Liebe Kollegen, ich verstehe Sie ja, ich verstehe auch die Landesregierung und insbesondere diesen Finanzminister, dass er so ruhige beständige Themen in den momentanen Zeiten sehr genießt und die Ruhe bevorzugt.
Auf dem Papier liest sich das alles wunderbar. Ich habe es offenkundig auch fehlerfrei vorgetragen. Das sind alles Punkte, die wir im Grunde von der eigentlichen Anlage her unterstützen können; aber wenn man genauer hinsieht, werte Kollegen der Union, sieht man: Es glänzt halt nicht alles so, wie Sie es hier krampfhaft aufpolieren wollen. – Nehmen wir doch einmal als Beispiel – ich habe diese Fahrtbewegung eben total interessiert verfolgt – meinen Heimatkreis Limburg-Weilburg. Dazu haben Sie eine Pressemeldung gemacht: Arbeit zu den Menschen und in ihre Heimat gebracht. – Sie rühmen sich, den ländlichen Raum gestärkt zu haben. Nur leider haben Sie alle Arbeitsplätze aus Weilburg – ich als Limburgerin darf das sagen –, was etwas ländlicher ist, nach Limburg gebracht.
Was ist aber der Punkt? Darauf möchte ich hinweisen. Die Menschen vor Ort verlieren ihre Ansprechpartner – ich bin der Kollegin sehr dankbar, dass sie es angesprochen hat –, z. B. einen Ansprechpartner bei einem der größten Projekte momentan – man merkt es beim Aktivismus der Hessischen Landesregierung, der auch klar wird, was ab dem 1. Juli mit der Abgabe der Grundsteuererklärung auf sie zukommt –, nämlich die barrierefreie Übertragung der Grundsteuerdaten. Die sind nötig, da Sie es leider für notwendig erachten, pauschal alle Grundbesitzer in Hessen in einer Bringschuld der Daten zu sehen, obwohl, wie Sie selbst sagen, die Daten zu den Eigentümern, zu den Immobilien größtenteils vorliegen.
Herr Boddenberg, da haben wir vielleicht ein anderes Verständnis: Die Steuerverwaltung steht im Dienst des Bürgers und nicht umgekehrt.
Eine automatische Datenübernahme ist nicht nur im Sinne der Barrierefreiheit eigentlich selbstverständlich. Wie das zu Ihrer angeblichen Entbürokratisierungsstrategie passen soll, erschließt sich auch nicht. Sie haben vorgegeben, dass alle Grundstückseigentümer ihre Daten elektronisch abgeben müssen. Das ist in bekannter und auch nachvollziehbarer Weise nicht jedem möglich.
Vor Ort gibt es keinen Ansprechpartner – wir erinnern uns, von wo wir herkommen, von der Super-Reform –, aber in gebündelten Zentren viele. Das geht an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Deshalb sage ich: Ja, wir Freie Demokraten sind sicherlich von der DNA her immer auf der Suche nach der Optimierung von Prozessen, aber nicht als
sklavisches Prinzip. Noch einmal: Die Steuerverwaltung sollte Diener der Bürger sein und nicht umgekehrt. Die Bürger speisen diese Verwaltung.
Jetzt kommen Sie bitte nicht mit der personellen Ausstattung, die wächst und wächst wie das Steueraufkommen. Die Steuerverwaltung wächst und wächst. Herr Minister, in den letzten Jahren Ihrer Amtszeit sind die Personalkosten Ihrer Behörde um 30 % gestiegen. Die Anzahl der Beschäftigten ist um 1.000 gestiegen. Was wir jetzt erlebt haben – es ist noch gar nicht lange her, und ich bin sehr gespannt auf den Doppelhaushalt –, ist, dass Sie im letzten Haushalt für die Bearbeitung der Corona-Sonderzahlungen und für die Berechnung der Grundsteuer geplant haben, Hunderte weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Wo sind die Mitarbeiter? Was sollen die Mitarbeiter umsetzen? – Sie machen das jedenfalls nicht zentral vor Ort bei den Menschen. Mit der Abwicklung von Corona-Hilfen und der Umsetzung der Grundsteuerreform sind Hundertschaften beschäftigt. Ich würde mich vielleicht eher einmal mit den Prozessen, die so aufwendig sind, beschäftigen. In Bayern geht alles schneller bei der Grundsteuer. Wir haben einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt.
ich bin schon in der Zielkurve – sollte sich darauf konzentrieren, schlank zu bleiben, sich nicht aufzublähen. Vor allem ist doch das Wichtigste, vor Ort zu sein und Diener der Bürger zu sein – und das nicht in den tollen Zentren, wo niemand hinkommt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abg. Schardt-Sauer. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt die Abg. Dahlke das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche es einmal mit einer besseren Laune als meine zwei Vorrednerinnen.
Es ist nämlich so, eine moderne und zukunftsfeste Steuerverwaltung braucht gute Strukturen für effiziente Arbeit. Sie braucht Personal, das motiviert und qualifiziert ist. Diese Ziele verfolgt die Landesregierung mit der Strukturreform. Dahinter verbirgt sich ein ganzes Paket an Maßnahmen, damit Hessen, damit wir uns alle auf eine innovative zukunftsfeste Steuerverwaltung stützen können. Die Reform wurde vor fünf Jahren gestartet. Es ist Zeit, jetzt
auch einmal zurückzublicken, Zwischenbilanz zu ziehen. Wir können sagen: Die Steuerverwaltung in Hessen ist für die Zukunft durchaus sehr gut gerüstet.
Fachwissen zu bündeln und spezifische Expertise aufzubauen. – Frau Müller hat gestern gesagt: Plenum bedeutet, ich rede, Sie hören zu. – Im Ausschuss machen wir dann gerne einen Dialog, Frau Schardt-Sauer.
in den ländlichen Raum. Der Workflow ist voll digitalisiert. Die allermeisten Menschen und Unternehmen merken gar nichts davon, dass ihre Bearbeitung gar nicht mehr vor Ort stattfindet. Der Kontakt kann per E-Mail, ELSTER, Brief, telefonisch usw. stattfinden. Das gilt natürlich auch für die Grundsteuer, die wir eben schon mehrmals besprochen haben. Die wird selbstverständlich weiterhin möglichst barrierefrei geplant.
Frau Schardt-Sauer, ich weiß nicht genau, was Sie sich vorstellen. Natürlich gibt es da eine Bringschuld. Oder wollen Sie, dass wir das alles mit Drohnen automatisch erfassen, wie die Grundstücke sind? Natürlich gibt es da eine Bringschuld.
Darüber, was alles genau im ländlichen Raum gemacht wird, hat mein Kollege Ruhl eben schon viel gesagt. Wer sich jetzt fragt: „Was passiert eigentlich mit den Arbeitsplätzen in den Städten?“, dem sei gesagt, die Städte profitieren alle von der Reform. Wir hatten eben schon gehört, dass die Betriebsprüfungen zentral gebündelt werden. Die werden dadurch auch gestärkt. Es werden auch Doppelstrukturen abgebaut. In meiner Stadt, in Frankfurt, gibt es momentan noch fünf Finanzämter. Zukünftig haben wir dann in einer Stadt ein Amt. Wir werden natürlich darauf achten, dass auch die Räumlichkeiten des Landes, die vielleicht frei werden, sinnvoll weiter genutzt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wie ich anfangs gesagt habe, sind nicht nur die strukturellen Veränderungen wichtig, sondern das Personal ist natürlich mindestens genauso wichtig. Das Land steht hierbei auch immer in Konkurrenz mit anderen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Es steht auch vor großen demografischen Herausforderungen. Deswegen ist es wichtig, hier öfter hinzuschauen.
Glücklicherweise gibt es Menschen, die sagen: Ein Job in der Steuerverwaltung motiviert mich intrinsisch. Ich kann für Verteilungsgerechtigkeit und für das Gemeinwohl sorgen, weil ich mit den Steuern, die täglich durch meine Hände laufen, eben Kindergärten, Pflegeheimen, dem
Aber natürlich gibt es auch Faktoren, die äußerlich bestimmen, wie attraktiv ein Job ist. Da birgt eine gebündelte Bearbeitung in einem Finanzamt aus meiner Sicht oder aus Sicht der Landesregierung Karrierechancen.
Das ist einfach ein harter Faktor. Es ist natürlich auch total relevant, wie viel Zeit für das Pendeln draufgeht oder ob ich für einen Job umziehen muss. Mit der Reform bringen wir die Arbeit zu den Menschen. Ein Arbeitsplatz in der Nähe der Wohnung bleibt unschlagbar, weil einfach mehr Zeit für andere Dinge im Leben übrig bleibt. Selbstverständlich haben alle Landesbediensteten ein Landesticket; denn umweltfreundliche Mobilität ist ein zentrales Anliegen der Landesregierung. Natürlich nehmen auch einige Leute ein Auto. Wer dank der Regierung nicht mehr pendeln muss, schont die Umwelt jeden Tag. Das ist auch ein sehr guter Erfolg.
Wir dürfen nicht vergessen, kluge Politik für den ländlichen Raum bedeutet auch immer Entlastung der Wohnraumsituation im Ballungsraum. Ich hätte gar nicht gedacht, dass dieses Thema so emotional ist, aber irgendwie scheint es die Gemüter zu erregen.
Ich komme zum Schluss. Die Steuerverwaltung in Hessen ist für die Zukunft sehr gut gerüstet. Die Reform ist gut für die Umwelt, unsere Beschäftigten und ganz Hessen. – Vielen Dank.
Ja, ich kann auch mit guter Laune beginnen. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute in dieser Aktuellen Stunde über die Situation, über Reformen in der hessischen Finanzverwaltung. Ich möchte meine Rede tatsächlich mit guter Laune und einer ein bisschen anderen Perspektive als die Vorredner beginnen. Ich möchte nämlich damit beginnen, mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen der hessischen Finanzbehörden für ihre wichtige Arbeit für unser Gemeinwesen ganz ausdrücklich zu bedanken;