Aber der eigentliche Skandal ist Folgendes: Mit dem Gesetz werden weitgehende Einschränkungen für die landund forstwirtschaftlichen Flächen beschlossen werden. In Zone I werden die Forstwirtschaft und die Jagd vollständig verboten. Die betroffenen Waldbesitzer wissen davon noch gar nichts. Die haben Sie nämlich nicht informiert.
(Beifall Freie Demokraten – Dr. Matthias Büger (Freie Demokraten): Das ist unglaublich! – Zuruf: Das ist falsch!)
Das ist nicht falsch. Ich habe mit ihnen gesprochen. – Im Beschluss der Umweltministerkonferenz aus dem Jahr 2019 steht klar und deutlich: Im Dialog mit den Akteuren vor Ort soll das Grüne Band als Nationales Naturmonument ausgewiesen werden. – Es soll also im Dialog mit den Akteuren vor Ort geschehen.
Ich habe erst am vergangenen Freitag mit einem der Waldbesitzer gesprochen. Er ist mit 100 ha Wald betroffen. Er hat das vom Hessischen Waldbesitzerverband erfahren und nicht von der Landesregierung.
Ich kann gerne den Kontakt in den Werra-Meißner-Kreis herstellen. Das ist der Kreisverband, den ich betreue. Ich verstehe wirklich nicht, wie das hier so dargestellt werden kann, als ob die Leute vor Ort mit eingebunden gewesen wären.
Derjenige weiß nicht einmal, ob jemand in seinem Wald war, um die Fläche zu vermessen. Das weiß der Waldbesitzer nicht. Das muss so sein. Denn irgendwoher muss das Kartenmaterial kommen. Frau Ministerin, da frage ich mich schon: Sieht der Dialog mit den Akteuren vor Ort so aus? Finden Sie das nicht problematisch? – Ich finde das schon.
Das ist ein skandalöses Verfahren. Das zeigt, dass es in dieser Landesregierung überhaupt keinen Respekt vor privatem Eigentum gibt. Das ist vollständig abhandengekommen.
Neben dieser Kritik am Verfahren wurde bei der Regierungsanhörung auch inhaltliche Kritik an Sie herangetragen. Bei der Umsetzung wollen Sie einen hessischen Sonderweg wählen. Es wurde schon gesagt, dass Thüringen und Sachsen-Anhalt entsprechende Gesetze bereits verabschiedet haben.
Erstens wollen Sie drastisch mehr Flächen als z. B. in Thüringen ausweisen. Wir haben in Hessen 8.200 ha, die auf 260 km der ehemaligen Grenze betroffen sind.
In Thüringen sind es 500 km Grenze mehr. Es sind aber 2.000 ha weniger betroffen. Da stimmt doch in der Rechnung irgendetwas nicht. Da stellen sich die betroffenen Verbände zu Recht die Frage, warum das eigentlich so sein soll.
Zweitens. Hessen ist das einzige Land, das drei Schutzzonen ausweisen wird. Die Gesetze in Thüringen und Sachsen-Anhalt enthalten weder Schutzzonen, noch verbieten sie die forstliche Nutzung. Auch die landwirtschaftliche Nutzung wurde dort nicht so eingeschränkt, wie es in Hessen der Fall sein wird.
Dieses Verfahren ist wirklich politisch stillos. Das ist ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Flächeneigentümer. Inhaltlich gibt es bei diesem Gesetzentwurf noch sehr viel Bedarf, nachzuschärfen. Sie setzen wieder einmal auf das Ordnungsrecht anstatt auf den Vertragsnaturschutz.
Ich freue mich auf die Anhörung im Ausschuss und die weitere parlamentarische Beratung. – Herzlichen Dank.
Frau Kollegin Knell, vielen Dank. – Jetzt spricht der Abg. Gernot Grumbach für die SPD-Fraktion. Gernot, bitte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gestehe, es gab nur wenige Gesetzesberatungen und ein Umfeld, das mich so verwirrt wie dieses. Denn es passt einfach nichts zusammen.
Ich lasse einmal einen Moment lang die Argumentation der Kollegin von den LINKEN heraus. Sie hat ein Grundproblem angesprochen, das wir mit dem Grünen Band natürlich nicht lösen werden. Da ich, wie Sie wissen, zu der Schule gehöre, die sagt, wir müssen bei allen Flächen verbessern, würde ich dieses Thema gerne vertagen, bis wir wieder einmal über die Flächen insgesamt reden.
Mich verwirrt Folgendes: Ich habe den Text gelesen. Ich habe mich zweieinhalb Nächte lang durch lange Anhänge gewühlt. Ich habe die Rede der Ministerin und, Frau Arnoldt, Ihre Rede gehört.
Gleichzeitig mit der Einbringung des Gesetzentwurfs ist mein Mailfach hochgedonnert. Es gingen Mails, Mails,
Mails ein, deren Tenor in etwa in die Richtung der Meinung der Kollegin der FDP gehen. Ehrlich gesagt, mein Problem ist: Es passt nicht zusammen. Ich weiß nicht, was da los ist.
Ich sage das so, weil ich hin- und hergerissen bin. Denn natürlich empfand ich den Beschluss zum Grünen Band und die ersten Ideen dazu als eine geniale Variante. Damit wird eine Chance genutzt, die uns die Geschichte gegeben hat. Sie wird so genutzt, dass die Geschichte nicht verschwindet. Vielmehr gehen da Geschichte, Naturschutz und der Biotopverbund in einem. Da stimme ich dem Gesetzentwurf voll zu.
Anders als Frau Kollegin Knell bin ich übrigens dafür, diese Zonen einzurichten. Ich war schon in die Politik involviert, als wir gemeinsam das Biosphärenreservat auf den Weg gebracht haben. Die Schutzzonen und das Drumherum waren ein guter Puffer, um die Innenflächen gut zu schützen. Das ist nicht mein Problem.
Mein Problem ist in der Tat, dass ich z. B. gestern Abend fast nichts von den Reden gehört habe, weil sich von den Landwirten und den Waldbesitzern einer nach dem anderen bei mir meldete und sagte: Das geht so nicht. – Mein Problem, das mich so verwirrt, ist Folgendes: Das passt nicht zu der Rede. Das passt nicht zu der Rede mit der Beteiligung. Irgendetwas ist schiefgelaufen. Ich glaube, Sie werden da nacharbeiten müssen. Ich sage das einmal so freundlich.
Es kann einfach nicht sein, dass Sie sagen, alle seien beteiligt gewesen, und alle, mit denen ich rede, sagen: Ich war nicht beteiligt. – Da stimmt etwas nicht. Ich will gar nicht bösartig formulieren, dass Sie die Unwahrheit erzählen, oder so etwas. Vielmehr hat da etwas nicht funktioniert. Ich kann mir im Moment tatsächlich nicht erklären, was da nicht funktioniert hat. Ich sage Ihnen sehr freundlich, weil ich das Projekt für wichtig halte: Es wäre klug, da nachzuarbeiten, und zwar jenseits der formalen Strukturen. Denn es ist nicht unser Job, da zu vermitteln.
Ich fände es gut, eine große Konferenz oder was auch immer mit den Waldbesitzern und mit den Landwirten zu machen. Da könnte man das öffentlich diskutieren und sich austauschen. Denn wir brauchen die Unterstützung all der Menschen. Es reicht einfach nicht, nur ein Gesetz zu machen. Wir brauchen mehr.
Ich habe das Gefühl, Sie haben den einen Teil gut gemacht. Der Gesetzentwurf ist perfekt. Den anderen Teil haben Sie aber nicht ordentlich gemacht. Da müssen Sie nacharbeiten. Das ist meine Bitte. Denn ansonsten wird das Projekt wieder eines, bei dem wir über jede Einzelheit jahrelang streiten. Wenn man früh einen großen Prozess gemacht hätte, hätte ich mir gut vorstellen können, dass von den Waldbesitzern bis hin zu den Landwirten alle gesagt hätten: So, wie wir es machen, ist es gut. – Ich glaube, die Chance verpassen Sie gerade. Meine Bitte ist: Versuchen Sie, das nachzuarbeiten. Denn das Projekt ist zu wichtig.
Den Rest werden wir noch einmal in der Anhörung bereden müssen. Da geht es darum, dass ein Teil der Bedenken juristische Bedenken sind – das kann ich nicht beurteilen. Die Frage ist, wie das Bundesnaturschutzgesetz die Rege
lung für die Nicht-Kernzonen sozusagen brechen kann. Das verstehe ich nicht. Das müssen wir erst noch einmal nachchecken; denn es gibt die These, dass das Bundesnaturschutzgesetz härter als Ihre Formulierung ist. Ich würde immer sagen: Ich finde dieses Dreizonenmodell gut. Wenn das nicht so funktioniert, wie Sie es aufgeschrieben haben, müssten wir nacharbeiten. Aber ich glaube, das wird die Anhörung ergeben; das wäre ganz wichtig, weil es natürlich so ist, dass nicht alles gleichbehandelt werden kann, sondern dass es da Unterschiede geben muss.
Alles in allem: Wir sind auf einem spannenden Weg. Aber irgendwer muss noch etwas tun, und ich fürchte, das muss die Regierung sein. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Kollege Grumbach. – Nächste Rednerin ist die Abg. Vanessa Gronemann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es wird Sie nicht wundern, dass ich mich natürlich der Freude der Umweltministerin über dieses Gesetz zur Ausweisung des Nationalen Naturmonuments des Grünen Bandes anschließe, und zwar ausdrücklich.
Ich möchte hier für dieses Haus festhalten – Herr Grumbach, Sie hatten gesagt, inhaltlich stimmen Sie dem auch so zu; das finde ich gut –, es ist ein guter Tag für den Naturschutz nicht nur in Hessen, sondern auch in Europa.
Wir bekommen 8.250 ha gesetzlich geschützte Fläche für den Naturschutz und damit eine riesige Biotopverbundfläche, die in ihrer Form und in ihrer Art einzigartig ist.
Das Grüne Band ist aber nicht nur wegen des Naturschutzes und des Artenschutzes ein wichtiges Projekt. Ich selbst bin im September 1989 geboren, und wie alle Leute meiner Generation habe ich das Glück, in einem wiedervereinten Deutschland herangewachsen zu sein. Das heißt, ich kenne persönlich aus meiner eigenen Erfahrung das Leid und die Schmerzen, die die Teilung Deutschlands verursacht hat, nicht. Was ein Todesstreifen ist, musste ich glücklicherweise selbst nie erleben.
Ich möchte aber noch einmal betonen, wie enorm wichtig es ist, gerade an diesen Teil der deutschen Geschichte zu erinnern, und dass gerade auch dies den Wert des Grünen Bandes ausmacht. Es sind diese Erinnerungsorte, die den Wert unserer Demokratie nachvollziehbar machen und verständlich machen, warum es sich lohnt, immer wieder für die Demokratie einzutreten und sie zu verteidigen.
Die Besonderheit des Grünen Bandes, dass dieser Teil der deutschen Geschichte sichtbar und erlebbar wird und gleichzeitig die Natur, die Lebensräume, die sich entlang des Todesstreifens entwickelt haben, geschützt werden: Früher durch eine Mauer und den Todesstreifen getrennt,
Hessen – das hat die Ministerin vorhin schon erwähnt – ist das erste westliche Bundesland, das sich mit der Ausweisung als Nationalem Naturmonument am Grünen Band beteiligt, und ich finde ebenfalls, dass das ein Punkt ist, auf den wir stolz sein können.
Im Prinzip geht es um einen Dreiklang. Wir schaffen einen grenzübergreifenden Biotopverbund mit Thüringen und schützen damit Arten und Lebensräume, wir fördern die Erinnerungskultur, vor allem an den kulturhistorischen Orten wie Point Alpha und den Orten des Wanfrieder Abkommens. Gleichzeitig stärken wir aber auch die touristische und landwirtschaftliche Entwicklung in den drei Landkreisen und 21 Kommunen entlang des Grünen Bandes. Im Gesetz haben wir dafür rund 2 Millionen € in den Jahren 2023 und 2024 vorgesehen.