Protocol of the Session on January 25, 2017

Um dies ganz klar zu sagen: Auf der Konsolidierung auf der Ausgabenseite sollte aus meiner Sicht immer der Hauptfokus liegen, und die Begrenzung der Ausgaben sollte vorrangig vor weiteren Steuererhöhungen sein.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer die kommunale Selbstverwaltung ernst nimmt, soll die Entscheidung darüber, ob die Priorität auf der Ausgaben- oder Einnahmeseite zur Erreichung des Haushaltsausgleichs gelegt wird, grundsätzlich den Kommunen überlassen.

(Beifall der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Eine Grundsteuerobergrenze lehnen wir deshalb als einen zu weitreichenden Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und in die Entscheidungshoheit der Kommunen ab. Die kommunalen Vertreter handeln in der Regel verantwortlich und beschließen nicht leichtfertig Steuererhöhungen, sondern wägen diese unter Berücksichtigung aller Umstände sehr sorgfältig und gründlich ab. Auch die Bürger vor Ort sollen die Möglichkeit haben, sich im Wettbewerb der Kommunen untereinander bewusst für einen hohen Leistungsstandard zu entscheiden.

Die Folge für den Leistungsstandard kann dann aber auch sein, dass höhere Kosten und dadurch höhere Steuern zu veranschlagen sind. Das Land unterstützt die Landkreise, Städte und Gemeinden auf sehr vielfältige Weise. Lassen Sie mich darauf ganz kurz hinweisen: unter anderem mit 3 Milliarden € Entschuldungshilfen des Landes im Rahmen des Kommunalen Schutzschirms, mit Investitionshilfen im Kommunalinvestitionsprogramm von 1 Milliarde € und mit dem Kommunalen Finanzausgleich, der in diesem Jahr eine Rekordhöhe von 4,6 Milliarden € betragen wird.

Zusätzlich unterstützt das Land seine Kommunen auch durch Beratungsleistungen, die bei der Konsolidierung hilfreich sind. Ich weise auf die Benchmark-Daten hin. Das Land ist Partner der Kommunen und nimmt seine Aufgabe wahr, um auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zum Haushaltsausgleich zu achten, und beschränkt die Kommunen in ihrer kommunalen Selbstverwaltung nicht unangemessen durch die Festlegung maximal zulässiger Hebesätze bei der Grundsteuer.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Ich komme gleich zum Ende. – Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Durchschnittshebesätze für die Grundsteuer B in Hessen bei 444 Punkten liegen und der Durchschnitt deutschlandweit bei 455 und in Berlin bei 810 Punkten liegt.

Deshalb: Wir brauchen keine Grundsteuerbremse. Wir brauchen verantwortliches Arbeiten in den Kommunen. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vielen Dank, Herr Kollege Reul. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Kummer von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ruf nach weniger Steuern ist immer schon populär gewesen. Bedenklich ist allerdings, wenn man dabei vergisst, zu erklären, welche kommunalen Leistungen künftig nicht mehr erbracht werden können – so weit zum Bund der Steuerzahler und zur VhU vom heutigen Tage. Die VhU sagt nunmehr auch, die Einnahmen insgesamt müssten für die Gemeinden da sein, damit sie auch in Zukunft ihre Investitionen schultern können, und sie verlangt nicht weniger Einnahmen für die Gemeinden.

(Beifall bei der SPD)

Doch nun zu den einzelnen Absätzen des Antrags der FDP. Erstens, an die FDP: Ja, Sie haben recht mit dem ersten Absatz. Die schwarz-grüne Landesregierung hat mit ihrer falschen Finanzausgleichspolitik die teils drastischen Grundsteuererhöhungen auf kommunaler Ebene veranlasst und damit auch zu verantworten – dies im Zusammenspiel von Finanz- und Innenminister.

(Beifall der Abg. Norbert Schmitt und Günter Ru- dolph (SPD))

Der eine stellt zu wenig Geld zur Verfügung – Herr Reul, da nutzt es auch gar nichts, wenn man auf 4,6 Milliarden € hinweist, aber nicht sagt, dass auch die Aufgaben und Ausgaben da sind, die finanziert werden müssen –, und der andere zwingt zu Konsolidierungsschritten, die dann den Kommunen vor Ort – das ist doch der Punkt – keine andere Wahl lassen, als die gemeindliche Grundsteuer zu erhöhen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vielen ehrenamtlichen Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter, die dies letztlich beschließen müssen, tun mir leid. Sie beschließen dies nämlich unter Zwang, nicht weil es ihnen Freude macht.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Sie müssen dafür vor Ort den Buckel hinhalten und werden teils übelst beschimpft – ich habe das aus eigener Erfahrung schon gehört –, und der Finanzminister kann sich damit brüsten, dass die Kommunen die Schutzschirmziele erreichen würden. Sie tun dies, weil ihnen der Gewährträger, das Land Hessen, nicht genügend Mittel zur Verfügung stellt.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Schlussfolgerungen, die die FDP daraus zieht, sind allerdings falsch. Wir brauchen keine Höchstgrenze bei den Realsteuern, keine Grundsteuerbremse. Was wir brauchen, ist eine auskömmliche Finanzierung unserer Kommunen durch das Land. Lassen Sie es mich einmal so sagen: Die Gemeinden leiden finanziell unter schwerer Bronchitis, und die FDP verbietet ihnen das Husten.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, so werden die Gemeinden finanziell nicht gesunden. Die Ursache zu bekämpfen heißt eben nicht, das Husten zu verbieten, sondern, die Kommu

nen finanziell besser auszustatten, wie dies beispielsweise andere Länder tun.

Wenn in Hessen die Gemeinden die Grundsteuer erhöhen müssen, dann ist das nichts anderes – lassen Sie es mich so sagen – als ein Hilfeschrei der Gemeinden an das Land. Was sollen sie denn sonst tun, wenn sie gezwungen werden, ihre Haushalte auszugleichen, und ihnen gleichzeitig die Mittel fehlen, die Pflichtaufgaben auch in Zukunft erfüllen zu können?

An die FDP: Es gibt noch einen zweiten Grund, der gegen den Antrag spricht. In Abs. 4 wird als Maßstab ein bundesweiter Vergleich vorgeschlagen. Ich finde, der ist untauglich. Die Aufgabenwahrnehmung der Kommunen ist bundesweit nicht vergleichbar. Der Kommunalisierungsgrad staatlicher Aufgaben ist in Hessen mit am höchsten. Ein bloßer Vergleich der Grundsteuern berücksichtigt diese länderspezifischen Besonderheiten gerade nicht und darf deshalb nicht der Maßstab sein.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch einen dritten Grund, der gegen diesen Antrag spricht. Das sind die verfassungsrechtlichen Garantien, insbesondere in der Hessischen Verfassung, die insoweit über das Grundgesetz hinausgeht. Das ist Art. 137 Abs. 5 Satz 2. Dort steht: Das Land stellt den Gemeinden

für ihre freiwillige öffentliche Tätigkeit in eigener Verantwortung zu verwaltende Einnahmequellen zur Verfügung.

Das ist eben die Grundsteuer. Der FDP-Antrag wäre damit ein schwerwiegender Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und in die kommunale Selbstverantwortung.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Kollege Hahn, insoweit geht die Hessische Verfassung gerade für uns im Landtag über die Bestimmungen eines Bundesgesetzes, nämlich § 26 des Grundsteuergesetzes, weit hinaus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, außerdem gibt es bereits ein Korrektiv. Das sind die Bürgerinnen und Bürger vor Ort; denn die Bürgerinnen und Bürger vor Ort würden sich – davon bin ich überzeugt – ein überzogenes, grundloses Erhöhen der Grundsteuer nicht gefallen lassen, spätestens bei der nächsten Wahlentscheidung.

Die Gemeinden in ihrem Hebesatzrecht zu beschränken wäre nicht, Herr Hahn, wie die FDP es suggeriert, zum Wohle der Menschen; denn die Grundsteuer vor Ort zahlen die Menschen für ihre Gemeinde, für ihre Gemeinschaft. Sie zahlen sie für die kommunale Infrastruktur vor Ort. Wenn ihnen diese Mittel nicht mehr zur Verfügung stünden, dann wäre das letztlich zum Schaden der Menschen vor Ort.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir wollen sie nicht abschaffen!)

Herr Kollege, Sie müssten zum Ende kommen.

Eine Beschneidung des Hebesatzrechts – Frau Präsidentin, das wäre mein letzter Satz – ist auch nicht gerechtfertigt. Das sagt selbst Dr. Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Er sagte am 20.09.2016:

Das Hebesatzrecht der Gemeinden … hat eine zentrale Bedeutung. … [Sie] gehen damit verantwortungsvoll, nachvollziehbar und maßvoll um.

Wenn er dies sagt, ist das selbstredend.

Meine Damen und Herren, keine Gemeinde

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Vorletzter Satz!)

Herr Kollege, bitte.

wird auf eine Senkung der Grundsteuer verzichten, wenn sie vom Land Hessen, von der Hessischen Landesregierung finanziell besser ausgestattet werden würde. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Kummer. – Als nächster Redner spricht nun Kollege van Ooyen von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP hat uns mit dem Antrag eine mindestens nachdenklich machende Aufgabe vorgelegt. Sie weist auf ein erhebliches Problem hin. Denn tatsächlich haben viele Kommunen in Hessen die Grundsteuer erhöht, die unter dem Druck einer rigorosen Sparpolitik leiden, die allerdings – das muss man sagen, Herr Hahn – von CDU und FDP in Hessen begonnen wurde, um den Landeshaushalt zu sanieren. In der Tat ist es so, dass neben vielen unsozialen Einsparungen wie Schließung von öffentlichen Einrichtungen, Reduzierung von öffentlichen Leistungen und Gebührenerhöhungen, in vielen Kommunen die Grundsteuer erhöht wurde. Auch das reiht sich ein in die kommunalfeindliche Politik, die Schwarz-Grün von Schwarz-Gelb in Hessen übernommen hat.

Denn einerseits ist die Grundsteuer eine Abgabe, die alle Menschen trifft. Besonders ungerecht ist sie jedoch gegenüber Menschen mit geringem Einkommen, die zur Miete wohnen und womöglich sogar darauf angewiesen sind, auf vergleichsweise großer Fläche zu wohnen, weil sie beispielsweise viele Kinder haben. Gerade diese Menschen trifft die Grundsteuer besonders hart. Jede Erhöhung der Grundsteuer in den Kommunen ist eine besondere zusätzliche Belastung für Rentner, Studierende, Familien und abhängig Beschäftigte.

Insofern liegt der Gedanke der FDP natürlich nahe, sich hier als Steuersenkungspartei zu profilieren. Ganz klar: Auch wir haben nichts gegen eine Grundsteuer, die auf der

einen Seite den Kommunen zwar noch Einnahmen bringt, aber auf der anderen Seite keine zusätzlichen sozialen Ungerechtigkeiten produziert.

Aber in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen – es wurde bereits darauf hingewiesen –, indem man den Kommunen erst die Zuweisungen zusammenstreicht, sie dann mit zusätzlichen Aufgaben betraut und ihnen am Ende sagt, dass sie die Grundsteuer bitte nicht erhöhen dürfen, meine Damen und Herren von der FDP, das geht eben auch nicht.