Protocol of the Session on May 19, 2016

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Alle waren angefragt!)

Am besten wenige beteiligen, damit viel von der eigenen Meinung herauskommt – das ist ungefähr die Strategie.

Es gibt neben der Frage, was darin steht – dazu kommen wir noch –, eine Tatsache, die mich erstaunt. Frau Hinz, ich bin gespannt, was Sie uns gleich dazu erklären. Wir sind nicht die Ersten, die über die Thematik Klimaschutz reden, auch gerade nach den Ereignissen und Feststellungen von Paris. Der Bund hat in der Großen Koalition schon längst angefangen, auch an einem Klimaschutzplan zu arbeiten. Ich stelle hier die Frage: Wie ist denn eigentlich die Koordination zwischen dem, was der Bund auf der einen Seite macht, und dem, was das Land Hessen auf der anderen Seite macht? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, das fällt völlig aus.

(Beifall bei der FDP)

Der Klimaschutzplan ist der Versuch – ich werde jetzt zu den Punkten kommen –, in unserem Land Hessen eine Umerziehung durchzuführen, die letztendlich dafür Sorge trägt, dass das, was GRÜNE seit langer Zeit in ihren Programmen haben – es ist nicht nur der Veggieday, über den wir heute reden –, auf staatlichen Ebenen verbindlich umgesetzt wird.

(Janine Wissler (DIE LINKE): So ein Unfug!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn wir über die Frage diskutieren, wie man Klimaschutz voranbringen kann. Meinetwegen haben wir auch nicht bei jedem Punkt die gleiche Meinung. Was wir aber nicht mitmachen, ist, dass Sie diesen Staat als Erziehungsinstrument missbrauchen, nach dem Motto: Damit alle Leute am Ende dieser Legislaturperiode grünes Gedankengut im Kopf haben, müssen sich alle diesen Maßnahmen unterwerfen. – Das werden wir als Freie Demokraten definitiv nicht mitmachen.

(Beifall bei der FDP)

Sie postulieren Radwege statt Straßen, Tempo 30 in der Dauerschleife, generelles Überholverbot, Fahrverbote für Benzin- und Dieselautos, Innenstadtparkplätze nur noch für Carsharing, höhere Steuern auf Benzin und Diesel, Verbot und zwangsweiser Ausbau privater Ölheizungen, Solardachpflicht für jeden, Indoktrinierung der Kinder im Sinne von Thematiken wie Windkraft und anderen erneuerbaren Energien, Vorhaltepflicht von Notstromversorgungssystemen,

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo leben Sie denn?)

Zuteilung von Strommengen nur zu bestimmten Zeiten, Erziehungsprogramme für Landwirte beim Thema Ökolandbau, Umgestaltung der Hessischen Bauordnung, Erstellung eines hessischen Hitzeaktionsplans und – das ist mein Lieblingspunkt, da muss ich sagen: großartig – Unterstützung des bundesweiten Mückenmonitorings, was in Hessen demnächst große Punkte machen wird.

(Beifall bei der FDP)

Wer sich das anschaut, sieht, mit wie viel Energie die hessischen GRÜNEN herangehen, diesen Staat nach und nach umzubauen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger bei der Frage, ob sie noch in der Lage sind, selbst zu entscheiden, was sie in diesen Bereichen für richtig oder falsch halten, sondern das hat – da kommt der Wirtschaftsminister ins Spiel – möglicherweise auch massive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort, je nachdem, was zum Schluss beschlossen wird.

Dieser Wirtschaftsstandort muss sich an vielen Stellen – wenn man die vielen Zeitungsberichte vom gestrigen Tag zur Flughafendebatte liest – dagegen wehren, dass immer mehr Ideologie in diesem Land Platz greift und dass wir möglicherweise als Investitionsstandort Stück für Stück zurückfallen.

Meine Damen und Herren, das ist nicht das Einzige. Wenn jetzt noch von anderer Seite über eine „gut gemeinte“ Klimaschutzpolitik Sorge dafür getragen wird, dass Investitionsmöglichkeiten in Hessen immer schlechter werden, dann zahlen wir die Zeche doppelt, nicht nur weil wir die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger einschränken, sondern auch weil wir auf der anderen Seite diesen Wirt

schaftsstandort Stück für Stück kaputt machen. Das sollte nicht passieren.

(Beifall bei der FDP)

Herr Präsident, abschließend: Wir haben dieses Thema deshalb in dieses Parlament gebracht, weil es hier diskutiert werden muss. Frau Hinz, ich würde Ihnen wirklich einmal empfehlen, dass Sie sich an die parlamentarischen Gepflogenheiten halten und nicht nur mit Regierungsfraktionsvertretern in diesen Fragen diskutieren, sondern alle, die diesem Parlament angehören, einbinden. Sie sollten den Ausschuss einbinden und Vorlagen machen, die wir hier diskutieren können.

Zum Zweiten würde ich mir wünschen, dass alle CDU-Abgeordneten das lesen, was hier als Vorhaben vorgetragen werden soll. Der Kollege Stephan ist ein netter Kollege. Ob er der richtige ist, den Wirtschaftsstandort in Hessen zu verteidigen, habe ich weiß Gott Zweifel. Insofern: CDU aufgepasst, was dort kommt.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Das Wort hat Frau Abg. Dorn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Weltweit kommt den Menschen beim Thema Klimaschutz ein Bild vor Augen, nämlich die Verkündung der historischen Einigung von Paris und die vielen jubelnden, klatschenden, sich in die Arme fallenden Menschen, die teilweise sogar vor Freude geweint haben. Es war ein Moment des Aufbruchs. Es war ein Moment des gemeinsamen Willens nach vorne. Liebe FDP, ja, es war ein Moment des Muts. Es war nicht nur German Mut, es war sogar Global Mut. Die Welt zeigt Mut, geht voran, stehen bleibt die FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, Sie verbreiten Angst. Das Schauermärchen von der Entmündigung der Bürgerinnen und Bürger vor dem Wirtschaftseinbruch, das ist so Siebziger. Der Großteil der Menschen aus dem Jahr 2016 sitzt doch beim Thema Ökologie und Ökonomie nicht mehr in den Schützengräben. Sie versöhnen Ökologie und Ökonomie. Sie suchen nach Lösungen. Sie versöhnen sie im Sinne der nachfolgenden Generationen. Liebe FDP, das ist German Mut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das Gegenteil von German Mut ist der Gastbeitrag von Herrn Lenders in einer Regionalzeitung aus dem Vogelsberg. Die Überschrift lautet: „Der große Plan vom schwarz-grünen Erziehungsstaat“. Liebe Kollegen der FDP, Sie haben Ihre Aktuelle Stunde mit dem Begriff „Umerziehungsstaat“ betitelt. Ich würde Sie bitten, über Ihre Begrifflichkeiten nachzudenken. Der Begriff „Umerziehung“ steht in einem anderen Sinn im Kontext mit Diktaturen. Das ist wirklich völlig ungeeignet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wer jetzt ein dunkles, geheimes Buch suchen will, vielleicht unter dem Platz des Ministerpräsidenten oder der Umweltministerin, den muss ich leider enttäuschen. Um was es eigentlich geht, ist ein öffentliches Dokument.

(René Rock (FDP): Das ist so was von!)

Es handelt sich um ein öffentliches Dokument mit Maßnahmenvorschlägen zum Klimaschutz. Diese Vorschläge befinden sich in einem extra dafür eingerichteten Portal im Internet. Das Portal ist extra deswegen eingerichtet worden, damit sich alle Bürgerinnen und Bürger beteiligen können.

(Florian Rentsch (FDP): Wie ist die Beteiligung des Parlaments?)

Dieser Maßnahmenkatalog, diese Vorschläge sind in einem Steuerungskreis vordiskutiert worden. In diesem Steuerungskreis sitzen Akteure aus der Wirtschaft, aus der Umwelt, aus der Gesellschaft in Hessen. Alle Mitglieder des Umweltausschusses wurden eingeladen und gefragt, ob sie sich daran beteiligen wollen. Ich kann nichts dafür, dass Herr Stephan und ich damals Interesse bekundet haben und alle anderen nicht.

(René Rock (FDP): Was? – Timon Gremmels (SPD): Wir haben keine Einladung bekommen!)

Dieses Gremium hat genau diese Maßnahmenvorschläge vorgestellt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist jetzt nicht zum ersten Mal so gewesen mit dem Umweltministerium!)

Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas Aufmerksamkeit für die Frau Kollegin Dorn.

Diese Vorschläge sind öffentlich und nicht geheim. Es ist kein schwarz-grüner Plan, sondern absichtlich eine breite Diskussionsgrundlage, bevor die Politik berät. Es ist sicherlich kein Instrument für einen „schwarz-grünen Erziehungsstaat“, es ist das Gegenteil.

(Lachen des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Es geht um Beteiligung, es geht um Ideen aus der Gesellschaft. – Herr Merz, ich weiß nicht, ob Sie den Klimaschutz nicht auch schon leben. Da draußen gibt es so viele Menschen, die wollen den Klimaschutz nicht nur, sie leben ihn schon. Herr Kollege Merz, diese Ideen wollen wir aufgreifen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, glauben Sie eigentlich, dass der Bioboom bei Lebensmitteln zustande kommt, weil wir vorgeschrieben haben: „Esst nur noch Bio“? Haben Sie schon einmal etwas von Angebot und Nachfrage gehört, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP?

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ja!)

Das ist doch schon einmal gut. – Glauben Sie wirklich, dass wir Leute auf Züge oder auf E-Bikes zwingen würden? Nein, die Leute wollen diese Vielfalt. Sie lieben es, Freiheit in ihrem Mobilitätsverhalten zu haben. Wir schreiben das doch nicht vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, es wäre schon ganz schön – auch für eine solche Aktuelle Stunde und auch für solche Kolumnen –, wenn Sie einmal bei der Wahrheit bleiben würden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – René Rock (FDP): Das sagen gerade Sie!)

Was steht denn angeblich in diesen Vorschlägen zum Klimaschutzplan? Angeblich soll darin stehen: Innenstadtparkplätze nur noch für Carsharing. – Nein, da steht drin, es geht darum, mehr Parkplätze für Carsharing zu schaffen, damit man insgesamt Parkplätze reduzieren kann. Herr Kollege Lenders, lesen Sie es sich doch durch. Weiter steht dort angeblich etwas von Verbot und zwangsweisem Ausbau von Ölheizungen. – Wo finden Sie das denn, bitte? Das Einzige, was darin steht, ist eine Prüfung eines Erneuerbare-Wärme-Gesetzes.

(René Rock (FDP): Ja, und was bedeutet das? – Weitere Zurufe – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ja, das ist doch Ihr Problem, dass Sie das so verstehen, nicht unseres, Herr Kollege Rock. – Dann steht dort etwas von der angeblichen Indoktrination der Kinder im Sinne der Windkraftlobby. – Das Einzige, was darin steht, ist ein Vorschlag, vorhandene Bildungsangebote für das Thema Nachhaltigkeit zu stärken und dort die Auseinandersetzung mit der Windkraft zu fördern. Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, sind Sie wirklich dagegen, dass man sich um die Auseinandersetzung mit der Windkraft kümmert?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- rufe von der FDP)

Am Lustigsten für eine sogenannte Wirtschaftspartei finde ich ja, dass Sie dort schreiben, Strommengen sollten angeblich nur noch zu bestimmten Zeiten zugeteilt werden. Das ist so was von lächerlich. Was dort wirklich vorgeschlagen wird, ist etwas sehr Sinnvolles, nämlich eine Studie zum Lastmanagement. Wissen Sie, wer dauernd sagt, dass wir Lastmanagement brauchen würden? Die Industrie selbst. Leben Sie eigentlich noch in diesem Jahrhundert, liebe Kolleginnen und Kollegen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- rufe der Abg. Florian Rentsch und René Rock (FDP))