Protocol of the Session on February 27, 2025

Die jeweiligen Vertreter dieser Bewegung würden dies niemals eingestehen, doch müssen wir feststellen: Zwischen den rassistischen, antisemitischen und chauvinistischen Parolen im Dunstkreis von Rechtsextremisten sowie Islamisten und Fundamentalisten aller Religionen gibt es eine große Gemeinsamkeit. Sie alle pflegen eine ausgeprägte gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gegenüber Zugewanderten, Ungläubigen, Frauen, Homosexuellen oder anderen, künstlich herbeigezogenen Feindbildern. Diese mündet oftmals in Gewalt.

Alle lehnen Demokratie, Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit ab oder haben ein mit unserem Grundgesetz nicht zu vereinbarendes Verständnis von Gesellschaft. Sie beanspruchen auf ihre Weise einen Alleinvertretungsanspruch bzw. das Recht zur autoritären Durchsetzung ihrer Ideologie. Der damit einhergehende Anstieg von Gewalt ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Diese Gewalt begegnet uns im Netz, in unseren Schulen und verändert dadurch unsere Gesellschaft.

Wer Gewalt erlebt, erfährt nicht nur körperlichen oder seelischen Schaden, sondern schlimmstenfalls verliert man auch das Vertrauen in sein Umfeld, in den Rechtsstaat und in die Möglichkeit, Konflikte friedlich zu lösen.

Besorgniserregend ist, wenn gewaltsame Auseinandersetzungen in Schulen als legitimes Mittel der Problemlösung angesehen werden, wenn Kinder die Kinder der anderen auf den Schulhöfen als „schwule Sau“ oder als „Juden“ beschimpfen. Unsere Kinder und Jugendlichen dürfen nicht den Eindruck erlangen, dass sich die Lautesten und Stärks

ten durchsetzen oder dass Respektlosigkeit und Einschüchterung belohnt werden;

(Beifall SPD und CDU)

denn sonst laufen sie Gefahr, zu einer Generation zu werden, die sich nicht mehr an Regeln und Werte gebunden fühlt. Das können wir und dürfen wir nicht hinnehmen.

Aber wie begegnen wir dieser Entwicklung? Wir wissen, dass man Gewaltbereitschaft nicht allein durch härtere Maßnahmen bekämpfen kann. Viel wichtiger ist es, schon in der Schule auf die Ursachen einzugehen. Diese Ursachen sind oft vielfältig: mangelnde Konfliktfähigkeit, fehlendes Vorbildverhalten, eine zunehmend polarisierte Gesellschaft und nicht zuletzt ein Umfeld, in dem Respekt und Empathie immer weiter in den Hintergrund rücken.

Deshalb ist die Vermittlung sozialer Kompetenzen und demokratischer Werte entscheidender denn je. Wir müssen jungen Menschen zeigen, dass Konflikte nicht mit den Fäusten oder durch Hetze im Netz gelöst werden, sondern durch Dialog, gegenseitiges Verständnis und eine klare, aber respektvolle Auseinandersetzung.

(Beifall SPD, vereinzelt CDU und Moritz Promny (Freie Demokraten))

Die Schulen sind dafür ein zentraler Ort. Hier wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch das Fundament für das gesellschaftliche Miteinander gelegt. Das bedeutet aber auch, dass wir Schulen in die Lage versetzen müssen, ein stabiles Fundament für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bilden. Lehrkräfte und Elternhaus können dies allein nicht leisten. An dieser Stelle möchte ich allen Lehrkräften, allen Lehrerinnen und Lehrern Respekt und Anerkennung aussprechen – für mich, für meine Fraktion und für die Koalition.

(Beifall SPD und vereinzelt CDU)

Wir sehen die Lösung in multiprofessionellen Teams aus Lehrkräften und Sozialarbeitern. Daher haben wir im Koalitionsvertrag klargestellt, die Arbeit in unseren Schulen durch den Ausbau pädagogischer Fachkräfte auf viele Schultern zu verteilen.

(Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und keiner folgt den Worten!)

Wir wollen Projekte wie die „Digitalen Helden“ fördern, die gezielt Medienkompetenz und positiven Umgang mit digitalen Konflikten vermitteln; denn Gewalt zeigt sich längst nicht mehr nur auf dem Schulhof, sondern auch in WhatsApp-Gruppen, auf TikTok oder in anderen sozialen Netzwerken. Cybermobbing ist oftmals genauso zerstörerisch wie körperliche Gewalt. Deshalb müssen junge Menschen frühzeitig lernen, Verantwortung für ihr Handeln im digitalen Raum zu übernehmen.

Genauso wichtig ist es, dass wir in den Schulen wieder mehr über unser gemeinsames Miteinander sprechen – nicht abstrakt und theoretisch, sondern konkret und lebensnah. Was bedeutet Respekt im Alltag? Wie lösen wir die Konflikte, ohne dass jemand als Verlierer dasteht? Wie gehen wir mit Meinungsverschiedenheiten um, ohne den anderen zu entmenschlichen? Wie setzen wir unsere Grundrechte bestmöglich um? Diese Fragen müssen außer im Unterricht auch Platz in gelebter Schulkultur finden.

(Beifall SPD und vereinzelt CDU)

Hetze und Verschwörungstheorien erreichen heute über Social Media immer mehr Menschen, auch Jugendliche. Der Kampf gegen extremistische Ideologien und für ein demokratisches Miteinander beginnt also nicht erst im Erwachsenenalter, sondern er beginnt in der Schule.

Wir müssen deshalb die Demokratieförderung weiter ausbauen. Schülerinnen und Schüler brauchen nicht nur eine fundierte politische Bildung, sondern auch geschützte Räume, in denen sie lernen, kontroverse Themen respektvoll zu diskutieren. Nur so werden sie mündige Bürgerinnen und Bürger, die ihre Leben nach den Grundpfeilern unserer Demokratie, Art. 1 bis Art. 20 Grundgesetz, ausrichten.

(Beifall SPD und vereinzelt CDU)

Sie müssen verstehen, welche Gefahren von Rassismus und weiteren extremistischen Störungen ausgehen, wie Fake News und Propaganda funktionieren und warum Hass niemals eine Lösung sein darf. Die Schulen stehen hierbei zusammen mit Eltern in der Pflicht.

Programme wie „Gewaltprävention und Demokratielernen“ oder die Zusammenarbeit von Schulen mit Ordnungsbehörden und Präventionsbeauftragten müssen weiter gestärkt werden. Das wollen wir als Koalition, wie wir es in unserem Koalitionsvertrag vereinbart haben, weiterhin fördern. Daher begrüße ich auch die Fortführung des Programms „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“.

Nicht zuletzt ist entscheidend, welche Demokratie-Initiativen, Vereine und Organisationen wir fördern, die sich tagtäglich gegen Menschenfeindlichkeit einsetzen, etwa durch Aufklärung, Beratung oder die direkte Unterstützung von Betroffenen.

Dabei möchte ich auch sehr vielen Ehrenamtlichen, die in den Sportvereinen und in verschiedenen Initiativen tätig sind, danken. Sie sind die Säulen der zivilen Gesellschaft. Sie sind auch unverzichtbar für unsere Demokratie.

(Beifall SPD und vereinzelt CDU)

Die GEW hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht ausreicht, sich symbolisch gegen Extremismus zu stellen, sondern es braucht Taten. Ein Demokratieförderungsgesetz, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben, ist ein wichtiger Schritt, um langfristige, stabile Strukturen für Demokratiebildung zu schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir tragen zusammen mit den Eltern eine Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen in unserem Land, aber auch für die Zukunft unserer Demokratie. Lassen Sie uns ein starkes Zeichen setzen gegen Gewalt, gegen Extremismus und für eine Gesellschaft, in der Respekt, Mitmenschlichkeit und Zusammenhalt unter dem Motto: „Die Würde des Menschen unantastbar“, die Grundlage unseres Zusammenlebens sind. – Vielen Dank.

(Beifall SPD und CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Moritz Promny, FDP-Fraktion. Bitte sehr, Moritz.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entschließungsantrag der Koalition von CDU und SPD enthält zweifellos wichtige Ansätze zur Gewaltprävention und Wertebildung. Als Freie Demokraten begrüßen wir das Ziel, Schulen zu sicheren Orten zu machen und soziale Kompetenzen zu fördern.

(Beifall Freie Demokraten)

Zugleich müssen wir uns fragen: Ist dieser Ansatz in dieser Form wirklich der richtige Weg? – Bildung ist der Schlüssel. Sie öffnet die Türen zur persönlichen Freiheit und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Bildung ist mehr als Prävention und Wertevermittlung. Bildung bedeutet Befähigung, Emanzipation des Einzelnen. Wir Freie Demokraten sehen drei zentrale Herausforderungen, die wir gemeinsam angehen müssen:

Erstens. Verantwortung des Einzelnen stärken. Der Entschließungsantrag betont die Rollen von Schule und Elternhaus. Meine Damen und Herren, wir wollen noch ein Stück weitergehen. Junge Menschen brauchen Räume, in denen sie lernen, Verantwortung für sich selbst, aber auch für andere zu übernehmen – nicht nur durch Regeln, sondern durch eigene Erfahrung. Es geht am Ende des Tages darum, die Lücken im Wissen nicht mit Vorurteilen, sondern mit Kenntnis zu schließen. Das ist der Punkt.

(Beifall Freie Demokraten)

Zweitens. Es wird auf die digitale Bildung abgestellt. Ich denke, wir müssen auch diesen Bereich neu denken. Die bisherigen Vorschläge aus Ihrem Entschließungsantrag greifen zu kurz. Wir brauchen keine Kontrollprogramme, sondern wir brauchen eine klare Strategie, die junge Menschen befähigt, die Chancen der Digitalisierung kreativ und selbstbestimmt zu nutzen. Das ist der Weg.

Als dritter Punkt wird es darum gehen, die Freiheit und Sicherheit auszubalancieren. Wir sind der Auffassung, Schulen dürfen keine Festungen der Überwachung werden.

(Lisa Gnadl (SPD): Festungen der Überwachung?)

Festungen der Überwachungen. Es geht um Prävention, ja, aber nicht um den Preis der individuellen Entfaltung.

Meine Damen und Herren, dieser Entschließungsantrag, den Sie vorgelegt haben, atmet schon den Geist von Kontrolle und Reglementierung.

(Lisa Gnadl (SPD): Ach du liebe Zeit!)

Ja. – Wo bleibt denn da der Raum für Innovation? Wo bleibt der Raum für mutige Ideen? Wo bleibt der Raum für Fehler, aus denen wir lernen können? Die Schulen sollten doch ein Ort der Hoffnung sein, meine Damen und Herren.

(Beifall Freie Demokraten – Ingo Schon (CDU): Waren Sie schon einmal in einer Schule?)

Ja, ich war an vielen Schulen, anders als Sie vielleicht. – Wir Freie Demokraten fordern daher, dass wir mehr unterstützen und mehr Vertrauen in unsere Lehrkräfte, in unsere Schüler und die jungen Menschen sowie in ihre Kreativität haben. Denn das ist unsere Zukunft.

(Beifall Freie Demokraten)

Wir brauchen echte Partizipation und keine Bevormundung. Lassen wir sie doch mitgestalten. Lassen wir doch die Schulgemeinschaft, die Lehrkräfte und die Schülerin

nen und Schüler, mitgestalten. Eine Bildungspolitik der Befähigung ist der richtige Weg. Geben wir ihnen die Instrumente an die Hand, die sie brauchen, und keine Fessel. Stichwort: Instrumente. Herr Kultusminister Schwarz, damit meine ich nicht nur die Blockflöte.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Stellen wir uns Schulen vor, in denen junge Menschen nicht nur Wissen erwerben, sondern tatsächlich auch ihre Träume verwirklichen können. Gemeinsam können wir unsere Schulen zu Leuchttürmen machen – Orte der Freiheit, der Verantwortung und der Kreativität. – Vielen Dank.

(Beifall Freie Demokraten)

Vielen Dank, Herr Kollege Promny. – Das Wort hat der Kultusminister, Staatsminister Armin Schwarz. Bitte sehr, Armin.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich vorneweg zunächst noch einmal ganz herzlich bei den Fraktionen der CDU und der SPD bedanken. Dieser Entschließungsantrag kommt exakt zur richtigen Zeit; denn Gewalt und Verrohung sind kein diffuses Gefühl, sondern sie sind leider zunehmend Realität in dieser Gesellschaft. Deswegen darf ich Ihnen eines sagen, Herr Abgeordneter Meier: Ich weiß nicht, wo Sie unterwegs sind oder ob Sie der Welt entrückt sind, aber ich finde, dass man bei den Themen Gewaltprävention, Demokratiebildung und Wertevermittlung auch einmal ein und denselben Geist anstimmen kann. Wertevermittlung und Demokratiebildung sind ein Megathema für diese Landesregierung. Darauf setzen wir einen Akzent, und darauf sind wir auch stolz.