Protocol of the Session on September 15, 2016

Das hat Chuzpe, muss ich einmal sagen. Eine Partei oder Fraktion, die nach der Wahl so weit von dem entfernt ist, was sie vorher gesagt hat, sollte mit solchen Äußerungen ein bisschen zurückhaltender sein. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Das stimmt!)

Vielen Dank. – Das Wort hat Staatsministerin Hinz.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Natürlich steht es jedem Menschen und jeder Fraktion frei, vor den Staatsgerichtshof zu ziehen.

(Florian Rentsch (FDP): Danke schön!)

Das ist überhaupt keine Frage; das stellt niemand infrage.

(Florian Rentsch (FDP): Dann muss man es auch nicht dauernd betonen!)

Verblüffend ist es aber schon, wenn Abgeordnete der FDP in der Regel nicht mehr wahrhaben wollen, was sie in ihrer Regierungszeit, die noch nicht allzu lange zurückliegt, eigentlich beschlossen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer hat denn das Gesetz beschlossen, das Jagdgesetz? Das war die FDP gemeinsam mit der CDU. In § 43 des Hessischen Jagdgesetzes steht wörtlich:

Die für das Jagdwesen zuständige Ministerin oder der dafür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über …

Nr. 3 –

Jagd- und Schonzeiten nach § 22 Bundesjagdgesetz und abweichend vom Bundesrecht.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es! Ganz klar! – Florian Rentsch (FDP): Haben wir das in unserer Klage angeführt?)

Also ohne Parlamentsvorbehalt: Die zuständige Ministerin darf Jagdzeiten entsprechend ändern und anpassen. Ich gehe doch einmal davon aus, dass der damalige Justizminister – in Klammern: FDP –, der Kollege Hahn, das auch rechtsförmlich ordentlich geprüft hat, bevor das Gesetz beschlossen wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, abgesehen von der Möglichkeit, die Verordnung in einzelnen Passagen zu ändern – –

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lenders?

(Ministerin Priska Hinz: Ja, bitte schön!)

Frau Staatsministerin, ist es richtig, dass damals, als die erste Verordnung auf den Weg gebracht worden ist, die FDP überhaupt nicht mehr in der Regierungsverantwortung war?

Liegt es aus Ihrer Sicht nicht auch im Ermessen der Landesregierung, welchen Regelungsinhalt eine Verordnung am Ende hat? Wir hatten mit dem Regelungsinhalt dieser Verordnung nun überhaupt nichts zu tun.

Lieber Herr Kollege Lenders, darum geht es doch gar nicht.

(Jürgen Lenders (FDP): Natürlich geht es darum!)

Nein. Sie sagen, das Parlament müsse über die Verordnung beschließen.

(Jürgen Lenders (FDP): Es geht um den Inhalt!)

Sie haben das Gesetz aber beschlossen, das der Ministerin die Möglichkeit gibt, die Jagdverordnung neu zu fassen,

(Florian Rentsch (FDP): Darum geht es nicht!)

und zwar auch und gerade im Bereich der Jagd- und Schonzeiten. Das ist der Punkt. Insofern kann man die Jagd- und Schonzeiten natürlich nach neuen wildbiologischen Erkenntnissen entsprechend fassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Dass das auf Länderebene überhaupt möglich geworden ist, ist auch der Tatsache zu verdanken, dass die Bundesverordnung im Jahr 2011 diese Möglichkeit gewährt hat, in den Ländern flexibel zu reagieren. Vorher konnte man Schonzeiten nur verlängern oder völlig aussetzen, aber man konnte nicht variieren. Das hat die Grundlage gelegt, und das Hessische Jagdgesetz hat es möglich gemacht, die Verordnung auf diese Art und Weise anzupassen.

Natürlich gab es viele Runden mit dem Jagdverband. Es gab Diskussionen mit dem Waldbesitzerverband, mit den landwirtschaftlichen Verbänden. Sie glauben doch wohl selbst nicht, dass man eine Verordnung macht, indem man sie einfach nur im Ministerium schreibt – sich selbst einmal Gedanken macht, vielleicht noch mit dem einen oder anderen Kollegen aus den Koalitionsfraktionen spricht und das Ganze dann beschließt. Nein, natürlich gab es die entsprechenden Diskussionen mit den Verbänden. Sie haben nicht daran teilgenommen, das ist richtig.

(Jürgen Lenders (FDP): Hatten wir eine Einladung?)

Aber das Parlament musste in diesem Fall auch nicht daran teilnehmen. – Nein, weil es in diesem Gesetz, das Sie selbst beschlossen haben, keinen Parlamentsvorbehalt gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der FDP: Das gibt es doch gar nicht!)

Wir haben jetzt, nachdem die Jagdverordnung beschlossen ist, das Monitoring der Jägerschaft übergeben. Der Jagdverband arbeitet an dem Monitoring, das wir in der Jagdverordnung neu festgelegt haben, sehr aktiv mit – auch die einzelnen Kreisjagdverbände und die Hegegemeinschaften. Ich halte es auch für ein gutes Zeichen, dass sowohl der Jagdverband als auch die landwirtschaftlichen Verbände und die Umweltverbände gemeinsam mit dem Ministerium über weitere Artenschutzmaßnahmen diskutieren.

Die Gräben sind nicht aufgerissen worden, Herr Lotz, sondern es gibt gemeinsame Gespräche. Es tut mir leid, dass die Abgeordneten nicht immer bei allen Gesprächen dabei sind, die wir im Ministerium führen, aber so ist die Arbeitsteilung. Wir stehen jedenfalls in guter Kooperation mit den Verbänden. Von daher weiß ich gar nicht, was die Aufregung eigentlich sollte, Herr Lotz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Staatsministerin, ich darf an die Redezeit der Fraktionen erinnern.

Ich komme zum Schluss. – Im Übrigen bin ich, was diese Klage angeht, sehr gelassen. Meines Erachtens haben wir bei der Verordnung alles eingehalten und beachtet, was man bei der Neufassung von Verordnungen tun muss, sodass ich dieser Klage und auch ihrem Ergebnis gelassen entgegensehe. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Die Redezeit der Fraktionen wurde um 1 Minute 30 Sekunden überzogen, d. h., es gibt noch Gelegenheit zur Debatte. Ich habe eine Wortmeldung des Kollegen Rentsch von der FDP-Fraktion. Sie haben eineinhalb Minuten.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mal sehen, ob der zweite Schuss sitzt!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich bedauere, dass diese Debatte nicht über das Thema geführt wird;

(Marjana Schott (DIE LINKE): Was ist denn das Thema?)

denn unsere Kritik kreist ja nicht um die Frage – dies auch an die Kollegin Vizepräsidentin gerichtet –, dass es eine Rechtsverordnung gibt. Das ist ja völlig klar: Wenn es eine Ermächtigung im Gesetz gibt, kann eine Rechtsverordnung erlassen werden.

Vielmehr geht es bei der Normenhierarchie von Recht und Gesetz, über die wir sprechen, um die Frage, ob das, was in der Rechtsverordnung steht, in einer Rechtsverordnung geregelt werden darf.

(Beifall bei der FDP)

Die Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts besagt – neben der Gesamtbetrachtungslehre, die den vielen Juristen hier im Haus mit Sicherheit ein Begriff ist – zu der Frage des Regelungsgehalts einer Rechtsverordnung, dass dort eben keine Belange geregelt werden dürfen, die eigentlich in ein Gesetz gehören.

(Beifall bei der FDP)

Da muss man – ich sage es jetzt noch einmal ganz einfach, Frau Kollegin Staatsministerin, der Sie der Exekutive in dieser Frage vorstehen – eben die Gesamtbetrachtung anlegen: Welche Regeln gibt es?

Sie haben die Schonzeiten und die Jagdzeiten geregelt. Zu dieser Gesamtbetrachtung kommen wir mit Herrn Dr.