Protocol of the Session on May 17, 2016

(Beifall bei der SPD)

Mit dem Mindestlohn haben wir ein Stoppschild gegen extremes Lohndumping gesetzt. Mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz haben wir die Möglichkeit verbessert, Tarifverträge für allgemein verbindlich zu erklären. Das verhilft übrigens den Beschäftigten zu besseren Arbeitsbedingungen und den Unternehmen dazu, sich in einen fairen Wettbewerb zu begeben.

Jetzt ist es unsere Aufgabe, ausufernden Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zum Lohndumping zu beenden. Dazu haben wir im Berliner Koalitionsvertrag auch eine klare Vereinbarung getroffen. Die muss jetzt umgesetzt werden. Es war mehr als unverständlich und für uns sehr ärgerlich, dass vonseiten der Union gerade dieser Gesetzentwurf in der Ressortabstimmung blockiert worden ist. Herr Dr. Arnold, ich will Sie an der Stelle ein Stück weit in Schutz nehmen: Es war vornehmlich die CSU.

(Beifall bei der SPD)

Nach zähen Verhandlungen ist es letzte Woche innerhalb der Koalitionsspitzen auf unseren Druck hin gelungen, die Ressortabstimmung freizugeben. Meine Damen und Herren, wir erwarten jetzt, dass das Gesetzgebungsverfahren zügig und ohne weitere Querschüsse – von welcher Seite auch immer – umgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD)

Worum geht es bei dieser Gesetzesinitiative? Dazu werfen wir einen Blick auf das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Das Ziel des Gesetzes war und ist es, den Unternehmen insbesondere zur Abdeckung von Auftragsspitzen oder bei vorrübergehendem Beschäftigungsausfall Flexibilität zu ermöglichen. Meine Damen und Herren, Ziel war es nie, Leiharbeit dauerhaft und in teilweise hohem Maße einzusetzen, um damit ganze Teile von Stammbelegschaften zu verdrängen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die gut gemeinte Deregulierung leider zu diesen und ähnlichen Folgen geführt hat.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Gut gemeinte Deregulierung?)

Deswegen wollen wir das nicht länger hinnehmen. Ich verzichte jetzt darauf, die Einzelheiten – –

(Janine Wissler (DIE LINKE): Hat ja auch niemand behauptet!)

Frau Wissler, Sie können sich jetzt aufregen. Aber wir machen es, nicht Sie – das ist der Unterschied. Wir werden es jetzt ändern.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Ich verzichte an der Stelle darauf, Ihnen die einzelnen Maßnahmen aufzuzählen. Das können Sie im Einzelnen im Gesetzentwurf nachlesen.

(Anhaltende Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt trotz des Geschreis von der linken Seite zu dem sogenannten Werkvertragsunwesen. Werkverträge sind aus der heutigen hoch spezialisierten, arbeitsteilig organisierten Betriebs- und

Unternehmenspraxis nicht mehr wegzudenken. Nicht jedes Unternehmen kann die Arbeiten vorhalten, die notwendig sind. Was in den Betrieben nicht vorhanden ist, muss natürlich durch Werkverträge eingekauft werden können. Ich sage das deshalb ganz explizit an dieser Stelle, weil im Laufe der Debatte die Gegenargumente kommen werden: Wir wollen dies auch nicht aushebeln. Es wird auch weiterhin dazu kommen, dass z. B. der EDV-Fachmann, der Heizungsinstallateur oder der Gärtner auf der Basis von Werkverträgen in die Betriebe und die einzelnen Unternehmen geht, um dort seine Gewerke zu verrichten. Das wollen wir an der Stelle gar nicht ändern.

Meine Damen und Herren, eines aber kann nicht funktionieren, nämlich dass Werkverträge verstärkt als Alternative zur Leiharbeit und damit zum Lohndumping eingesetzt werden. Das wollen wir klar und deutlich verhindern.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen werden wir auch diesen Bereich klareren Regeln unterwerfen. Auch hierzu verweise ich auf die einzelnen Maßnahmen im Gesetzentwurf.

Ich sage Ihnen an dieser Stelle eines sehr deutlich: Das ist nicht der einzige Bereich, in dem wir von der Landesregierung klare Unterstützung bei dieser Gesetzesinitiative verlangen. Meine Damen und Herren, wir erwarten von der Landesregierung, dass sie umgehend eine Novellierung des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes in Angriff nimmt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Fraktion hat in diesem Hause bereits zweimal Gesetzesänderungen vorgelegt. In beiden Fällen sind sie von der Regierungsmehrheit abgeschmettert worden, wie zuletzt aus arbeitsmarktpolitischer Sicht. Ich bin meinen Kolleginnen Frau Barth und Frau Waschke, die das vorher gemacht haben, dankbar, dass sie an der Stelle nicht locker lassen. Ich denke, wir werden nachher in einer weiteren Runde noch einiges dazu hören. Meine Damen und Herren, auch in diesem Bereich müssen wir endlich in eigener Zuständigkeit für Ordnung auf dem Arbeitsmarkt sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Gute Arbeit durchzusetzen bedeutet für uns, nicht nur für faire Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung zu sorgen. Gute Arbeit bedeutet für uns vor allem auch, den Menschen die Sorgen vor dem sozialen Abstieg und der Altersarmut zu nehmen.

Meine Damen und Herren, wir haben hier eine der wichtigsten sozialen und gesellschaftspolitischen Aufgaben zu lösen. Deshalb erwarten wir in diesem Haus auch einen breiten Konsens und eine breite Unterstützung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Dr. Arnold, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der SPD hat in ihren beiden Anträgen zu ihrem heutigen Setzpunkt einige wichtige Themen aus

dem Arbeits- und Vergaberecht angesprochen: Mindestlohn, Leiharbeit, Werkverträge, Tariftreue und auch die Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben des hessischen Vergabegesetzes.

Herr Decker, in einigen Punkten sind wir sicherlich einer Meinung. Ich will deutlich darauf hinweisen: Wir haben in § 4 des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes eindeutig erklärt, dass wir für die Tariftreue sind. Die ist einzuhalten. Wir haben in § 6 ebenso eindeutig erklärt, dass wir für den Mindestlohn sind. Da gibt es überhaupt keinen Streit.

In Bezug auf das, was Sie zu Leiharbeit und Werkverträgen vorgetragen haben, muss sicherlich in der einen oder anderen Richtung überlegt werden, ob wir hier auf dem richtigen Weg sind oder ob es notwendigerweise Regulierungen geben muss. Wenn ich beispielsweise in einer Veröffentlichung der „Wirtschaftswoche“ lese, dass es in Deutschland einige Fabriken gibt, in denen weniger als 50 % der Beschäftigten in normalen Beschäftigungsverhältnissen eingestellt sind, und dass über 50 % entweder Leiharbeiter oder Werkvertragsnehmer mit deutlich verringerten Lohnkonditionen sind, dann müssen wir uns überlegen, ob wir da die richtige Richtung eingeschlagen haben. Wir haben in Deutschland über eine Million Leiharbeiter und müssen höllisch aufpassen, dass dort das Lohnniveau nicht zu gering wird.

(Norbert Schmitt (SPD): Jawohl!)

Wir sind auch eindeutig der Meinung, dass wir dafür sorgen müssen, dass Lohndumping und auch -betrug auf den hessischen Baustellen verhindert werden müssen.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut!)

Das ist keine Frage.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Kollege Decker, Ihre Kritik zielt in die falsche Richtung. Ich möchte mich mit Ihnen einmal sehr deutlich darüber unterhalten: Wer ist denn eigentlich dafür verantwortlich? Was mich ärgert, ist die Kritik an unserem Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetz. Was Sie dazu sagen, ist falsch. Sie sagen beispielsweise in Ihrem Antrag, dass „unklare, schwammige Regelungen im Gesetz“ das Geschäft derjenigen erleichtern, „die auf dem Rücken von Beschäftigten große Gewinne erzielen wollen“. Oder an einer anderen Stelle – –

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, warten Sie einmal ab, bevor Sie klatschen. Wir kommen gleich zum Punkt. – An einer anderen Stelle sagen Sie, auf hessischen Baustellen komme es „immer wieder zu Lohndumping oder gar Lohnbetrug“, weil die Kontrollen nicht ausreichten und das hessische Vergabegesetz keine ausreichenden und klaren Vorgaben mache.

(Demonstrativer Beifall der Abg. Rüdiger Holschuh und Marius Weiß (SPD))

Ich sage ganz deutlich: Bevor Sie klatschen, hören Sie doch erst einmal meinen Argumenten zu. – Wir haben mit den §§ 4 und 6 eindeutige Regelungen. In § 9 – das gibt es in keinem anderen Vergabegesetz in den Bundesländern – haben wir eindeutig geregelt, dass jeder öffentliche Auftraggeber bis in die kleinsten Lohnunterlagen hinein nach

schauen kann, ob hier alles nach Recht und Gesetz erfolgt ist.

Nur: Die Frage der Kontrolle, ob die Mindestlohnregelungen und die Vorgaben bei den Leiharbeitern eingehalten werden, ist nicht Sache des Landes. Das ist Sache der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Herr Kollege Decker, das ist eine Sache Ihrer Parteikollegin Frau Nahles.

(Wolfgang Decker (SPD): Das ist Ihre Parteikollegin! – Unruhe bei der SPD)

Na, hören Sie mir erst einmal zu. Sie können sich gerne melden, wenn Sie eine Frage dazu haben.

(Unruhe bei der SPD – Zuruf der Abg. Janine Wiss- ler (DIE LINKE))

Es ist eindeutig, dass seit 2004 die Finanzkontrolle Schwarzarbeit eingerichtet worden ist. Dafür ist Frau Nahles zuständig. Es gibt eine sehr gut fundierte, detaillierte Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der GRÜNEN, die viele wissenswerte Details dazu einbringt. Herr Decker, ich würde Ihnen empfehlen, dass Sie das mit Ihren Kollegen einmal nachlesen – auch mit denen, die gerade geklatscht haben. Es handelt sich um die Drucks. 18/7525. Darin wird klar gesagt, diese Finanzkontrolle Schwarzarbeit hat die Aufgabe, Folgendes zu kontrollieren: Formen der Schwarzarbeit nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, die branchenspezifischen Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz – das haben Sie erwähnt –, Lohnuntergrenzen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, die Vorgaben der Lohnuntergrenzen für Leiharbeiter und seit 2015 auch die Mindestlöhne nach dem Mindestlohngesetz.

Herr Decker, also all diese Themen, die Sie hier vortragen – Lohndumping, Lohnbetrug, Schwarzarbeit, Mindestlöhne –, gehören zum Zuständigkeitsbereich von Frau Bundesministerin Nahles. Meine Damen und Herren, das möchte ich an dieser Stelle einmal deutlich betonen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)