Schuljahr 2024/2025 in den Intensivklassen eingeführte Initiative zur Wertevermittlung und Demokratiebildung wird auf alle Schülerinnen und Schüler ausgeweitet. Neben den Schulen und den Familien ist dabei die gesamte Gesellschaft gefragt, Werte wie Respekt, Toleranz, Freiheit und Verantwortung vorzuleben. Die von der Landesregierung gestartete „WERTvoll-Tour“ ist ein ganz wichtiger Beitrag hierzu.

Ich bin unserem Kultusminister Armin Schwarz ausdrücklich dankbar für diese wichtigen Initiativen, die gemeinsam auf den Weg gebracht wurden und die genau die richtigen Weichenstellungen zur richtigen Zeit sind.

(Beifall CDU und vereinzelt SPD)

Weiterhin ist die Kooperation hessischer Schulen mit Polizei und Justiz besonders hervorzuheben, die darauf abzielt, Straftaten zu verhindern und den Schutz von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern zu verbessern. Die Schulen haben einen direkten Ansprechpartner bei der Polizei für Präventions- und Notfallmaßnahmen.

Hier möchte ich die in diesem Jahr gestartete Initiative „Cops im Dialog – Polizei und Schule im Austausch“ ausdrücklich hervorheben. Trotz gestiegener Gewaltbereitschaft und Kriminalität gehört Hessen bundesweit zu den sichersten Ländern. Die Kriminalitätsbelastung liegt unter dem Bundesdurchschnitt, und die Aufklärungsquote ist

weit überdurchschnittlich. Meine Damen und Herren, lieber Herr Innenminister Prof. Poseck, auch das ist eine gute und wichtige Nachricht für die Schulen in Hessen.

(Beifall CDU und SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben als Gesellschaft eine gemeinsame Verantwortung. Die Bekämpfung von Gewalt in der Gesellschaft beginnt bei der Erziehung im Elternhaus und mit der Wertevermittlung in unseren Schulen. Das ist kein Sprint, das ist gewiss ein Langstreckenlauf, aber wir haben gemeinsam diesen langen Atem. Wir werden die Herausforderung nicht mit einem einmaligen Projekt meistern können, aber die verschiedenen Maßnahmen und Initiativen ergeben eine langfristige und nachhaltige Strategie.

Die Schulen sind keine passiven Spiegelbilder der Gesellschaft. Sie sind Orte, an denen unsere Gesellschaft aktiv geprägt und gestaltet wird. Doch dies geht nur gemeinsam im Einklang mit Eltern, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, der Politik sowie vielen weiteren wichtigen Institutionen wie beispielsweise unserer Polizei. Wir alle tragen diese Verantwortung. Noch einmal gilt: An Hessens Schulen ist kein Platz für Gewalt.

(Beifall CDU, SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dafür braucht es zwei Seiten einer Medaille: präventive Maßnahmen und Kompetenzvermittlung auf der einen Seite, genauso wie Klarheit und Konsequenz, wo es erforderlich ist, auf der anderen Seite. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist kein Oder, sondern ein Und, weil beides notwendig ist und zusammengehört. Auch das ist ein klarer Ausdruck christlich-sozialer Realpolitik unserer Hessen-Koalition. – Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall CDU und SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster erhält Herr Abgeordneter Meier für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich meinen Fraktionsvorsitzenden zitieren: „Machen ist wie reden, nur krasser.“ Das wäre vielleicht die richtige Einlassung.

Wir reden heute auf Antrag der CDU-Fraktion über die Bildungspolitik in Hessen. Die Koalitionsfraktionen haben zu ihrem Setzpunkt einen Entschließungsantrag eingebracht – was für einen. Fast zweieinhalb Seiten haben sie gefüllt. Das haben wir nicht allzu oft. Da denkt man erst einmal: Wow, jetzt kommt er, der große Aufschlag dieser Landesregierung in der Bildungspolitik. Heute präsentieren sie uns einmal einen ganzen Strauß Maßnahmen, die sie in Angriff nehmen werden. Sie werden jetzt ein richtiges Feuerwerk zünden.

Dann liest man Ihren Entschließungsantrag. Man liest und liest, und liest weiter. Es dauert eine ganze Weile, bis man diese zweieinhalb Seiten erst einmal durchgelesen hat. Dann stellt man leider fest: Dieser Entschließungsantrag hat wirklich das Zeug zur Mogelpackung des Jahres.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Moritz Promny (Freie Demokraten))

Er hat eine extra voluminöse Verpackung. Er hat dafür aber ganz wenig Inhalt.

Sie haben das mit vielen Worten aufgeschrieben. Es gibt jede Menge Prosa. Da steht viel Selbstverständliches. Sie präsentieren dann eine kleine neue Idee bzw. eineinhalb kleine neue Ideen. Sie präsentieren uns mit viel Tamtam eine Mogelpackung, während die zentrale Frage, wie Sie die massiven Herausforderungen in der Bildungspolitik angehen wollen, wieder einmal unbeantwortet bleibt.

Bereits im ersten Absatz Ihres Entschließungsantrags begegnet uns ein echtes Novum. Ein Entschließungsantrag im Parlament dient eigentlich dazu, in Vertretung der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes Handlungsaufträge an die Landesregierung zu formulieren. Liebe Mitglieder der Koalitionsfraktionen, Sie haben sich offenbar gedacht: Das wäre langweilig. Machen wir das doch einmal umgekehrt. – Sie nutzen Ihren Entschließungsantrag allen Ernstes, um an die Eltern dieses Landes zu appellieren, ihre Kinder richtig zu erziehen.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Das ist ein guter Vorschlag!)

Das ist keine Frage: Die Familie ist die primäre Sozialisationsinstanz. Da sind wir uns alle einig. Aber in diesem Ton die Bürgerinnen und Bürger zu belehren, das ist anmaßend und von oben herab.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vereinzeltes Lachen CDU)

Das geht gar nicht. Bevor CDU und SPD hier den moralischen Zeigefinger erheben, sollten sie sich zunächst einmal darauf konzentrieren, ihrer eigenen Verantwortung gerecht zu werden. Sie sollten ihren Job erledigen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wider- spruch CDU)

Sie sollten für gute Kindertagesstätten und Schulen mit ausreichend Erzieherinnen und Erziehern, mit Lehrkräften, mit genügend Betreuung, mit Ganztagsangeboten, mit Schulsozialarbeit, mit Psychologinnen und Psychologen, mit einer modernen Ausstattung und ohne bürokratische Strukturen sorgen. Doch da kommt von Ihnen bisher wenig bis gar nichts.

Sie sind jetzt über ein Jahr im Amt. Doch bis auf schrille Debatten und ein paar wenige Schaufensterprojekte ist bisher wenig passiert.

Ein gutes Beispiel für diese Schaufensterprojekte ist der sogenannte Werteunterricht für die Intensivklassen. Für den wollen Sie sich heute feiern lassen. Grundsätzlich befürworten wir mehr Bildung hinsichtlich der Demokratie und mehr Wertevermittlung. Wir sind uns vermutlich fast alle darüber einig, dass das nötig ist. Nur muss das inhaltlich fundiert, ordentlich vorbereitet und mit zusätzlichen Ressourcen hinterlegt sein.

Was ist stattdessen passiert? – Die Schulen haben kurzfristig vom Ministerium einen Satz an Unterlagen von der Bundeszentrale für politische Bildung zugeschickt bekommen. Sie haben also nicht einmal eigene Unterrichtsmaterialien erstellt. Dann hieß es: Nun macht einmal. – Ab da sollte es pro Woche zwei Stunden Werteunterricht geben, und zwar ohne zusätzliche Unterrichtszeit, ohne ein fächer

übergreifendes Konzept und ohne Klarheit darüber, wie die schon bestehenden Inhalte weiterhin Raum haben sollen.

Dazu haben wir eine Kleine Anfrage gestellt. Die Antworten darauf waren schon ziemlich dürftig. Auf die Frage, warum die Wertevermittlung zwangsläufig im Rahmen des Deutschunterrichts erfolgen muss und nicht fächerübergreifend erteilt werden kann, gab es keine Antwort. Auf die Frage, ob die zwei Stunden Werteunterricht in zwei extra als solche ausgewiesenen Stunden unterrichtet werden müssen oder ob die Lehrkräfte das nach eigenem Ermessen auf die fünf Deutschstunden verteilen können, gab es keine Antwort.

Auf die Frage, ob die Handreichung den verbindlichen Charakter eines Curriculums habe, wurde ausgewichen. Die Handreichung biete eine inhaltlich-fachliche Orientierung zur Unterrichtsplanung. Ach ja. All das macht klar: Es ist kein Plan vorhanden, wie der Werteunterricht umgesetzt werden soll.

Auf eine Frage haben Sie uns dann doch noch eine sehr interessante Antwort gegeben. Auf die Frage, welche Unterrichtsinhalte zukünftig zulasten der neuen Inhalte zur Wertevermittlung wegfallen müssten, antworteten Sie, es müssten keine bestehenden Unterrichtsinhalte gestrichen werden; denn es habe schon vorher im Deutschunterricht der Intensivklassen eine Wertevermittlung gegeben. – Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und der SPD, das ist wohl ein schlechter Scherz.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Entweder ist Ihre Initiative wirklich etwas Neues oder zumindest ein Ausbauen der bisherigen Inhalte, dann braucht man dafür mehr Zeit und mehr Ressourcen. Oder Ihre Initiative ist gar nichts Neues und damit eine medienwirksame Nebelkerze.

Auf jeden Fall ist neu, dass die Schulleitungen angehalten sind, das Ganze ausführlich zu kontrollieren. Sie schaffen also mehr Bürokratie und zusätzliche Belastungen für die Schulleitungen, obwohl wir ständig darüber reden, dass wir eigentlich genau das Gegenteil brauchen würden. Unsere Schulleitungen müssen von der Bürokratie entlastet werden.

Was ist noch neu? Es gibt zusätzlich die „WERTvoll-Tour“ des Kultusministers. Damit will er sich für diese Initiative ohne Plan und ohne Konzept feiern lassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr Bürokratie für die Schulen und eine Promotionstour für den Minister sind wahrlich kein Grund, sich hier feiern zu lassen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Moritz Promny (Freie Demokraten))

Das ist nicht nur wenig, das ist peinlich. Wir teilen Ihre Sorgen, dass der Ton in der Gesellschaft immer rauer und unversöhnlicher wird. Wir erleben eine Polarisierung und eine Radikalisierung gerade junger Menschen.

Wir GRÜNE haben hierzu noch im Oktober 2024 einen Antrag als Setzpunkt in das Plenum eingebracht. Vielleicht erinnern Sie sich. Der Unterschied ist, dass wir Vorschläge gemacht haben, wie die Politik handeln kann und was unsere Schulen brauchen. Wir haben nicht mit dem erhobenen Zeigefinger Appelle an die Menschen gerichtet. Wir haben zum Beispiel vorgeschlagen, die Medienbildung deutlich auszubauen, das Schulfach „Digitale Welt“ flächendeckend einzuführen. Denn soziale Medien wie Tik

Tok tragen maßgeblich zu dieser Verrohung und Radikalisierung bei. Wir haben dazu einen Haushaltsänderungsantrag eingebracht, den Sie allerdings abgelehnt haben.

Legen Sie dann doch bitte eigene Vorschläge vor, die ernst genommen werden können. Sie müssen mit Konzepten und zusätzlichen Ressourcen hinterlegt sein. Das darf keine Maßnahme sein, die entweder gar nicht neu ist oder die, wenn sie neu ist, von den Schulen, die ohnehin schon am Anschlag sind, irgendwie hineingequetscht werden muss. Das ist keine seriöse Politik. Dafür bekommen Sie von uns sicherlich keinen Applaus.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun haben Sie angekündigt, dass dieser Werteunterricht im nächsten Schuljahr für alle Schülerinnen und Schüler ausgerollt werden soll. Auch da ist noch völlig unklar, wie das genau umgesetzt werden soll. Herr Minister, vielleicht können Sie heute hier etwas dazu sagen. Ich würde mich darüber sehr freuen.

Wie soll das verankert werden? Wird es dafür eine zusätzliche Unterrichtsstunde geben? Fällt dafür etwas weg? Nutzen Sie das aktuelle Schuljahr wenigstens, um das jetzt konzeptionell besser vorzubereiten? Sie sollten die Schulen nicht weiterhin mit schlecht geplanten Vorgaben überfrachten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen hinsichtlich der Bildungspolitik einen Schritt nach vorne. Wir brauchen kein Werfen von Nebelkerzen und keine Symbolpolitik.