Wenn man Forstleute, Beschäftigte von Hessen-Forst und private Waldbesitzer im Land fragt, was sie von einer FSC-Zertifizierung halten, schlagen die die Hände über dem Kopf zusammen und fragen zurück, ob in der Politik dieser Landesregierung die richtigen Weichenstellungen vorgenommen werden. Fachlichkeit spielt bei den Argumenten der Landesregierung in der Regel überhaupt keine Rolle.
FSC als privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen verdient durch die Zertifizierung des Staatswaldes viel Geld. Dabei suggerieren die GRÜNEN, dass der Wald bislang schlecht behandelt worden sei. Meine Damen und Herren, das erleben wir auch an anderer Stelle. Der Kollege Lotz hat die Berichte aus der „Frankfurter Rundschau“ angesprochen. Eine Zertifizierung ist gut und schön. Aber wer zertifiziert eigentlich die Zertifizierer? Wer überprüft die? Wer sorgt bei denen für Transparenz? – Das ist eine Aufgabe des Parlaments, zumindest dann, wenn wir mit der Vorgabe, den Wald nach den Kriterien von FSC zu zertifizieren, den Betrieben – auch dem Landesbetrieb HessenForst – das Leben schwer machen.
Meine Damen und Herren, man muss in diesem Zusammenhang wissen, dass es schon vor FSC eine Zertifizierung des hessischen Waldes gegeben hat. Wir hatten in Hessen die PEFC-Zertifizierung. Diese stand über Jahre hinweg für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder.
Die CDU-Fraktion hat diese Form der Zertifizierung stets tapfer verteidigt. Sie hat sogar in ihren Wahlkampfveranstaltungen versprochen, dass es mit ihr keine FSC-Zertifizierung geben werde. An dieser Stelle ist die CDU wortbrüchig geworden.
Eine FSC-Zertifizierung bringt auch aus unserer Sicht keine Verbesserungen. Die Landesregierung hat mit den Flächenstilllegungen im Wald, die aufgrund dieser Zertifizierung notwendig werden, den Kostendruck auf HessenForst erhöht. Das hat aber überhaupt nicht dazu geführt, dass auch nur ein Euro mehr an Erlösen generiert werden kann. Gleichzeitig soll Hessen-Forst mehr Geld zum Haushalt des hessischen Umweltministeriums beitragen. Die Kosten zu erhöhen, Erlöse zu verunmöglichen, aber gleichzeitig mehr Geld abzuführen – wie soll das gehen? Das
führt nur dazu, dass der daraus entstehende Konflikt auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Nichts anderes hat Ihnen Kollege Lotz von der SPD-Fraktion gerade vorgeworfen.
Meine Damen und Herren, Sie erhöhen den Druck auf andere Flächen, die intensiver bewirtschaftet werden müssen. Fachlich gesehen, sollte man zumindest eine Diskussion über diese Form der Zertifizierung führen. Ich nenne ein Beispiel, das Naturwaldreservat „Weiherskopf“ im MainKinzig-Kreis. In der letzten Sitzung des Umweltausschusses waren alle vertreten, die sich mit dem Thema Forstwirtschaft auseinandersetzen. Wir hörten in dieser Sitzung mit Erstaunen, dass die Biodiversität im bewirtschafteten Wald sogar höher ist als in den naturbelassenen oder stillgelegten Flächen.
Meine Damen und Herren, wir müssen doch zumindest einmal über die Ziele reden, die uns vor allem die GRÜNEN immer verkaufen wollen: Das ist der einzig wahre Weg, wir müssen Flächen stilllegen, und die Bewirtschaftung ist das Böse. – Den Beweis bleiben Sie schuldig. Es kann nicht sein, dass wir Ihnen dann auf einem Weg wie der FSC-Zertifizierung folgen, ohne kritisch zu hinterfragen: Was machen denn diese Zertifizierer überhaupt? Dass es am Ende auf dem Rücken der Beschäftigten des Landes ausgetragen wird, geht nicht.
Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In ihrem Dringlichen Antrag möchte die Regierungskoalition, dass sich der Landtag bei den Beschäftigten von Hessen-Forst bedankt. Für die wichtige und gute Arbeit, die die Menschen vor Ort leisten, bedanken wir uns gerne.
Aber wie sieht der Dank der Regierungskoalition aus? Er besteht aus Nullrunden für Beamtinnen und Beamte, er besteht aus Personalabbau und Arbeitsverdichtung, und er besteht aus einer zunehmenden Ökonomisierung des Waldes. Das ist ein Dankeschön, auf das die Betroffenen getrost verzichten können.
Folgerichtig behandelt das Konzept der Landesregierung „Personalentwicklung Hessen-Forst 2025“ vor allem den Stellenabbau: 40 Stellen im höheren Dienst, 150 Stellen im gehobenen Dienst, 40 Angestelltenstellen und 16 Forstwirtschaftsstellen sind bereits gestrichen oder sollen bis 2025 noch wegfallen. Diese Stellenstreichungen können auch durch die 94 Forstwirtschaftsmeister, die neu eingestellt werden sollen, bei Weitem nicht kompensiert werden.
Das sogenannte Personalentwicklungskonzept ist die Fortsetzung des Stellenabbaus im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ von Roland Koch. Diese hat bereits zu höhe
rem Arbeitsdruck geführt – und das bei einem stetig steigenden Durchschnittsalter der Beschäftigten.
Es wird zudem nicht genug ausgebildet – und das bei den massiven Personalabgängen, die ab 2017 zu erwarten sind. Ein großer Teil der Forstwirtinnen und -wirte und ein großer Teil der Revierleitungen sind hochgradig unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen. Förster und Waldarbeiter können den gesetzlich festgeschriebenen Bildungsaufgaben und gestiegenen Anforderungen eines nachhaltigen Waldbaus kaum noch nachkommen. Das versucht die Hessische Landesregierung zu kaschieren.
Schönfärberei, Lobhudelei und Unterdrückung der Kritik, damit in der dokumentierten Beschlusslage des Landtags die Arbeit von Schwarz-Grün im Glanze erscheinen möge: Das ist der Zweck Ihres Antrags, der ansonsten absolut entbehrlich ist und den wir auch ablehnen werden.
(Mathias Wagner (Taunus) und Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was? – Lachen der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Nur mit genügend Personal, das gut ausgebildet und gut entlohnt ist, können die hohen Anforderungen des Waldbaus bewältigt werden. Das wissen die GRÜNEN eigentlich auch, doch jetzt verdrehen sie das Ganze zusammen mit der CDU immer nur in Richtung Effizienzschraube.
(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Man kann es auch manchmal sein lassen, wenn es für die nicht hilfreich ist! – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))
Der Naturschutzbund Hessen hat das Land verklagt und darüber hinaus bei der EU-Kommission eine Beschwerde wegen mangelnder Umsetzung der Biodiversitätsrichtlinie eingereicht. Im konkreten Fall ist der NABU der Auffassung, dass im europäischen Naturschutzgebiet „Laubacher Wald“ ein alter, geschlossener und moosreicher Laubbaumbestand durch Holzeinschlag zerstört wurde.
Das hohe Alter der Bäume ist der Grund der Unterschutzstellung gewesen. Hier darf eigentlich überhaupt kein Baum gefällt werden. Was machen Sie denn mit Ihren Siegeln? Sie machen doch ganz andere Dinge als das, was Sie aufs Papier schreiben. Die Realität hat doch nichts mit dem zu tun, was Sie hier als Apostolat vor sich hertragen.
Sie schützen angeblich den Wald. Sie beuten ihn stattdessen immer stärker aus und erhöhen den Druck auf die dort arbeitenden Menschen. Das Ganze nennen Sie dann „grüne Politik“. Na, danke schön.
Eine Forderung auf Umweltschadenersatz, so der NABU, sei im November 2016 vom Regierungspräsidium Gießen mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass die traditionelle Forstwirtschaft grundsätzlich keine Umweltschäden hervorrufen könne. Das finde ich starken Tobak. Die Botschaft lautet hier: Die Erfinder der Nachhaltigkeit können gar nicht anders, als umweltverträglich zu wirtschaften.
Wer aber die Bilder gesehen hat, die der BUND am Runden Tisch „Hessisches Ried“ vorgelegt hat, weiß, dass Hessen-Forst unter dem großen ökonomischen Druck steht und der Holzeinschlag in unter Schutz gestellten Wäldern kein Einzelfall ist. Der Druck zum Holzeinschlag resultiert aus den ökonomischen Vorgaben der Landesregierung. Die Klage zeigt, dass der Schutz von Wäldern in europäischen Schutzgebieten selbst im Staatswald offenbar nicht ausreichend geachtet wird. Für einen wirklich guten, flächendeckend ökologischen Waldbau ist bei Hessen-Forst noch viel Luft nach oben. Das liegt nicht daran, weil die das nicht wollen würden.
Es geht hier nicht um Abschaffung. Es geht um Transparenz. Lesen Sie den Antrag richtig, und interpretieren Sie ihn nicht falsch.
Ich frage mich, wie das Absenken des vorgeschriebenen Laubholzanteils auf bis zu 50 % – so eine Anweisung des Umweltministeriums – mit einem ökologischen Waldbau und der FSC-Zertifizierung zusammenpassen soll. Statt Buchen und Eichen dürfen Baumarten wie Douglasien gepflanzt werden, die nicht standortheimisch sind. Da passt doch vorne und hinten nichts.
Auch die Europäische Kommission ist der Ansicht, dass es bei der Umsetzung des Naturschutzes im Wald offensichtlich Probleme gibt. Auch hier wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Ob Wasserversalzung durch K+S, zu hohe Stickoxidwerte in den Städten, Nitrat im Grundwasser oder mangelnder Naturschutz in den Wäldern:
Das sind alles Fälle einer deutlichen und dauerhaften Missachtung der Umweltund Naturschutzgesetzgebung. Schafft die grüne Umweltministerin es nicht, Farbe zu bekennen, dann mutiert sie zum grünen Feigenblatt renditeorientierter schwarzer Wirtschaftspolitik. Das müssen Sie sich hier sagen lassen.
(Beifall bei der LINKEN – Zurufe der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Peter Stephan (CDU))
Danke, Frau Kollegin Schott. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Dr. Arnold von der Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass der Wald 42 % der Fläche Hessens bedeckt. Er ist ein wertvolles Gut: In unserer Landesbilanz ist er mit rund 2,4 Milliarden € bewertet. In diesem Wald arbeiten sehr viele Menschen, allein im Landesbetrieb Hessen-Forst über 2.500 und in den kommunalen und privaten Betrieben der Holzindustrie etwa noch einmal die gleiche Anzahl.
Ich möchte bewusst voranstellen, dass ich sehr davon überzeugt bin, dass man in einem so bedeutenden Wirtschaftsbereich keine ideologisch bedingten Auseinandersetzungen braucht. Wir sollen stattdessen zur Sachlichkeit zurückkehren.
Herr Kollege Lotz, ich habe mir den SPD-Antrag angeschaut und durchaus festgestellt, dass es wenigstens ein paar Übereinstimmungen gibt. Wir sind uns einig, dass wir weiterhin eine nachhaltige und multifunktionale Forstwirtschaft wollen. Wir sehen den Wald als einen wichtigen Wirtschaftsfaktor an. Er ist für unsere Menschen wichtig zur Erholung, er ist aber auch ein wichtiges Biotop für die Arten, und er ist wichtig für den Umweltschutz.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass wir allen Grund haben, den Beschäftigten von Hessen-Forst, aber auch den Beschäftigten in den kommunalen und den privaten Forstbetrieben für die fachkundige und gute Arbeit bei der Bewirtschaftung dieses Waldes zu danken.
Aber ich stelle fest, dass bis zu diesem Punkt Übereinstimmung herrscht und nicht weiter; denn Sie schreiben in Ihrem Antrag – ich zitiere –: