Im Einzelplan 07 findet sich viel laufendes Geschäft. Neue Projekte: größtenteils Fehlanzeige. Transparenz, Offenheit und klare Gestaltung unseres Landes: bei Schwarz-Grün Fehlanzeige.
Meine Damen und Herren, Wohnen ist und bleibt ganz weit oben auf der politischen Agenda in Hessen: bezahlbares Wohnen für Jung und Alt in Stadt und Land, Ermöglichung der Barrierefreiheit im Bestand, Voranbringen sozialer Quartiere usw. Die Liste für den Wohnungsbauminister wäre mehr als lang. Wenn es in unserem Land vorangeht, dann ganz oft aufgrund von Initiativen, die von der Opposition und mit gesellschaftlichen Gruppen organisiert werden, z. B. bei der Nachwirkungsfrist bei vorzeitiger Ablösung von Darlehen. Das klingt super sperrig, aber es ist tatsächlich etwas, was in den Problembereichen der Wohnungsnot konkret hilft.
Stichwort: bezahlbares Wohnen, studentisches Wohnen in Hessen. Kollegin Dr. Sommer hat letztens mit Anfragen herausgefunden: Wenn Sie sich anschauen wollen, wo sich etwas verbessert hat und wo etwas hinterherhinkt, dann suchen Sie Hessen auf dieser Tabelle am besten ganz weit hinten; denn dort finden Sie es am schnellsten, weil sich gerade im Bereich des studentischen Wohnens zu wenig tut.
Sie sehen, die Palette ist breit gefächert; und da müsste ein Wohnungsbauminister richtig etwas leisten.
Dann würde es beim Verbot von spekulativem Leerstand in Hessen richtig vorangehen. Wann kommt in Hessen endlich das notwendige Zweckentfremdungsverbot? Meine Damen und Herren, Baustellen im Bereich des Wohnens gibt es, weiß Gott, genug. Wenn es eines nicht braucht, dann ist es Eigen-PR, Herr Minister, sei es mit dem Großen Frankfurter Bogen oder Ähnlichem. Am Ende geht es darum, dass echtes Handeln gefragt wäre.
Wenn Sie als Minister im Bereich des Wohnens bisher als Minderleister performen, sieht es bei Ihnen als grünem Minister im Bereich der Energiewende vielleicht besser aus. Aber auch dort sind die Herausforderungen mit Händen zu greifen. Bei der Erzeugung, in vielen infrastrukturellen Fragen – in all diesen Bereichen müsste sich gemäß Ihrem Slogan „Grün wirkt“ etwas tun. Immerhin reden Sie von der Energiewende. Wie sieht es aber in Hessen aus? Herr Minister, der Energiemonitoringbericht 2020 ist ein Ausweis Ihres Scheiterns beim Thema Windkraft.
Dem Bericht ist zu entnehmen, dass 2019 in Hessen lediglich vier – ich betone: vier – neue Windenergieanlagen in Betrieb genommen wurden. Im Jahr davor waren es 76 Anlagen. Ein FDP-Minister hätte das nicht besser hinbekommen, meine Damen und Herren.
Auch wenn der hessische Wirtschaftsminister in diesem Bereich so gern mit dem Finger auf andere zeigt, ist dieses Problem in Hessen hausgemacht, Herr Al-Wazir. Im Haushalt stehen Mittel für die LEA und für mehr Personalstellen, aber auf Fragen zur Leistungsfähigkeit und Effektivität können Sie wenige bis keine Antworten geben. Einrichtungen wie das House of Energy finanzieren Sie nur mit europäischen Mitteln; eigene Mittel werden nicht eingesetzt – trotz der großen Bedeutung Nordhessens als Standort erneuerbarer Energien. Dies zeigt, wie unausgegoren und wenig stringent Sie das Thema Energiewende in Hes
Dem Verkehrsminister steht im neuen Jahr natürlich Großes ins Haus, da die Straßenbauverwaltung durch die Gründung der Bundesautobahngesellschaft vor großen Herausforderungen steht. Wichtig ist – Herr Minister, darauf werden wir sehr achten –, dass die freien Stellen bei Hessen Mobil nicht dem Streichkonzert des Finanzministers geopfert werden, sondern dass wir diese als Land in den kommenden Jahren nutzen, um unsere Mobilitätsverwaltung endlich personell zu stärken. Unsere Anträge hierzu haben Sie, Schwarz-Grün, in der Vergangenheit leider immer abgelehnt. Das war falsch.
Wir brauchen mehr Ingenieurinnen und Ingenieure. Wir brauchen viele Fachleute auf allen Ebenen, um zügiger zu planen und besseren Service anbieten zu können, auch in Bezug auf Fragen rund um die Förderung von Mobilität insgesamt im Land. Der Haushalt zeigt insgesamt aber eine Ambitionslosigkeit für das kommende Jahr.
Ihre Zahlen für den Radwegebau 2021 sind mehr als müde. Dass Sie das ernsthaft feiern wollen, zeigt, wie weit weg Sie von den tatsächlichen Herausforderungen im Land sind.
Sie bleiben auch weit hinter den Erfordernissen zurück, welche Investitionen es in den Landesstraßenbau bräuchte, um wenigstens den Wert des Infrastrukturvermögens zu erhalten. Herr Al-Wazir, Sie verweigern dem Parlament – wir haben das ganz oft nachgefragt – beharrlich die Aussage, wie viel Prozent des Landesstraßennetzes zu Beginn Ihrer Amtszeit in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand war und wie sich dies im Laufe Ihrer Amtszeit entwickelt hat. Dieser Unwille ist für mich nur damit erklärbar, dass die Zahlen so desaströs sind, dass Sie sie auf keinen Fall kommunizieren wollen. Aber da werden wir nicht lockerlassen – das kann ich Ihnen schon heute versprechen – und immer wieder nachbohren.
Zum Thema Infrastrukturvermögen. Hierüber diskutieren wir häufiger. Schauen Sie einfach einmal in den Geschäftsbericht der Landesregierung. Dort sehen Sie schwarz auf weiß geschrieben, was Sie jedes Jahr in Abgang bringen und wie groß die Lücke aufgrund Ihres Versagens im Bereich des Landesstraßenbaus wird, gerade in Bezug auf die vielfältigen Herausforderungen, die es dort gibt. Daher meine herzliche Einladung: Kommen Sie einmal in den ländlichen Raum; dort bemerkt man, was Sie in den letzten Jahren alles versäumt haben.
Auch bei dem Lärmschutz müsste man meinen, dass dies wirklich ein Thema sein könnte, bei dem es in Ihrem Haushalt vorangeht und man etwas gestaltet. Aber wer dies erwartet, ist beim Haushalt 2021 enttäuscht. Herr Minister, wenn wir insgesamt über Infrastruktur reden – das wäre in all Ihren Bereichen wichtig –, merkt man immer Ihren Unwillen. Dieser springt einem richtig ins Gesicht. Immer wieder sind alle anderen schuld. Alles und jeder wird her
angezogen als Begründung dafür, warum das Ergebnis, das man angekündigt hatte, nicht hinzubekommen war.
Ich will daran erinnern, dass ich Ihnen dies auch in der Debatte zur A 49 gesagt habe. Wer die Leute beim Flughafen hinter die Fichte geführt hat – Sie erinnern sich alle an die Aussage: „Mit mir wird es kein Terminal 3 geben“ –, hat dies bei der A 49 erneut getan. Denn in den Urteilen zur A 49 wurde herausgearbeitet: Das Land Hessen hatte einen Ermessensspielraum. Sie, Herr Al-Wazir, hatten also einen Gestaltungsspielraum. Sie haben diesen genutzt; und wir sagen: Es ist auch gut so, dass das Land den Weiterbau der A 49 nicht verhindert hat.
Sich hier aber immer mit einem weinerlichen Mimimi hinzustellen, Herr Al-Wazir, nach dem Motto: „Ich kann ja nichts dafür; und alle anderen sind daran schuld“, wird der Bedeutung, den Aufgaben und dem Gestaltungsanspruch einer Landesregierung nicht gerecht. Das ist Ihre Verantwortung; an diese müssen wir Sie in dieser Haushaltsdebatte wieder erinnern. Sie haben die Verantwortung für die Gestaltung dieses Bereichs, und dieser kommen Sie nicht nach.
Für die Landesplanung ist das Ministerium auch zuständig. Beim Thema Mobilität sehen wir, wie gerade einiges schiefläuft. Beim Landesentwicklungsplan kommen Sie noch immer nicht zu Potte, weil Sie es am Ende einfach nicht hinbekommen. In der ersten Runde der Stellungnahmen zur Offenlage der Fortschreibung wurde zu Recht kritisiert – neben vielem anderen –, dass Sie bei der Festlegung der Mittelbereiche den motorisierten Individualverkehr als einziges Abgrenzungskriterium herangezogen haben.
So viel zum Thema „integrierte Verkehrskonzepte voranbringen“, Herr Minister. Deswegen ist es gut, dass wir uns als Hessischer Landtag ab dem nächsten Jahr im Rahmen der Enquetekommission „Mobiles Hessen 2030“ mit diesen und anderen wichtigen Themen sowie mit der Mobilitätspolitik der Zukunft beschäftigen. Beim Thema Landesentwicklungsplan zeigt sich schwarz auf weiß, wie wenig dies bei Ihnen vorankommt.
Völlig aus dem Blick geraten ist beim Wirtschaftsminister die hessische Wirtschaft mit ihren Herausforderungen durch Corona und weit über Corona hinaus. Durch die Krise ist eines deutlich geworden: Der hessische Wirtschaftsminister interessiert sich offensichtlich nicht für die hessische Wirtschaft.
Bei allen Debatten über einzelne Standorte, die Zukunft ganzer Industriecluster in unserem Bundesland, die Notwendigkeiten der Veränderung unserer Wirtschaftsförderinstrumente im Hinblick auf eine nachhaltige Wirtschaft und über Kriterien, wie wir in unserem Land Tarifbindung und -löhne fördern und unterstützen wollen, bekomme ich überall im Land die große Frage gestellt: Wo ist eigentlich Al-Wazir?
Meine Damen und Herren, beim Thema Standortschließungen ist der Brief Ihres Staatssekretärs in Ihren Augen Ihre schärfste Waffe. Sie hingegen halten sich heraus, Sie haben keine Meinung, Sie interessieren sich nicht dafür. Dies zeigt die ganze Dramatik Ihres Handelns oder, besser gesagt, Ihres Unterlassens, Herr Al-Wazir.
Wir diskutieren im Rahmen der Wirtschaftspolitik viel darüber, wie wir in Zukunft den starken Wirtschaftsstandort Hessen hinbekommen. In diesem Zusammenhang bin ich noch immer gespannt, wann von Ihnen Vorschläge kommen, wie wir unsere Wirtschaftsförderinstrumente an den Nachhaltigkeitszielen der UN und an den Vorgaben der EU ausrichten können, um wirklich eine in die Zukunft gerichtete Wirtschaftspolitik zu realisieren. Damit würden wir, die Politik, Wirtschaft gestalten und die Wirtschaft von morgen aktiv unterstützen und fördern. Wir würden klare Anreize setzen, Ziele vorgeben, Tarifbindung und tarifliche Entlohnung fördern sowie Ausbildung unterstützen, überbetriebliche wie außerbetriebliche. Wir würden Gleichstellung forcieren. Dies ist im Übrigen nicht nur in der Wirtschaft ein wichtiges Thema, sondern auch in Ihrem Ministerium; denn die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern in Führungsfunktionen ist dort mehr als unterentwickelt.
Hier bleiben Sie weit hinter den Erforderlichkeiten zurück: nachhaltige Lieferketten und Beschaffungswege zu unterstützen, Transformationsprozesse wie beispielsweise in der Automobilindustrie aktiv zu gestalten, statt sie passieren zu lassen, Hessen mit dem Frankfurter Flughafen als größte zusammenhängende Betriebsstätte Deutschlands zu positionieren und sich in Bezug auf die Herausforderungen aufgrund von Corona aktiv in die Luftverkehrswirtschaft einzuschalten, industrielle Fertigungsprozesse in eine Zukunft ohne Energie aus fossilen Energieträgern voranzubringen und zu fördern, regionale Wertschöpfungsketten in den Fokus der Wirtschaftsförderung zu nehmen, den innerstädtischen Handel aktiv zu unterstützen durch Hilfen beim Aufbau regionaler und örtlicher digitaler Marktplätze für Firmen vor Ort, die digitale Transformation der Wirtschaft zu begleiten bei disruptiven Veränderungen, bei grundlegenden Veränderungen von Wertschöpfungsketten sowie beim Entstehen neuer Geschäftsmodelle, beim Brexit, und vieles andere mehr.
Dies ließe sich weiter ausführen; denn in vielen Bereichen bleiben Sie weit hinter den Erforderlichkeiten zurück. Selbst dort, wo Sie sagen: „Das gestalten wir; das treiben wir voran“ – ich nenne das Stichwort „Kreativwirtschaft“ –, ist Hessen eines der letzten Bundesländer, das eine ordentliche Games-Förderung aufgelegt hat. Auch bei der Entwicklungszusammenarbeit gibt es nach vier Jahren – –
Herr Präsident, herzlichen Dank. – Auch dort gibt es noch viel Luft nach oben; auch dort wollen wir gern weiter in die Diskussion kommen, wie wir Entwicklungszusammen
arbeit aus dem Bundesland Hessen politisch wirklich gestalten können. Alles in allem bleibt es dabei, Herr Minister: Minister muss man nicht nur wollen, man muss es auch können. – Herzlichen Dank.
Danke, Herr Eckert. – Bevor ich Frau Löber das Wort gebe, weise ich darauf hin, dass ich als Übernächstem jemandem von der CDU-Fraktion das Wort erteilen würde, wenn ich denn den Hinweis bekäme, wer dies wünscht. – Herr Kasseckert, als Übernächster? – Gut.