Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, ein bisschen zu resümieren. Sie haben einen Koalitionsvertrag gemacht und hineingeschrieben: Es gibt eine Nullrunde – das können Sie festlegen –, und dann gibt es 1 % obendrauf. – Damals hätten Sie schon darüber nachdenken können, ob das so geht; denn das hat sonst noch keiner so gemacht. Vielleicht gibt es Gründe dafür.
Dann haben Sie das Ganze geschehen lassen, und dann wurde geklagt. Sie haben gesagt, dass Sie das gewinnen. Sie haben aber vielleicht schon geahnt, dass es knapp wird. Dann bekommen Sie das Urteil, und jetzt spielen Sie auf Zeit.
Am Anfang hat sich sogar noch der Ministerpräsident hingestellt und gesagt: Wir machen überhaupt nichts, bis das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. – Das alles zusammengenommen ist ein starkes Stück und ein ziemlicher Skandal, ausgetragen auf dem Rücken der Beamtinnen und Beamten.
Meine Damen und Herren von Schwarz-Grün, Sie haben das Problem doch erst geschaffen. Jetzt lösen Sie es bitte auch, und zwar mit ein bisschen mehr Impetus. Sie haben die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel vorliegen. Diese orientiert sich 1 : 1 an dem, was das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat.
Sie wissen, was Sie tun müssen. Sie können auch schon die Beträge ausrechnen. Sie können in die Gespräche einsteigen. Warum müssen Sie jetzt noch warten? – Weil Sie auf Zeit spielen. Am besten müssen Sie es nicht mehr verantworten. Warum? Weil das Thema eine Mordssprengkraft hat, nicht nur für Schwarz-Grün, sondern natürlich auch für den Haushalt des Landes. Es geht um ein Zehntel des Haushalts, das zusätzlich im Raum steht und finanziert werden muss.
Lieber Herr Kaufmann, da wünschte ich mir auch von Ihnen ein bisschen mehr Selbstkritik. Sie sprechen Herrn Rudolph mit Selbstkritik an und loben ihn. Von Ihnen haben wir das noch nicht e i n m a l in diesem Haus erlebt.
Es würde auch nicht zu Ihnen passen, Herr Kaufmann. Das gebe ich gerne zu. Trotzdem wäre es an der Stelle angebracht, weil es das zweite Urteil ist, das sich die Landesregierung eingefangen hat, mit dem sie eine Klatsche bekommen hat.
Deswegen wünsche ich mir schon, dass es zügiger geht; denn Sie müssen sich die Einzelfälle vor Augen halten. Ein Beamter, eine Beamtin in der Besoldungsgruppe A 5 liegt 9 % unter der Grundsicherung für Arbeitssuchende – und wir reden hier vom Alimentationsprinzip, dass man von dem leben können muss, was man bekommt.
Meine Damen und Herren, das wollen Sie jetzt noch verzögern – bei steigenden Gaspreisen, bei steigenden Benzinpreisen, bei steigenden Lebenshaltungskosten und einer Inflation von 8 %? Da sagen Sie, Sie schauen es sich jetzt noch einmal an? Wie erklären Sie das bitte demjenigen, der mit A 5 über die Runden kommen muss und im Zweifel noch seine Familie mit ernähren muss?
Herr Kaufmann, das mag nicht die Wählerklientel der GRÜNEN sein. Das kann durchaus sein. Aber hier gibt es echte, ernsthafte Probleme, und da braucht es schnell eine Lösung. Dafür ist die Landesregierung in der Verantwortung. Das eigene, selbst geschaffene Problem muss Schwarz-Grün auch selbst lösen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verfassungswidrigkeit der hessischen Beamtenbesoldung muss schnellstens beendet werden. Die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zur Verfassungswidrigkeit der Beamtenbesoldung – das ist mehrmals angesprochen worden – vom 30.11.2021 war ein Schlag ins Gesicht der schwarz-grünen Landesregierung und ist eine große Belastung für die zukünftigen Landeshaushalte.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof bestätigte mit dieser Entscheidung, dass die Beamtenbesoldung seit 2013, also in der gesamten Zeit einer schwarz-grünen Koalition, verfassungswidrig gestaltet wurde. Die Nullrunde für alle hessischen Beamteninnen und Beamten wurde 2015 auf Initiative der GRÜNEN umgesetzt.
Herr Kaufmann, was Sie da gemacht haben, ist hessenspezifisch. Das gab und gibt es in keinem anderen Bundesland – um Ihren Sprachgebrauch zu verwenden.
Als dann auch noch 2016 eine magere Erhöhung von 1 % vorgenommen wurde, führte dies endgültig zu einer Schieflage, insbesondere bei den unteren und mittleren Besoldungsgruppen. Darum geht es jetzt auch. Darauf weisen im Übrigen schon seit vielen Jahren alle Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes immer und immer wieder hin.
Bereits bei einer Anhörung im Innenausschuss im Jahre 2016 wurde die Verfassungswidrigkeit von Experten angesprochen. Das wurde aber von der schwarz-grünen Landesregierung immer wieder in den Wind geschlagen. Jetzt bläst Ihnen dieser Wind voll ins Gesicht.
Schon damals haben wir als LINKE die zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des 2015 ausgehandelten Tarifergebnisses für die Landesbeamtinnen und ‑beamten gefordert – vergeblich. Wir brauchen weiterhin gut qualifiziertes, gut bezahltes und voll motiviertes Personal an unseren Schulen und Universitäten, in unseren Gerichten, im Polizeidienst und in der Landes- und Kommunalverwaltung.
Zu dem Urteil forderte seinerzeit der DGB Hessen-Thüringen, dass schnell ein Besoldungsreparaturgesetz – man beachte den Namen – vorgelegt werden muss, über das alle hessischen Beamtinnen und Beamten, egal ob sie Widerspruch eingelegt und geklagt haben oder nicht, die ihnen zustehende Nachzahlung ohne weitere Verzögerung oder juristische Spitzfindigkeiten erhalten.
„Nun ist es die Aufgabe der Landesregierung, dieses Urteil in eine Besoldungsstruktur umzumünzen, die dem Begriff verfassungskonform entspricht.“ Und zwar mit deutlichen Nachbesserungen, bevor das BVerfG abschließend dazu entscheidet.
Herr Bauer, auf was warten Sie eigentlich? Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 2020 festgestellt, dass es bei der Beamtenbesoldung ein Abstandsgebot zur Grundsicherung von mindestens 15 % geben muss. Das war vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, und rechnen können Sie doch sicherlich auch, was 15 % sind und was das bei den jetzigen Tabellen ausmacht. Sie wissen ganz genau – der Minister weiß das auch –, dass das jetzt angegangene Bundesverfassungsgericht keine andere Entscheidung treffen wird, als es selbst im Jahre 2020 getroffen hat. So viel zum Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht.
Sie machen unnötigerweise Beschäftigungspolitik, um das Problem hinauszuzögern, am besten auf drei Tage vor der nächsten Landtagswahl, weil Sie versuchen, dort wieder gut dazustehen.
Dann höre ich – Herr Bauer, danke für die Information –, es habe im Februar dieses Jahres bereits Gespräche mit dem Beamtenbund gegeben. Ich will nur darauf hinweisen: Wenn Sie dieses große Problem lösen wollen, dann sind Verhandlungen – ich sage bewusst: Verhandlungen – und nicht Gespräche mit allen Gewerkschaften in Hessen, die davon betroffen sind, notwendig. Die Gewerkschaft, die die meisten Beamtinnen und Beamten in Hessen vertritt, ist immer noch der DGB und nicht der Beamtenbund, auch wenn der die Klage angestrengt hat.
Ich kann Sie nur davor warnen, hier wiederum, wie schon vor Jahren, eine Spaltung in die Gewerkschaften hineinzutragen: Die einen bekommen im Dezember Briefe geschickt, mit denen sie bezüglich Gesprächen hingehalten werden, und mit den anderen führt man dann Gespräche. Das ist Ihre Klientelpolitik, die wir verurteilen.
Hören Sie auf, Briefe zu schreiben. Treten Sie in Verhandlungen mit allen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ein, und schaffen Sie eine Lösung, die die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum vorliegenden Abstandsgebot zur Grundsicherung von 15 % beinhaltet und insbesondere auch die Einkommens- und Besoldungsgruppen bis A 10 entsprechend berücksichtigt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für eine Aktuelle Stunde im Hessischen Landtag, zur fröhlichen Debatte mag das reichen, was Sie hier seitens der Opposition vorgetragen haben.
Das Märchen vom gezielten Verfassungsbruch, das hier zu erzählen versucht wird, stimmt natürlich mitnichten. Die Unterstellung, dass es sich um ein gezielt hessisches Problem handele, ist ebenfalls falsch.
Vielmehr handelt es sich in der Tat um eine Änderung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Sie hat im Mai 2020 Platz gegriffen. Sie richtet sich gegen die Besoldung in allen Bundesländern und beim Bund. Es ist eben kein hessisches Problem. Es ist ein allgemeines besoldungsrechtliches Problem. Ich finde, dem muss man vernünftig nachgehen.
Herr Kollege Müller, das ist nicht selbst geschaffen. Herr Kollege Rudolph, Sie haben hier gefragt: Machen Sie jetzt die Nachzahlung? – Da frage ich Sie: Welche Nachzahlung soll ich denn machen? Welche Nachzahlung sollen wir denn leisten?
Das Bundesverfassungsgericht wird das am Ende erst festlegen. Wir haben Orientierungswerte und einen Orientierungsrahmen aus dem Urteil vom Mai 2020. Es gibt aber keine Tabelle, in der wir das nachlesen könnten, in der das Bundesverfassungsgericht aufgeschrieben hätte: Ihr zahlt dieser Besoldungsgruppe soundso viel nach. In Zukunft werdet ihr dieser Besoldungsgruppe soundso viel bezahlen. – Das gibt es nicht.
Deswegen müssen wir uns dem erst einmal annähern. Das wollen wir auch tun. Wir wollen dort etwas machen. Herr Kollege Rudolph, so einfach ist das Problem aber nicht. Wir können heute das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs nicht ohne die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts anwenden. Das gibt das Urteil nicht her. Insofern
Wir haben da wirklich ein nennenswertes Problem. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass die Berechnungsgrundlagen für das Grundsicherungsniveau durch das Bundesverfassungsgericht verändert wurden, und zwar massiv verändert wurden. Das wird sich auf das auswirken, was unserer Besoldungsberechnung als Grundlage dienen wird. Das wird sich in einer Größenordnung von über 8.000 € auswirken. Das ist die Veränderung des Grundsicherungsbedarfs, die dazu führt, dass wir insbesondere bei den unteren Besoldungsgruppen in die Verfassungswidrigkeit geraten.