Da wir das alles tun wollen, können wir nicht sagen, wir können das alles auf einmal machen. Deshalb haben wir, wie Sie alle wissen, in den Haushalt für das Jahr 2017 keine Beitragsfreiheit geschrieben.
In dem Punkt Beitragsfreiheit geht es auch um die Kolleginnen und Kollegen der CDU. Ich habe von keinem der Kolleginnen und Kollegen der CDU gehört, dass es wirklich supertoll sei, dass es so viel kostet, die Kinder in die Betreuung zu geben. Das habe ich von keinem in diesem Saal gehört.
Ich glaube, dass wir uns früher oder später dieser Frage stellen werden. Es ist die Frage, wann die finanzpolitische Schwerpunktsetzung das hergeben wird. Es geht darum,
wann wir die anderen Ziele, die wir uns gesetzt haben, tatsächlich erfüllt haben. Ich komme damit zu dem zweiten Thema, nämlich der Anhebung der Pauschalen.
Das Thema, das Sie in Ihrem Gesetzentwurf ansprechen, ist, im Kontext der Evaluation des Kinderförderungsgesetzes zu sehen. Ich glaube, mit dem, wie wir es im Koalitionsvertrag zwischen CDU und GRÜNEN festgeschrieben haben, werden wir sehr klug vorgehen. Wir haben wissenschaftlich evaluieren lassen, wie das Kinderförderungsgesetz wirkt und an welchen Stellen es noch Aufforderungen an die Politik gibt, wo wir also nachsteuern können und sollen.
Ich finde diesen Bericht hoch spannend und hochinteressant. Wir haben in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass wir gegebenenfalls nachsteuern werden. Deswegen ist der runde Tisch Kinderbetreuung – er heißt auch Kindergipfel –, der in 14 Tagen stattfinden wird, von entscheidender Bedeutung. Allen Akteuren der Kinderbetreuung liegt dieser Evaluationsbericht vor. Dort werden wir diskutieren, welche qualitativen Stellschrauben wir noch bedienen müssen, damit es weitere Verbesserungen der Qualität und des Kinderförderungsgesetzes gibt.
Das wird gemacht, wenn wir alle den Bericht gründlich gelesen haben. Wir werden dann nicht immer dasselbe sabbeln, was wir schon vorher gesabbelt haben. Vielmehr werden wir dann den Bericht gelesen haben. Wir werden es dann mit den entscheidenden Akteuren diskutieren. Wir werden dann gemeinsam dazu kommen, neue Schwerpunkte zur Verbesserung der Qualität zu setzen. Sie werden sehen: Das wird nicht zum Nulltarif zu haben sein.
Wenn wir beim Kinderförderungsgesetz nachgesteuert haben und wenn wir die Qualität der Betreuung und der frühkindlichen Bildung ein weiteres Mal verbessert haben, dann werden wir uns in diesem Saal auch erneut der Frage stellen, wie wir mit der Beitragsfreiheit umgehen.
Der Gesetzentwurf wird von uns abgelehnt. Wir wollen die Beitragsfreiheit heute nicht. Wir wollen die Qualität verbessern, aber erst nachdem wir das auf wissenschaftlicher Grundlage mit den Akteuren analysiert und diskutiert haben. Dann werden wir uns in der Koalition, im Landtag und mit den Vertreterinnen und den Vertretern der Wohlfahrtsverbände wiedersehen. Wir werden dann darüber reden, wie wir die Qualität verbessern wollen.
So macht man gute Kinderbetreuungspolitik. Es geht um den Ausbau der Quantität und der Qualität. Dann reden wir über das, was noch wünschenswert ist. – Herzlichen Dank.
Herr Kollege Bocklet, vielen Dank. – Das Wort erhält der Sozialminister, Herr Staatsminister Grüttner.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde schon hinlänglich gesagt, dass wir praktisch in der vierten Lesung eines Gesetzentwurfs sind und die Argumente weitestgehend ausgetauscht sind. Insofern will ich nur zwei Sätze dazu sagen.
Ich finde, ein Gesetzentwurf, der als Gesetz die Autonomie der Träger aushöhlen und auf der anderen Seite den Elternwillen nicht berücksichtigen würde, ist einer, der in diesem Haus keine Mehrheit finden darf. Das ist Nummer eins.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Marjana Schott (DIE LINKE): Herr Minister, das ist eine Unterstellung!)
Ich komme zu Nummer zwei. Das ist letztlich eine Diskussion, die wir schon geführt haben und wahrscheinlich in den nächsten Wochen und Monaten noch weiter intensiv führen werden. Dabei geht es um die Fragestellung, wie wir die Gestaltung der Kinderbetreuung in Hessen weiterentwickeln wollen.
Eines hat mir gefehlt. Das will ich deswegen sehr deutlich sagen. Es hat mir wirklich bei jedem gefehlt, der an diesem Pult heute zu diesem Thema gesprochen hat. Das möchte ich sagen: Sowohl die Kommunen als auch die freien Träger machen hinsichtlich der Kinderbetreuung in Hessen einen sehr guten Job.
Ich finde, das muss man einmal sagen. Denn an der Stelle kommt immer wieder die Frage auf den Tisch: Wie sieht es denn mit der Kinderbetreuung aus? – Ich stelle mir vor, welche Anstrengungen unternommen wurden und welchen Weg wir seit der Normierung des Rechtsanspruchs der Betreuung der Ein- bis Zweijährigen gegangen sind. Wir haben hinsichtlich der Plätze ausgebaut. Wir haben hinsichtlich der Fachkräfte gestaltet. Wir haben hinsichtlich der Inhalte gestaltet. Es ging um die Frage, wie wir hinsichtlich der Kinderbetreuung der über Dreijährigen weitermachen.
Man kann sich die Quoten, auch im Ländervergleich, ansehen. Das ist ein System, das von den Eltern angenommen wird. Es bietet den Kindern eine gute Qualität. Letztendlich wird es von den freien Trägern und von den Kommunen getragen.
Es ist nach wie vor zu berücksichtigen, dass die Kinderbetreuung nach unseren gesetzlichen Vorschriften eine originäre Aufgabe der Kommunen ist. Was wir machen müssen, ist, die Kommunen darin zu stärken, damit sie diese Aufgabe wahrnehmen können.
Natürlich müssen wir genauso schauen, welche Ansprüche die Eltern an die Kinderbetreuung haben. Ich will zu zwei oder drei Punkten etwas sagen, was mich ein bisschen verwundert.
Das, was Herr Kollege Rock immer sagt, ist kein neues Argument. Er sagt, Menschenskinder, dadurch, dass wir Kinderbetreuung anbieten, können die Eltern arbeiten gehen. Dadurch, dass die Eltern arbeiten gehen, zahlen sie Steuern. Damit wird der Staat finanziert. Man kommt dann praktisch zu einem rollierenden System, in dem sich die Kinderbetreuung eigentlich selbst finanziert, wenn der Staat genug Geld dazugibt.
Gleichzeitig haben wir dann auch noch die Situation, dass man sagt, dass das eine Bildungseinrichtung sei. Ich glaube, in diesem Landtag muss niemand mehr überzeugt werden, dass die Kinderbetreuung mehr als Betreuung, nämlich Bildung, ist.
Ansonsten bräuchten wir nicht seit mehr als zehn Jahren in Hessen einen Bildungs- und Erziehungsplan zu haben. Aber ich sage auch sehr deutlich: Eines wollen wir nicht. Das höre ich so leise immer mit heraus. Wir wollen keine Kinderschule. Wir wollen keine verpflichtende Kindertagesstätte, und wir wollen keine Kindertagesstätte als Fortsatz oder als Anfang von der Schule. Um es eindeutig zu sagen: Das liegt nicht in unserem Interesse.
Ja, aber das kommt immer wieder so dabei heraus. – Der zweite Punkt ist: Wir müssen sehr genau darüber nachdenken, wie das Verhältnis zwischen der Qualität in den Kindertagesstätten und der Belastung der Eltern ist. Es ist das Spannende in der Politik, da eine entsprechende Abwägung zu finden. Da gibt uns der Evaluationsbericht zum Kinderförderungsgesetz eine ganze Reihe von guten Ansatzpunkten – er wird uns natürlich noch reichlich beschäftigen. Es ist normal, dass wir den gleichen Bericht in Teilen wahrscheinlich unterschiedlich lesen. Aber an ein paar Fakten kann keiner vorbeikommen. Wenn erst durch das Kinderförderungsgesetz in 54 % der Kindertagesstätten in Hessen – so der Evaluationsbericht – Leitungen erstmalig eine Chance haben, Ausfallzeiten zu berücksichtigen, dann ist das ein Erfolg dieses Gesetzes, weil es das vorher nicht gegeben hat.
Jetzt kann man immer noch sagen: Mensch, die 15 % für Ausfallzeiten reichen nicht, es müssen 25, 30 oder 40 % sein. – Aber die Tatsache, dass sich erst einmal ein Bewusstsein dafür herausgebildet hat, dass es an dieser Stelle eine Notwendigkeit gibt, einen Aufschlag für Ausfallzeiten einzuräumen, ist nur durch das Kinderförderungsgesetz vorangebracht worden. Die Tatsache, dass wir den Bildungs- und Erziehungsplan nicht verpflichtend, sondern als Qualitätspauschale eingesetzt haben, führt dazu, dass der überwiegende Teil der Kindertagesstätten in Hessen inzwischen nach den Grundlagen des Bildungs- und Erziehungsplans arbeitet – und zwar nicht verpflichtend, sondern freiwillig. In der Regel hat das, was man freiwillig tut, größere Erfolgsaussichten als das, was ich zwangsweise verordne.
Ein letzter Punkt ist das Thema Beiträge. Es ist immer ein spannender Punkt, darüber zu reden, wie Beitragsfreistellungen gestaltet werden. Das ist auch ein Thema, über das wir uns unterhalten müssen. Wir müssen das aber auch in der Differenziertheit tun, die dieses Thema verlangt. Wir reden nicht über die Frage der Entlastungen von Eltern mit prekären Einkommensverhältnissen. Da ist die Wirtschaftliche Jugendhilfe so weit, dass sie das den Eltern entsprechend abnimmt. Dann reden wir über die Entlastung von Kommunen und von Trägern. Aber wir reden nicht über die Entlastung von Eltern;
denn die Eltern haben in diesem Kontext keine Belastungen. Wir müssen darüber reden, wie sich Belastungen auch in Hessen in den unterschiedlichsten Bereichen darstellen und wo wir Ansätze finden, um auch entsprechende Entlastungen vorzunehmen, ohne dass die Qualität in den
Kindertagesstätten darunter leidet. Das ist eine Diskussion, über die es sich lohnt Gedanken zu machen.
Ich rede nicht von einem Kindergipfel, und ich rede auch nicht von irgendetwas anderem, aber wir werden am 6. Februar – die Einladungen sind heraus – den Evaluationsbericht mit dem Institut, das ihn erstellt hat, in den einzelnen Facetten beraten. Wir werden das im Ausschuss tun. Anschließend werden wir unsere jeweiligen Schlussfolgerungen daraus ziehen – das ist normal im politischen Geschäft. Ich finde es schade, dass – trotz des Wissens ob der Zeitabläufe im Hinblick auf die Unterlagen zum Evaluationsbericht – ein solcher Gesetzentwurf heute erneut zur Beratung ansteht. Es wäre sinnvoller gewesen, an dieser Stelle erst einmal die Diskussion abzuwarten, als einen Gesetzentwurf, der schon einmal abgelehnt worden ist, noch einmal in die Beratung einzubringen. Die Landesregierung wird dem Parlament an dieser Stelle sicherlich nicht raten, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Deswegen wird das Abstimmungsverhalten – unabhängig davon – sicher auch eindeutig sein. Es ist immer eine spannende Diskussion; aber ein solcher Gesetzentwurf war absolut überflüssig.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches in zweiter Lesung. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? – Das ist das übrige Haus. – Eine Enthaltung, Frau Kollegin Öztürk, bitte ein bisschen lauter. Damit ist der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir wären damit am Ende der Plenarsitzung. Ich weise noch einmal darauf hin, dass jetzt im Anschluss an die Sitzung der Rechtspolitische Ausschuss zu einer Sitzung im Raum 510 W zusammenkommt. – Das war es für heute. Ich bedanke mich und wünsche Ihnen alles Gute. Glück auf, bis morgen früh. Die Sitzung ist geschlossen.