und er finde das auch richtig, wenn sie unter den Einschränkungen, die wir gemeinsam auf Bundesebene vereinbart hätten, komme.
Deshalb weiß ich überhaupt nicht, Herr Kollege Rentsch, aus welchem Absatz in der Koalitionsvereinbarung Sie Ihr Empörungspotenzial ableiten, außer vielleicht aus der Tatsache, dass Sie nicht mehr auf der Regierungsbank sitzen und jetzt der Kollege Tarek Al-Wazir als Wirtschaftsminister für den Bankenstandort zuständig ist. Das ist vielleicht der wahre Kern Ihrer Aufregung. Ich denke, das sollten Sie langsam überwinden und in die Gegenwart kommen, damit wir gemeinsam für den Bankenstandort Frankfurt arbeiten können.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Florian Rentsch (FDP): Was wollen Sie denn für den Bankenstandort machen?)
Herr Kollege Rentsch, aus unserer Sicht verwechselt die FDP wieder einmal Ursache und Wirkung, wenn sie die Finanztransaktionssteuer als den Auslöser für die Gefährdung des Finanzplatzes Frankfurt ansieht. Sie müssen sich erinnern: Die globale Finanzkrise 2008 wurde durch die Lehman-Pleite ausgelöst. Was war denn die Ursache für die Lehman-Pleite?
Die Lehman-Pleite ist ja nicht dadurch entstanden, dass wir zu viel Regulierung hatten, sondern sie ist dadurch entstanden, dass es einen Wettlauf an Deregulierung gab.
Dieser Wettbewerb an Deregulierung hat doch den Bankenstandorten weltweit geschadet und das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger erschüttert.
Daher haben wir doch die Aufgabe, Herr Lenders, dafür zu sorgen, dass der Bankenstandort Frankfurt gut stabilisiert wird, wachsen kann und weiterhin prosperiert.
Wir GRÜNE freuen uns darüber – das kann ich einfach so sagen, das haben wir auch früher schon gesagt, Sie wollten das aber nicht hören; heute sagen wir es Ihnen wieder –, dass der Bankenstandort Frankfurt und der Finanz- und Börsenstandort Frankfurt gewachsen ist. Es ist gut, dass sich die Europäische Zentralbank in Frankfurt angesiedelt hat. Damit wird demnächst ein wesentliches Instrument der Finanzaufsicht auch in Frankfurt eröffnet. Das finden wir richtig und wichtig.
Frankfurt ist der Standort vieler Dienstleister, vieler internationaler Banken und vieler Versicherungsunternehmen. Mehr als 70.000 Menschen arbeiten dort auf hochwertigen Arbeitsplätzen. Mehr als 210 Kreditinstitute sind dort angesiedelt, die Hälfte davon Auslandsbanken. Das ist ein wichtiger Faktor für das Wachstum und den wirtschaftlichen Erfolg in der Rhein-Main-Region. Das ist gut so, und das wollen wir unterstützen. Beim neuen GRÜNEN Wirtschaftsminister sehen wir das in guten Händen.
Allerdings – und das will ich hier auch nicht verschweigen – wäre es gut, wenn man sich auf der europäischen Ebene noch einigen könnte, die Bankenunion ein Stück weit voranzutreiben. Zwischen Kommission und Parlament gibt es gerade einen intensiven Diskussionsprozess darüber, wie diese Bankenunion auszugestalten ist. Ich fände es gut, wenn das Europaparlament und die Kommission hier noch einen Weg fänden, dieses wesentliche Instrument der Stabilisierung der Finanzmärkte ein Stück voranzubringen.
An diesem Punkt kann man übrigens auch sehen, dass das Europaparlament keineswegs jener zahnlose Tiger ist, für den es in der Vergangenheit immer gehalten wurde. Vielmehr ist es inzwischen sehr gut dabei, wenn es darum geht, Interessen der Parlamentarier in Europa zu vertreten.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie haben gesagt, der Koalitionsvertrag sei so furchtbar, soweit die Finanztransaktionssteuer betroffen sei. Ich kann wirklich nicht sehen, woraus Sie dieses Urteil ableiten.
Im Koalitionsvertrag haben wir uns sehr eng an das angelehnt, was auf der Bundesebene im Vertrag der Großen Koalition vereinbart worden ist. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir diese Steuer mit einer breiten Bemessungsgrundlage wollen, im Wege der verstärkten Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Es ist also überhaupt kein Alleingang, von dem die FDP hier immer fabuliert. Wir wollen sie so, dass sie den Finanzplatz Frankfurt nicht schädigt und Ausweichreaktionen möglichst vermieden werden.
Auch das Märchen, wir seien darauf aus, Kleinanleger und Kleinsparer irgendwie zu schädigen, wird nicht wahrer, wenn Sie das ständig wiederholen. Auch das gehört in das Reich der Fabel.
Natürlich wollen wir, dass auch Kleinanleger und Kleinsparerinnen und -sparer von der Finanztransaktionssteuer
möglichst nicht betroffen sind. Deshalb haben wir dazu eine Vereinbarung, die aus unserer Sicht sehr gut trägt und die aus unserer Sicht ihren Beitrag dazu leisten kann, dass wir mehr Sicherheit und mehr Stabilität in die Bankgeschäfte bekommen.
Ihr Argument lautet immer, die Finanztransaktionssteuer habe den einzigen Zweck, auch die Finanzwirtschaft an den Kosten der Krise zu beteiligen. Das stimmt, aber das ist nur einer ihrer Zwecke.
Das wird die Umsatzsteuer übrigens auch, ebenso die Mehrwertsteuer. Das ist das Wesen einer Umsatzsteuer. Herr Lenders, warum regen Sie sich denn so auf? Jahrelang hatten wir eine Börsenumsatzsteuer. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich hier so aufregen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))
Mit der Finanztransaktionssteuer wollen wir gerade dafür sorgen, dass eine Überhitzung der Märkte vermieden wird. Das war doch eine Ursache für die Lehman-Pleite. Gerade an diesem Punkt hat sich erwiesen, dass der schnelle Handel und diese Überhitzung, die in der Realwirtschaft gar nicht abgebildet wird, für den Markt schädlich sind.
Herr Lenders, auch das ist ein wichtiger Punkt bei der Finanztransaktionssteuer. Ich bin guter Hoffnung, dass wir, wenn wir den Koalitionsvertrag auch in diesem Punkt umsetzen, wirklich etwas für das Land und auch für den Finanzplatz Frankfurt getan haben. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth. – Als Nächster hat Herr Kollege Willi van Ooyen das Wort, Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da ist sie wieder, die FDP. Mit ihrem ersten finanzpolitischen Antrag in dieser Legislaturperiode beweisen Sie gleich aufs Neue: Die neue FDP ist wie die alte.
Wieder einmal schreiben Sie in blumigen Worten etwas von Arbeitsplätzen – und meinen letztlich: niedrige Steuern für Reiche.
In der Tat ist es doch so, dass niemand qualifizierte Arbeitsplätze am Finanzplatz Frankfurt vernichten will,
schon gar nicht mit einer Finanztransaktionssteuer. Aber es ist doch immer noch so, dass Europa in der tiefsten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg – andere sagen: seit den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts – steckt. Angesichts der Auswirkungen, die die Kürzungspolitik der Troika in Europa zunehmend zeigt, ist es geradezu empörend, wenn die FDP hier erklärt, sie sorge sich um Kleinsparer – die aber von einer Finanztransaktionssteuer so gut wie gar nicht betroffen sind.
(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Natürlich sind die betroffen! Die gesamte Altersversorgung läuft doch darüber!)
Meine Damen und Herren von der FDP, mit solchen Anträgen schüren Sie vor allem Ängste in unserem Land vor einer Steuer, die längst überfällig ist. Mit Blick auf die Europawahl zeigen Sie auch, dass Sie bereits jegliches Maß verloren haben.
Wieso ist in Ihrem Antrag nichts davon zu lesen, dass eine Studie von Wissenschaftlern aus Oxford, Cambridge und London gerade deutlich gemacht hat, dass in Griechenland Menschen an den mittelbaren Folgen dieser Krise sterben? Entweder interessiert es Sie nicht, dass diese Krisenpolitik mittlerweile dazu geführt hat, dass in Griechenland die Kindersterblichkeit zwischen 2008 und 2010 um 43 % und die Zahl der HIV-Neuinfektionen bei Drogenabhängigen zwischen 2009 und 2012 um 45 % gestiegen ist, oder aber ihr Antrag ist dumpfer Populismus.
Aber von vorne. Im ersten Absatz Ihres Antrags wollen Sie, dass sich die Landesregierung nicht nur für den Erhalt, sondern auch für den Ausbau des Finanzplatzes Frankfurt einsetzt. Gerade aus Ihrer Ecke ist das zynisch. Eine FDP, die vor gerade einmal zwei Jahren das Wort von der Anschlussverwendung für die Beschäftigten von Schlecker prägte, will jetzt, dass sich die Hessische Landesregierung für den Ausbau des Finanzplatzes einsetzt. Da muss man den Verdacht haben, dass es Ihnen gar nicht um Arbeitsplätze, sondern vielmehr um Kapitalanleger geht.
Nur, um es deutlich zu sagen: Niemand will den Finanzplatz abschaffen, und niemand will den abhängig Beschäftigten am Finanzplatz ihren Job wegnehmen. Aber es ist doch wohl klar, dass es ein Weiter-So nicht geben kann. Ein Noch-Mehr an Finanzspekulation kann und soll es nicht geben.
Deshalb brauchen wir einen Umbau des Finanzplatzes, und dazu gehört es eben auch, Spekulationsgeschäfte mit der Finanztransaktionssteuer endlich teurer und unattraktiv zu machen. Niemand braucht einen Hochfrequenzadel – einen Hochfrequenzhandel, Entschuldigung.
(Allgemeine Heiterkeit und Beifall – Manfred Pentz (CDU): Da ist der Gedanke zur Botschaft geworden!)
Niemand braucht einen Hochfrequenzhandel, in dem in Sekundenbruchteilen Milliarden von A nach B geschoben werden – ganz abgesehen davon, dass dieser Computerhandel auch kaum noch zusätzliche Arbeitsplätze in der Zukunft schaffen dürfte.
Gehen wir in Ihrem Antrag weiter. In Punkt 2 sehen Sie in der isolierten Einführung einer Finanztransaktionssteuer – ich nehme an, mit „isoliert“ meinen Sie: „isoliert in Deutschland“ – die Interessen des Finanzplatzes Frankfurt gefährdet. Noch einmal zum Mitschreiben: Sie sehen die Interessen des Finanzplatzes Frankfurt gefährdet – nicht die Interessen der Beschäftigten, nicht die Interessen derjenigen, die in den Bankentürmen Frankfurts jährlich ihrer Arbeit nachgehen, indem sie die Realwirtschaft mit Krediten und Privatkunden mit sicheren Geldanlagen versorgen wollen.