Protocol of the Session on December 9, 2020

Um das einmal beim Namen zu nennen: Ich finde, das ist ein knallharter Wortbruch. Sie ist in Hessen herumgetourt und hat sich für das Gute-Kita-Gesetz feiern lassen. Wir machen die Komplementärfinanzierung. Nun werden wir das in den kommenden drei Jahren allein kompensieren müssen. Das finde ich schändlich. Das ist knallharter Wortbruch.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Also immer vorsichtig mit den wilden Pferden.

In der Pandemie ist deutlich geworden, wir brauchen eine gute Gesundheitsstruktur, eine gute Gesundheitspolitik, eine auskömmliche Krankenhausstruktur. Deshalb erhöhen wir die Mittel für die Krankenhäuser auf 290 Millionen €. So viele Investitionsmittel gab es noch nie zuvor in diesem Bundesland. Wir waren schon vorher im ersten Drittel aller Bundesländer. Wir verbessern uns nun noch einmal. Ich finde, das ist ein gutes Signal.

Auf Seite 13 der Auflistung des Budgetbüros können Sie erkennen, was alles geleistet wird: Leistungen nach § 25 und § 26 des Hessischen Krankenhausgesetzes, Förderung durch pauschale Mittelzuweisung, Einzelbewilligungen im Rahmen von Krankenhausprogrammen, Sonderprogramm

für die Darlehensfinanzierung, Krankenhausförderung usw. Am Ende kommen für das Jahr 2021 für die hessischen Krankenhäuser 389 Millionen € heraus. Ich finde, das ist eine großartige Zahl. Das entlarvt Ihre Behauptung, wir würden die Krankenhäuser in irgendeiner Form alleine lassen. Die hessischen Krankenhäuser sind gut aufgestellt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU – Christiane Böhm (DIE LINKE): Und wie viel ist von den Kommunen?)

Erwähnt wurden viele gute Initiativen, die wir gemacht haben. Die Würde des Menschen ist unantastbar – das ist unser Auftrag. Auch die Würde des arbeitslosen Menschen ist unantastbar. Wir sind stolz auf dieses Programm für den sozialen Arbeitsmarkt. Das war ein Einstieg in den sozialen Arbeitsmarkt. Wir hätten uns mehr Unterstützung von der Bundesregierung gewünscht. Die kam aber leider nicht. Wir helfen langzeitarbeitslosen Menschen, den Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu finden.

Die Unantastbarkeit der Würde des Menschen gilt ebenso für Jugendliche, die keinen Abschluss haben. Deswegen haben wir eine Ausbildungsförderungsgarantie ausgesprochen. Wir werden auch den Betrieben helfen, die in dieser wirtschaftlichen Krise große Probleme haben, weil wir wollen, dass jeder Jugendliche einen Abschluss macht.

Für die Schulgeldfreiheit – die Kollegin Ravensburg hat es ebenfalls erwähnt – stellen wir 24 Millionen € zur Verfügung. Für Menschen mit Sinnesbehinderungen haben wir 6 Millionen € eingestellt. Damit geben wir 4.000 Menschen die Möglichkeit, ihre Situation angemessen zu verbessern. Das sind keine sehr großen Beiträge, aber kleine Hilfen. Das haben die Verbände auch gesagt. So können Taubblinde und Gehörlose kleine technische Assistenzen kaufen. Ich finde es richtig, wenn das Land auch Geld für Menschen mit Sinnesbehinderungen in die Hand nimmt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Für Maßnahmen für den ländlichen Raum stehen zusätzlich 3,4 Millionen € zur Verfügung. Im Etat für das kommende Jahr haben wir bereits berücksichtigt, dass wir eine Landarztquote wollen. Diese werden wir natürlich regelund gesetzeskonform auf den Weg bringen. Deswegen wird es entscheidend darauf ankommen, wie hoch diese Quote sein wird und wie wir sie flankieren, damit sie auch tatsächlich erfolgreich wird.

Der runde Tisch hat uns Maßnahmen für die Hebammenversorgung vorgeschlagen. Hierfür haben wir Mittel eingestellt, damit ein Hebammenförderprogramm auch in Kraft gesetzt werden kann. Wir haben jedes Jahr 60.000 Geburten. Betroffen sind also 60.000 Frauen und deren Partner, insgesamt 120.000 Menschen. Wenn wir noch die besorgten Großeltern mit einbeziehen, reden wir über eine Viertelmillion Menschen, die sich jedes Jahr Sorgen darüber machen, dass das Kind gesund zur Welt kommt und dass die Mütter vorher und nachher gut betreut werden. Deshalb wollen wir ein gutes Hebammenförderprogramm. Im nächsten Jahr gehen wir den ersten Schritt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Das Sozialbudget ist auch schon angesprochen worden. Das Sozialbudget ist eine Zusammenfassung von 55 Förderprodukten, von 55 Maßnahmen und Programmen, die allesamt der sozialen Infrastruktur Hessens dienen. Damit werden die Ausgaben und die Strukturen planungssicher.

Die Vereine, Institutionen und Verbände wissen somit, was sie in den nächsten Jahren ausgeben können und dass sie von Kürzungen ausgenommen sind. Dies haben wir steigern können von 70 Millionen € auf mittlerweile 120 Millionen €. Dieses Budget ist bundesweit einmalig. Das gibt es in keinem anderen Bundesland. Ich finde, es ist vorbildlich, wie Hessen den sozialen Zusammenhalt und die soziale Infrastruktur zukünftig gewährleisten will.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Die Auflistung könnte ich um ein Vielfaches erweitern.

Ich will noch erwähnen, dass ich besonders stolz darauf bin, dass wir die Gemeinwesenarbeit, also das, was man früher „Arbeit in sozialen Brennpunkten“ nannte, weiter aufstocken. Es gibt viele Stadtteile, die soziale Problemlagen haben. Wir wollen alles dafür tun, dass in diesen Stadtteilen ein friedliches Zusammenleben möglich ist. Wir wollen alles in unserer Kraft Stehende tun, dafür zu sorgen, dass die Menschen dort miteinander reden, dass ihnen in ihren sozialen Notlagen geholfen wird. Dieses Programm ist vorbildlich. Wir werden die Mittel für dieses Programm weiter aufstocken, das Programm weiter verstärken. All das hilft dem sozialen Zusammenhalt in unserem Bundesland.

Ich möchte zusammenfassend sagen: Wir machen unfassbar viel, wir geben unfassbar viel Geld aus. Der Sozialetat wurde um einen dreistelligen Millionenbetrag aufgestockt. Viele Vorschläge der Opposition sind unbestritten gut. Alles, was die Opposition will, ist aber, dass es von dem, was wir machen, noch ein bisschen mehr gibt.

(Zurufe AfD)

Ich pflege dann immer zu sagen: Wenn das alles ist, dann ist es gut.

(Zuruf Robert Lambrou (AfD))

Sie von der AfD wollen alles zusammenstreichen, weil Ihnen die Sozialpolitik wurscht ist. Das ist eine andere Frage. Aber mit Ihnen will ich mich gar nicht beschäftigen.

(Zuruf Robert Lambrou (AfD))

Wenn die demokratische Opposition nur vorschlägt, das zu tun, was wir sowieso schon tun, wenn die Regierungsfraktionen von der Opposition aufgefordert werden, von dem, was sie tun, noch mehr zu tun, dann kann die Regierungspolitik nicht ganz falsch sein. Ich bin stolz auf unsere Sozial- und Gesundheitspolitik.

(Zuruf Robert Lambrou (AfD))

Sie sind keine demokratische Opposition. – Herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Für die Freien Demokraten hat nun Herr Pürsün das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für uns ist ein krisensicherer Haushalt einer, der keinen Bereich vernachlässigt, der durch Investitionen Potenziale entfesselt und Chancen schafft.

Es wird grundsätzlich empfohlen, etwas Positives zu sagen, bevor man kritisiert. Deshalb möchte ich die Landesregierung loben, wenn sie gezwungenermaßen einmal etwas richtig macht. In diesem Fall geht es um die Investitionskosten für Krankenhäuser. Wir haben stets eine Erhöhung dieser Investitionen gefordert, und diese kam dann auch. Gemeinsam haben wir das klasse gemacht.

Nun zur Kritik; die Liste ist selbstverständlich deutlich länger. Ein Hebammengeld steht schon länger im Raum. In den letzten Haushalt waren dafür aber keine Mittel eingestellt. Der Grund dafür war, dass man zunächst das Ergebnis der Arbeit des runden Tisches und das Gutachten abwarten wollte – etwas, worüber wir schon seit Jahren diskutieren, worauf wir schon seit Jahren warten. In der Zwischenzeit liegt beides vor. Trotzdem findet sich im Haushaltsplanentwurf kein Titel für das Hebammengeld. Was nun in Sachen Geburtshilfe im kommenden Jahr genau unternommen wird, bleibt fraglich.

Ein weiteres Sorgenkind ist der öffentliche Gesundheitsdienst. Spätestens seit dem Ausbruch der Pandemie weiß das jeder.

(Beifall Freie Demokraten)

Wir haben schon im Juli 2019 den Blick auf die Gesundheitsämter gelenkt; dem Gesundheitsminister ist das trotzdem entgangen. Es ist schade, dass es immer noch nicht gelungen ist, eine einheitliche Software für die Gesundheitsämter auszurollen.

(Beifall Freie Demokraten)

Eine solche Software wurde 2019 für das Jahr 2020 versprochen. Nun werden wir auf 2021 vertröstet – pandemiebedingt, wie es heißt. Aber ist es nicht gerade die Pandemie, die erfordert, dass die Gesundheitsämter funktionieren? Wie kann es sein, dass zwar alle 26 Landkreise mit einer einheitlichen Software arbeiten, um die Impfungen zu koordinieren, dass die Gesundheitsämter aber immer noch verschiedene Softwareprogramme nutzen? Wieso sind die Gesundheitsämter immer noch nicht mit einer ordentlichen IT ausgestattet, obwohl wir das unentwegt fordern? Warum hat die Landesregierung die Gesundheitsämter nicht schon lange in die Lage versetzt, digital und damit effizienter und weniger fehleranfällig zu arbeiten?

Die Folgen, die wir alle jetzt zu spüren bekommen, sind weitaus gravierender, als jegliche Bedenken es jemals sein könnten.

(Beifall Freie Demokraten)

Mit „Folgen“ meine ich einen Lockdown mit all seinen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen. Ein Lockdown ist eine Folge dessen, dass das Containment nicht funktioniert. Auf jede Anfrage, auf alle Fragen in Berichtsanträgen wird geantwortet, dass die Nachverfolgung der Infektionen der Schlüssel zur Eindämmung der Pandemie sei. Die Nachverfolgung funktioniert aber schon lange nicht mehr. Warum wurde verpasst, sich vorzubereiten? Warum wurde der Sommer hierfür nicht genutzt? Konkrete Projekte und eine mutige Förderung der Digitalisierung sucht der Leser in dem Haushaltsplanentwurf vergebens.

(Beifall Freie Demokraten)

Die Pandemie hat außerplanmäßige Ausgaben nötig gemacht. Allerdings scheint es, als sei durch die Pandemie völlig in den Hintergrund gerückt, dass es Bereiche gibt, die wir nicht vernachlässigen dürfen, beispielsweise die

Kinder- und Jugendarbeit, die psychische Gesundheit der Menschen, die Einsamkeit und die damit verbundenen Herausforderungen für Senioren, die HIV-Prävention und -Beratung sowie die Auswirkungen von Gewalt in der Familie. Die in diesen Bereichen gestiegenen Bedarfe bildet der Haushaltsentwurf leider nicht ab.

Es bleibt auch offen, wie die Landesregierung dauerhaft auf den Personalmangel in der Pflege reagieren möchte. Es hilft bedauerlicherweise nämlich nicht, Geld für Beatmungsgeräte auszugeben, die dann mangels Pflegern doch nicht genutzt werden können. Apropos Beatmungsgeräte: Die Zahlen der Corona-Patienten auf den Intensivstationen und die Zahl der freien Betten beunruhigen, aber Sie nehmen es politisch hin, dass die Betten knapp werden. Sonst wären die Freihaltepauschalen erstens früher und zweitens an alle Krankenhäuser gezahlt worden. Es ist nicht falsch, nur das Nötige vorzuhalten. Tun wir dann aber bitte nicht so, als gebe es keine andere Wahl.

Hessen hat auch ohne Berlin die Möglichkeit, hier mehr zu leisten. Zugleich stockt die Entlassung aus den Krankenhäusern mangels Angeboten. Das verstehe, wer will.

Werte Kolleginnen und Kollegen der Landesregierung, bitte erklären Sie, wie es sein kann, dass nach wie vor so viele Menschen sterben. Warum wurden erst jetzt FFP2-Masken für vulnerable Gruppen ausgegeben? In Tübingen sind diese Masken schon vor einem Monat an Risikopatienten verteilt worden, während die Masken hier in Hessen seit Langem in den Lagern liegen. Wir fordern seit Monaten, Alte und Kranke zu schützen. Ich möchte gerne aus einem Kommentar von Michael Watzke zitieren:

Alle vier Minuten stirbt in Deutschland derzeit ein Mensch an oder mit Corona. … Er oder sie wird nicht mehr genug Luft bekommen und in einem Krankenhaus, einem Altenheim oder zu Hause dem COVID-Virus erliegen. In vielen Fällen werden keine Verwandten am Krankenbett stehen und Abschied nehmen können – die meisten Infizierten sterben allein. … Niemand lebt ewig. Menschen sind sterblich. Aber es müssten nicht fast 500 Menschen in Deutschland pro Tag an oder mit Corona sterben. Wir reden von Menschen. Sie mögen in vielen Fällen alt und gebrechlich sein, aber ohne Corona könnten sie noch viele Jahre Eltern, Großeltern, Partner und Mitmenschen sein. Wir brauchen sie, wir dürfen sie nicht einfach opfern.

(Beifall Freie Demokraten)

Werte Kolleginnen und Kollegen, bitte erklären Sie mir, wie es sein kann, dass anlasslose Schnelltestungen im politischen Betrieb wie ein Cappuccino an der Theke verfügbar sind, aber in Alten- und Pflegeheimen nicht flächendeckend möglich sind.

(Beifall Freie Demokraten)