Protocol of the Session on May 19, 2016

Auch da ist es gut, dass wir ein Kulturinvestitionsprogramm von 10 Millionen € zusätzlich bis 2019 aufgelegt haben und dass Mittel für den Erhalt und die Sanierung von Baudenkmälern bereitgestellt werden.

Ich will zwei Beispiele herausgreifen, die ich besonders prägnant finde. Zum einen ist es das romanische Kloster Konradsdorf, von dem schon berichtet worden ist. Es ist extrem baufällig – ich habe mich vor Ort davon überzeugen können –, sodass man es von innen gar nicht mehr begehen kann. In dieser Stätte fanden auch Theateraufführungen statt. Diese Stätte wurde für Museumspädagogik genutzt. Sie kann schon länger nicht mehr so genutzt werden. Ich denke auch, dass es gut ist, wenn man Kulturstätten wieder nutzbar macht. Genau das soll mit dem Kulturinvestitionsprogramm geschehen.

Diese vor 900 Jahren errichtete Anlage wird in den nächsten Jahren mit 1,5 Millionen € saniert werden. Meine Damen und Herren, ich finde, das ist gut angelegtes Geld.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich komme zum zweiten Beispiel, dem Deutschen Elfenbeinmuseum, auch sehr prägnant. Es hat eine interessante und schwierige Geschichte. Wir wissen, dieses Elfenbeinmuseum ist weltweit einzigartig. Es stand auf der Roten Liste der bedrohten Kultureinrichtungen, wie Sie vielleicht wissen. Dieses Museum konnte von der Stadt Erbach nicht mehr komplett selbst finanziert werden. Es kommt jetzt, wie gesagt, in das Schloss Erbach. Im Sommer soll es neu eröffnet werden, und ich freue mich ausdrücklich jetzt schon darauf, bei dieser Eröffnung dabei sein zu können, wenn ich denn eingeladen werde.

Auch diese Investition wird mit 1 Million € unterstützt, also gerettet. Der Erhalt ist natürlich wichtig für das Museum selbst. Für das traditionsreiche Schnitzhandwerk ist es sehr wichtig, aber auch für die Wirtschaft und den Tourismus in Erbach, für den Odenwaldkreis und für ganz Hessen. Frau Beer hat schon darauf hingewiesen, dass Kultur nicht nur für Kultur wichtig ist, sondern dass Kultur die Stärkung eines Wirtschaftsstandorts betreibt und dass Kultur ein Tourismusstandbein sein kann.

All das, was hier passiert, zeigt, dass die kulturellen Bedingungen in Hessen wichtig sind, dass sie genauso wichtig sind wie die wirtschaftlichen Bedingungen, wie die sozialen Bedingungen und einen hohen Stellenwert bei Schwarz-Grün haben.

Meine Damen und Herren, historische Gebäude verschönern nicht nur das Stadtbild und erzählen von vergangenen Zeiten. Um diese Kulturstätten zu bewahren, ist natürlich auch eine fachgerechte Denkmalpflege notwendig. Dabei muss und wird jetzt verstärkt darauf geachtet werden, dass die Kulturerbestätten auch barrierefrei erreichbar sind, ganz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention. Da bin ich Minister Boris Rhein sehr dankbar, dass er genau dieses Kriterium festgelegt hat.

Meine Damen und Herren, unsere Debatte wird in ein paar Jahren vielleicht überhaupt keine Rolle mehr spielen. Ich möchte nicht despektierlich sein, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Landtagspräsident. Aber möglicherweise interessiert das, worüber wir heute debattieren, in einigen Jahren niemanden mehr. Ich hoffe natürlich, dass es nicht so ist.

Aber unser Kulturerbe, das 900 oder 500 Jahre alt ist, und alles, was davon zeugt, dass die Menschen früher herausragende gesellschaftliche Leistungen erbracht haben, zeigt doch, dass es einen Wert hat und dass es möglich ist, über Generationen hinweg Dinge zu transportieren, und dass wir verpflichtet sind, darauf zu achten.

Ich hoffe, dass ich mit meiner Rede dazu beitragen konnte, dass das Kulturerbe weiter erhalten wird, und vielleicht auch, dass die Debatte mehr Bedeutung bekommt. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Das Wort hat Herr Kollege Degen für die SPD-Fraktion.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Jetzt kommen die stimmungsvollen Beiträge!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gleich zum Punkt kommen. Kulturelles Erbe ist wichtig, finden wir super. Es muss erhalten werden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP)

Ich glaube, damit habe ich vieles, was vorher gesagt wurde, zusammengefasst.

Wenn man dabei noch in Bildung investiert – ich denke, viele Schulklassen besuchen diese vielen Orte, in die jetzt Millionen investiert werden –, dann investieren wir auch in Köpfe. Auch das ist prima. Ob es Köpfe von Schülern sind oder Hirschgeweihe im Odenwald, die SPD-Fraktion unterstützt das ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD – Holger Bellino (CDU): Keine Schärfe!)

Ich will aber etwas Wasser in den Wein gießen. Auch Wein soll ja früher in diesen Bauwerken geflossen sein. Ich sammle viele Zeitungsartikel. Herr Präsident, ich habe vom Ende letzten Jahres einen Artikel aus der „FAZ“. Einen kleinen Absatz daraus würde ich gerne zitieren:

Bei Ortenberg in der Wetterau verfällt eine romanische Kirche, nicht weit entfernt davon bröckelt die Ruine der Burg Münzenberg, am Römerkastell Saalburg verwittern Mauerreste, im Schloss Weilburg sind die Treppenanlagen reparaturbedürftig, und im Staatspark Hanau-Wilhelmsbad nagt der Zahn der Zeit an Brücke, Grotte und Brunnentempel. Ganz offensichtlich wächst aufgrund leerer öffentlicher Kassen nicht nur bei Straßen und Schulgebäuden, sondern auch bei den vom Land verwalteten Baudenkmälern der Sanierungsstau.

Meine Damen und Herren, der Sanierungsstau ist ziemlich groß – von der Kaiserwohnung in Bad Homburg will ich gar nicht reden –, sodass sich das KIP, so schön es ist, als ein KIPchen entpuppt.

(Holger Bellino (CDU): Nonsens!)

Herr Bellino, das ist kein Nonsens.

(Holger Bellino (CDU): Schauen Sie sich einmal die Saalburg an und das Schloss!)

Schauen Sie sich einmal an, wie hoch der Sanierungsbedarf ist. Dazu gibt es auch eine Kleine Anfrage, die Drucks. 19/3188.

(Fortgesetzte Zurufe des Abg. Holger Bellino (CDU))

Störe ich Sie beim Reden?

(Holger Bellino (CDU): Ja!)

Dann melden Sie sich bitte.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Ich finde es gut, dass wir hier offen darüber reden, dass der Sanierungsstau immens ist. Dass 10 Millionen € ein Beitrag sind, das wollen wir gar nicht infrage stellen. Aber es ist im Grunde nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Meine Damen und Herren, auf meine Frage in der Kleinen Anfrage Drucks. 19/3188 hat man ausdrücklich vermieden, zu antworten, wie hoch er eigentlich ist, weil das am Ende

wahrscheinlich deutlich machen würde, wie hoch die Kosten sind, die man angeben müsste.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Gleich erklärt der Minister, wie viel er braucht! Oder weiß er es nicht? – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich meine, im Grunde ist das eine Farce. Wir wissen, dass KIP nicht für Kulturinvestitionsprogramm steht, sondern für „Koalition investiert in PR-Programm“. Denn wenn Sie es ernst meinten, würden Sie nicht 10 Millionen € nehmen, die über fünf Jahre gestreckt sind – jedes Jahr 2 Millionen € –, sondern würden den Etat für die Bauunterhaltung entsprechend um 2 Millionen € aufstocken. Das wäre eine ernsthafte Sache. Bloß, dann könnte man keine schöne Pressemitteilung verschicken und hätte keinen Anlass, hier Debatten aufzumachen, um sich in der Öffentlichkeit als die großen Kultursanierer in Hessen darzustellen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich mag Zahlen. – Immerhin stand in der Antwort auf die Kleine Anfrage, wir haben in Hessen 535 Gebäude an 60 Standorten. Nur damit Sie eine Größenordnung haben, wo wir investieren: Das KIP bezieht sich auf 28 Maßnahmen an 21 Standorten. Ich habe jetzt nicht prozentual ausgerechnet, wie viel das ist.

Meine Damen und Herren, das KIP ist ein KIPchen, und der Antrag ist eigentlich überflüssig. Wir finden alle kulturelles Erbe gut und wichtig und investieren gerne dort hinein. Aber das hier so öffentlichkeitswirksam zu verkaufen ist überflüssig. Deswegen werden wir diese PR-Kampagne nicht unterstützen und werden uns bei diesem Antrag enthalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE.

(Zuruf des Abg. Ernst-Ewald Roth (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich geeinigt haben, bei wem Sie klatschen, können wir Frau Wissler zu Wort kommen lassen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, es ist erfreulich, dass die Landesregierung mehr Geld für die Bauerhaltung von Schlössern, Burgen und Gärten in Hessen in den nächsten Jahren bereitstellt. Aber ob jährlich 2 Millionen € für die Sicherung von Mauerkronen und Mauerwerk wirklich den hochtrabenden Titel Kulturinvestitionsprogramm rechtfertigen, dahinter würde ich, ähnlich wie mein Vorredner, ein Fragezeichen setzen, ob das nicht vielleicht eine Nummer zu groß ist.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Günter Ru- dolph (SPD): Der Minister macht aus weniger mehr!)

Selbst die frühere schwarz-gelbe Landesregierung – die Kollegin Beer hat es angesprochen – war vor nicht allzu langer Zeit in der Lage, für Kulturinvestitionen 33 Millionen € jährlich bereitzustellen. Von daher sind die 2 Millio

nen € in diesem Zusammenhang keine große Summe. Es ist bereits angesprochen worden: Es geht hier um 28 Maßnahmen, obwohl wir hessenweit von 535 Gebäuden sprechen.

Eine Einordnung der jetzt zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel im Verhältnis zu dem erforderlichen Bedarf vermag das Ministerium gar nicht vorzunehmen. Denn das Ministerium hat in seiner Antwort vom 13. April 2016 auf die Kleine Anfrage des Herrn Kollegen Degen zweimal hervorgehoben, dass es sich bei den Kulturinvestitionsprogrammmitteln um solche der Bauerhaltung handelt und nicht um welche für substanzielle Maßnahmen, die für die Sanierung der Gebäude notwendig wären.

Die Frage des Kollegen Degen nach dem Sanierungsbedarf hat der Minister erst gar nicht beantwortet. Das heißt, wir wissen gar nicht, wie wenig diese 2 Millionen € wirklich im Vergleich zu dem sind, was eigentlich gebraucht wird. Das ist natürlich schade. Aber das deutet darauf hin, dass die im Haushalt vorgesehenen Mittel nicht ausreichen werden, weder für die Bauerhaltung noch für die Sanierungsmaßnahmen, die notwendig sind, und schon gar nicht für den zukunftsorientierten Ausbau vorhandener Einrichtungen.

Das will ich deutlich sagen: Wir begrüßen ausdrücklich, dass immerhin 700.000 € unter dem Stichwort Barrierefreiheit für die Verbesserung des Zugangs zu den Gebäuden aufgewendet werden sollen, damit alle Menschen Zugang zu den kulturellen Schätzen haben. Aber auch hier sei die Frage erlaubt: Braucht es wirklich ein Sonderinvestitionsprogramm, um das eigentlich Selbstverständliche sicherzustellen, nämlich den gleichen Zugang für alle Menschen zu öffentlichen Einrichtungen des Landes?

(Beifall bei der LINKEN)