Aber die Einkommensverluste der letzten Jahre sind massiv. Sie werden auf rund 6 Milliarden € geschätzt. Das bedroht viele landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Existenz, vor allem solche, die in die Zukunftsfähigkeit investiert und moderne Ställe gebaut haben. Diese Betriebe geraten nun in eine Schieflage.
Die Situation wird den ohnehin anstehenden Strukturwandel noch weiter beschleunigen. Auch das wird dazu führen, dass Milchmengen sinken dürften. Wir müssen die Zukunftsfähigkeit der Betriebe unterstützen und dafür sorgen, dass sie diesen Engpass überstehen. Wir müssen aber auch so ehrlich sein und feststellen, dass es Betriebsformen gibt, die sozusagen aus der Zeit gefallen sind.
Was macht die Landesregierung nun? – Sie stellt landesweit 5 Millionen € bereit; das klingt erst einmal gut. Aber Fakt ist – das ist auch Kern Ihres Antrags; viel mehr an Inhalt hat er nicht –: Sie nehmen 5 Millionen € aus dem Agrarinvestitionsprogramm heraus, da sie dort zurzeit nicht gebraucht werden, da die Landwirte derzeit keine Investitionen tätigen können – so weit, so gut. Aber Sie skizzieren damit quasi, dass Sie 5 Millionen € an zusätzlichen Landesmitteln einstellen würden. Dabei ist es nur eine Umschichtung im Haushalt. Es ist Geld, das den Landwirten ohnehin zugestanden hätte.
Ich will das nicht kleinreden. Es gibt allerdings auch das Problem, dass nur etwa zwei Drittel der Betriebe erreicht werden, und zwar in den Höhenlagen. Die anderen Betriebe erhalten keine Unterstützung. Allein im Kreis Fulda betragen die Verluste der Landwirte 30 Millionen €; und das Land gibt 5 Millionen € als Hilfe für das gesamte Land. Die Redewendung „ein Tropfen auf den heißen Stein“ trifft hier genau zu.
Meine Damen und Herren, es bleibt einmal wieder der Eindruck, dass der Ministerin die Ökolandwirte mehr am Herzen liegen, dass für diese relativ leicht Geld lockergemacht wird und dass die anderen dahinter zurückfallen.
Es sollte doch eigentlich klar sein, dass auch die Landwirte weniger Gängelung brauchen. Wir müssen dafür sorgen, dass es weniger Bürokratie gibt, dass es weniger Gängelungen gibt. Das betrifft vor allen Dingen die Düngeverordnung oder das Glyphosatverbot. Denn all das führt zu einer Steigerung der Kosten für die Landwirte. Wir brauchen aktuell schnell Überbrückungshilfen wie Bürgschaften und Liquiditätshilfen des Landes. Die 100 Millionen €, die der Bund jetzt gegeben hat, sind sicherlich ein Anfang. Aber auch hier gilt: Wenn der Bund bei einem Verdienstausfall der Landwirtschaft in Höhe von 6 Milliarden € 100 Millionen € gibt, dann kann das wirklich nur ein Anfang sein. Wir glauben, dass zeitlich befristete Fütterungsbeihilfen oder ein Kaufen von Milchkühen zeitlich begrenzte Hilfsmöglichkeiten darstellen sollten. Das wären konkrete Maßnahmen, über die wir einmal nachdenken sollten.
Wir brauchen aber langfristig weitere Maßnahmen. So müssen wir die Exportmärkte für so hochwertige Produkte, wie sie die hessische Landwirtschaft produziert, weiter stärken und entsprechend handeln, meine Damen und Herren.
Eine gute Nachricht für die Landwirte ist zunächst einmal die gestoppte Fusion von Edeka und Tengelmann, die die Marktmacht nur noch weiter zentralisiert hätte. Die Erlaubnis des Bundeswirtschaftsministers gegen den Rat von Monopolkommission und Kartellamt war ein sehr großer Fehler. Das war gegen die Interessen der Landwirte und Verbraucher gerichtet.
Wir brauchen darüber hinaus bessere Marktstrukturen bei den Molkereien. Den Molkereien muss bewusst sein, dass sie an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen. In einigen Bereichen in Deutschland funktioniert das schon, in Hessen ist das durchaus noch ausbaufähig.
Wir sollten in Zukunft stärker auf regionale Produkte setzen. Das ist ein Markt, der durchaus viel größere Akzeptanz hat und viel schneller wächst als der Biomarkt. Bioprodukte aus China und Neuseeland zu importieren, ist sicherlich keine nachhaltige Agrarpolitik.
Wir dürfen uns nicht nur auf die Milch konzentrieren. Auch Schweinehaltung und Getreidebauern müssen mitunter kämpfen. Wir müssen endlich anerkennen, dass wir in Deutschland und in Hessen bereits hohe Tierschutz- und Umweltschutzstandards haben. Das ständige Schlechtreden unserer Bauern muss endlich ein Ende haben.
Ich erinnere mich sehr gut an die letzte Sitzung des Umweltausschusses im Landtag, als sich der Kollege Kurt Wiegel in einem emotionalen Appell an die Tierschutzbeauftragte gewandt und darum gebeten hat, endlich damit Schluss zu machen, dass die Landwirte permanent an den Pranger gestellt werden. Dem kann ich mich nur anschließen.
Wir haben in den letzten Jahren beim Tierschutz schon erhebliche Fortschritte gemacht. Das sollte man irgendwann auch einmal anerkennen. Da ist von einer sogenannten Agrarindustrie in Hessen wirklich nicht zu sprechen. Es ist sicherlich kaum richtig für das Land Hessen. Das trifft mit Sicherheit so nicht zu.
Meine Damen und Herren, weil wir beide Setzpunkte zusammengefasst haben, will ich die Gelegenheit nutzen, kurz darauf einzugehen, was wir heute auch schon einmal diskutiert haben. Das war der Klimaschutzplan. Wenn uns als Freien Demokraten vorgeworfen wird, dass wir an der Bananenversorgung interessiert wären, dann kann ich nur antworten: Wir reden davon, dass wir 80 Millionen Menschen in Deutschland mit einem hochwertigen Produkt aus der regionalen Landwirtschaft versorgen.
Wir sind in der Lage, ein Produkt zu produzieren, das auf den Weltmärkten Bestand haben kann. Da geht es darum, welches Bild von Landwirtschaft wir haben. Was für eine Landwirtschaft wollen wir? – Das zeigen auch die Stellungnahmen der GRÜNEN, wenn sie sich mit der sogenannten Agrarwende beschäftigen: Seit Jahren betreibt die Bundesregierung eine Politik, die nicht zukunftsfähig ist und von der nur wenige profitieren. – Das sagen die GRÜNEN, das kommt nicht von uns.
Wenn man sich mit dem Beschluss der Bundestagsfraktion der GRÜNEN zur Agrarwende auseinandersetzt, findet man Begriffe wie: Antibiotikummissbrauch, Tierquälerei, Massentierhaltung, Monokultur, Landraub, verseuchtes Grundwasser, Überdüngung der Böden, politische Fehlsteuerung, industrielle Fertigung, Megaschlachthöfe, Tiere misshandelt, Menschen unter unsäglichen Bedingungen ausgebeutet.
Meine Damen und Herren, das ist nicht in etwa das, was die GRÜNEN verhindern wollen, das ist das, was die GRÜNEN als real existierende Landwirtschaft skizzieren.
Das ist das Bild, das die GRÜNEN von der existierenden Landwirtschaft haben. Deswegen rufen sie jetzt nach der Energiewende auch noch die Agrarwende aus.
Schauen wir uns einmal an, was die GRÜNEN von der Bundesregierung fordern. Da sollen die EU-Direktzahlungen gedeckelt werden. Da soll es eine Änderung des Baugesetzbuches geben. Es soll Obergrenzen für Tierhaltungsanlagen geben, eine Verschärfung des Düngegesetzes und eine stringente Düngeverordnung, ebenso eine Änderung des Tierschutzgesetzes.
Meine Damen und Herren, das Präventionsgesetz – weil Sie gesagt haben, es würde im Klimaaktionsplan nicht um die Umerziehung gehen – soll als fester Bestandteil einer gesunden Ernährung an Kitas, Schulen, Unternehmen, Pflegeeinrichtungen gewährleistet werden. Der ökologische Landbau soll ein Förderschwerpunkt der Schulverpflegung werden. Was ist das denn anderes als eine Umerziehung, wenn man bei den kleinsten Kindern schon sagt: „Der traditionelle Landwirt arbeitet schlecht, die Ökolandwirtschaft arbeitet gut“?
Hygieneampel, Nährwertampel, Verbraucherinformationsgesetz, das könnte man in einem Atemzug weiter fortführen. Meine Damen und Herren, das ist nichts anderes als eine Kampfansage an die traditionelle konventionelle Landwirtschaft. Das ist eine Kampfansage an den Lebensmittelhandel und an die Lebensmittelproduzenten. Das ist eine Kampfansage an den mündigen Verbraucher.
Meine Damen und Herren, das ist nicht alles aus der Vergangenheit. Das stammt aus dem Januar 2015. Da darf ich die hessischen GRÜNEN einmal fragen, da darf ich auch die Ministerin Hinz einmal fragen: Wo haben Sie sich eigentlich diesem Bild einer Landwirtschaft entgegengestellt, als es um die Beschlüsse auf Ihrem Bundesparteitag ging?
Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als Nächste hat sich Frau Abg. Feldmayer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben das Thema Milchkrise zum Setzpunkt angemeldet, weil wir angesichts der Marktpreise für Milch um die landwirtschaftlichen Betriebe in Hessen Sorge haben. Wir haben dieses Thema aber auch gewählt, weil wir diesen Betrieben und diesen Menschen, die dahinter stehen, zeigen wollen, dass sie auf unsere Unterstützung zählen können.
Sie haben sich mit dem versucht, was Sie schon die ganze Zeit machen, nämlich ideologische Gräben tiefer zu machen, anstatt irgendeine Lösung zu präsentieren, wie Sie das Thema Milchkrise und die Existenznöte der Bauern in den Griff bekommen wollen. Dazu haben Sie leider bisher überhaupt keinen Beitrag geleistet.
Meine Damen und Herren, aktuell liegt der Milchpreis, den die Landwirte bekommen, bei 20 Cent. 20 Cent, das ist billiger als Wasser. Ich finde es beschämend, dass solche Preise an Menschen gezahlt werden, die sich tagtäglich abrackern, die harte Arbeit leisten, die eigentlich nie Urlaub machen können und die es sich auch nicht leisten können, irgendwann einmal krank zu werden. Es ist auch unwürdig den Nutztieren gegenüber, von denen diese Milch kommt. Diese 20 Cent sind Almosen. Wir wollen, dass die Landwirte faire Preise bekommen.
Wir haben aktuell in Hessen nur noch ca. 3.200 Milchviehbetriebe. Allein zwischen 1991 und 2010 gab es einen Rückgang der Milchviehbetriebe um 89 %. Das ist wirklich dramatisch, denn hier geht es um Existenzen.