Protocol of the Session on September 15, 2016

(Unruhe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! So genüsslich habt ihr es jetzt nicht mit mir; ihr müsst etwas nüchternere Daten und Fakten zur Kenntnis nehmen. Aber ich versuche, wenigstens inhaltlich dort anzuknüpfen, wo Frau Alex stehen geblieben ist.

Dem Titel der von der SPD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde ist sicherlich uneingeschränkt zuzustimmen: Die Landesstiftung „Miteinander in Hessen“ muss nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, der Sparsamkeit und der Transparenz geführt werden und darf kein Prestigeprojekt der Hessischen Landesregierung sein.

Allein der Hinweis, dass die Stiftung nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu führen ist, ist eigentlich nichts als eine Selbstverständlichkeit – zumindest, sofern man sich an die geltenden haushaltsrechtlichen Vorschriften hält. Daran muss man allerdings erhebliche Zweifel haben; denn die Stiftung „Miteinander in Hessen“ gesteht mittlerweile ja unumwunden zu, dass es ihr gegenwärtig nicht einmal gelingt, ihr Stiftungsvermögen zu erhalten.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Da reicht es auch nicht, dass die Stiftung darauf hinweist, dass dies vor allem auf der Bewertung von Vermögen – Frau Alex hat darauf hingewiesen – zu einem Stichtag beruht. Denn generell stellt sich die Frage, ob Stiftungen des Landes haushaltsrechtlich überhaupt zulässig sind. In der Schriftenreihe des Hessischen Rechnungshofs ist dazu im Band „Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz im Haushaltsrecht“ ein Aufsatz erschienen, aus dem ich kurz zitieren will:

Nur wenn es gelingt, zusätzliche Mittel von privater Seite einzuwerben, kann die Stiftungslösung unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten günstiger sein.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört!)

Wohlgemerkt: „kann“. Bei der Stiftung „Miteinander in Hessen“ gibt es aber schlicht keine privaten Zustiftungen, sprich: Sie ist nicht günstiger.

In der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Kollegin Alex zu verschiedenen Stiftungen heißt es auf die Frage nach privaten Zustiftungen:

Zustiftungen gab es bisher noch nicht. Hierfür wurden seitens der Landesstiftung „Miteinander in Hessen“ aber auch keine Mittel aufgewendet. Angesichts des anhaltend niedrigen Zinsniveaus am Kapitalmarkt sind Zustiftungen, vor allem auch aus der Sicht von Stiftern, nicht attraktiv. Schon der Aufwand zur Gewinnung von Zustiftungen wäre derzeit höher als der zu erwartende Ertrag.

Anders ausgedrückt, sieht selbst die Landesregierung die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Verwendung der Landesmittel bei der Stiftung, wie sie der Rechnungshof beschreibt, überhaupt nicht als erfüllt an.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört!)

Die Verwendung von Landesmitteln für die Stiftung „Miteinander in Hessen“ ist insofern also nicht mit den einschlägigen Regelungen des Haushaltsrechts vereinbar.

(Zuruf von der LINKEN: Hört, hört!)

Dazu kommt aber auch noch, dass die Stiftung immer offensichtlicher zum Nebenhaushalt der Staatskanzlei gemacht wird; denn mit einer umfassenden Satzungsänderung wird bei der Stiftung „Miteinander in Hessen“ die Kontrolle über die Mittelverwendung nun ganz wesentlich bei einem geschäftsführenden Vorstand und einem Stiftungsrat angesiedelt.

(Zuruf von der LINKEN: Aha!)

Beide Gremien werden ausschließlich von der Landesregierung benannt und abberufen. Alles, was in der Stiftung passiert, wird also wesentlich von der Landesregierung bestimmt.

Mit dieser Satzungsänderung wird klar, dass es bei der Stiftung nicht mehr darum geht, eine breite zivilgesellschaftliche Beteiligung sicherzustellen. Hier geht es eher im Stile lupenreiner Demokraten darum, einen Schattenhaushalt zu führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür kann und soll Landesgeld nicht verwendet werden. Wenn Sie also wollen, dass das ehrenamtliche Engagement gefördert wird, dann gehört das in den Landeshaushalt.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Norbert Schmitt und Lothar Quanz (SPD))

Dann können wir hier auch jeweils darüber verhandeln, wie die Steuergelder verwendet werden. Das kann ganz ohne die intransparente Stiftungslösung geschehen, die nur dazu dient, möglichst schöne Bilder mit dem Leiter der Staatskanzlei zu liefern und bezahlte Geschäftsführerposten zu schaffen, bei denen sich auch die Frage stellt, inwiefern die Besetzung aufgrund der fachlichen Eignung erfolgt oder ob nicht doch eine gewisse politische Nähe zu Teilen der Landesregierung entscheidend ist. Ich fordere Sie daher auf, die Aufgaben der Stiftung wieder in den Landeshaushalt zurückzuholen und die Stiftung aufzulösen.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Mürvet Öz- türk (fraktionslos))

Auch die Verquickung unterschiedlicher Aufgaben in der personellen Struktur der Landesstiftung „Miteinander in Hessen“ würde dann sicherlich kein Problem mehr darstellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Mürvet Öz- türk (fraktionslos))

Herr Kollege van Ooyen, vielen Dank. – Nächster Redner ist Herr Abg. Jörg-Uwe Hahn von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Landesstiftung „Miteinander in Hessen“ beschäftigt sich seit geraumer Zeit fast nur noch mit sich selbst.

(Thorsten Schäfer-Gümbel und Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Sie kann auch deshalb ihren Aufgaben nur bedingt gerecht werden. Durch die Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD kommt sicherlich weitere Selbstbeschäftigung auf die Stiftung zu.

Die Stiftung zeichnete sich leider in den letzten Monaten oder vielleicht schon in den letzten eineinhalb Jahren dadurch aus, dass es Umsetzungen, Absetzungen und Rücktritte in der Geschäftsführung, dem Vorstand und dem Kuratorium gab. Leider zeichnet sich die Stiftung in den letzten beiden Jahren auch dadurch aus, dass in dem einen oder anderen Gremium – insbesondere im Kuratorium – die Beschlussfähigkeit einmal da war und einmal nicht da war. Das merkt man daran, dass zu den Sitzungen ausgeladen wird. Das merkt man daran, dass es Umlaufbeschlüsse gibt. Das merkt man auch an dem Diskussionsstil und der Diskussionsart innerhalb der Gremien.

Das hat sicherlich viele Gründe. Als einer der Mitväter will ich sehr deutlich ein kleines Maß an Schuld auf mich nehmen. Die Struktur hatte von Anfang an mindestens einen Konstruktionsfehler. Er besteht in der Berufung des Kuratoriums. Ich komme gleich dazu, welche Kriterien es bei der Berufung des Kuratoriums gibt. Diesem Gremium wurde abschließend die Aufgabe der Finanzverwaltung übertragen.

Dass das damals eine Herzensangelegenheit von Volker Bouffier war, kann ich nur bestätigen. Damals wurden für das Kuratorium Persönlichkeiten gesucht, die mit ihrem Namen, mit ihrer Erfahrung und mit ihrem Engagement das Ziel der Landesstiftung „Miteinander in Hessen“ repräsentieren und ausbauen können. Sie sollten Netzwerke bauen können. Aus diesem Grund wurden z. B. die beiden ehemaligen Ministerpräsidenten Roland Koch und Hans Eichel berufen. Das geschah, wohl wissend, dass diese Herren nur bedingt dazu zu überreden sind, an einer Kuratoriumssitzung teilzunehmen. Genauso ist und war es auch bei Rudi Völler.

Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Rudi Völler macht eine ganze Menge für die Landesstiftung „Miteinander in Hessen“. Aber Rudi Völler davon zu überzeugen, aus Leverkusen für eine Kuratoriumssitzung nach Wiesbaden in die Staatskanzlei zu kommen, ist zumindest schwierig und deshalb fast noch nie gelungen.

(Günter Rudolph (SPD): Franz Beckenbauer, der macht das ehrenamtlich! – Heiterkeit)

Der Zwischenruf war einfach gut.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Liebe Kollegen, bitte dimmen Sie wieder herunter. Denn das ist viel ernster. Frau Alex, das hat mir an Ihrem Beitrag nicht gefallen. Es ist viel zu ernst, um es nur zu karikieren.

(Günter Rudolph (SPD): Ach Gott!)

Es ist nun einmal so. Herr Rudolph, beschäftigen Sie sich damit, dann werden Sie das auch merken. Das betrifft gerade Sie, weil Sie sich immer so engagiert mit den Themen auseinandersetzen.

(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD): Frau Kollegin Alex macht das ausgezeichnet!)

Wir glauben, dieser Konstruktionsfehler muss beseitigt werden. Ja, es muss eine Satzungsänderung geben. Ich warne davor. Ich habe auch öffentlich angekündigt, dass ich der Satzungsänderung nicht zustimmen werde, wenn weiterhin die Möglichkeit eröffnet wird – so ist es geplant –, dass der Geschäftsführer auch gleichzeitig Vorstandsvorsitzender sein kann.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Das passt nicht zusammen. Dann gibt es ein Machtzentrum zu wenig.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihnen aber auch sagen, dass mich stört, wie manchmal in der Stiftung gedacht wird. Ich wollte es eigentlich nicht glauben. Aber ich habe mir in der letzten Kuratoriumssitzung mehrfach anhören müssen, dass es eigentlich – ich überspitze jetzt polemisch – störend sei, dass man sich im politischen Umfeld bewegt.

(Heiterkeit des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Dann gebe es Kleine Anfragen. Es gebe Berichterstattungen von Herrn von Bebenburg und anderen in Zeitungen. – Die Stiftung verwaltet ausschließlich Steuergelder.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Deshalb bewegt sie sich natürlich im politischen Umfeld. Ob es wirklich klug ist, die Stiftung zu erhalten – denn es gibt keine Zustiftungen außerhalb des Staates –, stellen wir Liberale ebenfalls infrage. – Vielen herzlichen Dank.