Protocol of the Session on February 22, 2017

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): In demokratischen Parteien ist das so!)

Genau so machen wir das auch. – Obwohl ich den Verdacht habe, dass DIE LINKE hier eine kleine Fehde mit der SPD klären will, will ich versuchen, anhand des Antragstextes zu argumentieren.

In Punkt 1 steht, dass die Erhebung einer Vermögensteuer ein wichtiger Teil der Gerechtigkeit und der Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit sein sollte. – Da kann ich Ihnen teilweise folgen, weil meine Partei und auch ich sagen: Vermögensbezogene Steuern – ich bitte, diese Formulierung zu beachten – sind für uns eine Frage der Gerechtigkeit.

(Norbert Schmitt (SPD): Bei uns auch!)

Mit den Einnahmen aus diesen Steuern werden Investitionen in Bildung und in andere Dinge, die das Land dringend braucht, finanziert. Ich bitte Sie, zu beachten, dass „vermögensbezogene Steuern“ und eine „Vermögensteuer“ nicht dasselbe sind, auch wenn sie ähnlich klingen. Zu den vermögensbezogenen Steuern zählen die Grundsteuer, die Grunderwerbsteuer und die Erbschaftsteuer.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Alle diese Steuern, die Vermögen belasten, muss man zusammen denken, und man muss sehr wohl schauen, ob die Belastung durch vermögensbezogene Steuern nicht zu hoch ist. Daher muss man sich das Gesamtpaket ansehen. Das darf man nicht aus dem Blick verlieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Ich halte die Erbschaftsteuer für das bessere und schneller einsetzbare Instrument zur Durchsetzung vermögensbezogener Steuern. Herr van Ooyen, Sie haben unseren Parteitagsbeschluss zitiert. Der ist so, wie er ist, und dementsprechend wird sich demnächst das Bundestagswahlprogramm zusammensetzen. Dann werden wir schauen, wie sich das am Ende neu ausmendelt. So ist es, und daran gibt es nichts zu deuteln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Beispiele, die die LINKEN vortragen, sind immer so schön plakativ. Ich erinnere mich an den Festredner auf dem Neujahrsempfang, der gesagt hat: Ob ein reicher Mensch 50 Millionen € hat oder nur 30 Millionen €, ist egal, denn er verhungert ja nicht.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das hat er gesagt!)

Das stimmt. Er wird nicht verhungern. Eine Frage der Besteuerung ist aber immer auch eine Frage ihrer Durchsetzbarkeit. Die Diskussion beginnt bei den Fragen: Ist ein radikales Steuerkonzept politisch durchsetzbar? Wie ist die Durchsetzbarkeit eines Steuerkonzepts zu bewerten, dass bei Teilen der Bevölkerung die Angst auslöst, über Gebühr belastet zu werden? Die GRÜNEN, die SPD und die LINKEN haben im letzten Bundestagswahlkampf die Erfahrung gemacht, dass Steuerkonzepte, von denen manche Menschen glauben, sie werden über Gebühr belastet, kein

Wahlkampfschlager sind und dass man dann nicht gewählt wird.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Von daher gesehen, ist der radikale Anspruch das eine, die Chance, eine gesellschaftliche Mehrheit zur Durchsetzung dieses Anspruches zu bekommen, das andere. Ich verrate Ihnen, glaube ich, kein Geheimnis, dass ich nicht der Überzeugung bin, dass man mit so radikalen Forderungen Mehrheiten gewinnen und die Bevölkerung hinter sich vereinen kann.

In Punkt 2 des Antrags der LINKEN wird gefordert, dass sich der hessische Landeshaushalt auch über die Einnahmeseite konsolidiert. Das stimmt. Das haben wir gemacht. Wir haben nämlich die Grunderwerbsteuer erhöht.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Grundsteuer auch!)

Die Grundsteuer haben die Kommunen erhöht.

(Lebhafte Zurufe von der FDP)

Die Debatte darüber führen wir morgen. – Meine Damen und Herren, wer hat diese Steuern angehoben? Soweit ich mich erinnere, waren die LINKEN nicht dabei, als wir auf die Ausgaben- und auf die Einnahmeseite geschaut haben. Die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion waren auch nicht dabei. Wir haben die einzig mögliche Steuerstellschraube bedient, die es in einem Landeshaushalt gibt.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.

Danke, Frau Präsidentin. – Wir waren die Einzigen, die sich dieser Steuerstellschraube bedient haben. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu Punkt 3 komme ich jetzt nicht mehr. Ich kann dazu nur sagen: So viel Populismus brauchen wir hier nicht, weil Sie alle wissen, dass wir vor der Bundestagswahl einen solchen Antrag im Bundesrat überhaupt nicht mehr umsetzen können. Von daher erübrigt sich das, und wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Grumbach zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ziemlich klar ist: Steuern auf Vermögen nach internationalem Standard sind etwas, was Deutschland braucht, um die

Menschen, die viel Geld verdient haben, an den Ausgaben für Bildung und Infrastruktur zu beteiligen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Wenn ich „internationale Standards“ sage, dann meine ich damit nicht einmal, dass die Vermögensbesteuerung 3,6 % – wie in Großbritannien – oder 3,1 % des Bruttoinlandsprodukts – wie in den Vereinigten Staaten – ausmachen soll.

Ich will an der Stelle sehr deutlich sagen: Die Menschen haben sich in den vergangenen Jahren relativ ungleich das aneignen können, was gemeinsam erwirtschaftet worden ist. Auch das ist ein Effekt, der ausgeglichen werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Die spannende Frage ist – wie immer –: Gut gemeint oder gut gemacht? Wir haben das skurrile Problem, dass wir als hessische SPD das Thema Vermögensteuer sehr bewusst mit einer Anhörung beleuchtet haben, an der der eine oder andere als Gast teilnehmen konnte. Wir haben dabei festgestellt, dass ein Nebeneffekt einer anderen politischen Entscheidung plötzlich das „gut Gemachte“ in Probleme bringt. Herr Dobrindt hat nämlich mit seiner Maut-Entscheidung eine Debatte darüber ausgelöst, dass staatliche Gebühren und Steuern in Beihilfekontexten auftauchen können, was unter anderem dazu führt, dass das, was wir bei der Vermögensteuer immer debattieren, nämlich dass es bestimmte Regelungen geben muss, die die harten Brüche bei Betrieben reduzieren, unter das Beihilferecht fallen. Das ist unser derzeitiger Debattenstand.

Das heißt, wir haben keine Lust, eine Forderung in unser Wahlprogramm zu schreiben, die, wenn umgesetzt, vielleicht zwei Jahre später vom Verfassungsgericht wieder aufgehoben wird. Das hat die amtierende Bundesregierung bei der Erbschaftsteuer schon zum zweiten Mal erlebt. Ich sage das einmal so zugespitzt. Darauf haben wir keine Lust.

(Beifall bei der SPD)

Die Konsequenz daraus ist, dass wir sagen: Wir wollen eine Besteuerung des Vermögens, und wenn wir eine Vermögensbesteuerung betreiben, dann nehmen wir den Teil, von dem wir glauben, dass wir leichter Korrekturen vornehmen können. An dem, was an Erbschaftsteuer derzeit möglich ist, können wir die Korrekturen, von denen wir glauben, dass sie verfassungsgerichtlich überleben – das ist ja eine Wette auf die Zukunft –, leichter vornehmen. Damit sind wir bei einem sehr ertragreichen und sehr simplen Punkt, von dem wir glauben, dass sich die Gerechtigkeitsfrage erneut stellt.

Das wäre ein spannender Punkt für die Liberalen. Liberale Politiker haben vor rund 150 Jahren eine Erbschaftsteuer von 100 % gefordert, weil sie der Meinung waren, dass jeder die gleichen Startchancen ins Leben haben sollte und dass es keine Vorteile geben darf. Es gibt Leute, die realisieren das individuell. Ich will Sie einmal darauf aufmerksam machen, dass der berühmte Investor Warren Buffett seine Kinder enterbt und sein komplettes Vermögen einer gemeinnützigen Stiftung überschrieben hat, weil er sagt: Meine Kinder sollen lernen, im normalen Leben zu arbeiten, wie andere auch. – Ich sage das so zugespitzt, weil ich glaube, dass wir an der Stelle durchaus auf Einsicht bei denen treffen, die viel Geld verdienen, und dass eine ertragreiche, eine die Einkommensverteilung korrigierende Erb

schaftsteuer ein erster Schritt ist, eine vernünftige Vermögensbesteuerung auf die Reihe zu kriegen. Dafür stehen die Sozialdemokraten.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil wir glauben, dass wir noch ein paar Fragen klären müssen, bevor wir uns auf diesen Pfad begeben.

Frau Erfurth, wenn Sie den letzten Wahlkampf als Argument heranziehen, muss ich sagen: Da bin ich ganz anderer Meinung. Ich glaube, die Menschen in Deutschland warten darauf, dass jemand die Initiative ergreift, die Ungleichheiten auch im steuerlichen Bereich endlich auszugleichen. Das sehe ich völlig anders als Sie.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Das Schlimmste, was wir tun könnten, wäre, einem Vorschlag zuzustimmen, von dem wir nach unserem derzeitigen Diskussionsstand glauben, er wird nicht funktionieren. Das wäre die schlimmste Enttäuschung. Deswegen: Erst einmal der Vorschlag zur Erbschaftsteuer, von dem wir glauben, dass er funktionieren kann, und wenn wir die anderen Fragen geklärt haben, dann können wir noch einmal über eine Vermögensteuer reden.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Grumbach. – Als Nächste spricht Kollegin Arnoldt von der CDU-Fraktion. Bitte, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Und immer wieder grüßt das Murmeltier“ – in diesem Fall ein besonders gefräßiges Exemplar,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, ein gefräßiges Exemplar!)

das es trotz Rekordsteuereinnahmen nicht lassen kann, auf Kosten anderer immer mehr verschlingen zu wollen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Wieder einmal hat DIE LINKE die Keule ihrer sozialistischen Ideologie herausgeholt, und Kollege van Ooyen wird anscheinend nicht müde, sie zu schwingen.

(Beifall bei der CDU – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)