Protocol of the Session on December 9, 2020

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kasseckert. – Für die AfD-Fraktion hat sich Herr Lichert zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, werte Kollegen! Natürlich finden diese Haushaltsberatungen im Schatten von Corona statt. Ebenso natürlich ist es, dass der Staat in solchen Krisenzeiten besonders gefordert wird. Keiner will hier den Brüning machen und den untauglichen Versuch

unternehmen, sich aus so einer dramatischen Krise herauszusparen.

Es ist aber überhaupt nicht natürlich, dass ganz nebenbei die Grundsätze des Haushaltens scheinbar bei vielen über Bord gehen oder zu gehen drohen. Wenn ich mir ansehe, was auf der Ebene des Bundes passiert, so habe ich doch sehr das Gefühl, dass das Superwahljahr 2021 seine Schatten vorauswirft.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, wir sind es unseren Kindern und Enkeln schuldig, gewissenhaft mit dem Geld heutiger und zukünftiger Steuerzahler umzugehen. Alles andere ist grob fahrlässig und somit schuldhaft.

Wir bilden uns viel auf unsere soziale Marktwirtschaft ein. „Marktwirtschaft“ ist das Substantiv, „sozial“ das Adjektiv. In diesem grammatikalischen Zusammenhang steckt viel Wahrheit. Wenn die Marktwirtschaft nicht funktioniert, dann können Sie noch so viele Adjektive daran anflanschen und daraufkleben: Es bleibt dabei, es funktioniert nicht.

(Beifall AfD)

Da wir hier den Einzelplan des Wirtschaftsministers zu debattieren haben, lassen Sie uns einen Blick auf die Arbeitsteilung in der sozialen Marktwirtschaft werfen. Sozialpolitik ist der Reparaturbetrieb, und Wirtschaftspolitik soll dafür sorgen, dass möglichst wenige überhaupt von dieser Möglichkeit Gebrauch machen müssen.

(Beifall AfD)

Das soziale Rettungsnetz für die Gestrauchelten und diejenigen, die durch Krankheit, Unfall oder Behinderung nicht angemessen für sich selbst sorgen können, stellt niemand infrage. Aber ich stelle infrage, ob Hessens Wirtschaftspolitik denn tatsächlich dafür sorgt, dass möglichst wenige Bürger auf die Hilfe des Staats angewiesen sind.

Meine Damen und Herren, erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist immer und überall Ordnungspolitik. Das Ziel dieses Ordnungsrahmens muss die Steigerung der Produktivität sein. Denn sie ist die Quelle und die einzige Quelle unseres Wohlstands. Im Übrigen ist Wohlstand durch Produktivität auch haargenau die Antwort, wenn heutzutage Naturschutz, Ressourcenschonung und ein gerechterer sozialer Ausgleich gefordert werden.

(Beifall AfD – Zuruf)

Lassen Sie uns konkret werden. Bürger und Unternehmen sind heutzutage von politischen Wendemanövern umzingelt. Die Energiewende kennen wir leider nur zu genau. Die Verkehrswende soll nach Kräften herbeisubventioniert werden. Jetzt soll auch noch die Wärmewende den Gebäudebestand Deutschlands begrünen.

Schauen wir aber auf die Effektivität dieser Maßnahmen. Corona ist vieles, aber vor allen Dingen auch ein Weckruf, dass die fetten Jahre endgültig vorbei sind.

(Beifall AfD)

Ausgabenkritik ist immer Aufgabenkritik. Das Stichwort ist schon genannt worden. Also lassen Sie uns doch einmal exemplarisch überprüfen, ob es wirklich sinnvolle Aufgaben des Landes sind, die diversen Wendehälse und Sackgassenbewohner zu subventionieren.

(Beifall Dr. Frank Grobe (AfD))

Sackgasse Nr. 1: die Energiewende. Die Energiewende ist gescheitert, es hat bloß noch nicht jeder gemerkt. Wir haben die höchsten Strompreise auf der Welt, und je mehr kostenloser Strom im Netz ist, umso teurer wird es.

(Zuruf Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Spätestens wenn Kernkraft- und Kohlekraftwerke vom Netz gehen, werden nicht nur die volkswirtschaftlichen Schäden, sondern auch noch tatsächliche Schäden durch Stromausfälle hinzukommen. Der Blackout im Netz wird den Blackout in der Politik sichtbar machen, und dann, aber leider erst dann, wird der Energiewende der Stecker gezogen.

(Beifall AfD)

Kein Land der Welt folgt Deutschland auf diesem Holzweg. Niemand steigt gleichzeitig aus Kohle und Kernkraft aus. Im Gegenteil, die Kernkraft steht vor einer Renaissance.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir Deutsche sind irgendwie immer viel schlauer als der Rest der Welt.

(Beifall AfD)

Für den sogenannten Klimaschutz fordern wir seit Anbeginn eine Erfolgs- und Wirksamkeitskontrolle, damit nur noch die Projekte mit den niedrigsten CO2-Vermeidungskosten überhaupt gefördert werden. Solange es diese Erfolgskontrolle nicht gibt, und in Anbetracht der gewaltigen Belastungen für den Haushalt ist es nicht mehr zu verantworten, Klimaschutz ins Blaue hinein zu betreiben. Dementsprechend werden wir die Axt an den sogenannten integrierten Klimaschutzplan anlegen. Wir werden zumindest entsprechende Änderungsanträge formulieren.

(Beifall AfD)

Für die Landesenergieagentur haben wir auch eine gute Idee. Sie soll weniger PR- und Promotion-Agentur für die Energiewende werden, sondern eine Agentur für Erfolgskontrolle. Denn es geht eben nicht um mehr Klimaschutz für jeden Preis, sondern um die Erhöhung der Energieeffizienz. Energieeffizienz kann sich lohnen, und das muss sie auch; denn alles andere ist ein Anschlag auf den uns noch verbliebenen Wohlstand.

Sackgasse Nr. 2: Wärmewende und Wohnbaupolitik. Bevor ich konkret zur hessischen Wohnbaupolitik komme, muss ich Sie über ein Desaster auf Bundesebene informieren: die energetische Sanierung von Gebäuden. Eigentlich sollte das ein ganz vernünftiges Anliegen sein. Durch bauliche Maßnahmen wird der Energieverbrauch reduziert, und durch die niedrigeren Energiekosten werden diese Investitionen amortisiert. Es gibt nur ein kleines Problem: Das funktioniert nicht.

(Beifall AfD)

Am 17. September dieses Jahres – schönen Gruß an die FDP-Fraktion in Berlin – wurde dort eine entsprechende Anfrage beantwortet. Ihr ist zu entnehmen, dass zwischen 2010 und 2018 497 Milliarden € in Deutschland in energetische Gebäudesanierung geflossen sind, 342 Milliarden € davon in Wohngebäude, 155 Milliarden € in Nicht-Wohngebäude.

Auf den ersten Blick sieht das sogar gut aus; denn es hat zu Energieeinsparungen und damit auch CO2-Emissionsreduktionen von ca. 20 % geführt. Das klingt gut, oder? Aber wenn Sie die CO2-Emissionen um Temperaturunterschiede bereinigen, dann bleiben sage und schreibe klägliche 3 % weniger Energieverbrauch übrig.

Meine Damen und Herren, 500 Milliarden € für 3 % Energieeinsparung – das ist niederschmetternde Wohlstandsvernichtung.

(Beifall AfD)

Das Einzige, was noch trauriger ist als dies, ist, dass viele Bürger diese sinnlosen Maßnahmen langfristig bezahlen müssen, sei es, dass sie als Eigentümer diese Investitionen abtragen müssen, sei es, dass sie als Mieter über die Modernisierungsumlage dauerhaft mit Mieterhöhungen konfrontiert sind. Wäre es anders, warum haben wir dann gerade die Modernisierungsumlage gesenkt?

Es gibt viele weitere Maßnahmen der Politik, die die Wohnkosten ständig nach oben treiben. Genau deswegen muss der Staat immer mehr für die Unterstützung sozial schwacher Mieter aufwenden. Wir halten das für eine eklatante Fehlentwicklung. Wir fordern die konsequente Umkehr, weg von der Objekt-, hin zur Subjektförderung. In diesem Sinne werden wir unsere Änderungsvorschläge formulieren.

(Beifall AfD)

Kommen wir zur dritten Sackgasse, der Verkehrswende. Ich möchte jetzt gar nicht über Lastenfahrräder und Fahrradwege diskutieren; denn diese Diskussion geht Lichtjahre weit an den Bedürfnissen der Bürger vorbei. Es ist hoffentlich die viel besungene normative Kraft des Faktischen, die dieser zeitgeistinduzierten Verirrung den Stecker ziehen wird. Aber ein weiteres großes Thema ist natürlich die Elektromobilität. Dazu müssen wir sehr wohl Stellung nehmen.

Um es klar zu sagen: Elektromobilität ist nicht per se eine solche zeitgeistige Verirrung. Es gibt absolut plausible Einsatzszenarien für E-Mobilität. Das stellt niemand infrage.

(Zuruf Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Aber wir stellen infrage, warum bei immensen Kosten ausgerechnet der Steuerzahler Kaufprämien, Zuschüsse und Ladepunkte für E-Mobile subventionieren muss. Das ist nur politisch gewollt, das muss überhaupt nicht sein.

Die Nutznießer des Ganzen sind ausgerechnet die Besserverdienenden; denn nur bei ihnen stellt sich überhaupt die Frage, ob sie einen neuen, effizienten und vor allem sauberen Verbrenner haben wollen oder ein Elektromobil. Die Normal- und Geringverdiener haben von diesen Kaufprämien überhaupt nichts.

(Beifall AfD)

Das bedeutet auch, dass der Beitrag zur Flottenerneuerung praktisch null ist. Im Gegenteil, neue und mittelbar auch Gebrauchtfahrzeuge werden durch diese übermäßige Grenzwertsetzung massiv verteuert. Diese politisch erzwungene Verteuerung der individuellen Mobilität ist nicht nur umweltpolitisch kontraproduktiv

(Ein Mobiltelefon macht Geräusche.)

störe ich, Herr Banzer? –, sondern sie ist auch unsozial.

(Beifall AfD)

Das Thema Wasserstoff hatten wir schon. Nein, lieber Herr Minister Al-Wazir, beim Thema Power-to‑X-Anlage sehen wir nicht, dass das Landesaufgabe ist. Wenn sie sinnvoll ist, dann bewerben Sie sich bitte um den Megatopf von 9 Milliarden € beim Bund. Aber originäre Landesmittel haben aus unserer Sicht in einem solchen Projekt nichts verloren.

(Beifall AfD)