Was den weichgespülten CDU/GRÜNEN-Antrag anbelangt: Den finde ich wirklich unangemessen. Denn da zeigt sich wieder einmal sehr deutlich, dass Sie sich nicht einig sind und dass Sie etwas gemacht haben, was eine Kompromissformel darstellt.
Meine Damen und Herren der CDU, wenn Sie das inhaltlich meinen würden, was Sie hier aufgeschrieben haben, dann müsste doch klar sein, dass Sie gegen Glyphosat stimmen. Dann hätten wir heute in der Europäischen Union für Deutschland nicht nur eine Enthaltung, sondern eine eindeutige Gegenstimme. Das wäre konsequent durchdacht, und zwar von dem, was Sie hier aufgeschrieben haben, zu dem, was Sie dann tun.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ob Glyphosat weiterhin zugelassen sein wird, wie lange und zu welchen Bedingungen, wird wahrscheinlich heute entschieden. Vielleicht dauert es auch noch ein paar Tage. Aber es wird auf jeden Fall in Brüssel und nicht hier entschieden.
Meine Damen und Herren der SPD, da können Sie die Verantwortung nicht verlagern. Das funktioniert nicht.
(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich bin sehr gespannt, wie Sie sich bei dieser Frage positionieren!)
Unserer Umweltministerin traue ich vieles zu. Aber dass sie jetzt aufgrund dieses Dringlichen Antrags losfährt und sich vor der EU-Kommission ankettet, glaube ich nicht.
Ich glaube, Sie täuschen sich hinsichtlich der Frage, wo die Verantwortung tatsächlich liegt. Sie liegt bei der Bundesregierung. Sie liegt bei den jeweiligen Nationalstaaten. Das wird heute dort entschieden.
Frau Kollegin Schott hat es auch schon angesprochen: Den SPD-Ministern ist es doch wirklich sehr spät eingefallen, wo sie eigentlich stehen. Das Thema wurde im Bundestag vielfach diskutiert. Die SPD-Fraktion hatte reichlich Zeit gehabt, ihre Meinung kundzutun und entsprechend abzustimmen. Schauen wir uns einmal an, wie die Mitglieder jeweils abgestimmt haben.
Schauen wir uns einmal den Antrag Drucks. 18/7675 vom 24. Februar 2016 an. Der Antrag wurde in namentlicher Abstimmung mit den Stimmen der SPD abgelehnt.
Letzte Woche gab es einen Antrag der Bundestagsfraktion der GRÜNEN, Drucks. 18/8395, der eine erneute Genehmigung des Pestizids zum jetzigen Zeitpunkt ablehnt. Da hatte sich schon abgezeichnet, dass Ihre Minister einen Sinneswandel hatten, dass sie jetzt dagegen stimmen wollten. Da hat sich abgezeichnet, dass dieser Meinungswandel kommt.
Was ist mit diesem Antrag passiert? – Es wurde verhindert, dass dieser Antrag der GRÜNEN im Bundestag abgestimmt wurde. Es wäre dringlich gewesen, ihn noch abzustimmen. Was ist passiert? – Er ist in den Ausschuss geschoben worden und wird nicht mehr rechtzeitig debattiert werden.
So viel will ich zum Interesse der Sozialdemokratie am Thema Glyphosat sagen, und zwar genau da, wo es darauf ankommt.
Gestern gab es eine dpa-Meldung. Die haben Sie vielleicht auch gesehen. Glyphosat ist den SPD-Ministern so wichtig, dass das Thema im Kabinett noch nicht einmal aufgerufen wurde. Es war überhaupt kein Thema. Liebe Freundinnen und Freunde der Sozialdemokratie, Glaubwürdigkeit sieht anders aus.
Jetzt komme ich noch einmal auf das Inhaltliche zu sprechen. Ich bin der SPD-Fraktion trotzdem dankbar. Sie haben das Thema schon einmal in einer unserer Aktuellen Stunden aufgerufen. Es ging um Glyphosat in der Muttermilch. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie dieses wichtige Thema noch einmal aufgerufen haben, und möchte gerne noch einmal unsere Position dazu darstellen.
Erstens. Wir finden, Pflanzenschutzmittel, Totalherbizide und Glyphosat, all diese Pflanzengifte, haben weder etwas im menschlichen Körper noch irgendetwas in Lebensmitteln zu suchen.
Zweitens. Der Streit in der Wissenschaft, ob Glyphosat gesundheitsschädlich ist oder nicht, wird immer noch geführt.
Der politische Streit wird weiterhin geführt. Wir sind keine Wissenschaftler. Wir können diesen Streit nicht auflösen. Aber es ist doch zweifelsohne belegt, dass es diesen Streit gibt. Ich finde, man sollte abwarten, bis dieser Streit in der Wissenschaft beigelegt ist, also bis klar ist, ob es schädlich ist oder nicht.
Drittens. Unwiderlegbar ist doch, dass Glyphosat der Artenvielfalt schadet. Wir Menschen sind darauf angewiesen, dass die Artenvielfalt weiterhin besteht. Wir kennen doch alle die Bilder aus China, wo es keine Artenvielfalt mehr
gibt. Wir kennen die Bilder, bei denen die Bäume von Hand bestäubt werden müssen, weil die Bienen, die Hummeln und die ganzen anderen Bestäuber durch den Einsatz der Pflanzenschutzmittel getötet wurden. So etwas wollen wir hier nicht haben, in Deutschland nicht, in Europa nicht und am besten in der ganzen Welt nicht.
Warum gibt es so viel Streit um das Thema Glyphosat? Ich glaube, es geht nicht einzig und allein um diesen Wirkstoff. Vielmehr geht es darum, dass ein großer Teil der Landwirtschaft auf diesen Wirkstoff angewiesen ist. Das muss ich sagen: Wenn es so ist, dass dieses Mittel systemrelevant ist und dass das ganze System ins Schwanken kommt, wenn dieses Mittel entzogen wird, dann haben wir ein Problem in der Landwirtschaft. – Dann müssen wir sagen: Wir müssen unsere Landwirtschaftspolitik und unsere Landwirtschaft anders ausrichten.
Genau bei diesem Thema sind wir in Hessen sehr gut mit der Förderung des Ökolandbaus, aber auch mit der Förderung von Agrarumweltmaßnahmen dabei. Genau da hat die Landesregierung bereits gehandelt. Genau das tun wir, Schwarz-Grün und die Umweltministerin, hier zusammen.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Das ist kein Eierkurs. Vielmehr muss man das tun, was man an seinem Ort tun kann. Wir tun hier in Hessen, was wir für eine andere Landwirtschaftspolitik tun können. Machen Sie Ihre Arbeit in Berlin und Brüssel. Dort können Sie Ihre Arbeit machen. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Timon Gremmels (SPD): Die machen wir!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Glyphosat hat uns hier schon mehrfach beschäftigt. Ich kann zu dieser Diskussion bemerken, dass wir längst von der Diskussion auch in den Medien, ob Glyphosat krebserregend ist, weggekommen sind, und zwar hin zu der Frage, ob Glyphosat schädlich für die biologische Vielfalt ist. Das fällt auf. Dass selbst eine Vorzeigepolitikerin wie Frau Künast sich in diese Richtung äußert und die Frage, ob es krebserregend ist, nicht mehr in den Mund nimmt, zeigt, dass die Fachleute und die Experten, etwa von der WHO oder dem
Wenn das so ist, führen wir bei Glyphosat eine andere Diskussion. Dann ist das keine Diskussion über die Frage mehr, ob es hier um den Verbraucherschutz geht, sondern es geht darum, ob wir die Biodiversität erhalten wollen.
Dazu muss man sagen: Glyphosat ist ein Unkrautvernichtungsmittel. Es ist ein Totalherbizid. Diese Aufgabe nimmt es hervorragend wahr. Im Moment gibt es keine bessere Alternative. Denn alle anderen Alternativen, selbst das Unterpflügen, haben auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Bodenbeschaffenheit, die auch nicht ganz unproblematisch sind.