Protocol of the Session on June 23, 2016

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Stephan. – Wir sind am Ende der Debatte. Der Kollege Marcus Bocklet hat darum gebeten, das Wort für eine persönliche Bemerkung zu erhalten.

Ich weise darauf hin, dass nach § 81 unserer Geschäftsordnung, persönliche Bemerkungen, gilt:

Das Mitglied des Landtags darf nur Angriffe auf die eigene Person zurückweisen oder eigene Ausführungen berichtigen.

Kollege Bocklet, du hast das Wort.

Herr Präsident, hier gilt das Letztere. Ich möchte eine eigene Aussage berichtigen.

Ich habe gesagt, DIE LINKE setzt sich auf jede noch so sehr dahergelaufene Protestbewegung, ohne sie auf den Inhalt zu prüfen. – Das erweckt den Eindruck, ich würde die Protestbewegung diskreditieren, die mit 20.000 Unterschriften sehr respektabel ist.

Es gilt, jede Protestbewegung, ob 20.000, 2.000 oder 200 Unterschriften, auf ihren Gehalt zu prüfen, sie ernst zu nehmen und darüber zu diskutieren. Deswegen bitte ich, den Eindruck korrigieren zu dürfen.

Was natürlich bleibt, ist der Ärger, dass DIE LINKE sich auf jede Protestbewegung setzt

(Janine Wissler (DIE LINKE): Gegen Windräder machen wir nichts!)

und angesichts der Komplexität und der Sensibilität des Themas eine gefährliche Stimmung erzeugt. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Kollege Bocklet, für diese persönliche Bemerkung. – Damit ist Punkt 64 behandelt.

Bevor wir zum nächsten Punkt kommen, weise ich darauf hin, dass noch verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Abstimmung im Bundesrat über sichere Herkunftsstaaten, Drucks 19/3516. Die Dringlichkeit

wird bejaht? – Dann wird das Punkt 75, und darüber wird nach Punkt 66 ohne Aussprache abgestimmt.

Außerdem eingegangen und verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Erweiterung sicherer Herkunftsstaaten im Bundesrat zustimmen, Drucks. 19/ 3517. Auch hier wird die Dringlichkeit bejaht? – Dann wird das Tagesordnungspunkt 76, über den ebenfalls nach Punkt 66 ohne Aussprache abgestimmt wird.

Weiterhin eingegangen und verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Vergabeverfahren beim Bau des Regionalflughafens Kassel Calden sachgerecht analysieren, Vergabeverstöße aufklären und Betriebskonzept 2017 evaluieren, Drucks. 19/3518. Auch hier wird die Dringlichkeit bejaht? – Dieser Dringliche Entschließungsantrag wird Tagesordnungspunkt 77 und kann, wenn keiner widerspricht, mit Tagesordnungspunkt 33 aufgerufen werden. – Das ist der Fall. Dann haben wir die Tagesordnung so weit in Ordnung.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 65 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Innenministerkonferenz für härtere Bestra- fung gewalttätiger Angriffe gegen Einsatzkräfte – Er- folg für Innenminister Peter Beuth) – Drucks. 19/3504 –

Das Wort hat der Kollege Alexander Bauer, CDU-Fraktion.

Hochverehrter Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Angriffe auf Polizei und andere Einsatzkräfte sind absolut inakzeptabel.

(Allgemeiner Beifall)

Es ist schlimm, dass dies im Berufsalltag der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, der Feuerwehrleute und Einsatzkräfte der Hilf- und Rettungsorganisationen nicht mehr so selbstverständlich in der Gesellschaft verankert zu sein scheint, wie wir uns das wünschen. Wir alle sind daher aufgefordert, ein Umdenken zu bewirken und zu handeln.

Hessen ist hier schon im vergangenen Jahr entschlossen vorangegangen mit unserer Bundesratsinitiative für den Schutzparagrafen 112 im Strafgesetzbuch. Wir werben mit einer Schutzschleife – ich darf sie kurz zeigen – für mehr Solidarität, für den Schutz von Rettungskräften. Das Blau steht für die Polizei, das Rot für die Feuerwehr und das Weiß für die anderen Hilfsorganisationen.

Meine Damen und Herren, das baden-württembergische Innenministerium will die Polizei künftig vor Spuckattacken schützen. Das Land tendiert zur Anschaffung von Vollmasken, die sich die Betroffenen in Bedarfsfällen über den Kopf stülpen können. In Bremen wird auf Spuckhauben gesetzt. In Niedersachsen wird hingegen auf Schutzmasken aus der Notfall- und Katastrophenmedizin zurückgegriffen.

In welcher Welt leben wir denn, dass wir mittlerweile darüber nachdenken müssen, wie wir unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ausstatten können, um sie vor solch ekelerregenden Handlungen zu schützen? Das ist sehr traurig.

(Beifall bei der CDU und der SPD sowie bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das ist nur ein Beispiel. Es gibt bedauerlicherweise noch viel Schlimmeres, was Polizeibeamte ertragen müssen. Das fängt an bei verbalen Beleidigungen, geht weiter über das Schubsen, Bespucken, Tritte, Faustschläge bis hin zum Bewerfen mit Steinen, Flaschen oder Feuerwerkskörpern. Aber auch Angriffe mit Stich-, Hieb- oder Schusswaffen kommen vor. Denken wir etwa an den tödlichen Messerangriff auf einen Polizeibeamten in Herborn an Heiligabend.

Im Rahmen von Demonstrationen gibt es auch häufig Verletzte, und mit Dr. Wilken sitzt einer der Blockupy-Organisatoren in diesem Haus. Die Relativierung und Verharmlosung von nackter, roher Gewalt durch Vertreter der Linkspartei sind hier im Hause unvergessen. Das ist das Gegenteil von Umdenken, das wir in diesem Fall brauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gewalttätige Angriffe auf Polizisten sind inzwischen trauriger Alltag. In der Bundeshauptstadt wurden 2015 über 2.800 Beschäftigte im Dienst verletzt. Das sind mehr als sieben Polizisten am Tag. Die Gewerkschaft der Polizei zählt bundesweit 62.000 Angriffe auf Beamte. Im Jahr zuvor waren es „nur“ 55.700. Es gibt also eine deutlich steigende Tendenz. In Hessen berichtete der Innenminister über 3.000 Fälle, auch von tätlichen Angriffen, wo Polizeibeamte Opfer wurden.

Deshalb ist es gut und richtig, dass der Innenminister erneut seine Vorschläge vorgetragen hat. In der vergangenen Woche wurde auf der Innenministerkonferenz ein wichtiger Etappenerfolg erzielt. Die Innenminister haben einhellig drei Dinge beschlossen, die wir begrüßen und unterstützen, nämlich die Ausweitung der Schutzausstattung durch den Einsatz der Bodycam – die übrigens in Hessen erfunden worden ist –, eine Verbesserung der Aus- und Fortbildung, und – das ist uns besonders wichtig – die Prüfung und Erarbeitung strafrechtlicher Änderungen seitens der Bundesregierung wurden gefordert und eingeleitet.

Wir Christdemokraten unterstützen voll und ganz das Vorhaben, tätliche Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und andere mit mindestens sechs Monaten Haft zu bestrafen. Bisher sieht § 113 StGB ja nur Geld- und Haftstrafen von bis zu drei Jahren für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. Jetzt ist der Bundesinnenminister am Zuge. Wir erhoffen uns eine zeitnahe Prüfung und Erarbeitung strafrechtlicher Änderungen seitens der Bundesregierung und bitten die SPD, hierbei tatkräftig mitzuhelfen.

Meine Damen und Herren, ein tätlicher Angriff auf Polizisten, auf Feuerwehrleute und auf Rettungsdienste ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft, auf unseren Rechtsstaat und auf unsere Werte, den wir nicht akzeptieren dürfen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen deshalb – das ist unsere feste Überzeugung – eine spürbare Strafe, die abschrecken soll, die auch das nötige Bewusstsein dafür schafft, dass eine Grenze überschritten ist. Damit stehen wir nicht alleine; denn auch Vertreter der Polizeigewerkschaften fordern dies schon seit Langem. Wir fordern mit den Vertretern der Polizei eine Mindestfreiheitsstrafe als wirksames Mittel für Einschränkung und Prävention. Wir sehen, wie Bundesminister de

Maizière es fordert, auch die Notwendigkeit von schnelleren Strafverfahren. Auch dagegen haben wir nichts.

Meine Damen und Herren, ich hoffe auf eine breite Einigkeit in diesem Hause, wenn ich zum Abschluss sage: Wir müssen die besser schützen, die uns schützen. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Alexander Bauer. – Das Wort hat der Abg. Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bauer hat in seinem Beitrag eben viel Richtiges gesagt. Er hat insbesondere geschildert, welchen zunehmenden Angriffen Polizeibeamte im Dienst ausgesetzt sind. Das gilt im Übrigen auch für andere Rettungskräfte. Dem können wir nicht tatenlos zusehen. Darüber besteht Einigkeit.

Jetzt geht es nur noch um die Frage des Wie. Der Innenminister selbst hat am vergangenen Freitag nach der Innenministerkonferenz an die Ereignisse anlässlich der Eröffnung der EZB erinnert und gesagt, mehr als ein Jahr nach den schockierenden Gewaltszenen bei der Eröffnung der EZB sei es nun gelungen, Einigkeit unter den Ländern zu erzielen. – Das war die Aussage. Sehr viel mehr haben wir bisher nicht gehört.

Die Botschaft lautete, die Innenminister der Länder wollten härter gegen Attacken auf Einsatzkräfte vorgehen. Das ist so weit okay. Dabei unterstützen wir sie auch. Die Frage, die sich stellt ist nur: Wie?

Sie haben gerade auch mit dem Titel Ihrer Aktuellen Stunde versucht, den Eindruck zu vermitteln, als hätten sich die Länder hinter die hessische Initiative gestellt.

(Günter Rudolph (SPD): Ja! Das ist falsch! – Nancy Faeser (SPD): Das stimmt nicht!)

Meine Damen und Herren, es ist, mit Verlaub, um eine der Lieblingsvokabeln unseres Innenministers zu gebrauchen, schon ein Stück weit dreist, eine solche Behauptung in den Raum zu stellen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das funktioniert nach dem alten Motto dieser Koalition: Wenn man schon keine Erfolge erzielt, dann tut man wenigstens so, als ob.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Der Beschluss der Innenministerkonferenz ist noch nicht veröffentlicht, aber – so viel ist schon klar – jedenfalls beinhaltet er nicht die Unterstützung der hessischen Bundesratsinitiative, wie hier der Eindruck erweckt werden soll. Es gibt Einigkeit darin, den Schutz von Einsatzkräften vor Gewaltübergriffen zu verbessern. Dafür erzielen Sie auch hier Einstimmigkeit, Herr Kollege Beuth. Das ist nicht die Frage. Entscheidend ist immer wieder nur, wie das geschehen soll, und darüber sind sich die Innenminister nach wie vor nicht einig. Der kleinste gemeinsame Nenner,

den man auf der Innenministerkonferenz gefunden hat, war: Wir schieben die Verantwortung nach Berlin ab. – Der hessische Innenminister sagt, der Bundesjustizminister, die Bundesregierung seien jetzt am Zug, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um den Schutz der Einsatzkräfte messbar zu verbessern.